Leitsatz (amtlich)
1. Der Einbau und die Inbetriebnahme eines Lastenaufzugs in einem Fabrikgebäude sind Selbstverbrauch.
2. Zur Frage, wann Einbauten in gemietete (gepachtete) Gebäude körperliche Wirtschaftsgüter sind.
Normenkette
UStG 1967 § 30 Abs. 2
Tatbestand
Die Steuerpflichtige (Klägerin, Revisionsklägerin) betreibt eine Fabrik in gemieteten Räumen. 1968 baute sie in diesen Räumen einen Lastenschrägaufzug ein und nahm ihn in Betrieb. Das FA (Beklagter, Revisionsbeklagter) setzte im Umsatzsteuerbescheid 1968 eine Selbstverbrauchsteuer von 8 v. H. der Anschaffungskosten fest, die ein Betriebsprüfer mit ... DM festgestellt hatte.
Die Sprungklage blieb im wesentlichen erfolglos. Das FG, dessen Urteil in den EFG 1971, 261 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Es sei ein Selbstverbrauch gemäß § 30 Abs. 2 UStG 1967 anzunehmen. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob Gebäudeerweiterungen und -verbesserungen Wirtschaftsgüter im Sinne dieser Vorschrift seien. Der Lastenaufzug sei eine Betriebsvorrichtung und als solche ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut. Die Anschaffungskosten hätten lediglich ... DM betragen. Aus diesem Grunde sei die Selbstverbrauchsteuer geringfügig herabzusetzen.
Die Steuerpflichtige rügt mit der Revision Verletzung des § 30 UStG 1967. Sie macht geltend: Der Einbau eines Aufzugs in ein Gebäude sei eine Gebäudeerweiterung. Der im Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht entwickelte Wirtschaftsgutbegriff könne nicht auf das Umsatzsteuerrecht übertragen werden. Gleiches gelte für die bewertungsrechtliche Unterscheidung zwischen Grundvermögen und Betriebsvorrichtung. Zum mindesten müßten Aufzüge wie Ladeneinbauten behandelt werden, die nicht als selbständige Wirtschaftsgüter angesehen würden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Die Steuerpflichtige hat ein abnutzbares körperliches Wirtschaftsgut im Sinne des § 30 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967 der Verwendung oder Nutzung als Anlagevermögen zugeführt. Erweiterungen eines bereits vorhandenen Wirtschaftsguts können allerdings, wie die Steuerpflichtige zutreffend vorträgt, nicht zu einem Selbstverbrauch führen. Einbau und Ingebrauchnahme des Lastenaufzugs stellen sich aber als steuerbare Neuinvestition eines selbständigen Wirtschaftsguts dar.
Der Begriff des Wirtschaftsguts ist nach einkommensteuerlichen Grundsätzen auszulegen. Selbständige Wirtschaftsgüter sind auch die Betriebsvorrichtungen. Hinsichtlich der Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen von Gebäuden stimmen Einkommensteuerrecht und Bewertungsrecht überein. Insoweit kann auf das Bewertungsrecht zurückgegriffen werden (vgl. im einzelnen Urteile des BFH V R 18/71 und V R 48/71 vom 19. August 1971, BStBl II 1972, 75 und 76).
Hiernach ist der Lastenaufzug als Betriebsvorrichtung anzusehen. Betriebsvorrichtungen sind die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einem Betriebsvermögen gehören, selbst wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks oder Gebäudes sind (§ 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG 1965). Es muß eine besondere und unmittelbare Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbebetrieb bestehen (BFH-Urteil III 382/57 U vom 14. August 1958, BFH 67, 325, BStBl III 1958, 400). Eine solche Beziehung ist hier gegeben. Der Lastenaufzug dient unmittelbar der Produktion und dem Vertrieb innerhalb des Fabrikbetriebs der Steuerpflichtigen. Der III. Senat des BFH hat dementsprechend den Lastenaufzug in einem Warenhaus - im Gegensatz zu einem Personenaufzug - als Betriebsvorrichtung angesehen (Urteil III R 90/69 vom 5. März 1971, BFH 102, 107, BStBl II 1971, 455).
Unerheblich ist, daß der Lastenaufzug in gemietete Räume eingebaut wurde. § 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG 1965 unterscheidet nicht zwischen Anlagen, die zu einem Betrieb des Grundstückseigentümers oder eines sonstigen Nutzungsberechtigten gehören. Errichtet ein Mieter (Pächter) eine Anlage, die seinem Betrieb unmittelbar dient, so ist sie als Betriebsvorrichtung bei der Bewertung des Grundvermögens auszuscheiden, auch wenn sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks oder Gebäudes des Vermieters (Verpächters) geworden sein sollte (BFH-Urteil III 145/62 U vom 22. Oktober 1965, BFH 84, 12, BStBl III 1966, 5). Dies führt dazu, daß sie als Sache (körperliches Wirtschaftsgut) dem Betriebsvermögen des Mieters (Pächters) zuzurechnen ist. Gleichermaßen ist der Fall zu beurteilen, daß Einbauten eines Mieters (Pächters) nur zu einem vorübergehenden Zweck vorgenommen werden und die Einbauten sonach trotz Verbindung gemäß § 95 BGB selbständige Sachen bleiben (BFH-Urteil III 145/62 U vom 22. Oktober 1965, a. a. O.). Anders liegt es nur, wenn die Einbauten eines Mieters (Pächters) weder Betriebsvorrichtung noch selbständig im Sinne des § 95 BGB sind. In diesem Fall sind die Einbauten körperlicher Bestandteil des Grundstücks des Vermieters (Verpächters). Dem Mieter steht lediglich ein immaterielles Wirtschaftsgut zu, das als betrieblicher Vorteil im Geschäftsablauf des Mieters (Pächters) zu charakterisieren ist (BFH-Urteil III R 119/67 vom 7. August 1970, BFH 100, 122, BStBl II 1970, 842). Eine solche Investition löst eine Umsatzsteuer nach § 30 UStG 1967 nicht aus, weil sie kein körperliches Wirtschaftsgut im Sinne der genannten Vorschrift betrifft.
Fundstellen
Haufe-Index 422735 |
BStBl II 1972, 79 |
BFHE 1972, 291 |