Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Wer geschützte Erfinderrechte in das Ausland verkauft, führt Leistungen dort aus, wo sich die Erfindungsrechte wirtschaftlich auswirken oder auswirken können.
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 1; UStDB § 7 Abs. 2; UStG § 3/10, § 5/3, § 10/1/4
Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) hatte auf einem bestimmten Gebiete bedeutsame Erfindungen gemacht und darauf bis zum Jahre 1952 fünf Patente erhalten. In mehreren Ländern hatte er damals seine Erfindungen zur Patentierung angemeldet, auch in Deutschland. Alle "Rechte, Titel und Interessen" auf Grund der Erfindungen, einschließlich aller Patente und Patentanmeldungen, übertrug er im Laufe des Jahres 1952 einer amerikanischen Gesellschaft gegen eine einmalige Zahlung. Vereinbart wurde in dem übertragungsvertrage weiterhin, daß der Stpfl. einen amerikanischen Patentanwalt, der gewisse Rechte an verschiedenen Erfindungen des Stpfl. erworben hatte, zu einem Verzicht auf diese Rechte veranlassen und an ihn die Hälfte des dem Stpfl. für die übertragung der Erfinderrechte gezahlten Entgeltes aushändigen sollte. Endlich wurde vereinbart, daß der Stpfl. mit der amerikanischen Gesellschaft einen Anstellungsvertrag auf die Dauer von zehn Jahren abschließen sollte, wobei ihm für seine Dienste als Berater im Zusammenhang mit der weiteren Entwicklung seiner Erfindungen und Verbesserungen ein monatliches Gehalt von bestimmter Höhe gezahlt werden sollte.
Auf Grund dieses Vertrages hat der Stpfl. einen Anstellungsvertrag mit der amerikanischen Gesellschaft abgeschlossen, den amerikanischen Patentanwalt zur Abgabe einer Verzichtserklärung veranlaßt und an diesen die Hälfte des Betrages den er für die übertragung seiner Erfinderrechte vereinnahmt hatte, gezahlt.
Streit besteht darüber, ob der von dem Stpfl. für die übertragung seiner Erfinderrechte vereinnahmte Betrag der Umsatzsteuer zu unterwerfen ist und, im Bejahungsfalle, ob die Hälfte dieses Betrages, die an den amerikanischen Patentanwalt gezahlt worden ist, bei dem Stpfl. einen durchlaufenden Posten im Sinne des § 5 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes bildet. Das Finanzamt hatte beide Punkte zuungunsten des Stpfl. entschieden, während das Finanzgericht das Entgelt für die übertragung der Erfinderrechte als nicht steuerbar erachtet hat, weil die entscheidende Rechtsübertragung vom Stpfl. zwar im Inlande unterschrieben, aber erst durch Zugang bei der amerikanischen Gesellschaft im Auslande rechtswirksam geworden sei und daher eine Leistung, die im Auslande vorgenommen worden sei, dargestellt habe.
Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts stützt sich im wesentlichen auf § 7 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB); die hauptsächlichen und entscheidenden Handlungen des Stpfl. seien im Inlande vorgenommen worden. Es habe sich im vorliegenden Falle nicht um die Vergebung von Lizenzen, sondern um die übertragung der gesamten Erfinderrechte gehandelt. Der an den amerikanischen Patentanwalt gezahlte Betrag stelle keinen durchlaufenden Posten dar, weil keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen dem Patentanwalt und der amerikanischen Gesellschaft zustandegekommen seien.
In der mündlichen Verhandlung hat der Stpfl. ausgeführt, der Tatbestand sei noch nicht genügend geklärt worden, da es zu keiner mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht gekommen sei. Der Anstellungsvertrag und der Verkaufsvertrag stellten eine Einheit dar und hätten bezweckt, jede Konkurrenz des Stpfl. auf der ganzen Welt auszuschließen. Dabei müsse aber beachtet werden, daß keiner der Verträge, sondern der Leistungsaustausch Gegenstand der Umsatzbesteuerung sei. Weiterhin sei bei der Feststellung des Tatbestandes übersehen worden, daß in der vom Finanzamt der Steuerberechnung zugrunde gelegten Bemessungsgrundlage drei Monatsbeträge der Gehaltszahlung mit inbegriffen seien, und daß der amerikanische Patentanwalt seinen Anteil an den Erfinderrechten unmittelbar auf die amerikanische Gesellschaft übertragen habe. Ferner müsse untersucht werden, ob das Vertragsverhältnis zwischen den Beteiligten nicht im Ergebnis der Erteilung einer ausschließlichen Lizenz gleichkomme und auf eine Unterlassung der Rechtsausübung durch den Stpfl. gerichtet sei. Wenn man aber von einem "Tätigwerden" im Sinne des § 7 Abs. 2 UStDB sprechen wolle, dann dürfe bei Abtretung eines Rechtes nicht auf den Ort der Veräußerungstätigkeit abgestellt werden, sondern auf den Ort, an dem die dingliche Leistung erbracht werde. Zu erwägen sei auch, ob nicht auf Fälle der vorliegenden Art, bei denen es sich allerdings um Leistungen handele, die für Lieferungen geltenden Grundsätze angewendet werden müßten.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung des Falles führt zu den folgenden Ergebnissen:
Für die Beurteilung des hier vorliegenden Sachverhaltes kommen, da eine einfache Lizenzerteilung ausscheidet, die folgenden Möglichkeiten in Betracht:
die Erteilung einer ausschließlichen Lizenz;
die übertragung der Rechte aus den Patenten und Patentanmeldungen;
der Verzicht des Stpfl. auf die Ausübung jeder Konkurrenz.
Die unter a) erwähnte Möglichkeit dürfte hier nicht in Betracht kommen, weil der Stpfl. nicht seine Rechte aus Patenten und Patentanmeldungen behalten und lediglich die Gebrauchsgewährung übertragen hat, sondern seine gesamten Rechte an seinen Erfindungen. Der Senat neigt am meisten der unter c) genannten Möglichkeit zu, ohne dabei aber die unter b) genannte ausschließen zu wollen, zumal da die rechtliche Beurteilung in beiden Fällen im wesentlichen dieselbe ist. Der Stpfl. hatte mehrere Patente in zwei fremden Ländern erlangt und in mehreren anderen Ländern, darunter auch im Inlande, seine Erfindungen zur Patentierung angemeldet. Damit hatte er schon von sich aus die wirtschaftlichen Auswirkungen seiner Erfindertätigkeit zum weitaus größten Teile ins Ausland verlagert. übertrug er nun diese Rechte auf die amerikanische Gesellschaft, so übertrug er damit deren mit dem jeweiligen Auslande, aber auch mit dem Inlande verknüpfte wirtschaftliche Auswirkungen. Bei der übertragung geschützter Erfinderrechte werden die entscheidenden Erfolgsbedingungen dort gesetzt, wo sich die Erfinderrechte wirtschaftlich auswirken oder auswirken können. Auf den Ort der übertragung, den das Finanzgericht als maßgebend angesehen hat, kann es dabei nicht ankommen, weil er durch den Zufall oder durch eine geschickte Handhabung bestimmt werden könnte. Wäre zum Beispiel ein Vertreter der amerikanischen Gesellschaft zufällig in Deutschland gewesen, und hätte ihm der Stpfl. hier die übertragungsurkunde ausgehändigt, dann hätte das Finanzgericht die Umsatzsteuerpflicht bejaht, während es infolge der Versendung der Urkunde ins Ausland zur Verneinung der Steuerbarkeit gekommen ist. Daß der für den Erfolg ausschlaggebende Teil der Tätigkeit entscheidende Bedeutung hat, ist vom Bundesfinanzhof bereits mit Urteil V 138/53 U vom 26. November 1953 (BStBl 1954 III S. 63, Slg. Bd. 58 S. 397) ausgeführt worden; vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs V A 509/28 vom 18. Januar 1929 (RStBl 1929 S. 258). Bei der übertragung geschützter Erfinderrechte ist dafür jedenfalls nicht der Ort der übertragung maßgebend.
Wenn auch die übertragung der Erfinderrechte mit einer einzigen Urkunde vorgenommen worden ist, so ist doch jedes Patent und jede Patentanmeldung einzeln auf die amerikanische Gesellschaft übergegangen, weil jedes dieser Schutzrechte seine eigene gesonderte wirtschaftliche Auswirkung hatte. Es muß infolgedessen für den Zweck der Besteuerung aufgeteilt werden, wieviel von der wirtschaftlichen Gesamtauswirkung auf das Inland entfallen ist; gegebenenfalls muß dieser Anteil im Wege der Schätzung ermittelt werden, wobei zu beachten sein wird, daß eine zukünftige Beratungstätigkeit des Stpfl. vorwiegend im Inlande stattfinden wird. Das Finanzgericht hat, dazu noch nicht Stellung genommen. Hinzu kommt, daß, wenn das Vorbringen des Stpfl. in der mündlichen Verhandlung auf Tatsachen beruht (wofür sehr viel spricht), Anstellungs- und übertragungsvertrag bildeten eine Einheit und bezweckten den Ausschluß jeder Wettbewerbstätigkeit durch den Stpfl., die Gehaltsbezüge des Stpfl. dann einen Teil seines Entgeltes darstellten und das Schicksal der einmaligen Zahlung teilen müßten. Das Finanzgericht ist auf diese Ermittlungen nicht zugekommen, weil sie von seinem Standpunkt aus nicht erforderlich waren. Sie sind aber nunmehr infolge des veränderten rechtlichen Blickpunktes nicht zu umgehen.
Die Vorentscheidung wird hiernach aufgehoben. Der Fall gelangt an das Finanzgericht zur Vornahme der noch zu treffenden Feststellungen zurück. Bei der erneuten Entscheidung wird das Finanzgericht hinsichtlich des weiteren Streitpunktes, ob das an den amerikanischen Patentanwalt gezahlte Entgelt bei dem Stpfl. ein durchlaufender Posten ist, zu dem Vorbringen des Stpfl. im Rechtsbeschwerdeverfahren und weiterhin dazu Stellung zu nehmen haben, ob die Zahlung an den amerikanischen Patentanwalt nicht eine Bedingung der amerikanischen Gesellschaft anläßlich der übertragung der Erfinderrechte war, ohne die der Vertrag nicht zustandegekommen wäre, so daß der Stpfl. möglicherweise mit der Zahlung eine eigene Verpflichtung erfüllte und nicht ausschließlich in fremdem Namen und für fremde Rechnung leistete.
Fundstellen
Haufe-Index 409321 |
BStBl III 1959, 225 |
BFHE 1959, 591 |
BFHE 68, 591 |