Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Eine GmbH, die als Eigentümerin einer Ausstellungshalle satzungsmäßig die Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung und die Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse eines bestimmten Gebietes betreibt, und deren Gesellschafter überwiegend Zuchtverbände und ähnliche Verbände sind, kann im Hinblick auf die im Vordergrund stehenden eigenwirtschaftlichen Interessen der Mehrzahl ihrer Gesellschafter nicht als gemeinnützig im Sinne des § 5 Ziff. 8 SHG, § 17 StAnpG angesehen werden.
Normenkette
SHG § 5 Ziff. 8; StAnpG § 17
Tatbestand
Die beschwerdeführende GmbH ist Eigentümerin einer Ausstellungshalle. Die Beschwerdeführerin (Bfin.), die mit einem Gesamtvermögen (Grundstück und Inventar) von abgerundet 88 400 DM zur allgemeinen Soforthilfeabgabe herangezogen wurde, wendet sich ausschließlich dagegen, daß Finanzamt und Finanzgericht die von ihr begehrte Anerkennung der Gemeinnützigkeit im Sinne des § 5 Ziff. 8 des Soforthilfegesetzes (SHG) abgelehnt haben.
Gegenstand des Unternehmens der Bfin. ist nach § 1 der in der Gesellschafterversammlung vom 14. Februar 1951 in einigen Punkten geänderten Satzung die Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung und die Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse in .... und den benachbarten Gebieten durch Errichtung einer Ausstellungs- und Versteigerungshalle. Der letzte Satz des § 1 der Satzung lautet: "Die Gesellschaft dient ausschließlich gemeinnützigen Zwecken". Das Stammkapital der GmbH beträgt 80 000 DM. An ihm sind folgende Gesellschafter beteiligt:
1. Freistaat 10 000 DM, 2. Bezirksverband 5 000 DM, 3. Stadt 10 000 DM, 4. Landestreuhänder für den ehemaligen Reichsnährstand in .... 11 000 DM, 11 000 DM, 5. Zuchtverband für .... 12 000 DM, 6. Zuchtverband für .... 12 000 DM, 7. Viehverwertung GmbH Sitz .... 7 000 DM, 8. Verband Schweinezüchter e. V. Sitz .... 6 000 DM, 9. Warenvermittlung landwirtschaftlicher Genossenschaften AG Sitz .... 5 000 DM, 10. Pferdezuchtverband e. V. Sitz .... 1 000 DM, 11. Verband .... Ziegenzüchter e. V. Sitz .... 1 000 DM.Das Finanzgericht hat in übereinstimmung mit dem Finanzamt die Anerkennung der Gemeinnützigkeit mit der Begründung versagt, daß die nach § 17 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) erforderliche ausschließliche und unmittelbare Förderung der Allgemeinheit fehle, die Bfin. vielmehr unmittelbar im wesentlichen den wirtschaftlichen Interessen ihrer Anteilseigner, insbesondere der unter Ziff. 5 bis 11 genannten, diene, auch die Förderung eines einzelnen Zweiges der Volkswirtschaft für sich noch kein ausschließlich gemeinnütziger Zweck sei.
In der Rechtsbeschwerde (RB.) rügt die Bfin. in erster Linie unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts, hier des § 17 Abs. 1 StAnpG in der Fassung des Art. II des Kontrollratsgesetzes Nr. 1 und des Art. I des Kontrollratsgesetzes Nr. 12. Nach § 17 a. a. O. seien gemeinnützig solche Zwecke, durch deren Erfüllung ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit gefördert werde. Gerade die jüngste Vergangenheit habe deutlich gezeigt, welche Bedeutung die Ernährungswirtschaft und insbesondere die Landwirtschaft für das allgemeine Wohl habe. Nach dem Verlust der Hauptagrargebiete im östlichen Teile Deutschlands und der Steigerung der Bevölkerungszahl Westdeutschlands verdiene unter den heutigen Verhältnissen die bäuerliche Wirtschaft und damit auch deren von der Bfin. betriebene Förderung mit vollem Recht das Prädikat "gemeinnützig". Im übrigen liege in der ohne ausreichende Stellungnahme zum Vorbringen der Bfin. getroffenen Feststellung des Finanzgerichts, daß eigenwirtschaftliche Interessen das Handeln der Bfin. bestimmten, ein wesentlicher Verfahrensmangel. Zur Stützung ihrer Auffassung hat die Bfin. in der Rb. vier gleichlautende Erklärungen von Anteilseignern, nämlich des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der Regierung von ... (Bezirksverband), der Stadt ... und des Zuchtverbands ... vorgelegt, in denen bestätigt wird, daß die Bfin. seit ihrer Gründung im Jahre 1928 ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt habe. Insbesondere seien sich bei der Gründung alle Anteilseigner über diesen Zweck im klaren gewesen und hätten in ihrer Geschäftsführung bis zum heutigen Tage daran festgehalten. In keinem Geschäftsjahr sei eine Gewinnausschüttung erfolgt. Ebenso hätten die Anteilseigner aus ihrer Mitgliedschaft keinerlei materiellen Vorteil gezogen.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist nicht begründet.
Für die Frage, ob eine Körperschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken im Sinne des § 5 Ziff. 8 SHG dient, sind ausschließlich die dazu ergangenen steuerlichen Bestimmungen, insbesondere der § 17 StAnpG und die Vorschriften der Gemeinnützigkeits-Verordnung maßgebend. Danach sind gemeinnützig im steuerlichen Sinne nicht schon alle Bestrebungen, die im weiteren Sinne der Allgemeinheit nützen. Insbesondere liegt nach § 17 Abs. 5 StAnpG keine Gemeinnützigkeit vor, wenn eine Tätigkeit in der Hauptsache eigenwirtschaftliche Zwecke, sei es der Körperschaft selbst oder ihrer Mitglieder, verfolgt. Das Finanzgericht hat mit Recht ausgeführt, daß insbesondere die unter Ziff. 5 bis 11 aufgeführten Gesellschafter der Bfin. bei der nach der Satzung erstrebten Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung und der Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse in erster Linie ihre eigenwirtschaftlichen Interessen verfolgen. Hiernach ist die ausschließliche und unmittelbare Gemeinnützigkeit der Bfin. im Sinne der maßgeblichen Vorschriften des Steuerrechts von den Vorbehörden zutreffend verneint worden. Diese Auffassung deckt sich auch mit der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, der z. B. in der Entscheidung VI a 49/41 vom 23. Juli 1941 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1941 S. 818) die Gemeinnützigkeit eines vom Reichsnährstand anerkannten Züchtervereins zur Förderung der Rinderzucht, dessen satzungsmäßiger Zweck unter anderem Veranstaltung und Beschickung von Ausstellungen und Veranstaltung von Zuchtviehversteigerungen war, mit der Begründung verneint hat, der Verein diene in erster Linie den Eigeninteressen der Mitglieder, wobei die mittelbare gemeinnützige Auswirkung seiner Tätigkeit steuerlich nicht beachtlich sei. Auch der von der Bfin. gerügte Verfahrensmangel - "Feststellung" des Finanzgerichts, daß für das Handeln der Bfin. eigenwirtschaftliche Interessen bestimmend gewesen seien - liegt nicht vor. Nach den auf diese "Feststellung" folgenden Ausführungen des Finanzgerichts kann es nicht zweifelhaft sein, daß das Finanzgericht mit diesem Ausdruck nicht eine tatsächliche "Feststellung" gemeint, sondern seine "Auffassung" im Sinne einer rechtlichen Würdigung zum Ausdruck gebracht hat. Bei dieser Sach- und Rechtslage bedarf es weder einer Prüfung darüber, ob die in einer Mehrheit von Einzelfällen, allerdings jeweils mit Zustimmung der Finanzbehörden, vorgenommene satzungswidrige Verwendung der Ausstellungshalle der Anerkennung der Gemeinnützigkeit im Wege stehen würde, noch einer weiteren Erörterung darüber, ob die allgemeine Bestimmung im § 14 der Satzung über die Verwendung des restlichen Vermögens der Bfin. im Falle ihrer Auflösung für ausschließlich gemeinnützige Zwecke eine ausreichende satzungsmäßige Vermögensbindung im Sinne der §§ 14 und 15 der Gemeinnützigkeits-Verordnung enthält.
Hiernach mußte die Rb. mit der Kostenfolge des § 307 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückgewiesen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 407477 |
BStBl III 1952, 270 |
BFHE 1953, 705 |
BFHE 56, 705 |
DB 1953, 266 |