Leitsatz (amtlich)
Die Bestimmung einer Frist für die Verwendung des angesammelten Betrages und der Prämien in § 16 Abs. 1 WoPDV liegt im Rahmen der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 4 WoPG.
Normenkette
WoPG 1956 § 9 Abs. 1 Nr. 4; WoPDV 1956 § 16 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte hat am 1. Februar 1956 mit der Gemeinnützigen Baugenossenschaft einen Kapitalansammlungsvertrag im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 4 WoPG i. d. F. vom 21. Dezember 1954 (BGBl I 1954, 482, BStBl I 1954, 709) mit einer Mindestlaufzeit von drei Jahren abgeschlossen. Der Vertrag wurde nicht verlängert, so daß die Ansparfrist am 1. November 1958 endete. Bei einer bei der Baugenossenschaft durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß die angesparten Beträge und die 1957 gewährten Prämien von 250 DM am 10. Mai 1962 zu dem vertragsmäßigen Zweck verwendet worden sind.
Mit Bescheid vom 25. Mai 1965 forderte der Revisionskläger (FA) die Wohnungsbau-Prämie mit der Begründung zurück, daß die in § 16 WoPDV i. d. F. vom 8. März 1960 (BGBl I 1960, 163, BStBl I 1960, 192) bestimmte dreijährige Verwendungsfrist prämienschädlich überschritten worden sei. Der Einspruch blieb erfolglos.
Die Klage führte zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung und des Rückforderungsbescheids. Das FG vertrat in Übereinstimmung mit der vom Niedersächsischen FG Hannover im rechtskräftigen Urteil vom 28. April 1964 (EFG 1964, 620) vertretenen Ansicht die Auffassung, § 16 Abs. 1 WoPDV, wonach für die Verwendung der angesammelten Beträge zusammen mit den Prämien zu dem vertragsgemäßen Zweck eine dreijährige Frist bestimmt werde, sei in Ermangelung einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung unwirksam. Jedenfalls liege keine vertragswidrige Verwendung der angesammelten Beträge und der Prämien vor, da diese zum Erwerb eines Kaufeigenheims verwendet worden seien.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
Als Aufwendungen zur Förderung des Wohnungsbaues im Sinn des § 1 Nr. 2 WoPG 1956 gelten nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 WoPG u. a. Beiträge auf Grund von Verträgen, die mit Wohnungs- und Siedlungsunternehmen oder Organen der staatlichen Wohnungspolitik nach der Art von Sparverträgen mit festgelegten Sparraten auf die Dauer von mindestens drei Jahren mit dem Zweck einer Kapitalansammlung abgeschlossen sind, wenn die eingezahlten Beträge und die Prämien zum Bau oder Erwerb einer Kleinsiedlung oder zum Erwerb eines Kaufeigenheims oder einer Wohnung in der Rechtsform des Wohnungseigentums oder eines eigentumsähnlichen Dauerwohnrechts verwendet werden. § 9 Abs. 1 Nr. 4 WoPG enthält eine Ermächtigung an die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften zu erlassen über den Inhalt der in § 2 Abs. 1 Nr. 4 WoPG bezeichneten Verträge. In Ausübung dieser Ermächtigung wurden die §§ 13 bis 18 WoPDV erlassen. In § 16 Abs. 1 WoPDV ist bestimmt, daß der angesammelte Betrag zusammen mit den Prämien innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem nach dem Vertrag die letzte Zahlung zu leisten ist, von dem Prämienberechtigten oder der im Vertrag bezeichneten anderen Person zu dem in § 2 Abs. 1 Nr. 4 WoPG bezeichneten Zweck zu verwenden ist.
Nach Art. 80 Abs. 1 GG kann u. a. die Bundesregierung ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden.
Entgegen der Annahme des FG ist davon auszugehen, daß die bezeichnete Ermächtigung zur Bestimmung der Verwendungsfrist ausreicht.
Das FG weist allerdings zutreffend darauf hin, daß zwischen der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 3 WoPG, die die Wohnbausparverträge betrifft, und der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 Nr. 4 WoPG, die die Verträge mit Wohnungs- und Siedlungsunternehmen betrifft, inhaltlich ein Unterschied besteht. Die erste Ermächtigung ist wesentlich eingehender als die zweite und sieht ausdrücklich die Bestimmung einer Frist für die Verwendung der Prämien und der prämienbegünstigten Aufwendungen vor. Nach Ansicht des Senats ist der Grund für den unterschiedlichen Inhalt der beiden Ermächtigungen in dem unterschiedlichen Charakter der beiden Vertragsarten zu sehen.
Bei den Verträgen der Nr. 3 handelt es sich um reine Sparverträge mit Kreditinstituten und entsprechenden Einrichtungen. Bei diesen Sparverträgen ist nicht von vornherein selbstverständlich, daß über die für den Sparer bestehende Pflicht zur Erbringung der Sparleistungen und die für das Institut bestehende Pflicht zur Verzinsung der Sparleistungen hinaus noch Leistungen der Vertragspartner zu erbringen sind. Wurde dies vom Gesetzgeber gewünscht, so mußte er entweder im Gesetz hierüber Bestimmungen treffen oder aber in einer detaillierten Ermächtigung dem Verordnungsgeber hierzu genaue Anweisungen geben.
Ganz anders ist der Inhalt der Verträge der Nr. 4. Hier stehen sich schon nach dem Charakter der Vertragsart weitergehende Verpflichtungen der Vertragsgegner gegenüber. Das Wohnungsunternehmen muß dem Prämienberechtigten ein Wohngebäude der im Gesetz vorgesehenen Art zur Verfügung stellen, und der Prämienberechtigte muß die angesammelten Beträge für dieses Bauvorhaben verwenden. Der Inhalt der Verträge der Nr. 4 ist deshalb von vornherein weiter gefaßt als derjenige der Verträge der Nr. 3. Der Gesetzgeber hat offenbar eine Vertragsart im Auge gehabt, die ohne weiteres auch die gesetzesmäßige Verwendung des angesammelten Betrages und der Prämien in sich schließt. Daraus ist zu schließen, daß die Befugnisse des Verordnungsgebers im letzteren Fall von vornherein weitergehen. So hat der Senat im Urteil VI 62/64 vom 8. März 1967 (BFH 88, 225, BStBl III 1967, 353) entschieden, daß es dem Gesetz entspricht, wenn in § 16 Abs. 2 Nr. 2 WoPDV bestimmt wird, daß die Kleinsiedlung usw. von dem Wohnungs- und Siedlungsunternehmen oder Organ der staatlichen Wohnungspolitik erworben werden muß. Ebenso muß es als im Rahmen der Ermächtigung des § 9 Abs. 1 Nr. 4 WoPG, den Inhalt der Verträge mit Wohnungs- und Siedlungsunternehmen zu bestimmen, liegend angesehen werden, wenn der Verordnungsgeber eine Frist gesetzt hat, innerhalb deren der Prämienberechtigte den angesammelten Betrag zusammen mit Prämien zu dem vertragsmäßigen Zweck verwenden muß. Die Verpflichtung zum Erwerb gerade von dem Wohnungs- und Siedlungsunternehmen, mit dem der Vertrag geschlossen ist, ist wie dargelegt, gesetzesgemäß. Bei einer so engen Bindung an das Unternehmen erscheint es auch der Sache nach durchaus einleuchtend, wenn der Verordnungsgeber eine Frist setzt, innerhalb derer der Vertrag abgewikkelt werden muß. Es kann nicht als dem Willen des Gesetzgebers entsprechend angesehen werden, wenn man die Möglichkeit zuließe, daß die Abwicklung des Vertrages praktisch auf unbestimmte Zeit offenbleiben würde. Dabei wird als selbstverständlich vorausgesetzt, daß diese Fristbestimmung angemessen ist. Das trifft für die dreijährige Verwendungsfrist des § 16 Abs. 1 WoPDV aber zu.
Fundstellen
Haufe-Index 69002 |
BStBl II 1970, 480 |
BFHE 1970, 522 |