Leitsatz (amtlich)
Nach § 10b Abs. 1 EStG 1965 können zwar auch Sachspenden als "Ausgaben" anzusehen sein; Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Ausgabe ist aber, daß ihre Höhe in der Spendenbescheinigung bescheinigt wird.
Normenkette
EStG § 10b Abs. 1
Tatbestand
Der Steuerpflichtige, ein Steuerbevollmächtigter, hat nach seinen Angaben dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) im Jahre 1967 Sachen im Werte von 300 DM gespendet. Diese Sachspende hat, wie aus einer vom Steuerpflichtigen vorgelegten Bescheinigung des DRK hervorgeht, aus getragenen Kleidungsstücken und einem gebrauchten Kinderwagen bestanden. Eine Wertangabe ist in der Bescheinigung nicht enthalten; diese zu ergänzen, hat das DRK abgelehnt.
Entgegen dem Antrag des Steuerpflichtigen berücksichtigte das FA bei der Veranlagung des Steuerpflichtigen und dessen Ehefrau zur Einkommensteuer für das Jahr 1967 die Sachspende nicht, und zwar deswegen, weil sich der Wert der Sachen nicht aus der Bescheinigung des DRK ergebe. Die Sprungklage blieb ohne Erfolg. Das FG begründete seine Entscheidung wie folgt: Die Frage, ob Sachspenden überhaupt nach § 10b Abs. 1 EStG 1965 abzugsfähig seien, werde zwar von maßgebenden Kommentatoren bejaht. Nach Ansicht des Senats sei aber bis zur Neufassung des § 10b Abs. 1 durch das StÄndG 1969 (Art. 3 Nr. 2) davon auszugehen, daß der Gesetzgeber unter dem Begriff "Ausgabe" nur Geldspenden verstanden habe. Dafür spreche nicht zuletzt auch der Wortlaut der Neufassung, nach der als Ausgabe die Zuwendung von Wirtschaftsgütern mit Ausnahme von Nutzungen und Leistungen "gelte". Außerdem fehle es im Streitfall aber an der erforderlichen ordnungsmäßigen Spendenbescheinigung. Gemäß § 48 Abs. 3 EStDV werde eine Spende nur dann als abzugsfähig anerkannt, wenn der Empfänger bestätige, daß der "zugewendete Betrag" zu den begünstigten Zwecken verwendet werde. Aus der Spendenbescheinigung müsse danach der geldwerte Betrag der Spende ersichtlich sein, und zwar auch dann, wenn man Sachspenden als durch § 10b Abs. 1 EStG 1965 erfaßt ansehe. Der Zweck einer jeden Spendenbescheinigung liege darin, der Finanzbehörde eine beweiskräftige Unterlage hinsichtlich der steuerlichen Auswirkung der Spende zu geben. Dieser Zweck aber würde vereitelt, wollte man der Finanzbehörde bei Sachspenden zumuten, den geldwerten Betrag selbständig zu ermitteln. Hierzu wäre die Finanzbehörde auch gar nicht in der Lage, wenn sie - wie in der Regel und so auch im Streitfall - die gespendeten Gegenstände nicht gesehen habe. Ihr könne auch nicht etwa zugemutet werden, sich auf die Wertangabe des Spenders zu verlassen, die weitgehend durch subjektive Wertvorstellungen beeinflußt sein könne. Im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller Steuerpflichtigen könne § 48 Abs. 3 EStDV demnach nur dahin verstanden werden, daß der Geldwert einer Sachspende durch deren Empfänger zu bestätigen sei; denn die Person des Spendenempfängers biete allein die größtmögliche Gewähr für die zutreffende Ermittlung des objektiven Werts einer Sachspende. Unter diesen Umständen müsse das Risiko des Fehlens der Wertangabe in jedem Falle zu Lasten des Spenders gehen, ohne daß es darauf ankomme, auf welche Ursache das Fehlen der Wertangabe zurückzuführen sei. Bei der Spendenbescheinigung handele es sich um eine materiell-rechtliche Voraussetzung der Abzugsfähigkeit, auf die grundsätzlich nicht verzichtet werden könne (vgl. das Urteil des BFH I 303/60 vom 27. November 1963, HFR 1964, 382). In dieser Regelung liege auch keine unzulässige Einschränkung des § 10b EStG. Der § 48 Abs. 3 EStDV finde seine Ermächtigungsgrundlage im § 51 Abs. 1 Nr. 1b EStG und sei Ausfluß der im Steuerrecht ebenso wie in anderen Rechtsgebieten geltenden Nachweispflicht.
Mit seiner Revision rügt der Steuerpflichtige Verletzung des geltenden Rechts. Das FG habe den Spendenabzug nach § 10b EStG zu Unrecht versagt. Der BFH habe in dem Urteil VI R 269/67 vom 25. Juli 1969 (BFH 96, 471, BStBl II 1969, 681) die Zuwendung von geldwerten Vorteilen, soweit es sich um Ausgaben des Spenders handele, ausdrücklich anerkannt. Das DRK rechne zu den begünstigten Empfängern; ihm sei die Spende unmittelbar zugeflossen. Das DRK habe den Empfang auch bestätigt. Es habe zwar abgelehnt, den Wert der Sache festzustellen; es habe aber nicht etwa, wie das FG unterstelle, deren Wertlosigkeit bescheinigt. Unter diesen Umständen müsse seine Spende als absetzbar anerkannt werden.
Der Steuerpflichtige beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Steuerbescheid dahin abzuändern, daß 300 DM als Sonderausgabe berücksichtigt werden. Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision kann keinen Erfolg haben.
Dem Steuerpflichtigen ist allerdings zuzugeben, daß nach § 10b EStG 1965, wenngleich in diesem - anders als im § 10b EStG 1969 - die Zuwendung von Wirtschaftsgütern nicht ausdrücklich als "Ausgabe" anerkannt ist, auch die Zuwendung von Wirtschaftsgütern als Ausgabe berücksichtigt werden kann. Wie der Senat in dem vom Steuerpflichtigen angeführten Urteil VI R 269/67 vom 25. Juli 1969 entschieden hat, fallen unter den Begriff "Ausgaben" im Sinne des § 10b EStG auch geldwerte Vorteile, die ein Steuerpflichtiger einem der nach dieser Vorschrift begünstigten Empfänger zuwendet. Wenn in diesem Urteil der Vorbehalt gemacht wurde, daß dem Steuerpflichtigen "Ausgaben" erwachsen sein müßten, so sollte damit ausgeschlossen sein, daß persönliche Leistungen des Steuerpflichtigen, für die ihm selbst keine Ausgaben erwachsen, als Spenden im Sinne des § 10b EStG anerkannt werden können. Anders liegt es aber bei Spenden von Sachen, deren Anschaffung mit entsprechenden Ausgaben des Steuerpflichtigen verbunden war. In der Tat wäre es nicht einzusehen, warum die Zuwendung von Geld als Spende (= Ausgabe) anerkannt werden sollte, nicht aber auch die Zuwendung einer Sache, die der Steuerpflichtige kurz zuvor angeschafft hat.
Trotzdem ist die Entscheidung des FG, nach der hier der Steuerpflichtige den erforderlichen Nachweis nicht geführt hat, nicht zu beanstanden. Wird Geld zugewendet, so kann die Höhe der Ausgabe - der Betrag, der als Spende abzusetzen ist - keinerlei Zweifel unterliegen. Werden dagegen Sachen zugewendet, so bedarf es der Ermittlung ihres Wertes, um das Einkommen durch Absetzung eines Betrages als Sonderausgabe im Sinne des § 10b EStG mindern zu können. Wenn § 10b Abs. 1 letzter Satz EStG 1969 grundsätzlich den "gemeinen Wert" des zugewendeten Wirtschaftsgutes als maßgebend ansetzt, so kann sich für die Berücksichtigung von Sachspenden im Sinne des § 10b EStG 1965 nichts anderes ergeben, weil dieser Wert, erkennt man Sachspenden überhaupt als "Ausgaben" an, sich als der naheliegendste anbietet. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, ist es aber Aufgabe des Steuerpflichtigen, den Wert wie auch die sonstigen Voraussetzungen für die Anerkennung als absetzbare Ausgabe im Sinne des § 10b EStG einwandfrei nachzuweisen, und muß, weil hier eine Vergünstigung in Anspruch genommen wird, jeder Zweifel in bezug auf den Wert zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen, und zwar nicht zuletzt deswegen, weil dem FA jede Möglichkeit der Kontrolle abgeschnitten ist. Mit dem FG ist davon auszugehen, daß § 48 Abs. 3 EStDV, erkennt man Sachspenden als begünstigt an, auch die Angabe des Wertes der Sachspende erfordert und hierin keine unzulässige Einschränkung des § 10b EStG liegt. Auch ohne die Regelung des § 48 Abs. 3 EStDV könnten die Nachweisanforderungen nicht geringer sein.
Gerade der vorliegende Fall zeigt, wie notwendig es ist, an den Nachweis des Wertes von Sachspenden strenge Anforderungen zu stellen. Ohne die Überzeugung des Steuerpflichtigen von der Richtigkeit seiner Schätzung anzweifeln zu wollen, kann der Senat doch nicht an der der Lebenserfahrung entsprechenden Tatsache vorbeigehen, daß getragene Kleidungsstücke kaum einen Marktwert haben und zumeist erst dann verschenkt werden, wenn sie dem Schenker nicht mehr zusagen, etwa weil sie abgetragen sind oder zwar noch gut tragbar wären, aber der Mode nicht mehr entsprechen. Selbst Sachen in einem Zustand, in dem sie mancher, der sich in einer entsprechenden Notlage befindet, noch gerne tragen würde und in dem sie aus eben diesem Grunde auch für Wohlfahrtsorganisationen noch von Interesse sind, können doch in aller Regel gar nicht oder nur zu einem geringen Preis verkauft werden. Werden sie an nach § 10b EStG begünstigte Empfänger verschenkt, so versteht sich von selbst, daß in die Spendenbescheinigung nicht einfach ein Wert eingesetzt werden kann, daß aber andererseits dem Empfänger auch eine einwandfreie Schätzung des Wertes kaum möglich ist. Um dieser Bedenken willen muß jeder nicht ohne weiteres behebbare Zweifel am Wert der gespendeten Sachen, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, zu Lasten des einen steuerlichen Vorteil beanspruchenden Spenders gehen. Auch der Gleichheitsgrundsatz spricht für eine solche Behandlung, wenn man berücksichtigt, daß gerade Kleidungsstücke oft unmittelbar an Bedürftige verschenkt werden, ohne daß dies steuerlich honoriert wird.
Fundstellen
Haufe-Index 413020 |
BStBl II 1972, 55 |
BFHE 1972, 430 |