Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Die öffentlich-rechtliche Körperschaft kann die Verpachtungen mehrerer Gaststättenbetriebe zu einem einheitlichen Betrieb gewerblicher Art auch dann zusammenfassen, wenn die einzelnen Gaststätten an verschiedene Personen verpachtet sind.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Ziff. 6
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine Stadtgemeinde, hat im Streitjahr 1953 eine Anzahl von Gaststätten an verschiedene Unternehmer verpachtet, darunter die Gebäude und die Einrichtung des Gaststättenbetriebes "X-Terrasse". Strittig ist, ob die Verpachtung dieses Betriebes ein selbständiges körperschaftsteuerpflichtiges Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1953 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (KStDV) 1953 darstellt. Nach Ansicht der Stadtgemeinde unterhält sie einen einheitlichen Betrieb gewerblicher Art, der ihre sämtlichen verpachteten Gaststättenbetriebe umfaßt. Diese Betriebe seien zur Einhaltung der im wesentlichen gleichartigen Pachtverträge einheitlich der Liegenschaftsverwaltung unterstellt. Die Ergebnisse der Verpachtungen seien mit einer Ausnahme, die durch besondere Verhältnisse bedingt sei, im Haushaltsplan der Stadt zusammen unter dem gleichen Titel ausgewiesen. Das Finanzamt lehnte die Zusammenfassung der verpachteten Gaststättenbetriebe, die zum Ausgleich von Verlusten mit Erträgen bei den Verpachtungen führt, ab und behandelte den Gaststättenbetrieb "X-Terrasse" als selbständiges Steuersubjekt.
Die Berufung der Bfin. blieb erfolglos. Das Finanzgericht begründet sein Urteil im wesentlichen wie folgt: Die "X-Terrasse" sei unter einem anderen Abschnitt im städtischen Haushaltsplan geführt worden als die übrigen Betriebe. Der Vorschlag des Rechnungsprüfungsamtes und der Aufsichtsbehörde, sämtliche Gaststättenbetriebe nach § 1 der Eigenbetriebsverordnung zusammenzufassen, sei bis zum Ergehen des Urteils noch nicht ausgeführt worden. Nach der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 377/38 vom 10. Oktober 1939 (RStBl 1940 S. 359) sei die Verpachtung mehrerer Betriebe gewerblicher Art durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft regelmäßig einer Mehrheit von Betrieben gleichzustellen, es sei denn, daß mehrere Betriebe zusammen an den gleichen Pächter vergeben worden seien.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) der Stadtgemeinde ist begründet.
Nach der Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 611/38 vom 28. September 1938 (RStBl 1938 S. 1117) spricht bei Vereinigung mehrerer gleichartiger Betriebe in der Hand eines Unternehmers die Vermutung für einen einheitlichen Gewerbebetrieb. Daß sich die Betriebe in verschiedenen politischen Gemeinden befinden würden, stehe dieser Vermutung dann nicht entgegen, wenn die wirtschaftlichen Beziehungen sich mit den Grenzen der politischen Gemeinden nicht deckten (ebenso Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 730/38 vom 21. Dezember 1938, RStBl 1939 S. 372, und die Gewerbesteuer-Richtlinien 1951 Abschn. 19 Abs. 2).
Würde somit im Streitfall die Stadtgemeinde die verpachteten Gaststättenbetriebe selbst bewirtschaften, so würde man kaum Bedenken dagegen geltend machen können, daß die Stadtgemeinde in ihren sämtlichen Gaststättenbetrieben ein einheitliches Unternehmen erblickt. Siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 317/55 U vom 20. März 1956 (BStBl 1956 III S. 166, Slg. Bd. 62 S. 448). Die Frage geht nun dahin, ob die Verpachtung der Betriebe an verschiedene Unternehmer zu einem anderen Ergebnis führt, wie dies die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 377/38 vom 10. Oktober 1939 angenommen hat. Die Körperschaftsteuerpflicht stützt sich im Streitfalle auf § 1 Abs. 3 KStDV 1953. Hiernach steht die Verpachtung eines Betriebes einem Betrieb gewerblicher Art gleich. Setzt man aber die Eigenbewirtschaftung und die Verpachtung in dieser Weise gleich, so liegt es nahe, auch im übrigen gleiche Grundsätze anzuwenden. Man wird also dort, wo gleichartige Betriebe im Sinne dieser Ausführungen verpachtet sind und die Bewirtschaftung durch den Verpächter selbst zu einer Einheit der Betriebe führen würde, auch bei der Verpachtung die Einheit dann anerkennen können, wenn diese Betriebe an verschiedene Personen verpachtet sind. Nach dem Sinn und Zweck der Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art öffentlich-rechtlicher Körperschaften besteht keine Veranlassung, die Zusammenfassung von der Gleichheit der Personen der Pächter abhängig zu machen. Der Senat folgt deshalb der in dem Urteil des Reichsfinanzhofs I 377/38 vom 10. Oktober 1939 vertretenen Auffassung nicht.
Die Zusammenfassung mehrerer Verpachtungen von Gaststättenbetrieben kann allerdings nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn die Stadtgemeinde die einzelnen Verpachtungen in ihrer Haushaltsführung, Verwaltung und überwachung organisatorisch nicht eindeutig als mehrere Betriebe behandelt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Alle verpachteten Gaststättenbetriebe werden durch die Liegenschaftsverwaltung betreut und überwacht.
Die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung werden aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung der oben dargestellten Gesichtspunkte an das Finanzamt zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 409406 |
BStBl III 1959, 339 |
BFHE 1960, 205 |
BFHE 69, 205 |
BB 1959, 878 |