Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrecht

 

Leitsatz (amtlich)

1.Der Senat hält an der dem Urteil V z 11/56 U vom 23. November 1956 zugrunde liegenden wertzollrechtlichen Auffassung nicht mehr fest.

2.Läßt ein inländischer Verleger auf Grund ihm zustehender Verlagsrechte Werke der Literatur und der Tonkunst im Zollausland vervielfältigen und führt die so hergestellten urheberrechtlich geschützten Waren in das Zollgebiet ein, so ist der dieser Einfuhr zugrunde liegende Werklieferungsvertrag nicht als ein Verkauf unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs im Sinne von § 53 Abs. 2 ZG anzusehen.

Der Rechnungspreis des Lieferers kann daher nicht als Bemessungsgrundlage (§ 53 b ZG) gelten.

3.Zum Zollwert solcher urheberrechtlich geschützter Waren gehören neben den Herstellungskosten der anteilige Gegenwert der Leistungen für den Erwerb der Urheberrechte, die anteiligen Kosten der Verlegerwerbung sowie der anteilige Verlegergewinn.

4.Läßt jemand eine Ware im Zollausland durch einen anderen herstellen und führt die verkaufsfertige Ware in das Zollgebiet ein, so kann er wertzollrechtlich für sich nicht die Handelsstufe eines Herstellers in Anspruch nehmen.

ZG §§ 53, 53 a, 53 b; WertZO 1957 §§ 2, 24.

 

Normenkette

ZG §§ 53, 53a, 53b; WertZO §§ 2, 24

 

Tatbestand

-I. -

Streitig ist in den vorliegenden drei, wegen gleicher Sach- und Rechtslage zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Fällen die Höhe des Zollwertes bei der Einfuhr von urheberrechtlich geschützten Schallplatten, die die Beschwerdegegnerin (Bgin.) auf Grund von Werklieferungsverträgen im Zollausland hat herstellen lassen. Als Verlegerring von Werken der Tonkunst und durch Künstler vorgetragener Literatur hatte die Bgin. mit Orchestern, Solisten, Sängern und Schauspielern sowie mit der Gema-Berlin (Gesellschaft für mechanische Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte, die vor allem Komponisten vertritt) Verträge abgeschlossen, durch die sie gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Absatz- oder Pauschalhonoraren das Recht zur Vervielfältigung und zum Vertrieb der auf Schallplatten aufgenommenen Werke erwarb. Außerdem hatte die Bgin. mit einer Konkurrenzfirma einen Vertrag abgeschlossen, wonach sie berechtigt und verpflichtet war, gegen Zahlung einer Lizenz von 5 % des Bruttoverkaufspreises der Schallplatten das Repertoire der anderen Firma in größtmöglichem Umfange für ihr eigenes Schallplattenprogramm auszuwerten. Schließlich hatte die Bgin. gegen Zahlung einer Lizenz von 0,80 DM je Platte von einem anderen Verlag das Recht zur gesprochenen Wiedergabe von Abschnitten aus einem Roman erworben.

In einem Tonstudio wurden die Werke sodann auf sogenannte Muttermatrizen, d. h. Schallplatten aus versilberter Kupferlegierung, oder auf Lackfolien aufgenommen. Diese Matrizen wurden den Schallplattenpreßanstalten - in den Streitfällen also den ausländischen Herstellern - zur Verfügung gestellt. Diese fertigten danach Preßmatrizen als Negative und mit Hilfe dieser Negative die Schallplatten aus dem von ihnen beschafften Kunststoff und lieferten die verkaufsfertigen Platten an die Bgin. ab. Die zur Verpackung notwendigen Hüllen (Taschen) sowie die Etiketten wurden den ausländischen Herstellern von der Bgin. beigestellt.

Auf diese Weise im Ausland hergestellte Schallplatten mit Musikstücken wurden in den hier streitigen Fällen Ende Oktober 1957 zur Eingangsabfertigung gestellt. Das Zollamt erkannte die Rechnungspreise der ausländischen Lieferfirmen nicht als Zollwert an, sondern ermittelte diesen auf der Grundlage des Einzelhandelspreises der Platten, indem es den Wert der von der Bgin. gelieferten Hüllen und Etiketten davon absetzte und sodann 43 % der so ermittelten Beträge als Zollwert der Berechnung der Abgaben zugrunde legte. Die Rechnungspreise betrugen insgesamt 15.808,03 DM, die vom Zollamt ermittelten Zollwerte insgesamt 33.636,24 DM. Das Zollamt setzte demgemäß die Eingangsabgaben mit insgesamt 5.226,80 DM fest.

Die Bgin. erkannte den der Abgabenberechnung zugrunde gelegten Zollwert nicht an und forderte in den mit Zustimmung des Vorstehers des Hauptzollamts eingelegten Sprungberufungen unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs V z 11/56 U vom 23. November 1956 (BStBl 1957 III S. 62, Slg. Bd. 64 S. 164) Anerkennung der Rechnungspreise der ausländischen Lieferfirmen als Zollwert. Das Finanzgericht gab den Berufungen statt und setzte die Eingangsabgaben demgemäß neu auf insgesamt 2.381,80 DM fest. Gestritten wird nunmehr, nachdem der Vorsteher des Hauptzollamts rechtzeitig Rechtsbeschwerden gegen die finanzgerichtlichen Urteile eingelegt hat, um die Differenz der Abgabenfestsetzung in einer Gesamthöhe von 2.845 DM.

Die Rechtsbeschwerden werden damit begründet, daß der Rechnungspreis der ausländischen Herstellerfirmen kein Kaufpreis im Sinne des Wertzollrechts sei, sondern nur ein Entgelt für die Herstellung der Platten, das lediglich die Kosten für das Material, Pressen, Verpacken und Versenden und den Unternehmergewinn der ausländischen Hersteller erfasse. Der Werklohn der ausländischen Hersteller enthalte wesentliche Wertelemente, die zum Kaufpreis verkaufsfertig gelieferter Platten gehörten, nicht. Würden Schallplatten käuflich erworben, so müsse der Käufer außer den reinen Herstellungs- und Materialkosten auch die auf die einzelnen Platten anteilig entfallenden Autorenhonorare, Biem- und Gemagebühren, Entgelt für Übernahme des Absatzrisikos und den Verlegergewinn entrichten. Nur ein solcher Preis entspreche dem normalen Preis im Sinne der Wertzollvorschriften für die eingeführte Ware im maßgebenden Zeitpunkt. Daher stelle der Normalpreisbegriff immer auf einen normalen Handelskauf ab. Ein Werkvertrag entspreche diesen Voraussetzungen nicht. Im Vorliegen eines solchen Vertrages im Gegensatz zu einem echten Kaufvertrag könne man keine besonderen handelsmäßigen Umstände sehen, die nach den Bestimmungen des § 1 Abs. 2 der Wertzollordnung (WertZO) 1951 berücksichtigt werden könnten. Die Anerkennung solcher handelsmäßiger Umstände setze immer voraus, daß die vom Gesetz verlangten Standardbedingungen eines Verkaufs erfüllt seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerden führen zum Erfolg.

Der erkennende Senat hat die für die vorliegenden, wie für eine Reihe weiterer bei ihm anhängiger ähnlich gelagerter Fälle entscheidende wertzollrechtliche Frage, insbesondere auch im Hinblick auf das bereits erwähnte Urteil vom 23. November 1956 des damals für Zoll- und Verbrauchsteuersachen zuständigen V. Senats erneut einer eingehenden rechtlichen Prüfung unterzogen und ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß er aus den nachstehenden Gründen an der in dem früheren Urteil vertretenen Rechtsauffassung nicht festzuhalten vermag.

-II. - Die von der Bgin. verkaufsfertig eingeführten, im Ausland gepreßten, etikettierten und verpackten Schallplatten mit Musikstücken waren nach der Tarifnr. 9215 - F - 1 des Zolltarifs 1951 in der für den Zeitpunkt der Einfuhr geltenden Fassung mit zeitweilig (z) 9 % ihres Wertes (= Zollwertes) zollbar und gemäß §§ 1 Nr. 3, 6 Abs. 1 und 7 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1951 in Verbindung mit § 1, § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 4 der Ausgleichsteuerordnung(AStO) 1951/1952 - jeweils in den im Zeitpunkt der Einfuhr geltenden Fassungen - ausgleichsteuerbar mit 6 % des Zollwertes.

Zollwert ist der Normalpreis. Normalpreis ist der normale Preis, der für die eingeführte Ware in dem für die Anwendung der Zollvorschriften maßgebenden Zeitpunkt bei einem Verkauf unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern erzielt werden kann. Diese in den Streitfällen anzuwendende Vorschrift des § 53 Abs. 2 des Zollgesetzes (ZG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes, des Zolltarifgesetzes und des Mineralölsteuergesetzes (Drittes Zolländerungsgesetz) vom 9. August 1956 (Bundesgesetzblatt - BGBl - 1956 I S. 735, Bundeszollblatt - BZBl - 1956 S. 594) geht zurück auf die Begriffsbestimmung des Zollwertes in Art. I der Anl. I zu dem Brüsseler Abkommen über den Zollwert vom 15. Dezember 1950, das für die Bundesrepublik verbindlich ist. Diese Begriffsbestimmung hat als Grundlage für die Fassung des früher geltenden Normalpreisbegriffes in § 6 Abs. 1 des Zolltarifgesetzes (ZTG) vom 16. August 1951 gedient und ist später mit ihrem Wortlaut in den § 53 ZG in der oben angeführten Fassung mit Wirkung vom 1. September 1956 übernommen worden.

Wie es bei einem normativen Begriff, der an einem Wirtschaftsvorgang (Verkauf) ausgerichtet ist, nicht anders sein kann, geht aus der Formulierung des Zollwert-Normalpreisbegriffs hervor, daß es sich bei dem der Begriffsbestimmung des Normalpreises zugrunde gelegten Wirtschaftsvorgang um einen, seinem Inhalt nach theoretisch festgelegten, also um einen genormten Vorgang und damit bei dem als Norm (Zollwert) dienenden Normalpreis insoweit um einen gedachten Preis handelt. Das bedeutet, daß bei der Einfuhr von allen Waren die nach den Maßstäben des Wertzollrechts zu behandeln sind, die Besteuerungsgrundlage, d. h. der zu ermittelnde Zollwert Normalpreis eine objektiv genormte Größe, d. h. unabhängig von dem der Einfuhr zugrunde liegenden Geschäft ist. Nur soweit diese Norm selbst, nämlich der nach ganz bestimmten Voraussetzungen gestaltete, theoretisch genormte "Verkaufs"begriff Preisunterschiede in sich als "normal" einschließt, kann der Normalpreis als ein "individueller Preis" aufgefaßt werden. Anders ausgedrückt bedeutet das: Nur insoweit als das der Einfuhr zugrunde liegende Geschäft die Voraussetzungen erfüllt, die das Gesetz für den dem Normalpreis zugrunde liegenden genormten Verkaufsbegriff festgelegt hat, können bei der Ermittlung des Normalpreises handelsmäßige Umstände eines solchen Verkaufs berücksichtigt werden. Es kann aber nicht umgekehrt gefolgert werden, daß ein entgeltliches Lieferungsgeschäft, auf das zivilrechtlich Vorschriften des Kaufrechts anzuwenden sind, deshalb der Norm entspreche, weil es in der vorliegenden Form handelsüblich sei. Ein solcher Schluß würde die Norm in sich selbst auflösen. Der erkennende Senat vermag daher der Auslegung des § 1 Abs. 2 WertZO 1951, die im übrigen auf die vorliegenden Fälle keine Anwendung mehr findet, durch das oben bereits erwähnte Urteil vom 23. November 1956 nicht zu folgen.

Das bedeutet, daß für die Anerkennung eines Rechnungspreises als Normalpreis nicht etwa allein schon die Feststellung genügt, der Preis beruhe auf einem Kaufgeschäft und sei nicht "manipuliert", d. h. er weiche nicht infolge von Abhängigkeiten zwischen den Vertragsparteien oder mit Rücksicht auf außergewöhnliche Preisnachlässe von dem Preise ab, zu dem der Verkäufer gleichartige Waren an andere Käufer zu verkaufen pflegt. Es bedarf vielmehr zunächst der Feststellung, ob der Preis überhaupt auf einem Handelsgeschäft beruht, das als solches den Voraussetzungen der Begriffsbestimmung entspricht, also als "ein Verkauf unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs" anzusehen ist.

Es kommt daher entscheidend darauf an, ob die hier den Einfuhren zugrunde liegenden Werklieferungsverträge dem normativen Begriff eines Verkaufs unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs entsprechen und demgemäß der auf ihnen beruhende Rechnungspreis als Normalpreis anerkannt werden kann oder nicht.

Damit ein Kaufvertrag und damit ein auf ihm beruhender Preis als "auf dem freien Markt zwischen einem Käufer und einem Verkäufer" (Art. I der Anl. I des Brüsseler Abkommens) oder "unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs" (§ 53 ZG) zustandegekommen angesehen werden kann, ist Voraussetzung, daß der Verkaufspreis sich unter dem Gesetz von Angebot und Nachfrage frei bilden kann. Dazu gehört - es handelt sich um den normativen Begriff des freien Wettbewerbs beim Verkauf -, daß es nicht nur dem Käufer theoretisch möglich sein muß, unter den Angeboten verschiedener Verkäufer zu wählen, sondern daß auch dem Verkäufer die Möglichkeit offenstehen muß, die in Betracht kommende konkrete Ware mehreren Käufern anzubieten. Denn zweifellos wird der Kaufpreis einer Ware auf dem freien Markt auch dadurch beeinflußt, daß der Verkäufer die Möglichkeit hat, sie gegebenenfalls einem anderen, mehr bietenden Abnehmer zu verkaufen. Ist dies jedoch mit Rücksicht auf an der Ware bestehende Schutzrechte rechtlich nicht zulässig, d. h. kann der Verkäufer die Ware aus rechtlichen Gründen nur einem ganz bestimmten Käufer anbieten und verkaufen, der damit eine rechtliche Monopolstellung innehat, so ist der Vertrag - als Kaufvertrag - und der auf ihm beruhende Preis im Sinne der wertzollrechtlichen Bestimmungen nicht unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zustande gekommen. Denn es kann nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber bei der Schaffung der Zollwertnorm auch solche Wirtschaftsvorgänge als mit der normativen Begriffsbestimmung im Einklang stehend angesehen haben sollte, die nur unter Verletzung von absoluten Schutzrechten denkbar wären, die auf der Ware ruhen.

Die Auffassung des Senats findet ihre Stütze auch in der Formulierung der vorerwähnten Begriffsbestimmung des Zollwertes in der Anl. I des Brüsseler Abkommens, wo es nicht heißt: Bei einem Verkauf auf dem freien Markt zwischen dem Käufer und dem Verkäufer, sondern zwischen einem Käufer und einem Verkäufer. Die Begriffsbestimmung setzt also voraus, daß der über die zu bewertende konkrete Ware abgeschlossene Kaufvertrag nur dann als der Norm entsprechend angesehen werden kann, wenn er anstatt von den konkreten Vertragspartnern ebensogut von beliebigen anderen hätte müssen abgeschlossen werden können. Inhaltlich bedeutet das anders ausgedrückt, daß beim Verkäufer, soll der Kaufvertrag und damit der auf ihm beruhende Preis als Wettbewerbspreis und damit als normgerecht anerkannt werden, alle auf den verkauften Gegenstand bezogenen Rechte vereint sein müssen, die es ihm ermöglichen, die Ware an irgendeinen Käufer zu veräußern. Diesem, sich nach Auffassung des Senats bei richtiger Auslegung des § 53 Abs. 2 ZG unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Gedanken trägt auch der in den vorliegenden Fällen anwendbare § 2 WertZO 1957 Rechnung, in dem es heißt: "Der Normalpreis wird auf der Grundlage des normalen Preises festgestellt, zu dem die eingeführte Ware bei einem Kauf unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zwischen unabhängigen Verkäufern und Käufern von jedem Käufer erworben werden kann (üblicher Wettbewerbspreis)."

Es kommt daher auch in den vorliegenden Fällen für die Frage der Normgemäßheit der Geschäfte nicht darauf an, daß die Werklieferer die Herstellung und Lieferung irgendwelcher urheberrechtlich geschützter Platten auch anderen Verlegern, denen für diese anderen Platten die Verlagsrechte zustehen, zu den gleichen Preisen anbieten konnten, sondern darauf, daß sie in den Streitfällen nicht in der Lage sind, ohne Rechtsverstoß gegen absolute Schutzrechte - also nicht wegen der vertraglichen Bindungen - die von ihnen hergestellten, den eigentlichen Gegenstand des konkreten Verkaufsgeschäftes bildenden Platten anderen Käufern als dem Auftraggeber zu verkaufen.

Die Richtigkeit dieser Auslegung des Zollwertbegriffs ergibt sich auch aus der Erläuterung dieses Begriffs in § 53 a Abs. 1 Nr. 1 ZG. Danach setzt ein Verkauf unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs und die Anerkennung des ausbedungenen Preises als Normalpreis voraus, daß "die Zahlung des Preises die einzige Leistung des Käufers darstellt" (ebenso früher § 8 Abs. 1 ZTG 1951 und Art. II Abs. 1 der Anl. I des Brüsseler Abkommens). Diese Bestimmung kann nicht dahin verstanden werden, daß unter den Leistungen, die der Käufer einer Ware, an der Schutzrechte bestehen, neben der Zahlung des Kaufpreises etwa erbringt, nur solche zu verstehen seien, die vom Käufer an den Verkäufer geleistet werden.

Für diese Ansicht des Senats spricht zunächst schon der Wortlaut der angeführten Bestimmungen. Es heißt dort nicht: Die einzige Leistung des Käufers an den Verkäufer, sondern nur "die einzige Leistung des Käufers". Diese Formulierung entspricht dem, was allein auch wirtschaftlich als vernünftig angesehen werden kann, nämlich, daß ein Preis nur dann als normal anzusprechen ist, wenn er auch alle diejenigen notwendigen Aufwendungen des Käufers enthält, die dieser für den Erwerb einer geschützten Ware auch an beliebige Dritte machen mußte und die daher den Wert der Ware im maßgebenden Bewertungszeitpunkt erhöhen, die aber normalerweise der Verkäufer hätte machen müssen, um in den Besitz der Vertriebsrechte zu gelangen. Zu den Leistungen dieser Art gehören auch bereits eingegangene Verpflichtungen, selbst wenn ihre Erfüllung erst nach dem maßgebenden Bewertungszeitpunkt liegt. Denn auch sie erhöhen den Wert der Ware bereits im Zeitpunkt ihrer Bewertung.

Im Ergebnis kommt dies auf dasselbe hinaus wie das, was im Vorstehenden bereits dargelegt wurde, der Normalpreisbegriff gehe nämlich davon aus, daß der Verkäufer im Besitz aller der Rechte sein müsse, die, solange sie sich unabgelöst in Händen Dritter befinden, den rechtmäßigen Verkauf einer Ware an einen beliebigen Käufer verhindern würden. Wie sich aus diesen Überlegungen ergibt, ist die im § 53 a Abs. 1 Nr. 1 ZG gesetzte Bedingung, daß die Zahlung des Kaufpreises an den Verkäufer die einzige Leistung des Käufers (nämlich im Hinblick auf den Erwerb der konkreten Ware) sein muß, damit der Kaufpreis als Normalpreis gelten kann, bei richtiger Auslegung eine unmittelbare Folge aus der Begriffsbestimmung des Zollwertes selbst. Es ist daher auch nur folgerichtig, wenn § 53 Abs. 4 ZG - diesen Begriff weiterhin konditional erläuternd - (vgl. auch § 24 WertZO 1957 und § 6 Abs. 4 ZTG 1951) den Wert auf eingeführten Waren ruhender Schutzrechte in den Zollwert einbezieht, ohne dies darauf zu beschränken, daß die geschützten Rechte im Ausland liegen. Daß dies für alle Schutzrechte, da sie ohne jeden Zweifel den Marktpreis einer Ware beeinflussen, gelten muß, ergibt sich - wie im Vorstehenden ausgeführt ist - zwangsläufig aus dem Normalpreisbegriff, d. h. der Zollwertnorm selbst. Es kann daher aus der Tatsache, daß die Urheberrechte im § 53 ZG in der obengenannten Fassung im Gegensatz zu der früher geltenden Vorschrift des § 6 ZTG 1951 nicht mehr besonders aufgeführt sind, nicht gefolgert werden, daß insofern eine Rechtsänderung eingetreten sei. Denn der gesetzlich festgelegte Begriff des Normalpreises hat sich nicht geändert.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich - und das entspricht auch durchaus einer vernünftigen wirtschaftlichen Betrachtungsweise -, daß Rechnungspreise aus Werklieferungsverträgen dann als Normalpreis anerkannt werden können, wenn der Werklieferer durch keine an der von ihm hergestellten Ware haftenden Schutzrechte gehindert ist, sie auf dem freien Markt an jeden beliebigen Käufer zu veräußern, und wenn die Zahlung des Preises für die Werklieferung die einzige Leistung des Auftraggebers ist, weil die Rechnungspreise in diesen Fällen auch tatsächlich dem "normalen Preis" der Ware entsprechen. Hat der Verkäufer jedoch nicht das Recht, die Ware zu vertreiben, d. h. auf dem freien Markt an beliebige Käufer zu verkaufen, und ist die Zahlung des Rechnungspreises nicht die einzige Leistung des Erwerbers, so entsprechen die Rechnungspreise über Lieferungen aus solchen Werklieferungsverträgen auch nicht dem Normalpreis, weil sie nicht die den höheren Marktpreis einer geschützten Ware bedingenden Kostenelemente, nämlich die für die Ablösung der Schutzrechte notwendigen Aufwendungen und die durch den Erwerber neben der Zahlung des Rechnungspreises bewirkten Leistungen sowie die daraus resultierenden höheren Gewinnanteile enthalten.

-III. - Bestätigt wird die im vorstehenden Abschnitt vertretene Rechtsauffassung des erkennenden Senats durch die funktionelle Bedeutung des Zollwertes als Besteuerungsgrundlage im Rahmen des in der Bundesrepublik bestehenden Schutzzollsystems und durch die Einrichtung des passiven Veredelungsverkehrs im ZG.

Mit den Schutzzöllen verfolgt der Gesetzgeber den Zweck,

a)den Konkurrenzdruck der ausländischen Waren auf dem Inlandsmarkt zu beseitigen oder zu mindern und

b)

-das wird häufig übersehen - der Verlagerung inländischer Produktion in das Zollausland und der damit verbundenen unerwünschten Einbuße an inländischen Arbeitsplätzen entgegenzuwirken.

Ihre Verwirklichung finden diese vom Gesetzgeber erstrebten Zwecke durch die Belastung der eingeführten Waren mit einem Zoll, dessen Höhe sich bei den im deutschen Zollsystem die Regel bildenden Wertzöllen aus den im Zolltarif enthaltenen Zollsätzen in Verbindung mit dem der Verzollung zugrunde zu legenden Wert (Zollwert) ergibt. Daß Maß des Schutzbedürfnisses drückt sich in der unterschiedlichen Höhe der Tarifsätze aus, wobei diese aber in Relation zum Zollwert der Ware stehen. Grundlage für die in Zusammenarbeit mit den beteiligten Wirtschaftskreisen ermittelten Wertzollsätze bilden gedachte Preise, bei denen davon ausgegangen wird, daß die Waren, deren Zollsätze festzusetzen sind, in der Beschaffenheit, in der sie die Zollgrenze überschreiten, vollständig im Ausland hergestellt sind und daß sie mit allen die Herstellung und Lieferung beeinflussenden Kostenelementen belastet sind (Normalpreise). Es ist einleuchtend, daß die mit der Zollerhebung erstrebte Belastung der Einfuhrwaren in ihrer Wirkung durch eine Veränderung des der Verzollung zugrunde gelegten Zollwertes beeinflußt wird. Um ihrer Aufgabe gerecht zu werden, darf die Zollerhebung also nicht durch eine der Norm (Normalpreis) zuwiderlaufende Anwendung des Wertbegriffes in ihrer Schutzfunktion beeinträchtigt werden. Zolltarif und Wertzollrecht bilden vielmehr zusammen mit dem allgemeinen Zollrecht eine Einheit, deren Zweck in der Verwirklichung und Sicherung der funktionellen Aufgabe der Zollerhebung besteht.

Hätten in den vorliegenden Fällen die Rechnungspreise der ausländischen Werklieferer als Zollwert zu gelten, so würde das nicht nur bedeuten, daß die vom Gesetzgeber zum Schutze der inländischen Schallplattenindustrie im maßgebenden Zeitpunkt für notwendig gehaltene Zollbelastung von 9 % des vollen Wertes um etwa die Hälfte unterschritten würde, sondern es hätte auch zur Folge, daß eine unterschiedliche Besteuerung der eingeführten Waren eintreten könnte, die nicht gewollt sein kann. Würde z. B. unter sonst gleichen Bedingungen ein inländischer Schallplattenverlag die Schallplatten in einem ihm selbst gehörenden Betrieb im Auslande herstellen und ins Zollgebiet einführen, so müßte der Zollwert, da hier ein Verkauf im Sinne des Wertzollrechts zweifellos nicht vorliegt, nach dem vollen Verkaufswert der urheberrechtlich geschützten Platten ermittelt werden, während bei einer Herstellung in einem fremden Betrieb - wie in den vorliegenden Fällen - nur die im Rechnungspreis ausgewiesenen, um den Unternehmergewinn des ausländischen Betriebs erhöhten Herstellungskosten der Verzollung zugrunde zu legen wären. Gerade eine solche unterschiedliche Behandlung eingeführter Waren bei der Bemessung des Zolls sollte jedoch durch die Normierung des Zollwertbegriffs ausgeschlossen werden.

Daß dies im übrigen auch der Systematik des deutschen Zollrechts entspricht, zeigt ein Blick auf den sogenannten passiven Veredelungsverkehr. Die Bgin. glaubt, gerade mit dem Hinweis auf diese Einrichtung des Zollrechts ihr Begehren auf Anerkennung der Rechnungspreise als Zollwert stützen zu können, da die von ihr in das Zollausland erteilten Werklieferungsaufträge auch im passiven Veredelungsverkehr hätten durchgeführt werden können. Abgesehen davon, daß dies nicht zutrifft, weil weder der zu Schallplatten zu veredelnde Rohstoff ausgeführt wurde, noch eine Nämlichkeitssicherung möglich gewesen wäre, würde sich - wäre die Behauptung der Bgin. richtig - die an besondere Voraussetzungen geknüpfte Bewilligung eines passiven Veredelungsverkehrs als überflüssig erweisen. Denn die mit ihr verbundene zollrechtliche Folge - Ermäßigung des Zollwertes auf den ausländischen Veredelungslohn, also mit anderen Worten auf den Rechnungspreis des ausländischen Herstellers - würde über die von der Bgin. angestrebte Auslegung des Zollwertbegriffs auch ohne die Bewilligung der zollrechtlichen Vergünstigung erreicht werden. Das würde aber im Widerspruch zum Zollrecht stehen. Denn das deutsche Zollrecht wird seiner Aufgabe, dem Abwandern von Produktionsvorgängen ins Zollausland entgegenzuwirken, dadurch gerecht, daß es jede Ware, also auch eine ganz oder teilweise im Inland hergestellte, bei der Einfuhr grundsätzlich auch mit ihrem inländischen Wertanteil der vollen Zollbelastung unterwirft und damit eine vollständige oder teilweise Vergabe der Produktion einer Ware ins Ausland in der Regel weitgehend unrentabel macht. Nur insoweit der § 69 Abs. 1 ZG in der oben angeführten Fassung in den Nummern 38 bis 43 bei der Wiedereinfuhr ursprünglich inländischer Waren gewisse Ausnahmen zuläßt, tritt eine Befreiung oder Minderung hinsichtlich der Zollbelastung ein. Dies ist beim passiven Veredelungsverkehr aber nur der Fall, wenn ein solcher vorher genehmigt worden ist, wobei die Veredelung im Zollausland nur zugelassen werden darf, wenn die Arbeiten im Zollgebiet nicht oder nicht in gleicher Güte ausgeführt werden können (§ 69 Abs. 1 Nr. 41 ZG und § 144 Abs. 2 der Allgemeinen Zollordnung - AZO -), also eine volkswirtschaftlich unerwünschte Vergabe von Aufträgen in das Ausland ausgeschlossen ist (vgl. hierzu auch Schulz- Zimmermann, Der Veredelungsverkehr, S. 136 ff.). Die Vergünstigung des passiven Veredelungsverkehrs besteht nun darin, daß nur der der Ware im Ausland hinzugefügte Wert der Verzollung bei der Wiedereinfuhr zugrunde gelegt wird, also der zollinländische Wertanteil außer Betracht bleibt (§ 21 WertZO 1951, § 29 WertZO 1957). Das deutsche Zollrecht geht also davon aus, daß - von den genannten Ausnahmen abgesehen - auch die Wertanteile inländischer Herkunft bei der Verzollung einer Ware zum Zollwert gehören. Sonst wäre die Regelung des passiven Veredelungsverkehrs unverständlich. Es ergibt sich aber auch weiter aus dieser Betrachtung, daß die einschränkenden Bestimmungen über die Zulassung von passiven Veredelungsverkehren, die sich ihrer Natur nach nur auf reine Werkverträge beziehen können, durch den Abschluß von Werklieferungsverträgen in vielen Fällen auf einfache Weise umgangen werden könnten, wenn - da nun ja ein "Verkauf" bzw. "Kauf" vorliegt - nicht der volle Wert der Waren einschließlich der inländischen Wertanteile, sondern nur ihr "Kaufpreis", also das Entgelt des Werklieferungsvertrags als Zollwert zu gelten hätte.

Die mit der Erhebung der Zölle bezweckte Schutzwirkung gegen ein Abwandern der Produktion ins Ausland würde auf diese Weise wirkungslos oder doch in vielen Fällen erheblich abgeschwächt, was nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen kann, insofern und solange er die Erhebung von Zöllen zum Schutz der eigenen Wirtschaft bei bestimmten Waren für erforderlich hält.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß in den vorliegenden Fällen der Rechnungspreis der ausländischen Lieferfirmen nicht als Normalpreis anerkannt werden und daher nicht als Bemessungsgrundlage nach § 53 b ZG in der obengenannten Fassung gelten kann. Denn zweifelsfrei und unbestrittenermaßen ist der Erwerb der Verlagsrechte durch die Bgin. die Voraussetzung dafür gewesen, daß sie die fraglichen Platten im Wege der Vergabe von Werklieferungsaufträgen überhaupt von den ausländischen Unternehmen erwerben konnte; nur auf Grund der ihr übertragenen Verlagsrechte war sie berechtigt, die Vervielfältigungsaufträge zu erteilen. Außerdem hat die Bgin. Aufwendungen für die Herstellung der Muttermatrizen gemacht, die Leistungen neben der Zahlung des Kaufpreises sind. Demnach waren die von den ausländischen Auftragnehmern in Rechnung gestellten Preise keine Verkaufspreise des freien Wettbewerbs und ihre Bezahlung nicht die einzigen Leistungen, die die Bgin. für den Erwerb der Platten aufbringen mußte.

Da die Rechnungspreise als Grundlage für die Zollwertermittlung mithin auszuscheiden haben, muß der Normalpreis theoretisch ermittelt werden. Dabei ist - das ergeben die vorausgegangenen Ausführungen - von der Annahme auszugehen, daß die ausländischen Lieferbetriebe den Verkauf, d. h. den Vertrieb der verkaufsfertigen urheberrechtlich geschützten Schallplatten selbst als deren Verleger durchgeführt hätten. Die der Einfuhr zugrunde liegenden Verträge müssen also mit Rücksicht auf die Zollwertnorm (Normalpreis) so umgedeutet werden, als ob die Bgin. die Platten von einem ausländischen Verleger erworben hätte, dem die Verlagsrechte, und zwar auch die Vertriebsrechte an den Platten zustehen, so daß der Zollwert also neben den Herstellungskosten auch den anteiligen Gegenwert der Leistungen für den Erwerb der Urheberrechte, die anteiligen Kosten der Verlegerwerbung sowie den anteiligen Verlegergewinn enthält.

Die Bgin. hat hiergegen eingewendet, daß sie im Rahmen dieser angenommenen Verkaufsgeschäfte die Stellung eines Händlers und nicht mehr die eines Verlegers, d. h. Herstellers, habe. Herstellung sei aber eine Handelsstufe. Ihre Behandlung nach den umgedeuteten Verträgen bedeute daher einen Verstoß gegen den Grundsatz der Anerkennung der Handelsstufe. Die Behandlung der Bgin. entspricht jedoch nach Ansicht des erkennenden Senats der Lage, wie sie sich wertzollrechtlich gesehen darstellt. Die Bgin. beansprucht damit, daß sie bei der Einfuhr der Platten als Herstellerin behandelt werden will, wirtschaftlich für sich die gleiche Stellung, wie wenn sie die eingeführten Platten tatsächlich selbst hergestellt hätte, also nicht deren Käuferin wäre. Das kann sie jedoch nicht, da sie die Platten, wie sie es zur Stützung ihrer Rechtsausführungen behaupten muß und wie es wertzollrechtlich auch anzusehen ist - es wäre nämlich sonst der Zollwertbegriff: "Verkauf" (bzw. Kauf) von vornherein nicht anwendbar -, in Wirklichkeit bei einem Dritten gekauft hat, der zwar die Vertriebsrechte an den Platten nicht hatte, der aber wertzollrechtlich so angesehen werden muß, als ob er die Platten als Verleger vertrieben, d. h. an einen beliebigen Käufer verkauft hätte. Es kann aber niemand eine verkaufsfertige Ware gleichzeitig hergestellt und von einem anderen, der sie vertreibt, gekauft haben, es sei denn, er hätte sie bereits vorher veräußert gehabt. Anders ausgedrückt bedeutet das, daß der Einführer einer verkaufsfertigen Ware, die er im Zollausland hat herstellen lassen, wertzollrechtlich nicht die Handelsstufe eines Herstellers beanspruchen kann.

-IV. - Unabhängig davon, daß die Vorinstanz in den mit den Rechtsbeschwerden angefochtenen Entscheidungen irrigerweise auf die im Oktober 1957 verwirklichten Abgabentatbestände die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr geltenden Bestimmungen des ZTG 1951 und der WertZO 1951 angewendet hat, waren ihre Urteile aufzuheben, weil sie der im Vorstehenden dargelegten Rechtslage nicht entsprechen. Die nicht spruchreifen Sachen waren zur Durchführung weiterer Ermittlungen über die Höhe der in den Streitfällen in Betracht kommenden Normalpreise und zu erneuter Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409318

BStBl III 1959, 183

BFHE 1959, 483

BFHE 68, 483

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