Leitsatz (amtlich)
1. Hat eine Personengesellschaft gegen die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens geklagt, ohne durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten zu sein, so wird das anhängige Verfahren dadurch unterbrochen, daß die Personengesellschaft auf eine GmbH umgewandelt wird.
2. Zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens sind die GmbH (hinsichtlich der Auswirkungen auf die Gewerbekapitalsteuer) und die Gesellschafter der umgewandelten Personengesellschaft berechtigt und verpflichtet, in deren Interesse die Personengesellschaft bei der Erhebung der Klage auch gehandelt hat.
Orientierungssatz
Eine nach Klageerhebung voll beendete Personengesellschaft (hier: durch Umwandlung in eine GmbH) ist in einem Verfahren wegen Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens nicht mehr Verfahrensbeteiligte (Abweichung vom BFH-Urteil vom 19.5.1983 IV R 125/82).
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1 Nr. 3; ZPO § 239; FGO §§ 57, 155
Tatbestand
Gegen die ursprüngliche Klägerin, eine GmbH & Co. KG (KG), erließ das beklagte Finanzamt (FA) am 10.August 1977 einen Bescheid, durch den es den Einheitswert ihres Betriebsvermögens auf den 1.Januar 1969 im Änderungswege auf ... DM feststellte. Die KG hat gegen diesen Bescheid Sprungklage erhoben und beantragt, den Einheitswert herabzusetzen. Sie wurde nicht durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten.
Während des Klageverfahrens ist die KG zum 1.Januar 1978 nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes (UmwG) in die A GmbH umgewandelt worden, die das Finanzgericht (FG) nunmehr als Klägerin behandelte.
Das FG hat der Klage im wesentlichen stattgegeben und den Einheitswert auf ... DM herabgesetzt, wobei es den Minderbetrag von dem Anteil von zwei Gesellschaftern der KG an dem Einheitswert des Betriebsvermögens kürzte.
Das FA hat Revision eingelegt und beantragt, das Urteil des FG zum Teil aufzuheben.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG hat nicht beachtet, daß das Klageverfahren durch die Umwandlung der KG in eine GmbH in entsprechender Anwendung des § 239 der Zivilprozeßordnung --ZPO-- (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 46.Aufl., § 239 Anm.2) unterbrochen worden ist und die von ihm als alleinige Rechtsnachfolgerin der KG behandelte GmbH nicht berechtigt war, den von der KG eingeleiteten Prozeß auch im Vermögensteuerinteresse der Gesellschafter der KG fortzuführen. Insoweit fehlte der GmbH die Klagebefugnis. Zur Fortführung des Prozesses waren insoweit nur die Gesellschafter der KG berechtigt, in deren Interesse diese ihre Klage erhoben hatte. Dieser Mangel des finanzgerichtlichen Verfahrens ist von Amts wegen zu beachten.
1. Die KG führte den Prozeß teils im eigenen Interesse (im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Gewerbekapitalsteuer), teils im Vermögensteuerinteresse ihrer Gesellschafter in gesetzlich geregelter Prozeßstandschaft (§ 48 Abs.1 Nr.3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Da sie nicht durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten war, trat mit ihrer Vollbeendigung infolge ihrer Umwandlung in eine GmbH eine Unterbrechung des Klageverfahrens gemäß § 155 FGO i.V.m. § 239 ZPO ein. Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn infolge Umwandlung eine Gesamtrechtsnachfolge eintritt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., Anm.2 A).
Entgegen der Auffassung des IV.Senats (vgl. sein Urteil vom 19.Mai 1983 IV R 125/82, BFHE 139, 1, BStBl II 1984, 15) war die KG nach ihrer Vollbeendigung nicht mehr Verfahrensbeteiligte. Einer Anrufung des Großen Senats wegen dieser Frage bedarf es aber nicht, da der IV.Senat gegenüber dem VIII.Senat im Hinblick auf eine Klage derselben Klägerin wie im vorliegenden Verfahren wegen Gewinnfeststellung (VIII R 90/84) der Abweichung zugestimmt hat. Der erkennende Senat weicht deshalb nicht mehr von der Rechtsprechung des IV.Senats ab.
2. Zur Aufnahme des durch die Umwandlung unterbrochenen Verfahrens war die vom FG nunmehr als Klägerin behandelte GmbH, auf die die KG umgewandelt worden war, nur insoweit berechtigt und verpflichtet, als letztere im eigenen Interesse geklagt hatte. Soweit sie im Vermögensteuerinteresse ihrer Gesellschafter gemäß § 48 Abs.1 Nr.3 FGO geklagt hatte, ging diese Klagebefugnis nicht auf die GmbH über. Die Prozeßstandschaft erlosch vielmehr endgültig. Insoweit ist die Rechtslage keine andere als bei einem Streit um die einheitliche Gewinnfeststellung (vgl. hierzu das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19.November 1985 VIII R 25/85, BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520).
Das Erlöschen der Prozeßstandschaft aus § 48 Abs.1 Nr.3 FGO ist wie ein Fall des § 239 ZPO zu behandeln (vgl. hierzu auch das Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 10.Februar 1982 VIII ZR 158/80, BGHZ 83, 102, 104). Das bedeutet, daß zur Fortführung des Prozesses insoweit, als der strittige Einheitswert Auswirkungen auf die Vermögensteuer der Gesellschafter hat, allein die Gesellschafter der KG befugt sind, in deren Interesse die KG seinerzeit die Klage erhoben hat.
3. Es ist nicht möglich, über die anhängige Sache bereits jetzt materiell zu entscheiden, soweit der strittige Einheitswert des Betriebsvermögens Auswirkungen auf die Gewerbekapitalsteuer hat; hierfür ist zwar die GmbH zu Recht als Rechtsnachfolgerin der KG behandelt worden. Ein derartiges Vorgehen verstieße jedoch gegen den Grundsatz, daß eine gesonderte Feststellung, die gegenüber mehreren Personen ergeht, einheitlich vorgenommen werden muß (vgl. § 215 der Reichsabgabenordnung --AO--, § 179 Abs.2 Satz 2 der Abgabenordnung --AO 1977--).
4. Das FG hat darauf hinzuwirken, daß das Klageverfahren auch durch diejenigen Gesellschafter der KG fortgeführt wird, in deren Interesse die KG aufgrund des § 48 Abs.1 Nr.3 FGO seinerzeit Klage erhoben hat (vgl. § 239 Abs.2, 3 ZPO; BFH-Urteil vom 2.Oktober 1986 V R 99/78, BFHE 148, 184, BStBl II 1987, 147).
Fundstellen
Haufe-Index 62279 |
BStBl II 1988, 681 |
BFHE 153, 208 |
BFHE 1989, 208 |
DB 1988, 1684-1684 (ST) |
HFR 1988, 521 (LT1-2) |