Entscheidungsstichwort (Thema)
(Nutzungsdauer keine bestimmte Zeit i.S. der Rechnungsabgrenzung - Wahlrecht gemäß Abschnitt 34 Abs. 1 EStR Rechtens - Aufschiebend bedingte Rückzahlungsverpflichtung als Verbindlichkeit - Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeit - Öffentliche Investitionszuschüsse)
Leitsatz (amtlich)
1. Die Nutzungsdauer eines abnutzbaren Sachanlageguts ist keine "bestimmte Zeit" i.S. der Rechnungsabgrenzung. Investitionszuschüsse aus öffentlichen Mitteln zur Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren Sachanlagegütern sind in der Regel selbst dann nicht passiv abzugrenzen, wenn mit ihnen zeitbegrenzt auch der Arbeitsplatz an einer bestimmten Maschine gefördert werden soll.
2. Das Wahlrecht, Investitionszuschüsse aus öffentlichen Mitteln nicht als Betriebseinnahmen zu erfassen, sondern von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des bezuschußten Wirtschaftsguts abzusetzen (s. Abschn.34 Abs.1 EStR), ist Rechtens. Der Steuerpflichtige muß die Zuschüsse nicht von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten absetzen.
Orientierungssatz
1. Eine --mehrfach-- aufschiebend bedingte Rückzahlungsverpflichtung ist erst in dem Zeitpunkt als Verbindlichkeit auszuweisen, in dem sämtliche Rückzahlungsbedingungen erfüllt sind (hier: anteilige Rückzahlung eines öffentlichen Zuschusses wegen vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einem Schwerbehinderten und nicht erfolgter Wiederbesetzung mit einer Ersatzkraft eines mittels des Zuschusses geschaffenen Schwerbehinderten-Arbeitsplatzes nach Erlaß eines Rückforderungsbescheids).
2. Eine Rückstellung wegen einer ungewissen Verbindlichkeit (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB) ist schon dann zu bilden, wenn der Eintritt der Bedingungen und damit die Entstehung der Rückzahlungsverpflichtung wahrscheinlich ist (vgl. für auflösende Bedingungen BFH-Urteil vom 11.4.1990 I R 63/86).
3. § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG 1983 (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG 1990) findet auch auf Leistungen von Subventionen im Bereich des öffentlichen Rechts Anwendung (vgl. BFH-Rechtsprechung)
4. Ein lediglich durch Schätzung bestimmbarer Zeitraum ist nicht "bestimmt" i.S. von § 5 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG 1983 (§ 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG 1990; vgl. BFH-Beschluß vom 3.11.1982 I B 23/82).
5. Öffentliche Investitionszuschüsse mindern weder handelsrechtlich noch steuerrechtlich die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten. Sie führen dem Unternehmen Finanzierungsmittel zu (vgl. Literatur). Fehlt es an einer rechtlichen Verknüpfung des Minderungsvorgangs mit dem Anschaffungsvorgang oder Herstellungsvorgang --wie insbesondere bei der Einschaltung eines an dem Anschaffungsvorgang oder Herstellungsvorgang nicht beteiligten Dritten--, werden die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten nicht beeinflußt. Die Einräumung eines Wahlrechts gemäß Abschnitt 34 Abs. 1 EStR 1984 berührt diese Beurteilung nicht; es setzt vielmehr einen Finanzierungsvorgang voraus (keine Abweichung der Rechtsprechung des III., IV. und IX. Senats des BFH).
Normenkette
HGB § 249 Abs. 1 S. 1, § 250 Abs. 2, § 252 Abs. 1 Nr. 4, § 253 Abs. 2; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1; EStG 1983 § 5 Abs. 1, 4 S. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1; EStR 1984 Abschn. 34 Abs. 1; EStG 1990 § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1984 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Ehemann (Kläger) betreibt den Werkzeugbau (Gewinnermittlung nach § 5 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).
Die Hauptfürsorgestelle gewährte ihm mit Bescheid vom 1.Juni 1984
"einen Zuschuß bis zur Höhe von 124 566,66 DM einschließlich Mehrwertsteuer zu den Anschaffungskosten für eine Fräs- und Bohrmaschine ".
Der Bescheid erging unter der auflösenden Bedingung, daß zwischen dem Kläger "und dem Schwerbehinderten K oder einem anderen geeigneten Schwerbehinderten ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wird, der einen Einstellungstermin wenigstens eine Woche vor Aufstellung der Fräs- und Bohrmaschine vorsieht". Weiter hieß es in dem Bescheid:
"Der mit Hilfe dieses Zuschusses neu geschaffene Arbeitsplatz bleibt für die Dauer von 10 Jahren nach Lieferung der Maschine, d.h. mindestens bis Ende September 1994, der Besetzung mit einem Schwerbehinderten vorbehalten. Eine evtl. Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist ... rechtzeitig anzuzeigen. Der freigewordene Arbeitsplatz ist ... unverzüglich mit einem anderen geeigneten Schwerbehinderten zu besetzen. Sollte ein geeigneter Schwerbehinderter nicht zur Verfügung stehen, behalten wir uns eine anteilige Rückforderung der Hilfe vor."
Die anzuschaffende Maschine durfte bis Ende September 1994 nicht verkauft oder verpfändet werden. Der Bescheid nannte als Rechtsgrundlage für die Zuschußgewährung § 2 Abs.1 Nr.1 Buchst.a und § 11 Abs.2 Nr.1 der Zweiten Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes vom 8.August 1978 --SchwbAV-- (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin --GVBl Bln-- 1978, 1652) i.V.m. § 8 Abs.3 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG).
Der Kläger aktivierte die Anschaffungskosten der Maschine von 112 758,65 DM und nahm hierauf in 1984 eine Sonderabschreibung von 28 189,66 DM (25 v.H.) vor. Für den erhaltenen Zuschuß von 124 566,66 DM bildete er einen über 10 Jahre aufzulösenden passiven Rechnungsabgrenzungsposten (RAP). Für 1984 bemaß er den Auflösungsbetrag mit 2 431,23 DM (RAP-Ansatz 31.Dezember 1984 122 135,43 DM).
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) vertrat die Auffassung, die Bildung eines passiven RAP komme nicht in Betracht; der Zuschuß sei vielmehr mit den Anschaffungskosten zu verrechnen, so daß ein Buchwertansatz für die Maschine und damit die Sonderabschreibung entfalle; soweit der Zuschuß die Anschaffungskosten übersteige, sei ein außerordentlicher Ertrag von 11 808,01 DM angefallen. Der Einspruch blieb erfolglos.
Im Klageverfahren ermäßigten die Kläger ihren Antrag, indem sie die RAP-Auflösung mit 3 114 DM (anstatt wie bisher mit 2 431,23 DM) bemaßen. Diesem Antrag gab das Finanzgericht (FG) statt. Es führte aus: Zwar wäre eine Verrechnung des Zuschusses mit den Anschaffungskosten zulässig gewesen. Da der Kläger indessen die Anschaffungskosten ungekürzt aktiviert habe, habe er Abschreibungen auf die Anschaffungskosten vornehmen und weiterhin für die "zeitraumbezogene Gegenleistungsverpflichtung" einen passiven RAP bilden dürfen. Der RAP sei entsprechend der Nutzungsdauer des bezuschußten Wirtschaftsguts aufzulösen, sofern sie mit der Dauer der Verpflichtung zur Gegenleistung übereinstimme. Im Streitfall sei indessen darauf abzustellen, daß der Zuschuß von einer zehnjährigen Besetzung des mit der angeschafften Maschine begründeten Arbeitsplatzes mit einem Schwerbehinderten abhängig gemacht worden sei. Danach erscheine eine Auflösung des passiven RAP über 10 Jahre gerechtfertigt. Der Auflösungsbetrag betrage, wie in dem angepaßten Klagantrag begehrt, für 1984 (ab 1.Oktober) 3 114 DM.
Das FA rügt mit der Revision Verletzung materiellen Rechts (§§ 5, 6 EStG): Lediglich empfangene Aufwands- und Ertragszuschüsse könnten passiv abgegrenzt werden. Dem entsprächen die bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle. Bei den Investitionszuschüssen fehle es hingegen an einer die Rechnungsabgrenzung rechtfertigenden Gegenleistung (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.Juli 1988 IV R 78/85, BFHE 154, 212, BStBl II 1989, 189). Die Zweckbindung, die Maschine während ihrer Nutzungsdauer für einen Schwerbehinderten einzusetzen, sei in diesem Sinne keine Gegenleistung (BFHE 154, 212, 215, BStBl II 1989, 189). Auch sei die Bildung passiver RAP für Investitionszuschüsse systemwidrig. Wirtschaftlich liege ein einheitlicher Vorgang der Bezuschussung mit der Anschaffung des bezuschußten Wirtschaftsguts vor. Die Auflage, während der Nutzungsdauer einen Schwerbehinderten zu beschäftigen, ändere hieran nichts. Der Steuerpflichtige könne lediglich wählen, ob er den Zuschuß sogleich versteuern oder von den Anschaffungskosten absetzen wolle mit der Folge des Wegfalls oder der Minderung der künftigen Abschreibungen (Abschn.34 Abs.1 der Einkommensteuer- Richtlinien --EStR--). Die Entscheidung des Klägers, die Fördermittel im Streitjahr nicht gewinnerhöhend zu vereinnahmen, führe zur Kürzung der Anschaffungskosten.
Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger halten die Vorentscheidung für zutreffend und tragen ergänzend vor: Das FA verkenne, daß im Streitfall ein Aufwandszuschuß gegeben sei, mit dem die Einrichtung eines neuen Arbeitsplatzes gefördert worden sei. Die Anschaffung der Maschine sei hierfür Voraussetzung gewesen. Wolle man annehmen, daß der Zuschuß Merkmale sowohl eines Aufwands- als auch eines Investitionszuschusses getragen habe, sei ein Bilanzierungswahlrecht gegeben. Zumindest sei wegen der Rückzahlungspflicht eine Rückstellung zu passivieren. Das Bestehen einer (zeitraumbezogenen) Rückzahlungspflicht sei durch den Gang der Ereignisse bestätigt worden. - Hierzu hatte der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem FG mitgeteilt: Der eingestellte Schwerbehinderte K sei im Herbst 1986 erkrankt. Die Erkrankung habe sich hingezogen. Das Arbeitsverhältnis sei schließlich einvernehmlich aufgelöst worden. Er, der Kläger, habe daraufhin 1988 einen Betrag von 64 022,60 DM zurückgezahlt. Die Maschine sei im Frühjahr 1988 für 80 000 DM veräußert worden.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Neufestsetzung der Einkommensteuer nach einem Gewinn, der lediglich durch einen passiven RAP gemindert wird, der sich aus dem Überschuß des Zuschusses gegenüber den Anschaffungskosten der Maschine ergibt.
1. Das FG ist nicht darauf eingegangen, ob der Kläger verpflichtet war, den Zuschuß zurückzuzahlen, und infolgedessen eine Verbindlichkeit --ggf. in der Form einer Rückstellung-- auszuweisen hatte. Sollte eine Verbindlichkeit bzw. eine Rückstellung auszuweisen sein, läge Fremdkapital vor, das zur Bezahlung des Maschinenkaufpreises verwandt worden wäre; die Anschaffungskosten der Maschine würden nicht berührt. Der Senat verneint die Voraussetzungen sowohl einer Verbindlichkeit als auch einer Rückstellung.
a) Eine Verbindlichkeit entfällt schon deswegen, weil die Hauptfürsorgestelle sich eine "anteilige Rückforderung" lediglich für den Fall vorbehalten hatte, daß das Arbeitsverhältnis mit dem Schwerbehinderten K beendet würde und der Arbeitsplatz auch nicht mit einem anderen geeigneten Schwerbehinderten besetzt werden könnte; andernfalls sollte der Zuschuß dem Kläger endgültig verbleiben. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit K und die Nichteinstellung eines anderen geeigneten Schwerbehinderten waren sonach auflösende Bedingungen der Zuschußgewährung und aufschiebende Bedingungen für den Eintritt der Rückzahlungsverpflichtung. Die Rückzahlung des im öffentlichen Recht wurzelnden Zuschusses war überdies aufschiebend bedingt durch den Erlaß eines Rückforderungsbescheids. Eine --mehrfach-- aufschiebend bedingte Rückzahlungsverpflichtung ist erst in dem Zeitpunkt auszuweisen, in dem sämtliche Rückzahlungsbedingungen erfüllt sind. Hieran fehlte es am Bilanzstichtag 31.Dezember 1984.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Bedingungen, wie die Kläger vortragen, später (1988) eingetreten sind. Sollte dieser Vortrag zutreffen, könnte eine Verbindlichkeit erst 1988 in der Höhe des durch den Rückforderungsbescheid geltend gemachten Betrags ausgewiesen werden.
Der Streitfall ist nicht vergleichbar mit dem Sachverhalt des BFH-Beschlusses vom 21.Juni 1990 IV B 100/89 (BFHE 161, 120, BStBl II 1990, 980). Der IV.Senat des BFH hat es in dieser Entscheidung für möglich angesehen, daß sog. Vorauszahlungsmittel für Zwecke der Wohnungsbaumodernisierung im Hinblick auf die befristete Rückzahlungsverpflichtung zu passivieren sind; die Vergabestelle entschied endgültig erst nach zehn Jahren, ob die Mittel dem Antragsteller belassen oder in ein Darlehen umgewandelt werden sollten. Ein derartiger Schwebezustand ist für den Streitfall nicht festzustellen. Der Zuschuß war dem Kläger gewiß, wenn nicht die genannten Bedingungen eintraten.
b) Auch eine Rückstellung wegen einer ungewissen Verbindlichkeit (§ 249 Abs.1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches --HGB--) scheidet aus. Die Bildung einer Rückstellung ist allerdings nicht davon abhängig, daß die aufschiebenden Bedingungen eingetreten sind. Eine Rückstellung wegen einer ungewissen Verbindlichkeit ist schon dann zu bilden, wenn der Eintritt der Bedingungen und damit die Entstehung der Rückzahlungsverpflichtung wahrscheinlich sind (vgl. für auflösende Bedingungen BFH-Urteil vom 11.April 1990 I R 63/86, BFHE 160, 323). Am Bilanzstichtag 31.Dezember 1984 waren Umstände, die einen Eintritt der aufschiebenden Bedingungen nahelegen könnten, nicht ersichtlich. Es war vielmehr anzunehmen, daß der gerade eingestellte Schwerbehinderte K bzw. eine Ersatzkraft während der Bindungsfrist tätig sein würde. Die Ereignisse der Jahre 1986 bis 1988 waren, wenn sie sich in der von den Klägern geschilderten Weise abgespielt haben sollten, bei Erstellung der Bilanz zum 31.Dezember 1984 nicht vorhersehbar.
2. Ein passiver RAP ist nur für den Teil des Zuschusses zu bilden, der die Anschaffungskosten der Fräs- und Bohrmaschine übersteigt. Soweit der Zuschuß in Höhe der Anschaffungskosten für den Erwerb der Maschine gewährt wurde, kommt ein passiver RAP nicht in Betracht.
a) Gemäß § 5 Abs.4 Satz 1 Nr.2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung (jetzt § 5 Abs.5 Satz 1 Nr.2 EStG) sind passive RAP nur anzusetzen für Einnahmen vor dem Abschlußstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (s. auch § 250 Abs.2 HGB). Die Vorschrift findet auch auf Leistungen von Subventionen im Bereich des öffentlichen Rechts Anwendung (BFH-Urteile vom 22.Juli 1982 IV R 111/79, BFHE 136, 266, BStBl II 1982, 655 betr. Abfindung für die Stillegung einer Mühle nach dem Mühlenstrukturgesetz; vom 5.April 1984 IV R 96/82, BFHE 141, 31, BStBl II 1984, 552 betr. Ausbildungsplatzzuschüsse).
Der Zuschuß war hier eine Einnahme, die im wesentlichen einen Ertrag für die Zeit nach dem Bilanzstichtag des Vereinnahmungsjahres 1984 darstellte; denn der Kläger durfte den Zuschuß endgültig erst dann behalten, wenn er die Bedingungen und Auflagen des Bescheids vom 1.Juni 1984 auch nach dem Bilanzstichtag 31.Dezember 1984 erfüllte. Die Voraussetzung, daß der Zuschuß Ertrag für eine "bestimmte Zeit" nach dem Bilanzstichtag sein muß, ist jedoch nur hinsichtlich des Zuschußbetrags gegeben, der die Anschaffungskosten der Maschine übersteigt.
b) Der Zuschuß ist, soweit er zur Aufbringung der Anschaffungskosten der Maschine geleistet wurde, ein sog. Investitionszuschuß. Die Hauptfürsorgestelle hat die vom Kläger anläßlich des Maschinenerwerbs aufgewandte und als Vorsteuer absetzbare Umsatzsteuer in die Förderung einbezogen. Gemäß § 9b Abs.1 Satz 1 EStG gehört dieser Betrag jedoch nicht zu den steuerrechtlichen Anschaffungskosten (ebenso für das Handelsrecht Stellungnahme IdW HFA 3/1968, Die Wirtschaftsprüfung --WPg-- 1969, 15). Die Frage, ob und inwieweit ein Investitionszuschuß oder ein sonstiger Zuschuß vorliegt, beurteilt sich nicht nach Subventionsrecht, sondern nach dem Handels- und Steuerrecht.
Der die Anschaffungskosten übersteigende Betrag, den das FA zutreffend mit 11 808,01 DM ermittelt hat, ist ein sonstiger Zuschuß, wobei dahingestellt bleiben kann, ob er den Lohnaufwand für den Schwerbehinderten verringern sollte (Aufwandszuschuß) oder den Ertrag des Klägers, der sich ohne gesetzliche Verpflichtung zur Einstellung eines Schwerbehinderten bereit fand, verbessern sollte (Ertragszuschuß). Der Zuschuß wurde insoweit unabhängig von der Förderung des Erwerbs der Maschine lediglich für die Errichtung und Erhaltung des Schwerbehinderten-Arbeitsplatzes gezahlt. Hierfür gibt die Auflage der Hauptfürsorgestelle in dem Bescheid vom 1.Juni 1984, der Schwerbehinderten- Arbeitsplatz bleibe "für die Dauer von zehn Jahren ... vorbehalten", eine kalendermäßig bestimmte Zeit an. Der Einstellung dieses Betrags in einen passiven RAP steht nicht entgegen, daß der geförderte Arbeitsplatz als Arbeitsplatz an der zu erwerbenden Fräs- und Bohrmaschine ausgestaltet war. Der Überschußbetrag war nicht für die Maschineninvestition vorgesehen. Er sollte auch nicht für den Unterhalt der Maschine verwandt werden. Dieser oblag nach dem Bescheid vom 1.Juni 1984 dem Kläger als sog. Eigenbeteiligung.
c) Der Investitionszuschuß von 112 758,65 DM ist entgegen der Ansicht des FG nicht passiv abzugrenzen. Nach Auffassung des IV.Senats des BFH ist die einem Investitionszuschuß regelmäßig innewohnende Zweckbindung, das bezuschußte Wirtschaftsgut während einer Nutzungsdauer für den geförderten Zweck vorzuhalten und einzusetzen, keine Gegenleistung des Zuschußempfängers, die, für sich genommen, eine Rechnungsabgrenzung begründen könnte (BFH-Urteil in BFHE 154, 212, 215, BStBl II 1989, 189). Der Senat kann dahingestellt sein lassen, ob der Streitfall anders gelagert ist, weil der Kläger --über die genannte Zweckbindung hinaus-- gehalten war, an der bezuschußten Maschine einen Schwerbehinderten zu beschäftigen. Selbst wenn eine Gegenleistung des Klägers angenommen wird, entfällt eine Rechnungsabgrenzung, weil das Merkmal der "bestimmten Zeit" nicht erfüllt ist. Ein lediglich durch Schätzung bestimmbarer Zeitraum ist nicht "bestimmt" (BFH-Beschluß vom 3.November 1982 I B 23/82, BFHE 137, 38, 42, BStBl II 1983, 132). Die planmäßige bzw. betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines abnutzbaren Sachanlageguts (§ 253 Abs.2 HGB, § 7 Abs.1 EStG) läßt sich nur durch Schätzung ermitteln (BFH-Urteil vom 26.Juli 1991 VI R 82/89, BFHE 165, 378 unter II. 3.). Sie ist daher nicht "bestimmt" (vgl. zum Meinungsstand Bauer in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 5 Rdnr.F 124; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10.Aufl. 1991, § 5 Anm.50 b, jeweils m.N.).
Die zehnjährige Arbeitsplatzbindung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Sie steht im Zusammenhang mit der Auflage, den Investitionszuschuß für die Anschaffung der (abnutzbaren) Fräs- und Bohrmaschine zu verwenden. Der Schwerbehinderte sollte an der anzuschaffenden Maschine eingesetzt werden. Arbeitsplatzbindung und Vorhaltung der Maschine waren sonach miteinander verknüpft. Die Nutzungsdauer der Maschine war mitbestimmend für die Zeitdauer, während der der Kläger Vorteile aus dem Investitionszuschuß ziehen konnte.
Die Hauptfürsorgestelle scheint davon ausgegangen zu sein, daß die Maschine während der zehnjährigen Arbeitsplatzbindung einsatzfähig bleiben würde; demgemäß war dem Kläger untersagt, die Maschine bis Ende September 1994 zu verkaufen oder zu verpfänden. Es war jedoch nicht zu erwarten, daß der Schwerbehinderten- Arbeitsplatz an der Maschine genau zehn Jahre lang zur Verfügung stände. Wäre die Nutzungsdauer bereits vor Ablauf des Zehn- Jahres-Zeitraums beendet worden, hätte der Kläger den Schwerbehinderten-Arbeitsplatz an der Maschine nicht mehr vorhalten können; der Vorteil aus dem Investitionszuschuß hätte sich vor der angenommenen Mindestnutzungszeit erschöpft. Wäre andererseits die Maschine nach Ablauf der zehn Jahre weiter nutzbar gewesen, hätte der Kläger aus dem Investitionszuschuß einen weitergehenden Vorteil gezogen. In jedem Fall war der Vorteil aus dem Investitionszuschuß auch von der Nutzungsmöglichkeit der Maschine abhängig.
3. Das FA hat angenommen, daß der Kläger den Investitionszuschuß von 112 758 DM hilfsweise in Ausübung des Wahlrechts aus Abschn.34 Abs.1 EStR mit den Anschaffungskosten der Maschine verrechnen wollte. Dies ist nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, daß der Kläger für den Fall der Unzulässigkeit einer Rechnungsabgrenzung eine Besteuerung des Investitionszuschusses als Betriebseinnahme wollte. Das Wahlrecht stand dem Kläger zu.
a) Nach Abschn.34 Abs.1 EStR (in der ab 1967 geltenden Fassung; Abschn.34 Abs.3 EStR 1990) haben Steuerpflichtige, die Anlagegüter mit Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln anschaffen, ein Wahlrecht, ob sie die Zuschüsse als Betriebseinnahmen ansetzen oder erfolgsneutral behandeln, d.h. die Anlagegüter nur mit den Anschaffungskosten bewerten, die sie selbst (also ohne Zuschüsse) aufgewandt haben. Das Wahlrecht ist zumindest Rechtens, soweit wie hier Investitionszuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu beurteilen sind. Es geht insoweit auf das BFH-Urteil vom 4.November 1965 IV 228/63 U (BFHE 84, 459, BStBl III 1966, 167) zurück (s. auch BFH-Urteile vom 12.März 1969 I 97/65, BFHE 95, 178, 180, BStBl II 1969, 381; vom 29.April 1982 IV R 177/78, BFHE 136, 90, 93, BStBl II 1982, 591). Mit Urteil vom 28.Oktober 1980 VIII R 34/76 (BFHE 132, 41, BStBl II 1981, 161) hat der BFH entschieden, daß (private) Baukostenzuschüsse der Mieter nicht die Herstellungskosten des Gebäudes mindern dürfen. Diese Rechtsprechung hat das Wahlrecht aus Abschn.34 Abs.1 EStR für Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln unberührt gelassen.
b) Die Rechtsprechung und die Verwaltungsregelung beruhen auf der Annahme, daß der Investitionszuschuß aus öffentlichen Mitteln grundsätzlich Ertrag (Betriebseinnahme) und dessen Verwendung für die Anschaffung (oder Herstellung) des bezuschußten Anlageguts ein davon unabhängiger Finanzierungsvorgang sind. Die Zweckbindung für eine bestimmte Anschaffung (oder Herstellung) rechtfertigt jedoch auch eine Sicht, Anschaffungs- bzw. Herstellungsvorgang und Finanzierungsvorgang zusammenzufassen. Die Vorgänge werden dann so beurteilt, als "laufe" der Zuschuß bei dem Empfänger "durch". Abschreibungswirksam werden lediglich die um den Zuschuß geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Wird eine solche Sichtweise dem Steuerpflichtigen, wie in Abschn.34 EStR geschehen, hilfs- und wahlweise zugestanden, so bedeutet dies nicht, daß Beschaffungs- und Finanzierungsvorgang unzulässigerweise vermengt würden. Es wird lediglich dem berechtigten Anliegen des Steuerpflichtigen entgegengekommen, dem Zusammenhang zwischen zweckgebundener Finanzierung und Beschaffungsvorgang Rechnung zu tragen. Die Objektbezogenheit eines Investitionszuschusses rechtfertigt es, nach Wahl des Steuerpflichtigen von der sofortigen Gewinnrealisierung abzusehen und eine Gewinnrealisierung nach Maßgabe der Nutzung des bezuschußten Sachanlageguts stattfinden zu lassen. Gewöhnlich werden Investitionen aus Eigenmitteln oder aufgenommenen Fremdmitteln (mit Rückzahlungsverpflichtung) --also erfolgsneutral-- finanziert. Erhöht ein Finanzierungsvorgang ausnahmsweise das Betriebsvermögen --wie hier die Erlangung eines Investitionszuschusses aus öffentlichen Mitteln (ohne Rückzahlungsverpflichtung)--, ist es nicht geboten, den Steuerpflichtigen sogleich zur Gewinnrealisierung zu zwingen. Der Gewinnrealisierungsgrundsatz, der handels- und steuerrechtlich gleichermaßen gilt (vgl. nunmehr § 252 Abs.1 Nr.4, 2.Halbsatz HGB i.d.F. des Bilanzrichtliniengesetzes), läßt Raum für die vereinfachende Erwägung eines Steuerpflichtigen, der erhaltene Investitionszuschuß mindere seine Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, er habe demgemäß für das bezuschußte Anlagegut lediglich den Differenzbetrag aufgewandt.
Der IV.Senat des BFH hat offengelassen, ob das Wahlrecht auf einem einkommensteuerrechtlichen Gewohnheitsrecht oder auf einem ungeschriebenen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung beruht (BFHE 136, 90, 92, BStBl II 1982, 591). Der Senat sieht die Rechtsgrundlage, wie dargelegt, in dem auch für das Steuerrecht maßgeblichen Gewinnrealisierungsgrundsatz, einem (inzwischen kodifizierten) handelsrechtlichen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung. Das Wahlrecht ist für das Handelsrecht und das Steuerrecht gleichmäßig auszuüben; ein einkommensteuerrechtlicher Aktivierungszwang nach den Grundsätzen des BFH-Beschlusses vom 3.Februar 1969 GrS 2/68 (BFHE 95, 31, BStBl II 1969, 291) besteht danach nicht. Ob auch ein Gewohnheitsrecht gegeben ist, braucht nicht entschieden zu werden.
Der Gesetzgeber hat das Wahlrecht dadurch bestätigt, daß er für Investitionszulagen, die sachlich keinen Unterschied zu Investitionszuschüssen aus öffentlichen Mitteln aufweisen, ausdrücklich angeordnet hat, sie dürften nicht die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindern (§ 19 Abs.9 des Berlinförderungsgesetzes --BerlinFG--, § 5 Abs.2 des Investitionszulagengesetzes --InvZulG--). Investitionszulagen und -zuschüsse unterscheiden sich zwar dadurch, daß Investitionszulagen steuerfrei, Investitionszuschüsse dagegen steuerpflichtig sind. Hieraus ergibt sich jedoch kein sachlicher Unterschied. Steuerfreiheit und Steuerpflicht sind Rechtsfolgen, nicht Abgrenzungskriterien.
c) Der IV.Senat des BFH hat im Urteil vom 14.Juli 1988 IV R 78/85 die Auffassung vertreten, Investitionszuschüsse aus öffentlichen Mitteln minderten grundsätzlich die Anschaffungs- und Herstellungskosten (BFHE 154, 212, BStBl II 1989, 189 unter 3 b und c; dazu Groh, DB 1988, 2417, 2419: Wahlrecht ohne Rechtsgrundlage; s. auch BFH-Beschluß in BFHE 161, 120, 122, BStBl II 1990, 980). Der III.Senat des BFH hat sich dieser Auffassung für die Gewährung von Fördermitteln nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz angeschlossen (Urteil vom 28.April 1989 III R 4/87, BFHE 156, 497, 501, BStBl II 1989, 618). Schließlich hat der IX.Senat des BFH unter Bezugnahme auf die angeführte Rechtsprechung für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entschieden, das Wahlrecht in Abschn.163 Abs.1 EStR (demjenigen in Abschn.34 EStR nachgebildet) sei ohne Rechtsgrundlage; öffentliche Investitionszuschüsse für die Herstellung eines zu vermietenden Gebäudes seien nicht Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung; vielmehr minderten sie die Herstellungskosten des Gebäudes (Urteil vom 26.März 1991 IX R 104/86, BFHE 164, 263).
Öffentliche Investitionszuschüsse mindern indessen weder handels- noch steuerrechtlich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Sie führen dem Unternehmen Finanzierungsmittel zu (Pankow/Schmidt-Wendt in Beck'scher Bilanzkommentar, 2.Aufl. 1990, § 255 HGB Anm.117; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 8.Aufl. 1991, S.148 f.; unklar die Stellungnahme IdW HFA 1/1984, WPg 1984, 612). Zwar trifft es zu, daß Anschaffungspreisminderungen abzusetzen sind (§ 255 Abs.1 Satz 3 HGB); diese Regelung ist, wie der IV.Senat zu Recht anführt (BFHE 154, 212, 217, BStBl II 1989, 189) auf die Rückzahlung von Nebenkosten zu erstrecken. Nicht zugestimmt werden kann jedoch seiner weitergehenden Ansicht, die Regelung gelte nach dem Zweck des § 255 Abs.1 Satz 3 HGB "darüber hinaus für die Erstattung und Vergütung von Anschaffungsausgaben durch Dritte, sofern hierin nicht ein Entgelt für eine Leistung des Empfängers liegt". Die Vorschrift mag als Ausdruck eines allgemeinen Rechtssatzes gesehen werden, daß Anschaffungs- oder Herstellungskosten sich um vereinbarte Ermäßigungen, Erstattungen und Rückvergütungen der Anschaffungs- oder Herstellungsausgaben mindern. Ein solcher Satz findet jedoch seine Begrenzung in der vorausgesetzten rechtlichen Verknüpfung des Minderungsvorgangs mit dem Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang. Fehlt es hieran --wie insbesondere bei der Einschaltung eines an dem Herstellungs- oder Anschaffungsvorgang nicht beteiligten Dritten--, werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht beeinflußt.
Im Streitfall war allein der Kläger verpflichtet, den Kaufpreis für die Fräs- und Bohrmaschine an den Lieferanten zu entrichten. Der Lieferant gewährte dem Kläger keine Minderung des Kaufpreises i.S. des § 255 Abs.1 Satz 3 HGB. Der Kläger wurde durch den Investitionszuschuß des Dritten, der Hauptfürsorgestelle, finanziell in den Stand gesetzt, den Kaufpreis an den Lieferanten zu begleichen. Die Einräumung eines Wahlrechts gemäß Abschn.34 EStR berührt diese Beurteilung nicht. Das Wahlrecht setzt vielmehr einen Finanzierungsvorgang voraus.
d) Der erkennende Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des IV.Senats (BFHE 154, 212, BStBl II 1989, 189) und des III.Senats (BFHE 156, 497, BStBl II 1989, 618) ab. Beide Senate haben letztlich offengelassen, ob das Wahlrecht gemäß Abschn.34 Abs.1 EStR besteht oder nicht.
Der erkennende Senat weicht auch nicht von dem Urteil des IX.Senats in BFHE 164, 263 ab. Abgesehen davon, daß diese Entscheidung Abschn.163 Abs.1 EStR und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betrifft, ist die in ihr geäußerte Auffassung, daß die Herstellungskosten um öffentliche Investitionszuschüsse zu kürzen sind, vor dem Hintergrund zu sehen, daß der IX.Senat derartige Investitionszuschüsse nicht als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung ansieht. Für den betrieblichen Bereich ist hingegen anerkannt, daß öffentliche Zuschüsse (einschließlich der Investitionszuschüsse) Betriebseinnahmen sind (BFH-Urteil vom 17.September 1987 III R 225/83, BFHE 151, 373, BStBl II 1988, 324). Der IX.Senat hatte danach keine dem Abschn.34 Abs.1 EStR vergleichbare Rechtslage zu beurteilen.
4. Die Einkommensteuerschuld 1984 ist wie folgt neu zu ermitteln: ...
Fundstellen
Haufe-Index 64399 |
BFH/NV 1992, 35 |
BStBl II 1992, 488 |
BFHE 167, 69 |
BFHE 1992, 69 |
BB 1992, 820 |
BB 1992, 820-822 (LT) |
DB 1992, 1066-1067 (LT) |
DStR 1992, 676 (KT) |
HFR 1992, 331 (LT) |
StE 1992, 263 (K) |