Leitsatz (amtlich)
Der Schuldnergewinn aus einer "freien" Hypothek, deren Valuta der Grundstückseigentümer zur Ablösung der Gebäudeentschuldungsteuer verwendet hat, unterliegt bei einem Rückerstattungsgrundstück nicht der Hypothekengewinnabgabe. An den Grundsätzen des Urteils III 225/58 S vom 6. Februar 1959 (BStBl 1959 III S. 173, Slg. Bd. 68 S. 454) wird festgehalten.
Normenkette
15-AbgabenDV-LA 3/2
Tatbestand
Der Abgabepflichtige ist Eigentümer eines Grundstückes. Bei seinem Erwerbe im Jahre 1940 war in Abt. III unter Nr. 4 für eine Hypothekenbank eine Darlehnshypothek von 37.800 GM/RM eingetragen. Am 12. Oktober 1942 wurde für die Hypothekenbank unter Abt. III Nr. 9 eine weitere Hypothek in Höhe von 15.200 RM mit der Maßgabe eingetragen, daß die für diese Hypothek geltenden Bedingungen auch für die ältere Darlehnshypothek von 37.800 GM/RM gelten sollten und beide Hypotheken zu einer einheitlichen Tilgungshypothek von 53.000 RM vereinigt würden. Diese valutierte am Währungsstichtage mit 51.916,10 RM.
Bei der Veranlagung zur Hypothekengewinnabgabe ging das Finanzamt davon aus, daß die in Abt. III Nr. 9 eingetragene Hypothek von 15.200 RM eine Last im Sinne der Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Aufhebung der Gebäudeentschuldungsteuer vom 31. Juli 1942 - RGBl 1942 I S. 503 ff. - sei.
Gegen die Heranziehung dieser Hypothek hat der Pflichtige eingewendet, es handle sich um ein Grundstück, das Gegenstand eines Rückerstattungsverfahrens gewesen sei. Dieses habe mit einem Vergleich vor dem Landgericht geendet, in dem ihm - als dem Rückerstattungsverpflichteten - das Grundstück gegen nachträgliche Zahlung eines Betrages von 4.000 DM an den Rückerstattungsberechtigten belassen worden sei. Für die Frage der Hypothekengewinnabgabe aus der Umstellung der im Jahre 1942 von ihm aufgenommenen Hypothek von 15.200 RM sei daher die Fünfzehnte Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (15. AbgabenDV-LA) vom 2. Juni 1955, BGBl 1955 I S. 267, BStBl 1955 I S. 213, maßgebend. Diese lasse bei sogenannten Rückerstattungsgrundstücken eine Hypothekengewinnabgabe nur unter bestimmten, in § 3 Abs. 2 Ziff. 1 bis 4 a. a. O. aufgeführten Voraussetzungen zur Entstehung gelangen. An diesen Voraussetzungen fehle es. Die im Jahre 1942 aufgenommene Zusatzhypothek von 15.200 RM sei insbesondere keine Abgeltungslast oder Abgeltungshypothek im Sinne des § 3 Abs. 2 Ziff. 4 der 15. AbgabenDV-LA, die zur Abgeltung der Gebäudeentschuldungsteuer aufgenommen worden sei. Die Zusatzhypothek weise nicht die für eine solche Abgeltungslast typischen und in der Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Aufhebung der Gebäudeentschuldungsteuer vom 31. Juli 1942 zwingend vorgesehenen Merkmale (bezüglich Rang, Zins und Tilgung) auf. Daß die Valuta im Jahre 1942 tatsächlich zur Ablösung der auf dem Grundstück lastenden Gebäudeentschuldungsteuer verwendet worden sei, falle demgegenüber nicht ins Gewicht. Der Verwendungszweck allein könne das Fehlen gesetzlicher Erfordernisse nicht aufwiegen. Die Zusatzhypothek von 15.200 RM sei eine gewöhnliche Darlehnshypothek und weise als solche keine Besonderheiten auf. Da sie erst nach der Entziehung des Grundstückes aufgenommen worden sei, komme gemäß § 3 Abs. 2 Ziff. 2 der 15. AbgabenDV-LA eine Hypothekengewinnabgabe nicht in Betracht. Abgabepflichtig sei lediglich der Schuldnergewinn aus der Umstellung der Hypothek von 37.800 RM, da diese bereits vor der Entziehung auf dem Grundstück gelastet habe und seitdem weder abgelöst noch erloschen sei.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat im wesentlichen ausgeführt: Dem Pflichtigen sei zwar zuzugeben, daß es sich bei der streitigen Zusatzhypothek von 15.200 RM nicht um eine Abgeltungslast oder Abgeltungshypothek im Sinne des § 3 Abs. 2 Ziff. 4 und 15. AbgabenDV-LA handle. Die Abgabepflicht ergebe sich auch nicht aus § 3 Abs. 2 Ziff. 4, sondern aus § 3 Abs. 2 Ziff. 2 a. a. O. in Verbindung mit den allgemeinen Vorschriften für die Hypothekengewinnabgabe. Das Grundstück sei bereits vor der Entziehung mit Hauszinssteuer belastet gewesen. Zur Beseitigung dieser Last sei das nach der Entziehung im Jahre 1942 aufgenommene Zusatzdarlehen verwendet worden. Es habe daher nur ein Austausch von Verbindlichkeiten stattgefunden; die Höhe der Belastung sei gleich geblieben. Da sich auch die Hypothek in Abt. III Nr. 4 (37.800 GM/RM) nicht geändert habe, sei die Gesamtbelastung des Grundstückes vor und nach der Entziehung die gleiche gewesen. In § 3 Abs. 2 Ziff. 2 der 15. AbgabenDV-LA sei die Abgabepflicht nur insoweit ausgeschlossen, als es sich um Schuldnergewinne aus Verbindlichkeiten handle, die während des Zeitraumes der Entziehung zu einer Erhöhung der Gesamtbelastung des Grundstückes geführt hätten. Da dieser Fall nicht gegeben sei, unterliege nach § 91 in Verbindung mit den §§ 142 ff. LAG auch der Schuldnergewinn aus der Zusatzhypothek von 15.200 RM ohne Einschränkung der Hypothekengewinnabgabe.
In der Rb. bekämpft der Pflichtige die Auffassung des Finanzgerichts, daß dadurch, daß die Valuta der Zusatzhypothek zur Ablösung der Hauszinssteuer gedient habe, lediglich ein Austausch von Verbindlichkeiten stattgefunden habe. Es sei deshalb nicht richtig, daß die Gesamtbelastung des Grundstückes vor und nach der Entziehung die gleiche gewesen sei (ß 3 Abs. 2 Ziff. 2 der 15. AbgabenDV-LA). Auch habe das Grundstück durch die Ablösung der Hauszinssteuer im Jahre 1942 - entgegen der Auffassung des Finanzamts - keine Wertsteigerung im Sinne des § 3 Abs. 2 Ziff. 3 der 15. AbgabenDV-LA erfahren. Der Bf. hält daran fest, daß die Hypothek von 15.200 RM nicht zur Hypothekengewinnabgabe heranzuziehen sei.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Da wegen des Grundstückes ein Rückerstattungsverfahren anhängig gewesen ist, sind die Vorschriften der 15. AbgabenDV-LA einschlägig.
In dem vor der Wiedergutmachungskammer des Landgerichts ... abgeschlossenen Vergleich vom 3. Juni 1955 ist die Frage des Bestehenbleibens von Grundpfandrechten (ß 3 Abs. 2 Satz 1 der 15. AbgabenDV-LA) nicht behandelt worden. Es bestand hierzu auch keine Veranlassung, weil der Rückerstattungsberechtigte auf eine Rückgabe des Grundstückes verzichtet hat. Da eine Regelung über die auf dem Grundstück lastenden Grundpfandrechte zwischen den Beteiligten des Rückerstattungsverfahrens nicht getroffen worden ist, richtet sich die Heranziehung der durch die Währungsumstellung erzielten Schuldnergewinne zur Hypothekengewinnabgabe nach § 3 Abs. 2 der 15. AbgabenDV-LA.
Das Finanzgericht stützt seine Entscheidung, in der es die Abgabepflicht hinsichtlich des Schuldnergewinnes aus der Zusatzhypothek von 15.200 RM bejaht, auf § 3 Abs. 2 Ziff. 2 a. a. O. Es ist der Meinung, daß der Gesamtbetrag der Verbindlichkeiten, die an dem Rückerstattungsgrundstück nach dessen Entziehung gesichert worden sind, nicht höher sei als der Gesamtbetrag der vor der Entziehung eingetragenen Verbindlichkeiten. Dies trifft nicht zu. Der erkennende Senat hat in seiner nach dem Urteil des Finanzgerichts ergangenen Entscheidung III 225/58 S vom 6. Februar 1959, BStBl 1959 III S. 173, Slg. Bd. 68 S. 454, in einem gleichgelagerten Falle dargelegt, daß die Hauszinssteuer nicht zu den Verbindlichkeiten gehört, die in § 3 Abs. 2 Ziff. 2 der 15. AbgabenDV-LA angesprochen sind. Die durch die Hauszinssteuer dem Grundstückseigentümer auferlegte Last ist - unbeschadet ihres durch die Haftung des Grundstückes dinglich ausgestalteten Charakters - kein Grundpfandrecht und keine "an dem Grundstück gesicherte Verbindlichkeit" im Sinne des § 3 Abs. 2 a. a. O. oder des LAG überhaupt. Sie liegt außerhalb des rückerstattungsrechtlichen Begriffes der "Belastungsgrenze", der im § 3 Abs. 2 a. a. O. sachlich - wenn auch nicht unter dieser Bezeichnung, sondern durch Gegenüberstellung der Gesamtbelastung vor und nach der Entziehung - übernommen ist (vgl. Textziffer 81 des Runderlasses des Bundesministers der Finanzen zur 15. AbgabenDV-LA vom 26. Juli 1958, BStBl 1958 I S. 481 ff.). § 3 Abs. 2 Ziff. 2 der 15. AbgabenDV-LA scheidet daher aus.
Die weitere Frage, ob durch die nach der Entziehung erfolgte Ablösung der Hauszinssteuer eine Werterhöhung des Grundstückes im Sinne des § 3 Abs. 2 Ziff. 3 der 15. AbgabenDV-LA eingetreten ist, hat der Senat in dem genannten Urteil vom 6. Februar 1959 ebenfalls verneint.
Der Senat hält an diesem Standpunkt, entgegen den Ausführungen von Werner zu dem Urteil III 225/58 S vom 6. Februar 1959 in Loepelmann, Besprechung von Urteilen, Beschlüssen und Gutachten des Bundesfinanzhofs 1959 (III) 1 fest. Er stellt damit nicht in Abrede, was Werner a. a. O. übersieht, daß die Befreiung eines Grundstückes von einer öffentlichen Last dessen Wert erhöhen kann. Es erübrigt sich, vorliegend zu untersuchen, wann dieser Fall im einzelnen gegeben ist; denn wenn der Verordnungsgeber die Ablösung der Hauszinssteuer in dem hier allein interessierenden Zusammenhang (ß 3 Abs. 2 Ziff. 3 der 15. AbgabenDV-LA) allgemein als Wertsteigerung eines Grundstückes angesehen hätte, so hätte für die ausdrückliche Regelung, wie sie die Abgeltungslasten und Abgeltungshypotheken neben Ziff. 3 a. a. O. in Ziff. 4 a. a. O. erfahren haben, jede Veranlassung gefehlt. § 3 Abs. 2 Ziff. 4 der 15. AbgabenDV-LA wäre dann praktisch und der Sache nach gegenstandslos. Da dies nicht unterstellt werden kann und im Hinblick auf die gleichartige, vom Verordnungsgeber bewußt übernommene Regelung in den Rückerstattungsgesetzen auch nicht unterstellt werden darf, scheidet der Gesichtspunkt der Werterhöhung (ß 3 Abs. 2 Ziff. 3 a. a. O.) im Streitfalle aus.
Schließlich stellt eine sogenannte freie Hypothek keine Abgeltungslast oder Abgeltungshypothek nach § 3 Abs. 2 Ziff. 4 a. a. O. dar, wie der erkennende Senat bereits in dem Urteil III 225/58 S klargestellt hat.
Da die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 der 15. AbgabenDV-LA aus den dargelegten Gründen nicht erfüllt sind, ist der Bf. mit der streitigen Hypothek von 15.200 RM von der Hypothekengewinnabgabe freizustellen. Das Urteil der Vorinstanz und die Einspruchsentscheidung waren deshalb aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache geht an das Finanzamt zurück, damit dieses die Veranlagung unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen wegen der auf dem Grundstück lastenden weiteren Hypothek (37.800 RM) durchführt.
Fundstellen
Haufe-Index 409668 |
BStBl III 1960, 236 |
BFHE 70, 633 |