Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Eine Mitunternehmerschaft (ein mitunternehmerähnliches Verhältnis) im Sinne der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 170/59 S vom 19. Februar 1960 (BStBl 1960 III S. 159) kann auch angenommen werden, wenn eine Ehefrau in einer Personengesellschaft, an der ihr Ehemann maßgebend beteiligt ist, eine umfangreiche und tragende Tätigkeit gegen Entgelt leistet.
Normenkette
EStG § 15 Nr. 2, §§ 19, 26a/1
Tatbestand
Die Bfin. betreibt eine .... warenfabrik in der Rechtsform einer OHG. Gesellschafter mit einer Gewinn- und Verlustbeteiligung von je 50 v. H. sind die Brüder A. und B. Y. Die Ehefrau des Gesellschafters A. Y. (abgekürzt: Ehefrau) ist seit 1934 im Betrieb tätig; sie erledigt die kaufmännische Verwaltung einschließlich Buchführung. Sie erhielt dafür seit 1934 Vergütungen, die als Gehalt bezeichnet wurden. Seit dem Jahre 1953 betrugen die Vergütungen gleichbleibend 12.000 DM jährlich. Die OHG verbuchte die Zahlungen als Betriebsausgaben. Bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen rechnete das Finanzamt sie bisher dem Gewinnanteil des Gesellschafters A. Y. hinzu. Für 1956 will die OHG das Gehalt als Betriebsausgabe abgesetzt haben, weil zwischen ihr und der Ehefrau ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Das Finanzamt lehnte das ab; der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht gab der Berufung statt. Es führte aus, bei dem Gehalt der Ehefrau handle es sich nicht um einen abgezweigten Teil des dem Ehemann zustehenden Gewinnanteils, sondern um ein echtes Entgelt für die Dienstleistungen der Ehefrau, das den Gewinn beider Gesellschafter mindere. Diesem Umstand komme besondere Bedeutung zu, weil zwischen den Gesellschaftern über die Geschäftsführung Meinungsverschiedenheiten bestünden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Der Senat hat in den Entscheidungen I 170/59 S vom 19. Februar 1960, I 146/59 U und I 233/59 U vom 16. Februar 1960 (Bundessteuerblatt 1960 III S. 159, 156, 157) zu den hier streitigen Rechtsfragen Stellung genommen. Auf die Entscheidungen wird Bezug genommen.
Danach konnte das Finanzgericht ein Arbeitsverhältnis der Ehefrau zu der OHG, an der ihr Ehemann mit 50 v. H. maßgebend beteiligt war, nicht anerkennen.
Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben. Die nicht entscheidungsreife Sache wird an das Finanzgericht zurückverwiesen, das folgendes zu beachten hat. Der Senat hält in den erwähnten Entscheidungen eine Mitunternehmerschaft (ein mitunternehmerähnliches Verhältnis) zwischen Ehegatten auch dann für möglich, wenn ein Ehegatte nur seine Arbeitskraft in die Personengesellschaft einbringt, an der der andere Ehegatte als Mitunternehmer maßgebend beteiligt ist. Vorausgesetzt wird aber, daß die Arbeitsleistung des Ehegatten nicht nur untergeordnet, sondern umfangreich und für das Unternehmen tragend ist; ferner, daß ernsthafte zivilrechtliche Vereinbarungen über eine Gewinnteilung zwischen den Ehegatten im voraus getroffen und durchgeführt worden sind. Auf die Bezeichnung kommt es dabei nicht an; ein vereinbartes "Arbeitsverhältnis" kann dann als vereinbartes mitunternehmerähnliches Verhältnis und das vereinbarte "Gehalt" als vereinbarter Gewinnanteil aufgefaßt werden. Diese Grundsätze gelten nicht nur, wenn die Ehefrau Gesellschafterin ist und der Ehemann gegen "Gehalt" im Betrieb der Gesellschaft mitarbeitet, sondern auch, wenn wie im Streitfall der Ehemann Gesellschafter ist, aber die Ehefrau im Betrieb der Gesellschaft eine tragende und umfangreiche Tätigkeit gegen Entgelt leistet.
Das Finanzgericht muß nach diesen Gesichtspunkten den Sachverhalt weiter aufklären und insbesondere prüfen, worin die Mitarbeit der Ehefrau im einzelnen bestanden hat und ob die "Gehaltsvereinbarung" ernsthaft durchgeführt worden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 409662 |
BStBl III 1960, 209 |
BFHE 1960, 560 |
BFHE 70, 560 |