Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Kapitalforderungen und Rechte auf wiederkehrende Nutzungen und Leistungen sind nach § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG nur dann von der Vermögensabgabe befreit, wenn sie einem Abgabepflichtigen auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung oder Vereinbarung in einem förmlichen Rückerstattungsverfahren nach den Rückerstattungsgesetzen zustehen.

 

Normenkette

LAG § 24/1/d, § 26 Abs. 2, § 27 Abs. 1

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 03.07.1973; Aktenzeichen 1 BvR 368, 369/65)

BVerfG (Beschluss vom 03.07.1973; Aktenzeichen 1 BvR 368/65, 1 BvR 369/65)

 

Tatbestand

Der 1958 verstorbene Erblasser (V.) war bis zum Jahre 1944 Gesellschafter einer OHG. Zum 31. Dezember 1944 trat der Mitgesellschafter A. aus der OHG aus. Zugleich nahm V. seinen Sohn (S.) in die Gesellschaft auf. Durch Vereinbarung vom 14. September 1945 schieden V. und S. aus der Gesellschaft aus und traten gleichzeitig A. und dessen Sohn (B.) in die Gesellschaft ein. Im Vertrag ist einleitend ausgeführt:

"Unter politischem Druck der Kreisleitung und der Amtsträger der Nazipartei wurde der Gesellschafter A. gezwungen, als Betriebsführer zurückzutreten und seine Tätigkeit bei der Firma ganz einzustellen. Es wurde ihm sogar geraten, die Fabrik nicht mehr zu betreten, wenn er nicht Gefahr laufen wollte, von der Gestapo verhaftet zu werden. Dieser politische Druck wurde noch dahingehend erweitert, daß Herr A. auch als stiller Teilhaber von der Nazipartei nicht mehr geduldet wurde und zum nächstmöglichen Termin, d. h. zum 31. Dezember 1944 den bestehenden Gesellschaftsvertrag kündigen mußte und demzufolge als Teilhaber im Handelsregister gelöscht wurde."

Weiterhin ist in diesem Vertrag bestimmt: "ß 2

Eine Kapitalbewegung wird durch diese änderung der Inhaberschaft nicht vorgenommen.

Die Herren A. und B. übernehmen das bisherige Guthaben von Herrn A. gemeinsam als persönlich haftende Gesellschafter.

V. und S. lassen ihre Kapitalien als Darlehen im Geschäft, wobei das Kapital von Herrn S. RM 50.000 (i. W.: Fünfzigtausend) beträgt.

§ 3 Für die Höhe der in § 2 genannten Kapitalbeteiligungen ist der Ausgangspunkt die Bilanz vom 30. 6. 1945, die nach den bisherigen Grundsätzen aufzustellen ist. ...

§ 5 Sollten innerhalb der nächsten fünf Jahre Auflagen, Hypothekenbelastungen oder etwas ähnliches von seiten der Regierung oder der Behörden kommen, so sind diese prozentual von Herrn A. und Herrn V. zu tragen, entsprechend dem Verhältnis der Darlehnsbeteiligung von Herrn A. und den Kapitalbeteiligungen der Herren V. und S. am 30. 6. 1945.

Ausgenommen sind Auflagen wegen politischer Einstellung der früheren Gesellschaftsinhaber, die Herr V. allein zu tragen hat".

Im Februar 1948 wurde zur Ausführung und Ergänzung des Vertrages vom 14. September 1945 ein Zusatzvertrag geschlossen. Nach § 2 dieses Zusatzvertrages wurden die Abfindungsguthaben auf Grund der Auseinandersetzungsbilanz auf den 30. Juni 1945 für V. auf 500.000 RM und für S. auf 50.000 RM festgesetzt. Nach der Währungsreform forderte V. von der OHG eine Umstellung der aus der Auseinandersetzung hervorgegangenen Darlehensforderung im Verhältnis 1 : 1 von RM auf DM, erklärte sich aber zu einer vertraglichen Vereinbarung hierüber bereit. Demgegenüber forderte die OHG von V. eine Beteiligung an den der OHG entstandenen Abwertungs- und Demontageverlusten. Weiterhin vertrat die OHG die Auffassung, die ursprünglichen Auseinandersetzungsforderungen seien durch Novation in Darlehen umgewandelt worden. Diese "novatorischen Darlehen" seien aber im Verhältnis 10 : 1 von RM auf DM umzustellen. Im Falle eine Umstellung der Forderung im Verhältnis 1 : 1 von RM auf DM erklärte die OHG, gemäß § 21 des Umstellungsgesetzes (UG) richterliche Vertragshilfe für eine Herabsetzung der Forderung in Anspruch nehmen zu müssen.

Nach Austausch mehrerer Schriftsätze, bei denen V. eine Beteiligung an den Währungsverlusten und Demontageverlusten ablehnte, wurde am 29. April 1949 ein Vergleich zwischen den Parteien geschlossen. Darin wurde vereinbart:

"Auf Grund des Auseinandersetzungsvertrages vom 14. September 1945 und der Zusatzverträge vom 14. 9. 1945 und 6. 2. 1948 haben die ausgeschiedenen Herren V. und S. noch Auseinandersetzungsforderungen an die Firma ... (= OHG). Bezüglich dieses geschuldeten Restes der Auseinandersetzungsforderungen bestehen zufolge der inzwischen erfolgten Demontage der Firma ... sowie der Währungsumstellung erhebliche Berechnungs- und Zahlungsschwierigkeiten. Um diese zu bereinigen und zu vermeiden, daß die Firma ... das Vertragshilfeverfahren nach § 21 des Umstellungsgesetzes in Anspruch nimmt, wurde heute zwischen den Beteiligten folgender Vergleich abgeschlossen:

Zur Abgeltung aller Haupt- und Nebenforderungen, die sich aus der Tatsache des Ausscheidens der beiden Herren V. und S. aus der Firma ... und aus den zwischen den Parteien geschlossenen Auseinandersetzungsverträgen ergeben, leistet die Firma ... sofort eine einmalige Barzahlung in Höhe von 6.000 DM ... Außerdem zahlt die Firma ... an die beiden Herren V. und S. zusammen einen Betrag von 36.000 DM, der ihr von diesen zinsfrei belassen und von der Firma in monatlichen .... Raten von je 250 DM .... abgetragen wird. Die erste Rate ist am 1. 5. 1949 und die letzte Rate danach in 6 Jahren am 1. April 1955 zu zahlen, alsdann ist das beiderseitige Konto ausgeglichen.

Auf Grund dieser Vergleichsabrede verzichten die Herren V. und S. einerseits und die Herren A. und B. andererseits für sich und ihre Rechtsnachfolger ausdrücklich auf alle weiteren ihnen eventuell aus der Auseinandersetzung und den Auseinandersetzungsverträgen zustehenden oder in Zukunft noch erwachsenden Ansprüche und erklären die Auseinandersetzung als mit der Zahlung der oben genannten Beträge endgültig abgeschlossen."

In der 1953 von V. eingereichten Vermögenserklärung für die Hauptveranlagung 1949 gab V. an, die OHG habe durch den Vergleich ein Restguthaben für ihn und S. von zusammen 116.000 DM anerkannt. Unter Berücksichtigung der Zinslosigkeit nach dem Vergleich belaufe sich seine Forderung gegen die OHG am 21. Juni 1948 auf nominell 89.000 DM. Der Teilwert der Forderung betrage aber höchstens 70 v. H. aus deren Nennbetrag.

Das Finanzamt erfaßte bei der Vermögensabgabeveranlagung des V. die Forderung gegen die OHG mit 116.000 DM.

Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch wurde vorgetragen, das Auseinandersetzungsguthaben habe unter Berücksichtigung von abgetretenen Wertpapieren 270.930 RM betragen und sei auf 46.271 DM umgestellt worden, was 1/5 des RM-Nennbetrages nicht übersteige. Diese Forderung könne deshalb nicht zur Vermögensabgabe herangezogen werden. Die im Vergleich vereinbarten Zahlungen könnten nicht mit der Umstellung der Auseinandersetzungsforderung in Verbindung gebracht werden, da sie die Abfindung für andere Werte (stille Reserven) darstellten.

Der Einspruch hatte insoweit Erfolg, als das Finanzamt die Forderung des V. nur noch mit 91.000 DM bei der Vermögensabgabe erfaßte und den Anteil des S. an der Forderung gegen die OHG außer Betracht ließ.

Mit der Berufung wurde unter Ergänzung des bisherigen Vorbringens die Freistellung der vorgenannten Forderung von Vermögensabgabe auch auf Grund von § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG begehrt, denn die Forderung des V. sei diesem durch eine Vereinbarung im Rückerstattungsverfahren zugesprochen worden.

Die Berufung blieb im Streitpunkt ohne Erfolg. Die Vorinstanz führt im wesentlichen aus: Die RM-Forderung des V. gegen die OHG habe 271.000 RM betragen und sei einschließlich der Leistungen aus dem Vergleich vom April 1949 auf 91.000 DM umgestellt worden, d. h. auf einen Betrag, der 1/5 des RM-Nennbetrages übersteige. Das ergebe sich aus dem Wortlaut des Vergleiches, aus dem umfangreichen Schriftwechsel zwischen den Vertragsparteien sowie aus der eigenen Vermögenserklärung des V. Die Höhe des RM-Guthabens sei im Vergleich nicht erwähnt. Dagegen sei dort ausdrücklich betont, der Vergleich solle ein Verfahren nach § 21 UG erübrigen. Sonach müsse davon ausgegangen werden, daß zwischen den Vertragsparteien kein Streit mehr über die Höhe des RM-Guthabens bzw. -Schuld bestanden habe. Die auf den V. entfallende Zahlung der OHG von 37.800 DM durch den Vergleich sei auch nicht zur Abgeltung von RM-Forderungen gezahlt worden, die nicht in der oben genannten Summe von 271.000 RM enthalten gewesen seien. V. selbst habe in der Erklärung zur Hauptveranlagung der Vermögensteuer 1949 ausgeführt, der Streit mit der OHG sei nur wegen der Umstellung der Forderung geführt worden. Wenn die OHG im Jahre 1956 erklärt habe, durch den Vergleich sei die Auffassung des V. hinsichtlich der bisherigen Abrechnung und der Berechnung der RM-Forderung und der Abgeltung der stillen Reserven und des Firmenwertes berücksichtigt worden, so könne hieraus nichts Gegenteiliges entnommen werden. Abgesehen davon, daß die Bescheinigung lange nach Abschluß des Vergleiches - wahrscheinlich aus steuerlichen Erwägungen - erteilt worden sei, enthalte sie auch keine Angaben darüber, inwieweit das dem Vergleiche zugrunde liegende RM-Guthaben streitig gewesen sein soll. Im übrigen hätten die Berufungsführer selbst keine Angaben über die angebliche zusätzliche RM-Forderung zu machen vermocht, die auf den Betrag von 37.800 DM umgestellt sein soll. Die Vorinstanz verneinte auch die Anwendung des § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG im Streitfalle. Selbst wenn der ehemalige Mitgesellschafter A. im Jahre 1944 aus der OHG aus einem Grunde ausgeschieden sein sollte, der als Rückerstattungstatbestand im Sinne der Rückerstattungsgesetze anzusehen wäre, so habe dem Rückerstattungsberechtigten nur der entzogene Gesellschaftsanteil an der Firma im Wege der Rückerstattung eingeräumt werden können. Wenn hier gleichzeitig aber das Ausscheiden des V. und des S. aus der Gesellschaft vereinbart worden sei, dann sei dies nicht erforderlich gewesen, um den Rückerstattungsberechtigten wieder in seine alten Rechte einzusetzen. Die von den Beteiligten getroffene Vereinbarung gehe vielmehr über den Rahmen eines Rückerstattungsverfahrens hinaus. Das insoweit entstandene Auseinandersetzungsguthaben des V. sei daher diesem nicht auf Grund einer Vereinbarung in einem Rückerstattungsverfahren gemäß § 27 Abs. 1 LAG zuzurechnen, so daß auch die Vergünstigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG bei der Vermögensabgabe nicht in Betracht komme.

Mit der Rb. wird vorgetragen: Das Finanzgericht habe seiner Entscheidung eine unrichtige Beurteilung des Sachverhalts unterlegt. Aus dem Schriftwechsel, der dem Vergleich von 1949 vorausgegangen war, ergebe sich, daß V. hinsichtlich der Berechnung der RM-Forderungen anderer Auffassung gewesen sei und außerdem seinen Anteil an den stillen Reserven und am Firmenwert zusätzlich erhalten wollte. Deshalb könne der Vergleich nur so ausgelegt werden, daß die RM-Forderung des V. am 20. Juni 1948 entsprechend höher gewesen sei. Im Frühjahr 1949 habe kein Kaufmann 37.800 DM gezahlt, wenn er nicht der Auffassung gewesen wäre, daß er damit wirklich vorhandene RM-Werte abfinden würde.

Weiterhin wird zur Begründung der Rb. vorgetragen, dem Urteil könne auch nicht gefolgt werden, wenn man in dem Schreiben des V. an die OHG vom April 1949 eine Anerkennung des RM-Guthabens erblicken würde. Wenn man mit dem Urteil annehmen würde, V. habe sich nur gegen die Anerkennung eines Teiles des (nach den vertraglichen Vereinbarungen vom Februar 1948) ihn treffenden Verlustes wenden wollen, so hätte das RM-Guthaben nach oben korrigiert werden müssen; denn nach den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen erhöhe doch stets die Nichtbeteiligung eines Gesellschafters einer Personengesellschaft an zunächst in einer Bilanz unterstellten Vermögensverlusten dessen Kapitalanteil. Diese Korrektur sei in der Höhe vorzunehmen, die den gezahlten 37.800 DM entspreche.

Daneben habe die Vorinstanz auch § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG zu Unrecht nicht angewandt. § 27 Abs. 1 LAG treffe zwar nach seinem Wortlaut nur auf Rückerstattungsfälle zu, über die nach dem 21. Juni 1948 entschieden oder eine Vereinbarung getroffen worden sei. Auf den Wortlaut des Gesetzes komme es jedoch nicht an, wenn damit eine unrichtige bzw. ungerechte Anwendung bzw. Nichtanwendung einer gesetzlichen Vorschrift verbunden sei. Dann sei stets eine analoge Anwendung am Platze. Ohne eine analoge Anwendung würden nämlich alle Rückerstattungsfälle, die vor dem 21. Juni 1948 ihr Erledigung gefunden hätten, von dem LAG schlechtergestellt als diejenigen, die erst nach dem 21. Juni 1948 erledigt worden seien. Das stelle einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) dar. Hinzu komme, daß durch den Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 7. Oktober 1952 (LA 2099 - L 94, veröffentlicht in LA-Kartei Karte 1 zu § 26) die Anwendung von § 26 Abs. 2 LAG und damit die Gewährung des Freibetrages von 150.000 DM für Rückerstattungsberechtigte bejaht werde. Auch dieses Vermögen der Rückerstattungsberechtigten sei kraft des ausdrücklichen Hinweises in § 26 Abs. 2 LAG Vermögen im Sinne von § 27 Abs. 1 LAG. Dieselbe Verweisung auf § 27 Abs. 1 LAG finde sich auch in § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG. Man könne deshalb nicht dem Rückerstattungsberechtigten die analoge Anwendung gestatten, sie aber dem Rückerstattungspflichtigen verwehren.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Bei der Ermittlung der Vermögensabgabe sind Kapitalforderungen, die zum sonstigen Vermögen im Sinne des § 67 BewG gehören, dann nicht anzusetzen, wenn sie durch gesetzliche Umstellung, durch richterliche Vertragshilfe oder durch Parteivereinbarung auf einen Betrag festgesetzt worden sind, der 1/5 des RM-Nennbetrages nicht übersteigt (ß 24 Nr. 1 Buchst. c LAG). Diese Voraussetzungen für eine Befreiung liegen im Streitfalle nicht vor.

Der Anspruch eines ausgeschiedenen Gesellschafters auf das Auseinandersetzungsguthaben gehört zwar zum sonstigen Vermögen im Sinne des § 67 BewG, denn mit dem Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft scheidet der Gesellschafter auch aus dem Handelsunternehmen aus und ist nicht mehr Mitglied der Gesamthandsgemeinschaft. V. hatte somit am Währungsstichtag keinen Gesellschaftsanteil mehr, der als Betriebsvermögen anzusehen wäre (ß 67 Abs. 1 Ziff. 3 Satz 2 BewG). Der Anspruch des V. auf das Auseinandersetzungsguthaben ist gegenüber seinem früheren Gesellschafterrecht ein neues Recht, nämlich ein lediglich schuldrechtlicher Anspruch. Dieser Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben ist eine Kapitalforderung im Sinne von § 67 Abs. 1 Ziff. 1 BewG, also ein Wirtschaftsgut des sonstigen Vermögens. Auch wenn die Auseinandersetzungsforderung durch Novation in ein Darlehen umgewandelt sein sollte, wie es die OHG in einem Schreiben vom März 1949 an V. behauptet hat, wäre auch dieses Darlehen als Kapitalforderung des sonstigen Vermögens im Sinne des BewG anzusehen.

Entscheidend ist sonach, ob der Anspruch des V. gegen die OHG auf einen Betrag festgesetzt wurde, der 1/5 des RM-Nennbetrages übersteigt. Die Prüfung des Umstellungsverhältnisses kann nur durch einen Vergleich zwischen der Höhe der Forderung in RM und ihrer Höhe in DM erfolgen. Die Entscheidung über die Höhe dieser Forderung in RM und DM hängt im Streitfall im wesentlichen von einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse ab. Nach § 278 AO beurteilt das Finanzgericht tatsächliche Verhältnisse nach seiner freien, aus der Verhandlung und Beweisaufnahme geschöpften überzeugung. Sofern seine Feststellungen weder einen Rechtsirrtum noch einen Verstoß gegen den Inhalt der Akten oder die Denkgesetze erkennen lassen, ist der Bundesfinanzhof an sie gebunden (§§ 288, 296 AO), ohne daß er zu prüfen hat, ob das Finanzgericht zu seinen Feststellungen kommen mußte; es genügt, daß es dazu kommen konnte. Nach diesen Grundsätzen kann die Feststellung der Vorentscheidung, die Kapitalforderung des V. gegen die OHG habe 271.000 RM betragen und sei einschließlich der nach dem Vergleich im Jahre 1949 zu erbringenden Leistungen auf 91.000 DM umgestellt worden, nicht beanstandet werden. Die Umstellung der Kapitalforderung des V. erfolgte somit auf einen DM-Betrag, der etwas höher als 1/3 des RM-Nennbetrages war. Die Vorinstanz konnte auf Grund der Beweisaufnahme zu diesem Ergebnis kommen. Nach dem Wortlaut des Vergleiches wurde dieser u. a. zur Bereinigung von Berechnungs- und Zahlungsschwierigkeiten wegen der Währungsumstellung und zur Vermeidung eines Vertragshilfeverfahrens nach § 21 UG abgeschlossen. Es kann deshalb dem Vorbringen in der Rb. nicht gefolgt werden, wonach der Vergleich nur so auszulegen sei, daß die Vergleichszahlung zur Abfindung von weiteren, neuen RM-Forderungen des V. geleistet worden sei, die über 271.000 RM hinausgegangen wären und den Anteil des V. an den stillen Reserven und am Firmenwert dargestellt hätten. Der Vergleich läßt demgegenüber durchaus auch eine andere Auslegung zu. Berücksichtigt man nämlich den von der OHG vorgetragenen Hinweis, die an sich 1 : 1 umzustellende Auseinandersetzungsforderung sei durch Novation in ein 10 : 1 umzustellendes Darlehnsschuldverhältnis umgewandelt worden, so diente der Vergleich der Bereinigung derjenigen Forderung des V., die den Betrag von 1/10 der RM-Forderung überstieg. Für diese Auslegung des Vergleiches spricht auch der Hinweis auf § 21 UG im Vergleich. Nach dieser Vorschrift konnten im Wege der richterlichen Vertragshilfe Verbindlichkeiten unter den Nennbetrag in DM herabgesetzt werden, auf den sie nach dem UG umgestellt worden waren. Der Betonung dieser Umstellungsvorschrift hätte es in dieser Stärke nicht bedurft, wenn nicht nur die Umstellung der Forderung, sondern sogar das Bestehen weiterer neuer Auseinandersetzungsforderungen vergleichsweise hätte bereinigt werden sollen. Zu Recht wies die Vorinstanz darauf hin, daß V. in seinem Schreiben vom April 1949 an die OHG die Vergleichszahlung von 42.000 DM erläutert und als das rechnerische Ergebnis seines Guthabenkontos unter Ablehnung der Beteiligung an den Währungsverlusten und der Ablehnung einer Beteiligung an Demontageverlusten erklärt hat. Aus dem Schreiben der OHG von 1956 kann nichts Gegenteiliges zwingend gefolgert werden. Dieses Schreiben besagt nur, daß die OHG die von ihr "anerkannten Forderungen" bereits im Februar 1949 beglichen hatte. Nur im Zusammenhang mit dem Auftrag an ein Sachverständigengremium zur Erarbeitung eines künftigen Vergleichsvorschlages ist in diesem Schreiben ausgeführt, daß dieses Gremium die Auffassung des V. über seinen Anteil an den stillen Reserven und am Firmenwert berücksichtigen sollte. Im Hinblick auf den dann tatsächlich zustande gekommenen Vergleich ist in dem Schreiben weiter ausgeführt: "Durch den hierauf zustande gekommenen Vergleich vom 29. 4 1949 hatten wir die Verpflichtung übernommen, Ihnen weitere DM 6.000 sofort und DM 36.000 in Monatsraten a DM 500 zu zahlen, zur endgültigen Bereinigung Ihrer Forderungen." Mit dem Finanzgericht kann deshalb in diesem Schreiben der OHG keine Bescheinigung erblickt werden, dem V. hätten weitere RM-Forderungen zugestanden oder die Parteien seien vom Bestand solcher weiterer RM-Forderungen des V. ausgegangen.

Die Vorentscheidung ist auch nicht insoweit zu beanstanden, als sie eine Freistellung des V. von der Vermögensabgabe nach § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG verneinte.

Nach § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG werden Kapitalforderungen bis zu 150.000 DM, die zum sonstigen Vermögen gehören, bei der Ermittlung der Vermögensabgabe dann nicht erfaßt, wenn sie auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung oder Vereinbarung im Rückerstattungsverfahren einem Rückerstattungspflichtigen nach § 27 Abs. 1 LAG zuzurechnen sind.

§ 24 Nr. 1 Buchst. d LAG nimmt innerhalb der Befreiungstatbestände von § 24 Nr. 1 LAG eine Sonderstellung ein. Durch die Vorschrift in § 24 Nr. 1 Buchst. a bis c LAG wurden zum sonstigen Vermögen gehörige Wirtschaftsgüter bis zu 150.000 DM von der Vermögensabgabe freigestellt, weil diese Wirtschaftsgüter im Zuge der Währungsumstellung auf einen Bruchteil ihres ursprünglichen Wertes abgewertet waren und es dem Gesetzgeber unbillig erschien, den noch verbliebenen Rest dieser Wirtschaftsgüter der Vermögensabgabe zu unterwerfen. Dieser Grund trifft nicht für den Befreiungstatbestand von § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG zu. § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG stellt es nur darauf ab, ob eine Kapitalforderung bzw. ein Recht auf wiederkehrende Nutzungen und Leistungen vorliegt, "die auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung oder Vereinbarung im Rückerstattungsverfahren einem Rückerstattungspflichtigen nach § 27 Abs. 1 LAG zuzurechnen" ist. Nach § 27 Abs. 1 LAG, auf den in § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG ausdrücklich verwiesen wird, gelten die dinglichen und schuldrechtlichen Folgen einer rechtskräftigen Entscheidung oder Vereinbarung, die nach dem 20. Juni 1948 "über einen Rückerstattungsanspruch nach den Rückerstattungsgesetzen getroffen wird", für die Ermittlung des der Abgabe unterliegenden Vermögens als zu Beginn des 21. Juni 1948 eingetreten. Aus der Betonung des Begriffes "Rückerstattungsverfahren" in § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG und weiter aus dem Hinweis auf die Rückerstattungsgesetze in § 27 Abs. 1 LAG ergibt sich, daß es für die Anwendung von § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG entscheidend auf das Vorliegen eines förmlichen Rückerstattungsverfahrens ankommt. Der Begriff des Rückerstattungsverfahrens ist kein allgemeiner Begriff; er ergibt sich vielmehr aus den besonderen Rückerstattungsgesetzen, hier dem Gesetz Nr. 59 der früheren Militärregierung für die ehemals amerikanisch besetzte Zone Deutschlands. Die Befreiung von Wirtschaftsgütern von der Vermögensabgabe nach § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG ist sonach nur dann zu gewähren, wenn es sich um Rückerstattungsfälle handelt, die nach den Rückerstattungsgesetzen unter behördlicher Kontrolle abgewickelt worden sind. Die Notwendigkeit einer Bindung an ein förmliches Rückerstattungsverfahren im Sinne der Rückerstattungsgesetze für die Befreiung von der Vermögensabgabe nach § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG ergibt sich auch aus den Rückerstattungsgesetzen selbst. Gemäß Art. 57 des Gesetzes der Militärregierung Nr. 59 (amerik. Rückerstattungsgesetz - REG -) können Ansprüche, die unter dieses Gesetz fallen, nur in dem Verfahren nach diesem Gesetz und unter Einhaltung seiner Fristen geltend gemacht werden. Die Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Rückerstattungsverpflichteten und dem Rückerstattungsberechtigten obliegt nach Art. 67 des amerik. REG den Wiedergutmachungskammern (vgl. auch Art. 59 des brit. REG). Die Wiedergutmachungskammern sind demnach Sondergerichte zur Durchsetzung besonderer Ansprüche auf Grund eines Sondergesetzes in einem Sonderverfahren. Im Streitfall lag eine Rückerstattung im Sinne der Rückerstattungsgesetze nicht vor. § 24 Nr. 1 Buchst. d LAG kann deshalb im Streitfall nicht angewendet werden.

Zu Unrecht berufen sich die Bf. auf § 26 LAG und auf die Verwaltungsübung bei Anwendung dieser Vorschrift, wonach § 26 Abs. 2 LAG auch bei solchen Rückerstattungsberechtigten anzuwenden ist, bei denen die Rückerstattung vor dem 20. Juni 1948 durchgeführt worden war, das heißt also zum Teil auch in einer Zeit, in der die Rückerstattungsgesetze noch nicht in Kraft gewesen waren. § 26 LAG ist eine Sondervorschrift für die Behandlung des Vermögens von Rückerstattungsberechtigten. Diesen Personen wurde durch § 26 Abs. 2 LAG ein Freibetrag von 150.000 DM hinsichtlich des Vermögens eingeräumt, das ihnen nach § 27 Abs. 1 LAG zuzurechnen ist. Damit sollte dieser Personenkreis eine echte Besserstellung gegenüber den übrigen Abgabepflichtigen wegen der früher erlittenen Verfolgung bzw. Vermögensschädigung erfahren. Aus diesem gesetzgeberischen Zweck von § 26 LAG erklärt sich auch die Auslegung von § 26 Abs. 2 LAG zugunsten der Rückerstattungsberechtigten, wobei der Senat nicht zu dieser Auslegung der Gesetzesvorschrift durch den Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 7. Oktober 1952 (a. a. O.) im Streitfalle Stellung zu nehmen hat. Die verschiedene Behandlung von Rückerstattungsberechtigten und Rückerstattungsverpflichteten verstößt nicht gegen Art . 3 GG. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urteil 1 BvR 561, 579/60, 114/61 vom 17. Mai 1961, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bd. 12 S. 354 (367)) dann nicht vor, wenn ein legitimes Unterscheidungskriterium vorhanden ist, so daß die besondere Behandlung der Geförderten einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise entspricht. Im Streitfall ist das Unterscheidungsmerkmal eben darin zu sehen, daß der Gesetzgeber den Rückerstattungsberechtigten wegen der zur Rückerstattung führenden Verfolgungsmaßnahmen eine Besserstellung einräumte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411563

BStBl III 1965, 394

BFHE 1965, 406

BFHE 82, 406

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