Leitsatz (amtlich)

6 Abs. 4 des Gesetzes betreffend die Bezüge der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer juristischer Personen findet bei der Ermittlung des gewerblichen Gewinnes im Sinne des § 11 Ziff. 2 Buchstabe a - Freigrenze - keine Anwendung.

 

Normenkette

IHG § 11/2/a

 

Tatbestand

Es handelt sich um die Aufbringungspflicht nach dem Gesetz über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft vom 7. Januar 1952 in der Fassung des änderungsgesetzes vom 22. August 1952 (Bundessteuerblatt 1952 I S. 77 und 747).

Die zur Investitionshilfe herangezogene Firma ist eine Familien-GmbH. Das Finanzamt hat einen Aufbringungsbetrag von 900 DM festgesetzt. Die Firma nimmt Befreiung in Anspruch, weil ihr Gewinn aus Gewerbebetrieb die in § 11 Ziff. 2 a des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft (IHG) vorgesehene Freigrenze von 30.000 DM nicht überschreite.

Auf die Sprungberufung hat das Finanzgericht die Firma von der Investitionshilfe freigestellt. Gegen diese Entscheidung hat der Vorsteher des Finanzamts Rechtsbeschwerde (Rb.) eingelegt. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Streitig ist allein, in welcher Weise der für die Ermittlung der Freigrenze des § 11 IHG maßgebliche Gewinn einer Kapitalgesellschaft zu errechnen, insbesondere, welche Bedeutung den gezahlten Geschäftsführer-Bezügen beizumessen ist.

§ 11 Ziff. 2 a IHG spricht ganz allgemein von dem "gewerblichen Gewinn" der Aufbringungspflichtigen, der in gewissem Umfange einer Korrektur unterworfen werden soll. Gewerblicher Gewinn ist nach dem System des Steuerrechts der Gewinn, der bei der Veranlagung nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder Körperschaftsteuergesetzes zugrunde gelegt worden ist (vgl. auch § 6 Abs. 1 des Gesetzes). Der Wortlaut des § 11 Ziff. 2 a gibt keine Veranlassung anzunehmen, daß der Gesetzgeber den Begriff "gewerblicher Gewinn" anders hat verstanden wissen wollen.

Sowohl für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 6 Abs. 1 als auch für die Prüfung, ob die Freigrenze des § 11 Ziff. 2 a überschritten wird, ist von dem gewerblichen Gewinn auszugehen. Dieser Gewinn ist für die Zwecke der Aufbringung der Investitionshilfe zu berichtigen. Etwaige Absetzungen aus §§ 7 ff des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind dem Gewinn hinzuzurechnen. Dies gilt in gleicher Weise für die Bemessungsgrundlage wie für die Freigrenze. Für die Bemessungsgrundlage haben darüber hinaus die Bezüge der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer einer juristischen Person Bedeutung. § 6 Abs. 4 sieht die Minderung des Gewinns um einen Pauschbetrag von 12.000 DM vor. Das Wörtchen "nur" in Abs. 4 könnte zu der Annahme verführen, daß im Fall die Bezüge hinter 12.000 DM zurückbleiben, nur die tatsächlichen Bezüge berücksichtigt werden sollen, der Pauschbetrag also den Höchstsatz darstelle; in § 21 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes vom 5. April 1952 (Bundessteuerblatt I S. 224) ist jedoch ausgesprochen, daß der Pauschbetrag auch in diesem Fall zu gewähren ist. Für die hier zu entscheidende Frage entbehren die Pauschbeträge jeder Bedeutung. Denn für die Berechnung der Freigrenze ist in § 11 Ziff. 2 a lediglich auf §§ 7 ff EStG, nicht aber auf § 6 Abs. 4 IHG verwiesen. Hätte der Gesetzgeber eine Regelung treffen wollen, die auch für die Ermittlung der Freigrenze die Bezüge berücksichtigt, so hätte nichts näher gelegen, als in § 11 Ziff. 2 a neben der Hinzurechnung der nach §§ 7 ff EStG abgesetzten Beträge die Berücksichtigung dieser Bezüge vorzuschreiben.

Der Wortlaut der Vorschrift läßt keine Unklarheit erkennen. Er enthält eine mögliche Regelung, so daß ihm keine "Auslegungsfähigkeit" zugesprochen werden kann. Zum Begriff der Auslegungsfähigkeit hat der Senat in der Entscheidung I 113/52 U vom 10. Februar 1953 (Bundessteuerblatt III S. 102) Stellung genommen. Er hat in dieser auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Mai 1952 BvH 2/52 - Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Band I S. 299/312 - verwiesen. Der Senat hat dem nichts hinzuzufügen. Er vermag danach auch nicht anzuerkennen, daß § 18 der Ersten Investitionshilfe-Durchführungsverordnung (IHDV), dessen Absatz 2 sich auf den Umsatzteil der Bemessungsgrundlage bezieht, herangezogen werden kann. Auch die übrigen Vorschriften der Ersten IHDV - §§ 6 ff - beschränken sich - vgl. auch die überschrift des Abschnitts "zu § 6 Abs. 1" - auf die Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Eine Ermächtigung zum Erlaß von Vorschriften hinsichtlich der Freigrenze ist im übrigen in § 38 Ziff. 2 zu a und b nicht vorgesehen. Im übrigen vermögen Bestimmungen der Durchführungsverordnung klare gesetzliche Bestimmungen nicht zu ändern.

Für die Freigrenze hat es daher hinsichtlich der Bezüge bei der dem Wortlaut entsprechenden Regelung zu verbleiben, weitere Korrekturen, als in § 11 ausdrücklich vorgeschrieben sind, kommen nicht in Betracht.

Die Rechtslage ist mithin folgende: Die Bemessungsgrundlage - ohne den Umsatzteil - errechnet sich aus dem sich nach dem Körperschaftsteuergesetz ergebenden Gewinn, dem die Summe der Beträge aus §§ 7 ff EStG sowie der Bezüge der Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer in der geleisteten Höhe hinzugesetzt und von dem der Pauschbetrag aus § 6 Abs. 4 abgesetzt wird. (Dem trägt der Vordruck Rechnung - vgl. S. 2 B I 1 b zu ee und S. 3 zu 4 b -. Der Vordruck ist offenbar hergestellt worden, ehe durch das änderungsgesetz vom 22. August 1952 die Freigrenze des § 11 erweitert worden ist. Darum fehlt auf S. 4 C der Hinweis auf § 11 Ziff. 2 a).

Für die Freigrenze erfährt der Gewinn lediglich durch Erhöhung um die Absetzungen aus §§ 7 ff EStG eine Veränderung. Die Bezüge haben im Sinne des § 6 Abs. 4 den nach dem Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinn gemindert und dabei hat es sein Bewenden. Diese Regelung ist möglicherweise zum Zwecke der Vereinfachung getroffen worden, wobei daran zu erinnern ist, daß sich bei Familiengesellschaften überhöhte Bezüge der Vorstandsmitglieder bereits im körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn erhöhend auswirken, indem sie bei der Ermittlung desselben als verdeckte Gewinnausschüttung hinzugerechnet werden.

Für den Streitfall ergibt sich hieraus folgendes: Die gewerblichen Gewinne betragen für 1950 und 1951 6.953 bzw. 3.558 DM. Wenn in der Gewerbesteuererklärung, der das Finanzamt die Ziffern für die Festsetzung der Abgabe nach dem Gesetz über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft entnommen hat, Vorstandsbezüge mit 15.404 DM für 1950 und 15.731 DM für 1951 besonders ausgewiesen und von der Beschwerdeführerin (Bfin.) dem Gewinn hinzugerechnet worden sind, so findet dies darin seine Erklärung, daß für die Ermittlung des Gewerbeertrags § 8 Ziff. 6 des Gewerbesteuergesetzes die Hinzurechnung der im Aufwand enthaltenen und somit vom Gewinn abgesetzten Bezüge vorschreibt. Die Vorinstanzen haben jedoch nicht untersucht, ob nicht an die Gesellschafter-Geschäftsführer überhöhte Gehälter gezahlt worden sind.

Die Sache geht an das Finanzamt zurück, das zu prüfen haben wird, ob nach dem Umfang des Gewerbebetriebs die Bezüge der Gesellschafter-Geschäftsführer in dem gewährten Ausmaße angemessen sind oder eine verdeckte Gewinnausschüttung bedeuten, durch deren Hinzurechnung die Freigrenze des § 11 Ziff. 2 a IHG überschritten wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407692

BStBl III 1953, 230

BFHE 1954, 601

BFHE 57, 601

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