Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Feststellungsbescheide nach Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens bis zum Prüfungstermin
Leitsatz (amtlich)
Nach Eröffnung des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens darf das FA bis zum Prüfungstermin Steuern nicht mehr festsetzen, die zur Konkurs- bzw. Insolvenztabelle anzumelden sind, und Feststellungsbescheide nicht mehr erlassen, in denen Besteuerungsgrundlagen mit Auswirkung für das Vermögen des Gemeinschuldners festgestellt werden. Das gilt auch für Besteuerungsgrundlagen, die einheitlich und gesondert festzustellen sind (Änderung der Rechtsprechung).
Normenkette
AO 1977 § 179 Abs. 1, 2 S. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 251; KO §§ 12, 14, 138
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Konkursverwalter über das Vermögen der N-GmbH und der N-KG. Die GmbH ist persönliche haftende Gesellschafterin der KG. Sowohl über das Vermögen der GmbH als auch über das Vermögen der KG war am 30. März 1998 das Konkursverfahren eröffnet worden.
Da die KG für das Streitjahr 1997 keine Erklärung über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb abgegeben hatte, erließ der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) am 9. April 1998 einen Schätzungsbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung, in dem die Einkünfte der Gesellschafter auf 0 DM festgestellt wurden. Der Schätzungsbescheid wurde den Gesellschaftern einzeln bekannt gegeben. Für die GmbH erfolgte die Bekanntgabe an den Kläger als Konkursverwalter der GmbH.
Gegen den Schätzungsbescheid legten der Kläger und die beiden Kommanditisten ―die Beigeladenen― Einspruch ein. Dabei vertrat der Kläger die Ansicht, dass infolge der Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH das Besteuerungsverfahren unterbrochen und deshalb der Erlass des Feststellungsbescheides gegen ihn unzulässig gewesen sei. Die Kommanditisten wandten sich gegen die Höhe des für die KG festgestellten Gewinns.
Während des Einspruchsverfahrens reichte die KG eine Feststellungserklärung für 1997 ein. Das FA stellte daraufhin auf der Grundlage der erklärten Angaben unter Änderung des Schätzungsbescheides Einkünfte in Höhe von ./. 3 532 579 DM fest, von denen + 2 500 DM auf die GmbH entfielen. Die Einspruchsentscheidung wurde den Beteiligten einzeln bekannt gegeben. Für die GmbH ergab sich trotz des positiven Gewinnanteils von 2 500 DM wegen eines hohen Verlustvortrags keine Körperschaft-steuerschuld.
Während des Klageverfahrens hat das FA den Feststellungsbescheid erneut ―ohne Änderung des Gewinnanteils der GmbH― geändert. Der Kläger hat beantragt, den Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Einspruchsentscheidung und den Änderungsbescheid aufgehoben, soweit sie sich gegen den Kläger richteten (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2002, 1544).
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§§ 179 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, 251 der Abgabenordnung ―AO 1977―; §§ 12, 14, 138 bis 145 der Konkursordnung ―KO―).
Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FG hat den Feststellungsbescheid im Ergebnis zu Recht aufgehoben, soweit er sich gegen die GmbH richtet. Nach Eröffnung des ―im Streitfall noch nach den Vorschriften der KO durchzuführenden (Art. 103 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl I, 2911)― Konkursverfahrens darf das FA bis zum Prüfungstermin Steuern nicht mehr festsetzen, die zur Konkurstabelle anzumelden sind, und Feststellungsbescheide nicht mehr erlassen, in denen Besteuerungsgrundlagen mit Auswirkung auf das Vermögen des Gemeinschuldners festgestellt werden. Das gilt auch für Besteuerungsgrundlagen, die gesondert und einheitlich festzustellen sind.
1. Der Kläger war zur Erhebung der Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid befugt.
Er ist zwar auch Konkursverwalter über das Vermögen der KG und insoweit würde ihm die Klagebefugnis fehlen (Senatsbeschluss vom 30. September 1987 VIII B 60/87, BFH/NV 1989, 441; Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 5. Juni 2003 IV R 36/02, BFHE 202, 395, BStBl II 2003, 871, unter I.3. der Gründe; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Vor § 179 AO 1977 Tz. 9, m.w.N.); er hat aber die Klage nur als Konkursverwalter über das Vermögen der Komplementär-GmbH erhoben. Als solcher war er kraft seines Amtes verpflichtet, das zur Konkursmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen (§ 6 KO). Die Verfügungsbefugnis umfasst auch die Wahrnehmung der Interessen der Konkursmasse gegenüber dem FA, soweit dieses Feststellungsbescheide erlassen hat, die Auswirkung auf das Vermögen des Gemeinschuldners haben (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 12. Dezember 1985 IV R 330/84, BFHE 145, 495, BStBl II 1986, 408, und vom 18. Dezember 2002 I R 33/01, BFHE 201, 392, BStBl II 2003, 630). Das gilt auch für Gewinnfeststellungsbescheide, die während des Konkurses eines Gesellschafters erlassen werden (BFH-Beschlüsse vom 23. November 1994 VIII R 51/94, BFH/NV 1995, 663, m.w.N., und vom 5. Juli 2002 IV B 70/02, BFH/NV 2002, 1477).
2. Der Kläger konnte die Klage auch mit dem Antrag erheben, den Gewinnfeststellungsbescheid insoweit wegen Nichtigkeit aufzuheben, als er sich gegen die GmbH als Gesellschafterin der KG richtete. Er konnte die (Teil-)Nichtigkeit des Bescheides sowohl mit der Nichtigkeitsfeststellungsklage (§ 41 FGO) als auch mit der Anfechtungsklage geltend machen (ständige Rechtsprechung, vgl. die Nachweise bei Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 41 Rz. 22).
3. Die Klage ist auch begründet. Das FA durfte den angefochtenen Feststellungsbescheid nicht mehr mit Wirkung für die Konkursmasse erlassen.
a) Die §§ 347 ff. AO 1977 enthalten keine Regelungen über die Unterbrechung des außergerichtlichen Verwaltungsverfahrens durch Konkurseröffnung. Sie sind insoweit lückenhaft. Die bestehende Gesetzeslücke ist nach allgemein vertretener Auffassung in entsprechender Anwendung des § 240 der Zivilprozessordnung (ZPO) zu schließen (vgl. dazu u.a. BFH-Urteil in BFHE 201, 392, BStBl II 2003, 630; Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO 1977 Tz. 42, 147, m.w.N.; Klein/Brockmeyer, Abgabenordnung, 8. Aufl., § 251 Rz. 14; Bundesministerium der Finanzen ―BMF―, Schreiben vom 17. Dezember 1998, BStBl I 1998, 1500, Tz. 3; zur Unterbrechung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens; BFH-Urteil vom 2. Juli 1997 I R 11/97, BFHE 183, 365, BStBl II 1998, 428, m.w.N.). Das hat zur Folge, dass Handlungen des FA mit Außenwirkung entweder ganz oder mit Wirkung für den in Konkurs gefallenen Gesellschafter solange unzulässig sind, bis das Verfahren nach den für den Konkurs geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Konkursverfahren aufgehoben wird.
b) Der I. Senat des BFH hat in seinem Urteil in BFHE 183, 365, BStBl II 1998, 428 ausgeführt, dass nach Eröffnung des Konkurses auch keine Bescheide mehr erlassen werden dürfen, in denen Besteuerungsgrundlagen festgestellt oder festgesetzt werden, die die Höhe der zur Konkurstabelle anzumeldenden Steuerforderungen beeinflussen könnten. Denn andernfalls könnten die Finanzbehörden das in § 141 KO vorgeschriebene Verfahren unterlaufen. Dass Bescheide, durch die lediglich Besteuerungsgrundlagen festgestellt oder festgesetzt werden, nicht unmittelbar auf eine Befriedigung der Steuergläubiger gerichtet sind, ist nach dem Urteil unerheblich. Es genügt, dass die festgestellten oder festgesetzten Besteuerungsgrundlagen für das Konkursverfahren insoweit präjudiziell sind, als sie Steuern betreffen, die Konkursforderungen sein können.
Der I. Senat hat diese Rechtsprechung für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestätigt (BFH-Urteil in BFHE 201, 392, BStBl II 2003, 630). Von diesem Grundsatz des Vorrangs des Konkursrechts vor dem Steuerrecht ist auch im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften auszugehen.
aa) Die Frage wird allerdings unterschiedlich beurteilt. Sie wird teils abgelehnt (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 20. Juni 1985 IV R 17/83, BFH/NV 1987, 343, m.w.N.; Beermann in Hübschmann/ Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 251 AO 1977 Rz. 406; Klein/Brockmeyer, a.a.O., § 251 Rz. 29; Szymczak in Koch/Scholtz, Abgabenordnung, 5. Aufl., § 251 Rz. 6/1; Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO 1977 Tz. 48; BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 1500, Tz. 3 und Tz. 1 Abs. 2 i.V.m. Abschn. 58 Abs. 1 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der Vollstreckung nach der Abgabenordnung ―VollStrA―, BStBl I 1980, 112), teils befürwortet (Benne, Betriebs-Berater ―BB― 2001, 1977, 1986; Boochs in Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl., 2002, § 155 Rz. 187; Neu, EFG 2001, 61; Neumann in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 251 AO 1977 Rz. 76; Wied, Kommentierte Finanzrechtsprechung ―KFR― 3/98, Fach 2 § 251 AO, S. 73, 74), wobei noch ungeklärt ist, ob die Konkurseröffnung nach § 12 KO (§ 87 der Insolvenzordnung ―InsO―) ein allgemeines Bescheidverbot zur Folge hat (dazu Welzel, Deutsche Steuer-Zeitung ―DStZ― 1999, 559, 560) oder nur die auf den Gemeinschuldner begrenzte Unwirksamkeit dieses Bescheides, sodass das Feststellungsverfahren jedenfalls gegenüber den nicht in Konkurs gefallenen Feststellungsbeteiligten fortgesetzt werden darf (Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 5. Aufl., S. 249 f.; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., vor § 179 AO 1977 Tz. 9; Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 11. Aufl., § 12 Rz. 7).
Soweit eine Unterbrechung des Verfahrens abgelehnt wird, wird diese Ansicht im Wesentlichen damit begründet, dass die Konkurseröffnung nur die Geltendmachung von Steueransprüchen durch Steuerbescheide, nicht aber die gesonderte und einheitliche Feststellung von einzelnen Besteuerungsgrundlagen hindere, die noch keine Forderungen im Sinne der KO zum Gegenstand hätten. Da durch einen solchen Feststellungsbescheid aber in erster Linie die Konkursmasse betroffen sei, sei der inhaltlich für die Gesellschafter der Personengesellschaft bestimmte Bescheid dem Konkursverwalter des oder der in Konkurs geratenen Gesellschafter(s) der Personengesellschaft bekannt zu geben.
bb) Soweit eine Unterbrechung befürwortet wird, wird zur Begründung vor allem angeführt, dass der Feststellungsbescheid als bindende Entscheidung über die festgestellten Besteuerungsgrundlagen den Steueranspruch gegenüber dem Gemeinschuldner determiniere und das Verfahren deshalb unterbrochen werden müsse, um eine bestandskräftige Feststellung über die Besteuerungsgrundlagen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu vermeiden; denn der Konkursverwalter könne nach einem solchen Bescheid die Anmeldung der Forderungen zur Konkurstabelle insoweit nicht mehr bestreiten.
c) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an. Im Konkurs über das Vermögen eines Gesellschafters kann diesem gegenüber kein gesonderter und einheitlicher Feststellungsbescheid erlassen werden; ein solcher Bescheid wirkt nur gegenüber den anderen Gesellschaftern.
aa) Wie Feststellungen in anderen Bescheiden, in denen Besteuerungsgrundlagen festgestellt oder festgesetzt werden, die die Höhe der zur Konkurstabelle anzumeldenden Steuerforderungen beeinflussen können, bilden auch die in einem Gewinnfeststellungsbescheid ermittelten Gewinnanteile die Grundlage für die Einkommensteuer- oder Körperschaftsteueransprüche des FA und damit eine der Grundlagen für die Anmeldung dieser Ansprüche als Konkursforderungen zur Konkurstabelle. Die Unterbrechung des Besteuerungsverfahrens dient auch dem Zweck, die Konkursmasse vor einer bestandskräftigen Feststellung dieser Grundlagen im steuerrechtlichen Feststellungsverfahren zu schützen. Denn ein zwischen Konkurseröffnung und Prüfungstermin bestandskräftig gewordener Steuer- oder Feststellungsbescheid ist von den in diesem Termin widersprechenden Gläubigern oder dem Konkursverwalter hinzunehmen, soweit er nicht nach §§ 164, 165, 172 f. AO 1977 geändert werden kann oder ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Erfolg hat (vgl. u.a. Frotscher, a.a.O., S. 265, m.w.N.; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl., § 87 Rz. 15, m.w.N.).
bb) Allerdings begrenzt dieser Vorrang des Konkursrechts (zu dessen Begründung vgl. insbesondere BFH-Urteil vom 10. Dezember 1975 II R 150/67, BFHE 118, 412, BStBl II 1976, 506) den Grundsatz der Einheitlichkeit des Feststellungsverfahrens (§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO 1977). Danach wird die gesonderte Feststellung gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich vorgenommen, wenn dies gesetzlich bestimmt ist oder der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen ist. Diese Begrenzung ist jedoch hinzunehmen. Sie wirkt nicht gegenüber den übrigen Gesellschaftern und ist auch gegenüber der Konkursmasse nur eine vorläufige.
aaa) Die Unterbrechung des Gewinnfeststellungsverfahrens ist auf die Feststellung des Gewinnanteils des in Konkurs gefallenen Gesellschafters beschränkt; sie hindert den Fortgang dieses Verfahrens gegen die übrigen Gesellschafter nicht.
Die auf die übrigen Gesellschafter beschränkte Bindungswirkung kann das FA in der Weise kenntlich machen, dass es den auf den Gemeinschuldner entfallenden Anteil am Gesamtgewinn der Gesellschaft nur zum Zweck der Anmeldung der Konkursforderung im Konkursverfahren ermittelt und dies im Gewinnfeststellungsbescheid und in der Mitteilung an das für die Anmeldung zuständige Wohnsitz- oder Betriebsfinanzamt deutlich zum Ausdruck bringt, dass es sich dabei nur um eine Berechnungsgrundlage für die anzumeldende Konkursforderung handelt. Der Gewinnfeststellungsbescheid ist insoweit ―wie auch die zur Anmeldung im Prüfungstermin in Bescheidform ergehende Berechnung der Insolvenzforderung (vgl. zu dieser u.a. Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO 1977 Tz. 45; Boochs, a.a.O., § 155 Rz. 183)― ein lediglich "informatorischer Bescheid". Ist auch über das Vermögen der Personengesellschaft ―wie auch hier über das Vermögen der KG― das Konkursverfahren eröffnet worden, ist der Feststellungsbescheid nach § 183 Abs. 2 AO 1977 allen Gesellschaftern als den materiell Betroffenen bekannt zu geben; denn die Personengesellschaft ist im Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheides infolge der Konkurseröffnung aufgelöst worden (§ 131 Nr. 5, § 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs ―HGB― in der im Streitjahr 1997 gültigen Fassung; BFH-Urteil vom 13. Juli 1967 IV 191/63, BFHE 90, 87, BStBl III 1967, 790, ständige Rechtsprechung; Tipke/ Kruse, a.a.O., § 251 AO 1977 Tz. 47, m.w.N.; zum Streitstand Frotscher, a.a.O., S. 250). Damit kann das Verfahren von den durch den Konkurs nicht betroffenen Gesellschaftern fortgeführt werden.
Ist der Bescheid nicht deutlich als gegenüber dem Gemeinschuldner lediglich "informatorischer Bescheid" zu erkennen, ist er insoweit ―wie jeder andere Festsetzungs- oder Feststellungsbescheid nach Konkurseröffnung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 365, BStBl II 1998, 428; Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO 1977 Tz. 44, 147, m.w.N.)― nichtig. Da davon auszugehen ist, dass das FA das Feststellungsverfahren gegenüber den übrigen Gesellschaftern fortführen wollte, handelt es sich allerdings nur um eine Teilnichtigkeit i.S. von § 125 Abs. 4 AO 1977; gegenüber diesen Gesellschaftern wird der Bescheid mit seiner Bekanntgabe wirksam.
bbb) Die Unterbrechung des Feststellungsverfahrens führt nur zu einer vorübergehenden Begrenzung der Einheitlichkeit des Gewinnfeststellungsverfahrens. Da die Berechnung der Besteuerungsgrundlagen durch das Feststellungsfinanzamt im Feststellungsbescheid keine bindende Wirkung gegenüber den Konkursgläubigern und dem Konkursverwalter hat und diesem gegenüber auch nicht bekannt gegeben werden muss, unterläuft sie das in § 141 KO vorgeschriebene Verfahren nicht. Sie hat außer der Bedeutung einer Information für die Gesellschaft und ihre Gesellschafter nur die Wirkung einer Mitteilung gegenüber dem für die Einkommensteuerveranlagung zuständigen Wohnsitzfinanzamt bzw. dem für die Körperschaftsteuerveranlagung zuständigen Betriebsfinanzamt. Die Anmeldung der Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerforderungen zur Konkurstabelle ist Sache dieser Finanzämter. Die Anmeldefrist beträgt zwei Wochen bis drei Monate ab dem Eröffnungsbeschluss (§ 138 KO; § 28 Abs. 1 Satz 2 InsO).
Wird die angemeldete Forderung im Prüfungstermin, der innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der Anmeldefrist stattfinden soll (§ 138 KO; § 29 Abs. 1 Nr. 2 InsO), nicht bestritten, so gilt sie konkursrechtlich als festgestellt mit der Folge, dass ihre Eintragung in die Tabelle gegenüber dem Konkursverwalter und den übrigen Konkursgläubigern wie ein rechtskräftiges Urteil wirkt; das Verfahren gegen den Gewinnfeststellungsbescheid hat dann für das Konkursverfahren keine Bedeutung mehr (§§ 144 Abs. 1 KO, 145 KO; vgl. dazu BFH-Beschluss vom 17. November 1977 IV R 131-134/77, BFHE 124, 6, BStBl II 1978, 165, unter 3.b der Gründe; BFH-Beschluss vom 30. Juni 1997 V R 59/95, BFH/NV 1998, 42; Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO 1977 Tz. 64, m.w.N.; Frotscher, a.a.O., S. 255). Hat auch der Gemeinschuldner der Forderung nicht widersprochen, ist das Feststellungsverfahren ―soweit er betroffen ist― endgültig gegenstandslos geworden (Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO 1977 Tz. 42 ff., 147; Frotscher, a.a.O., S. 255).
Wird die Forderung im Prüfungstermin bestritten, wird sie im Regelfall nach § 251 Abs. 3 AO 1977 außerhalb des Gewinnfeststellungsverfahrens durch einen besonderen Bescheid festgestellt (Konkurs- bzw. Insolvenzfeststellungsbescheid). Der ―von der KO vorgesehene (§ 146 Abs. 5 KO; § 185 InsO)― Bescheid ist an die widersprechenden Konkursgläubiger bzw. den Konkursverwalter zu richten (Frotscher, a.a.O., S. 258; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 12. Aufl., § 189 Rz. 3); gegen ihn ist der Finanzrechtsweg gegeben (BFH-Urteil vom 26. November 1987 V R 130/82, BFHE 151, 349, BStBl 1988, 124, unter II.2. der Gründe; Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO 1977 Tz. 67 bis 69, m.w.N.). Der Bescheid ist auf Feststellung zur Konkurstabelle gerichtet (vgl. dazu Klein/Brockmeyer, a.a.O., § 251 Rz. 30, und Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO 1977 Tz. 68, jeweils m.w.N.). Da das Gewinnfeststellungsverfahren aber nicht auf dieses Ziel umgestellt werden kann, ist es im Rahmen des Konkurs- bzw. Insolvenzfeststellungsverfahrens nach § 251 Abs. 3 AO 1977 zu Ende zu führen und mit einem Gewinnfeststellungsbescheid abzuschließen. Zu diesem Zweck ist das durch die Unterbrechung bis zum Abschluss der Prüfungen nach §§ 141, 142 KO (§§ 176, 177 InsO) zeitlich verzögerte Gewinnfeststellungsverfahren durch Erlass eines Bescheides gegenüber den widersprechenden Konkursgläubigern bzw. dem widersprechenden Konkursverwalter wieder aufzunehmen (entsprechend § 146 Abs. 3 und Abs. 5 KO; §§ 180 Abs. 2, 185 InsO); nach Abschluss des Prüfungsverfahrens besteht an der Unterbrechung des Gewinnfeststellungsverfahrens kein konkursbedingtes Interesse mehr. Damit kann dem zwingend vorgeschriebenen gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahren noch in einem hinnehmbaren Zeitraum ―im Regelfall höchsten fünf Monate (§ 138 KO; §§ 28, 29 InsO)― Rechnung getragen werden.
Das Aufnahmeverfahren ist durch das FA als Konkursgläubiger zu betreiben (vgl. u.a. Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze, KO/VglO/GesO, 17. Aufl., § 146 KO Anm. 2; Tipke/Kruse, a.a.O., § 251 AO 1977 Tz. 67; Frotscher, a.a.O., S. 260, jeweils m.w.N.; vgl. auch ―für vor der Konkurseröffnung erlassene Steuerbescheide― BFH-Beschluss vom 10. August 1993 VII B 46/91, BFH/NV 1994, 293), und zwar durch das für die gesonderte und einheitliche Feststellung zuständige FA (BFH-Urteil in BFHE 183, 365, BStBl II 1998, 428, unter II.3. der Gründe; Benne, BB 2001, 1977, 1986; Frotscher, a.a.O., S. 256). An diesem Verfahren sind anstelle des Gemeinschuldners die im Prüfungstermin widersprechenden Konkursgläubiger und der widersprechende Konkursverwalter beteiligt; ihnen ist deshalb auch der Gewinnfeststellungsbescheid bekannt zu geben, der Gemeinschuldner scheidet ab diesem Zeitpunkt aus dem Verfahren aus (vgl. ―zur Fortsetzung eines steuerrechtlichen Verwaltungsverfahrens― Frotscher, a.a.O., S. 261 und ―zur Fortsetzung eines Klageverfahrens― BFH-Urteil vom 22. Januar 1997 I R 101/95, BFHE 182, 269, BStBl II 1997, 464). Das weitere Verfahren richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der AO und FGO.
Das Verfahren gegen den angefochtenen Konkurs- bzw. Insolvenzfeststellungsbescheid ist gemäß § 363 AO 1977 bis zu einer abschließenden Entscheidung im Gewinnfeststellungsverfahren auszusetzen (zur Aussetzungspflicht bei streitigen Grundlagenbescheiden im Verfahren gegen Folgebescheide vgl. u.a. Tipke/ Kruse, a.a.O., § 363 AO 1977 Tz. 6, und § 74 FGO Tz. 11; Gräber/Koch, a.a.O., § 74 Tz. 12). Die auf den (Gewinn-)Anteil entfallende angemeldete Steuerforderung wird bei der (Abschlags-)Verteilung zurückbehalten, solange der Rechtsstreit anhängig ist (§§ 152, 168 Nr. 1 KO, § 189 Abs. 2 InsO). Wird der Rechtsstreit vor der Schlussverteilung nicht rechtskräftig entschieden, ist der zurückbehaltene Betrag zu hinterlegen (§ 169 KO, § 198 InsO).
4. Der Einwand des FA, dass es wegen des hohen Verlustvortrags und des der GmbH aus ihrer Beteiligung an der KG zuzurechnenden geringen Gewinnanteils von 2 500 DM letztlich zu keinem Körperschaftsteueranspruch als Konkursforderung gekommen sei, ist nicht begründet. Wie sich der Gewinnanteil im konkreten Fall auswirkt, ist unerheblich; entscheidend ist, ob die festgestellten Besteuerungsgrundlagen abstrakt geeignet sind, als Konkurs- bzw. Insolvenzforderungen anzumeldende Steueransprüche zu begründen (BFH-Urteil in BFHE 201, 392, BStBl II 2003, 630, unter II.2.c der Gründe).
5. Der Senat weicht mit dieser Entscheidung von den Urteilen des IV. Senats des BFH vom 12. Dezember 1985 IV R 330/84 (BFHE 145, 495, BStBl II 1986, 408) und vom 20. Juni 1985 IV R 17/83 (BFH/NV 1987, 343) ab. Der IV. Senat hat der Abweichung zugestimmt.
Fundstellen
Haufe-Index 1261210 |
BFH/NV 2005, 90 |
BStBl II 2005, 246 |
BFHE 2005, 10 |
BFHE 207, 10 |
BB 2004, 2731 |
DB 2005, 202 |
DStRE 2005, 55 |
DStZ 2005, 8 |
HFR 2005, 91 |