Leitsatz (amtlich)
Der von einem nur wegen seiner Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Wohnungsunternehmen lediglich im Dienste seiner Grundstücksverwaltung zugleich für andere gleichartige Unternehmen getätigte Einkauf von Brennstoffen im großen steht der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags hinsichtlich der Grundstücksverwaltung nicht entgegen.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, befaßte sich in den Streitjahren (1971 und 1972) mit der Nutzung eigenen Grundbesitzes sowie mit dem Handel mit festen und flüssigen Brennstoffen. Aus dem Brennstoffhandel erzielte sie im Jahr 1971 bei einem Umsatz von rd. 285 000 DM einen Rohertrag von rd. 1 000 DM, im Jahr 1972 bei einem Umsatz von rd. 228 800 DM einen Rohertrag von rd. 500 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) versagte bei den Gewerbesteuerveranlagungen 1971 und 1972 die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, da die Klägerin neben der Grundstücksverwaltung eine gewerbliche Tätigkeit in Gestalt des Brennstoffhandels ausgeübt habe. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das FG stützte seine Entscheidung darauf, daß der Brennstoffhandel eine gewerbliche Tätigkeit darstelle, welche nicht zu den in der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten steuerunschädlichen Nebentätigkeiten gehöre (Hinweis auf Urteil des BFH vom 9. Oktober 1974 I R 23/73, BFHE 113, 463, BStBl II 1975, 44). Der Brennstoffhandel wäre allerdings dann keine gewerbliche Tätigkeit, wenn die Klägerin insoweit ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig geworden wäre (§ 1 GewStDV). Die Klägerin habe aber eine solche Gewinnabsicht gehabt. Ein von der Klägerin wahrgenommener wirtschaftlicher Vorteil liege schon darin, daß sie als Brennstoffstreckenhändlerin für ihren Grundbesitz Brennstoffe zu günstigeren Bedingungen habe beziehen können. Es sei ohne Bedeutung, ob sich dieser Vorteil als Gewinn unmittelbar im Bereich des Brennstoffhandels oder in dem der Grundstücksverwaltung realisiere. Es könne auch ungeprüft bleiben, ob die im Rahmen des Handels erzielten Verluste darauf zurückzuführen seien, daß die Klägerin sich selbst und den weiteren Abnehmern, den ihr befreundeten Gesellschaften, nicht die fremden Dritten gegenüber üblicherweise berechneten Preise in Rechnung gestellt habe. Es handle sich nicht um ein im Sinn des BFH-Urteils vom 23. Juli 1969 I R 134/66 (BFHE 96, 403, BStBl II 1969, 664) für die Kürzung des Gewerbeertrags unschädliches Nebengeschäft. Der Brennstoffhandel sei für die Grundstücksverwaltung nicht notwendig gewesen. Die Klägerin habe selbst vorgetragen, sie habe den Handel mit Brennstoffen aufgenommen, um die Eintragung in das Handelsregister und damit die beschränkte Haftung für ihren Kommanditisten zu erreichen.
In ihrer Revision beantragt die Klägerin, die Vorentscheidung aufzuheben und die Gewerbesteuer für die Streitjahre unter Berücksichtigung einer weiteren Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, nämlich um 385 553 DM für 1971 und um 150 937 DM für 1972 festzusetzen. Gerügt wird unrichtige Anwendung der Kürzungsvorschrift und mangelnde Sachaufklärung. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr mit Gewinnerzielungsabsicht vorgelegen habe. Die vom FG festgestellten Roherträge seien so niedrig, daß sie die Kosten nicht hätten decken können. Sie, die Klägerin, habe sich auch nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Sie habe nur einen befreundeten Kundenkreis von fünf Grundstücksgesellschaften bedient. Werbung habe sie nicht betrieben. Es habe auch nicht die Absicht bestanden, den Handel zu erweitern oder gewinnbringend zu gestalten. Auch mittelbar habe sich im Bereich der Grundstücksnutzung entgegen der Ansicht des FG kein Gewinn aus dem Brennstoffhandel ergeben. Die Annahme, die Klägerin habe günstigere Einkaufsmöglichkeiten für den eigenen Grundbesitz wahrgenommen, sei unzutreffend. Sie habe die Brennstoffe zur Beheizung der eigenen Wohnanlagen zu normalen Preisen direkt bezogen. Rabatte habe sie nicht in Anspruch genommen. Die Lieferungen an die Kunden seien zu Originalpreisen erfolgt. In keinem Jahr, auch nicht vor und nach den Streitjahren, sei ein Gewinn aus dem Brennstoffhandel erzielt worden. Durchweg habe sie mit Verlusten gearbeitet. Es habe sich bei dem Brennstoffhandel um einen Pro-forma-Gewerbebetrieb gehandelt. Die Form der Handelsgesellschaft sei, wie das FG zutreffend wiedergegeben habe, im Streitfall nur deshalb gewählt worden, um in das Handelsregister eingetragen werden zu können und dadurch eine beschränkte Haftung des Kommanditisten des Grundstücksverwaltungsunternehmens zu erreichen.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.
1. Für die Auslegung der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist von dem ursprünglichen Zweck der Vorschrift auszugehen, der darin zu sehen ist, Grundstücksunternehmen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft entsprechenden - gewerbesteuerfreien - Personenunternehmen gleichzustellen (vgl. zur Entstehungsgeschichte BFH-Urteile vom 7. April 1967 VI 294/65, BFHE 89, 130, BStBl III 1967, 559; vom 28. Juni 1973 IV R 97/72, BFHE 109, 459, BStBl II 1973, 688). Personenunternehmen, die nur die in der Kürzungsvorschrift genannte Haupttätigkeit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes betreiben, sind grundsätzlich nicht gewerbesteuerpflichtig, weil es sich um keine gewerbliche Tätigkeit handelt. Es liegt insoweit eine reine Vermögensverwaltung gem. § 9 GewStDV vor. Andererseits kann ein Unternehmen, daß außer der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes eine Tätigkeit ausübt, die ihrer Art nach gewerblicher Natur ist und die nicht zu den in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten Nebentätigkeiten gehört, die für Wohnungsunternehmen geltende erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nicht in Anspruch nehmen (vgl. BFH-Urteil I R 23/73). Der Sinn der Vorschrift liegt also darin, solche Unternehmen zu begünstigen, die nach der Art ihrer Tätigkeit nicht gewerbesteuerpflichtig wären und die es nur aufgrund ihrer Rechtsform sind. Deshalb hat die Rechtsprechung die Kürzungsvorschrift in solchen Fällen angewendet, in denen es sich nur um eine gelegentliche Veräußerung von Grundstücken handelte, weil solche geringen Vermögensbewegungen noch zum Bereich der Grundstücksverwaltung gehören (vgl. BFH-Urteile vom 24. September 1970 I R 21/70, BFHE 100, 210, BStBl II 1970, 871; vom 24. Februar 1971 I R 174/69, BFHE 101, 396, BStBl II 1971, 338), oder weil es sich um sonstige unschädliche Nebentätigkeiten handelte (Urteil I R 134/66). Als eine solche Nebentätigkeit könnte der Brennstoffhandel der Klägerin dann angesehen werden, wenn er der Grundstücksverwaltung gedient hat und für sich gesehen nichtgewerblichen Charakter hatte, vor allem wenn er ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt worden ist. Eine solche unschädliche Nebentätigkeit zur Grundstücksverwaltung läge insbesondere dann vor, wenn die Klägerin durch den zugleich für andere Wohnungsunternehmen getätigten Einkauf im großen lediglich die eigene Verwaltung verbilligen und sich eine feste Bezugsquelle sichern wollte.
2. Die Klägerin ist nur in ihrer Rechtsform als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig, weil eine GmbH ihre einzige Komplementärin ist (vgl. BFH-Urteil vom 3. August 1972 IV R 235/67, BFHE 106, 331, BStBl II 1972, 799). Nach der Art ihrer Tätigkeit - ohne den Brennstoffhandel - zu beurteilen wäre die Klägerin nicht gewerbesteuerpflichtig.
Für die Entscheidung über die Anwendbarkeit der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kommt es deshalb darauf an, ob der Brennstoffhandel für sich gesehen eine gewerbliche Tätigkeit darstellt. Diese Frage kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG nicht abschließend entschieden werden. Zwar sind die Einwendungen der Klägerin dagegen, daß es schon an einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr fehle, weil die Brennstoffe nur an einen engen Kreis nahestehender Unternehmen geliefert worden seien, unzutreffend. Eine solche Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr könnte sogar dann schon bejaht werden, wenn es sich nur um einen einzigen Kunden gehandelt hätte. Zweifelhaft dagegen ist das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht i. S. des § 1 GewStDV. In diesem Punkte hat das FG den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Es hat lediglich auf die erzielten Roherträge abgestellt und nicht untersucht, ob die Klägerin mit diesen Roherträgen Reingewinn erwirtschaftet hat und ob die Klägerin aufs ganze gesehen, d. h. über einen längeren Zeitraum hinweg, überhaupt die Absicht einer Gewinnerzielung hatte. Die Klägerin hat dazu rechtserhebliche Tatsachen vorgetragen. Das FG durfte nicht dahingestellt lassen, ob und in welchem Umfange die Klägerin als Brennstoffstreckenhändlerin Vorteile aus ihren Bezugsmöglichkeiten gezogen hat. Dafür, daß die Klägerin diese Geschäfte, die im Rahmen des Gesamtunternehmens offenbar zuvor nicht besonders ins Gewicht fielen, mit Gewinnerzielungsabsicht getätigt haben könnte, spricht - entgegen der Ansicht der Klägerin - möglicherweise gerade die Tatsache, daß die Klägerin den Handel mit Brennstoffen zu dem Zwecke unterhalten hat, um die Eintragung in das Handelsregister und damit die beschränkte Haftung für ihren Kommanditisten zu bewirken. Denn die Registereintragung setzt handelsrechtlich eine mit Gewinnabsicht betriebene Tätigkeit voraus (vgl. Baumbach-Duden, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 22. Aufl., Anm. 1 B zu § 1 HGB).
Die Sache ist nicht spruchreif. Die Vorentscheidung muß aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen werden, damit dieses aufgrund einer erneuten Prüfung des Sachverhalts entscheide, ob der Brennstoffhandel im Sinne der Ausführungen zu 1. ein bloßes Nebengeschäft im Dienste der Grundstücksverwaltung darstellte und, bejahendenfalls, ob die Klägerin mit Gewinnerzielungsabsicht tätig war.
Fundstellen
Haufe-Index 72447 |
BStBl II 1977, 776 |
BFHE 1978, 531 |