Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
1.Als anschaffungsnahe Aufwendungen, die zu den Anschaffungskosten eines Hauses zu rechnen sind, kommen im allgemeinen nur solche in Betracht, die vom Erwerber im Jahre des Erwerbs und den beiden folgenden Jahren gemacht werden.
2.Geringfügige Aufwendungen, die der Erwerber für die Instandhaltung des Hauses innerhalb der ersten drei Jahre nach dem Erwerb macht, sind trotz der Anschaffungsnähe als Werbungskosten abzugsfähig. Dabei kann die Geringfügigkeit nicht nur nach dem Verhältnis zwischen den Aufwendungen und der Höhe der Mieteinnahmen bestimmt werden, es muß auch das Verhältnis der Aufwendungen zum Kaufpreis berücksichtigt werden.
3.Aufwendungen, die nicht der Beseitigung von bereits bei dem Erwerb vorhandenen Schäden dienen und die auch nicht zur Modernisierung oder zum Umbau des Hauses gemacht werden, sondern zur Beseitigung von Schäden, die eindeutig im Laufe der drei ersten Jahre nach dem Erwerb entstanden sind, sind trotz der Anschaffungsnähe als Erhaltungsaufwand abzugsfähig.
EStG 1958 §§ 7, 9, 21.
Normenkette
EStG §§ 7, 9, 21
Tatbestand
Die Bfin. hat am 23. August 1957 für 15 300 DM ein Haus gekauft und im gleichen Jahr für Instandsetzungsarbeiten 1 836 DM aufgewendet. Bei der Einkommensteuerveranlagung für 1957 wurde dieser Betrag als abzugsfähiger Erhaltungsaufwand behandelt. Im Jahre 1958 hat sie weitere 3 012 DM für Arbeiten an dem Haus und 1959 nochmals 1 247 DM für das Decken des Daches bezahlt. Das Finanzamt hat die 1958 und 1959 gemachten Aufwendungen zu den Anschaffungskosten des Hauses gerechnet. Der Einspruch und die Berufung der Bfin. gegen die Veranlagung 1958 und die Sprungberufung gegen die Steuerfestsetzung für 1959 hatten in diesem Punkt keinen Erfolg.
Das Finanzgericht teilte die Auffassung des Finanzamts, daß die Aufwendungen der Bfin. in den Jahren 1958 und 1959 steuerlich zu den Anschaffungskosten des Hauses zu rechnen seien, da sie wirtschaftlich mit dem Erwerb des Hauses zusammenhingen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs könnten sie daher nicht sofort abgezogen werden, sondern seien nur im Rahmen der Absetzung für Abnutzung nach § 7 EStG zu berücksichtigen. Das gelte sowohl für die 1957 als auch für die 1958 und 1959 für das Haus aufgewendeten Beträge. Soweit sie bei der rechtskräftigen Veranlagung für 1957 als Werbungskosten berücksichtigt worden seien, bewende es dabei. Die Aufwendungen der Jahre 1958 und 1959 seien dagegen als Anschaffungskosten zu behandeln, und zwar auch soweit es sich um Restzahlungen für die im Jahre 1957 ausgeführten Arbeiten handle. Ausgenommen seien nur die Beträge, die üblicherweise in jedem Jahr anfielen und die deshalb in keinem sachlichen Zusammenhang zum Erwerb des Grundstücks ständen. Diese seien laufender Erhaltungsaufwand und deshalb als Werbungskosten abzugsfähig. Da sich für 1958 aus den Handwerkerrechnungen im einzelnen nicht ermitteln lasse, welcher Teilbetrag auf diesen Aufwand entfalle, werde dieser sofort abzugsfähige Teil auf 10 v. H. des gesamten Aufwandes des Jahres 1958 von 3 012 DM, also auf rund 300 DM geschätzt.
Die Bfin. verlangt mit der Rb. für 1958 und 1959 den Abzug der vom Finanzgericht nicht berücksichtigten Aufwendungen beider Jahre als Werbungskosten. Es sei willkürlich, die im Jahre 1957 aufgewendeten 1 836 DM als Erhaltungsaufwand zu behandeln, die 1958 und 1959 aufgewendeten Beträge dagegen nicht, obwohl sie in Höhe von 678 DM Restzahlungen für die im Jahre 1957 ausgeführten Arbeiten seien. Das Finanzgericht habe ebenso wie das Finanzamt unterstellt, daß sie bei dem Kauf des Hauses die Absicht gehabt habe, es überholen und modernisieren zu lassen. Das sei jedoch nicht richtig. Es sei daher nicht angängig, ihre Aufwendungen für das Haus in den Jahren 1957 bis 1959 zusammenzufassen. Sie habe keine baulichen Veränderungen vorgenommen. Die Reparatur der Lichtleitung habe sie z. B. zur Erfüllung einer ihr gemachten Auflage ausführen lassen müssen, weil sie sonst keinen Feuerversicherungsschutz erhalten hätte. Die Kosten der Dachreparatur erreichten mit 1 247 DM nur etwa 10 v. H. des mindestens Erwerbspreises des Hauses. Da erst Aufwendungen von mindestens 20 v. H. des Kaufpreises den Anschaffungskosten zugerechnet würden, könnten diese Aufwendungen daher auch nicht als Anschaffungskosten behandelt werden. Bei dem Kauf des Hauses habe sie keine Schäden am Dach feststellen können. Da es während des Jahres 1959 durchgeregnet habe, seien große Wasserschäden entstanden. Die im Jahre 1948 von den Vorbesitzern ausgeführten Dachreparaturen seien offenbar infolge schlechten Materials nicht haltbar gewesen. Das Haus sei, wie sie erst jetzt erfahren habe, etwa 1870 erbaut worden. Ein so altes Haus erfordere naturgemäß einen höheren Erhaltungsaufwand als ein neues Haus. Aus der Höhe ihrer Aufwendungen könne unter diesen Umständen nicht gefolgert werden, daß sie im Zusammenhang mit dem Erwerb stünden. Schließlich sei es auch wirklichkeitsfremd, für Arbeiten in den Jahren 1958 und 1959 gezahlte Beträge in Beziehung zu setzen zu dem im Jahre 1957 entrichteten Kaufpreis.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist weder für 1958 noch für 1959 begründet.
Aufwendungen, die Steuerpflichtige im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb eines Hauses für dessen Umbau, Erneuerung oder Erweiterung machen, sind grundsätzlich als Teil der Anschaffungskosten zu behandeln, da der Käufer erfahrungsgemäß den Kaufpreis im allgemeinen entsprechend niedriger bemißt und daher die Kosten des Umbaus usw. von ihm als Teil des für den Erwerb aufgewendeten Betrags angesehen werden (vgl. z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs I 176/54 U vom 25. Oktober 1955, BStBl 1955 III S. 388, Slg. Bd. 61 S. 489; IV 74/54 U vom 1. Dezember 1955, BStBl 1956 III S. 41, Slg. Bd. 62 S. 106; VI 26/55 U vom 12. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 36, Slg. Bd. 64 S. 92). Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest.
Im Streitfall hat die Bfin. das Haus am 23. August 1957 für 15 300 DM gekauft und bis Ende 1959 insgesamt 6 095 DM für seine Erneuerung aufgewendet. Die Aufwendungen dieser drei Jahre sind vom Finanzamt und von Finanzgericht als anschaffungsnah im Sinn der Rechtsprechung angesehen worden. Als "anschaffungsnah" sind nur Aufwendungen anzusehen, die verhältnismäßig kurze Zeit nach dem Erwerb eines Grundstücks gemacht werden. Im Urteil des Bundesfinanzhofs IV 386/52 U vom 11. Dezember 1953 (BStBl 1954 III S. 74, Slg. Bd. 58 S. 424) wurde eine Erstreckung dieses Zeitraums auf neun Jahre abgelehnt und ausgeführt, daß Aufwendungen im zweiten Jahr nach dem Erwerb noch Anschaffungsaufwand sein könnten. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist im allgemeinen der zeitliche Zusammenhang mit dem Erwerb zu bejahen, wenn die Aufwendungen innerhalb von drei Jahren nach dem Kauf gemacht werden (siehe Abschn. 157 Abs. 3 EStR 1958 und 1960, Abschn. 157 Abs. 4 EStR 1961). Der Senat hat keine den Bedenken, diesem von der Verwaltung gegebenen Anhalt für den Regelfall zu folgen und deshalb im allgemeinen nur die innerhalb von drei Jahren nach dem Grundstückserwerb gemachten Aufwendungen als Anschaffungskosten zu behandeln. Dieser Zeitraum ist im Streitfall nicht überschritten. Die Vorinstanzen konnten danach ohne Rechtsirrtum die Aufwendungen der Bfin. als anschaffungsnah ansehen.
Es ist auch nicht zu beanstanden, daß sie die 1959 angefallenen Kosten für das Decken des Daches zu dem Anschaffungsaufwand gerechnet haben. Selbst wenn die Bfin. diesen Mangel bei dem Kauf des Hauses nicht gekannt haben sollte, schließt dies die Zurechnung der für die Reparatur gemachten Aufwendungen zu den Anschaffungskosten nicht aus, da das Dach nach der Feststellung des Finanzgerichts bei dem Erwerb des Hauses bereits erhebliche Mängel aufwies und es nicht darauf ankommt, ob der Erwerber diese Mängel tatsächlich im einzelnen kannte (siehe Urteil des Senats VI 26/55 U a. a. O.).
Aus dem Umstand, daß das Finanzamt die Aufwendungen des Jahres 1957 zu Unrecht als Erhaltungsaufwand zum Abzug zugelassen hat, kann die Bfin. für die folgenden Jahre keine Rechte herleiten. Unerheblich ist auch, daß nach den Ausführungen der Bfin. die Aufwendungen der Jahre 1958 und 1959 zum Teil Restzahlungen der im Jahre 1957 ausgeführten Arbeiten sind. Für die Besteuerung kommt es nach § 11 Abs. 2 EStG lediglich auf den Zeitraum an, in dem die Ausgaben gemacht wurden. Da auch die 1957 ausgeführten Arbeiten an dem Haus als anschaffungsnahe Aufwendungen den Anschaffungskosten zuzurechnen sind, sind daher die 1958 und 1959 auf diese Arbeiten geleisteten Restzahlungen zutreffend den Anschaffungskosten des Hauses zugezählt worden.
Das Finanzgericht hat auch nicht verkannt, daß die Hinzurechnung nur in Betracht kommen kann für Aufwendungen, die nicht geringfügig sind. Für kleine Aufwendungen des Käufers würden sich bei einer Zurechnung zu den Anschaffungskosten keine nennenswerten steuerlichen Auswirkungen ergeben. Kleine Aufwendungen wurden daher bisher bereits nicht als Anschaffungsaufwand behandelt, auch wenn sie anschaffungsnah waren (siehe Urteil des Senats VI 74/55 U vom 5. Juli 1957, BStBl 1957 III S. 393, Slg. Bd. 65 S. 419). Hieran hält der Senat fest. Nach Abschn. 157 Abs. 4 EStR 1961 soll die Zurechnung zu den Anschaffungskosten nur geprüft werden, wenn innerhalb des dreijährigen Zeitraums die Aufwendungen des Erwerbers mehr als 25 v. H. der Mieteinnahmen ausmachen. Diese Abgrenzung, die für viele Fälle brauchbar sein mag, ist aber nicht immer maßgebend. Wie bereits in dem Urteil I 176/54 U a. a. O. ausgeführt wurde, kommt es auch auf das Verhältnis des eigentlichen Kaufpreises zu den als zusätzliche Anschaffungskosten in Betracht kommenden Aufwendungen an (vgl. auch Urteile des Senats VI 74/55 U a. a. O.; VI 306/57 vom 12. Juni 1959, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Steueranpassungsgesetz, § 1 Rechtsspruch 166). Bei diesem Vergleich müssen alle für die Zurechnung in Betracht kommenden Aufwendungen mit dem Kaufpreis verglichen werden. Der Einwand der Bfin. die Aufwendungen der Jahre 1958 und 1959 könnten mit einem im Jahre 1957 gezahlten Kaufpreis nicht in Verbindung gebracht werden, dringt dabei nicht durch; denn Ausgaben der Jahre 1957 bis 1959 sind trotz gewisser Schwankungen des Geldwerts vergleichbar. Es würde auch ein unrichtiges Bild ergeben, würde man - wie die Bfin. will - diesen Vergleich für die Aufwendungen jedes Jahr getrennt durchführen. Unzutreffend ist schließlich ebenfalls, daß - wie die Bfin. glaubt - nur anschaffungsnaher Aufwand von mindestens 20 v. H. als Anschaffungskosten behandelt werden kann. Die Festlegung eines bestimmten Vomhundertsatzes ist nicht Aufgabe des Bundesfinanzhofs. Im Streitfall stehen jedenfalls dem Kaufpreis von 15 300 DM anschaffungsnahe Aufwendungen von etwa 6 000 DM gegenüber. Dieser Betrag ist im Verhältnis zum Kaufpreis so hoch, daß er nach den oben dargelegten Grundsätzen für die Besteuerung zu den Anschaffungskosten zu rechnen ist.
Das Finanzgericht hat angenommen, daß von den Gesamtaufwendungen der Bfin. für das Haus im Jahre 1958 = 10 v. H. (300 DM) sofort abzugsfähiger Erhaltungsaufwand sind. Es hat diesen Betrag geschätzt, da eine genaue Ermittlung nicht möglich war. Das Finanzamt hatte bei der Veranlagung für 1959 auf Grund der vorgelegten Rechnungen gleichfalls 254 DM als Instandhaltungskosten berücksichtigt. Hiergegen bestehen keine Bedenken; denn die Zurechnung von anschaffungsnahen Aufwendungen zu den Anschaffungskosten bedeutet nicht, daß es in diesen Jahren überhaupt keinen sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geben könne. Aufwendungen, die weder mit einem Umbau oder einer Modernisierung des erworbenen Hauses zusammenhängen, noch nachgeholte Instandsetzungen betreffen, sondern die sich aus irgendwelchen nach dem Grundstückserwerb eingetretenen Umständen ergeben, sind als Werbungskosten zu berücksichtigen. Hierzu können z. B. die Kosten für den Ersatz zerbrochener Fensterscheiben, Reparaturen an Herden und Öfen, öffnen von Türschlössern und Neuanfertigungen von verlorenen Schlüsseln sowie ähnliche kleinere Ausgaben gehören. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das Finanzgericht diesen sofort abzugsfähigen Teil der Aufwendungen für 1958 geschätzt hat, da diese Ausgaben nicht einwandfrei anhand der vorgelegten Rechnungen ausgeschieden werden konnten. Bei dem Alter des Hauses ist auch die Höhe der Schätzung nicht zu beanstanden.
Da das Finanzgericht demnach sowohl für 1958 als auch für 1959 zutreffend entschieden hat, kann die Bfin. mit ihren Rbn. keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 410633 |
BStBl III 1963, 39 |
BFHE 76, 104 |
BB 1963, 25 |
DB 1963, 51 |
DStR 1962/63, 201 |