Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Hinzurechnung von Baukostenzuschüssen zum Gesamtaufwand nach § 9 Abs. 1 Ziff. 2 GrEStG.
Normenkette
GrEStG § 9 Abs. 1 Ziff. 2, § 11 Abs. 1 Ziff. 1, § 11/1/4
Tatbestand
In einem Zwangsversteigerungsverfahren blieb die Beschwerdegegnerin (Bgin.) Meistbietende. Das Finanzgericht hob die Grunderwerbsteuerforderung des Finanzamts auf, weil es die sämtlichen Voraussetzungen für einen Rettungserwerb nach § 9 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) als erfüllt ansah.
In der Rechtsbeschwerde (Rb.) macht der Vorsteher des Finanzamts wie schon bisher geltend, die Voraussetzung der Ziff. 2 a. a. O. sei nicht erfüllt, weil dem "Gesamtaufwand" die in der Form von Baukostenzuschüssen geleisteten Mietvorauszahlungen der Mieter an den bisherigen Grundstückseigentümer hinzugerechnet werden müßten und der Gesamtaufwand dann den "Vergleichbetrag" übersteige. Er begründet die Hinzurechnung damit: Der Gesamtaufwand enthalte die Gegenleistung. Die Gegenleistung (ß 11 Abs. 1 Ziff. 4 GrEStG) müsse auch die vorbehaltenen Nutzungen umfassen, weil dies in der Ziff. 4 des § 11 Abs. 1 nicht anders sein könne als bei Ziff. 1. Mietvorauszahlungen, die der bisherige Eigentümer des Grundstücks nicht herauszugeben brauche, seien vorbehaltene Nutzungen. Eventuell gehörten die Mietvorauszahlungen als zusätzliche Leistungen im Sinne des § 11 Abs. 2 Ziff. 1 GrEStG zur Gegenleistung.
Entscheidungsgründe
Die Rb. hat keinen Erfolg.
Nach dem hier umstrittenen § 9 Abs. 1 Ziff. 2 GrEStG darf "das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben", der "Gesamtaufwand", einen gewissen Vergleichsbetrag nicht übersteigen.
Bei den Mietvorauszahlungen, die der Vorsteher des Finanzamts zu diesem Gesamtaufwand gerechnet wissen will, handelt es sich um Baukostenzuschüsse, die besonders in der Zeit seit dem zweiten Weltkrieg in vielen Fällen des Neubaus oder Wiederaufbaus von Gebäuden von den künftigen Mietern gewährt werden. Mit diesen Baukostenzuschüssen, hier den nicht verlorenen, haben sich Schrifttum und Rechtsprechung weitgehend befaßt (vgl. z. B. die Zusammenstellung bei Steiner-Riedel, Komm. zum Zwangsversteigerungsgesetz 6. Aufl. 1953 Bem. 6 g zu §§ 57 - 57 d). Der Streitfall betrifft Baukostenzuschüsse im Sinne der ersten der drei in dem Urteil des Bundesgerichtshofs V ZR 79/51 vom 6. Juni 1952, Slg. Bd. 6 S. 202, erwähnten Möglichkeiten, nämlich solche, die als Mietvorauszahlungen gewollt sind, durch die für eine bestimmte Zeit die Miete ganz oder teilweise im voraus getilgt wird, so daß in der Folge keine Verrechnung mehr nötig ist, sondern nur die nicht getilgten Mietzinsforderungsteile fällig werden und in bar zu entrichten sind. Hinsichtlich dieser Mietvorauszahlungen (Baukostenzuschüsse) hat der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 6. Juni 1952 entschieden, daß sie gegenüber dem Konkursverwalter (damals stand die Anwendung des § 21 Abs. 2 der Konkursordnung in Streit) ohne zeitliche Einschränkung wirksam sind.
Es kann nun dahingestellt bleiben, ob die Mietvorauszahlungen der erwähnten Art bei einem freihändigen Kauf vorbehaltene Nutzungen im Sinne des § 11 Abs. 1 Ziff. 1 GrEStG darstellen würden; denn ihre Zurechnung zur Gegenleistung entfällt im Streitfall aus der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Ziff. 4 a. a. O. heraus. In dieser Vorschrift ist die Gegenleistung bei dem Erwerbsvorgang des Meistgebots mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Zwangsversteigerungsverfahrens so genau umschrieben, daß Hinzurechnungen nur in Betracht kommen können, wenn diesbezügliche Vereinbarungen oder behördliche Anordnungen (Auflagen) vorliegen. Solche Vereinbarungen werden dabei zwischen dem bisherigen Eigentümer und dem Ersteher kaum vorkommen, weil der Ersteher keinen Anlaß haben wird, dem bisherigen Eigentümer über das hinaus, was ihm im Zwangsversteigerungsverfahren zugesprochen worden ist, noch etwas zu gewähren. Auch die Gesetzesbegründung, die sich (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1940 S. 406 rechte Spalte S. 407) mit Rücksicht auf die Kritik des Schrifttums an der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zu der entsprechenden Vorschrift des Gesetzes 1927 eingehend mit der Frage der Gegenleistung beim Meistgebot auseinandersetzt, führt aus, daß durch die Fassung: "das Meistgebot einschl. ..." und durch die besonderen, auch für das Meistgebot geltenden Hinzurechnungsvorschriften des § 11 GrEStG alles von der Steuer zu Umfassende umschrieben ist.
Ist hiernach ein Abgehen von dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht gerechtfertigt und scheidet deshalb die begehrte Hinzurechnung nach § 11 Abs. 1 Ziff. 4 GrEStG aus, so braucht nicht noch darauf eingegangen zu werden, ob zur Anwendung des § 9 Abs. 1 Ziff. 2 a. a. O. überhaupt auf die Vorschrift über die Gegenleistung zurückgegriffen werden darf.
Auch in der hilfsweisen Beurteilung der Mietvorauszahlungen als zusätzliche Leistungen im Sinne des § 11 Abs. 2 Ziff. 1 GrEStG kann dem Vorsteher des Finanzamts schon deshalb nicht gefolgt werden, weil es sich bei diesen "Leistungen, die der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Leistung zusätzlich gewährt", um ein Mehr handelt, das der Erwerber auf Grund neuen Entschlusses in änderung der ursprünglichen Gegenleistung dem Veräußerer gewährt.
Da auch die übrigen Voraussetzungen für einen Rettungserwerb unbedenklich und unbestritten erfüllt sind, erwies sich die Rb. als unbegründet.
Fundstellen
Haufe-Index 408097 |
BStBl III 1955, 54 |
BFHE 1955, 139 |
BFHE 60, 139 |