Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Ermäßigung oder Erhöhung der Bewertung wegen des baulichen Zustandes eines Gebäudes.
Die Höhe der Wiederherstellungskosten des Gebäudes ist nicht unbedingt entscheidend für die Bemessung der Ermäßigung.
Normenkette
BewDV § 37; BewG § 82
Tatbestand
Der Streit geht um die Fortschreibung des Einheitswerts zum 1. Januar 1950 für das Mietwohngrundstück ..... Straße ... in Berlin.
Der Einheitswert 1935 des Grundstücks betrug 140.700 RM. Im Kriege wurde das Gebäude des Grundstücks beschädigt. Die Fortschreibung des Einheitswerts zum 1. Januar 1946 ergab 102.000 RM. Zum 1. Januar 1950 wurde, da sich bis dahin die Jahresrohmiete erhöht und der Bauschaden verringert hatte, der Einheitswert auf 121.000 DM erhöht. Hierbei erkannte das Finanzamt die noch vorhandenen Bauschäden mit 8 v. H. des Gebäudewertes an, kürzte jedoch den Abschlag um 20 v. H. der Jahresrohmiete, so daß sich nur ein tatsächlicher Abschlag von 3 v. H. vom anteiligen Gebäudewert ergab. Im Einspruch wurden höhere Bauschäden sowie Schwammbefall geltend gemacht; außerdem wurde die Zulässigkeit der Kürzung des Abschlags um 20 v. H. der Jahresrohmiete bestritten. Der Einspruch hatte aber insoweit Erfolg, als das Finanzamt zum Abschlag von 8 v. H. wegen Bauschäden noch einen Abschlag von 3 v. H. wegen Schwammbefalls (zusammen also 11 v. H. Abschlag) anerkannte; die Kürzung des Abschlags um 20 v. H. der Jahresrohmiete auf nunmehr 5 v. H. (statt 3 v. H. bisher) wurde aufrechterhalten.
In der Berufung wurde erneut geltend gemacht, daß der Abschlag mit 11 v. H. vom Gebäudewert zu gering bemessen sei und die vorgenommene Kürzung des Abschlags gegen § 37 der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV) verstoße. Die Berufung hatte insoweit Erfolg, als der Abschlag von 11 v. H. wegen des Schwammbefalls um 2 v. H. auf insgesamt 13 v. H. erhöht wurde. Die Kürzung des Abschlags um 20 v. H. einer Jahresrohmiete auf nunmehr 7 v. H. (statt bisher 5 v. H.) wurde auch von der Vorinstanz beibehalten. So ergab sich ein Einheitswert von 116.000 DM.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) wird auf wesentlichen Verfahrensmangel (ungenügende Sachaufklärung) und Nichtanwendung bzw. unrichtige Anwendung des § 37 Abs. 3 BewDV gestützt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Die Vorinstanz hat, da die Höhe des noch bestehenden Schadensumfangs bestritten war, zwecks weiterer Aufklärung des Sachverhalts ein Gutachten der Baugruppe der Abteilung "Sondervermögens- und Bauverwaltung" beim Senator für Finanzen über das Ausmaß der baulichen Mängel am 1. Januar 1950 eingeholt. Es ist nicht zu beanstanden, daß das Verwaltungsgericht diesem Gutachten, das einen Schadensgrad von 13 v. H. (8 v. H. für Gebäudeschaden und 5 v. H. für Schwammbefall) ermittelt hat, gefolgt ist. Soweit sich die Rb. gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wendet, kann sie nach § 288 der Reichsabgabenordnung (AO) nicht zum Zuge kommen. Auch das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels kann nicht anerkannt werden. Wenn das Verwaltungsgericht bei der Schadensermittlung unter Berufung auf das eingeholte Gutachten amtliche Richtzahlen über die Wertanteile der einzelnen Gebäudeteile verwendet hat, so ist das unbedenklich, da derartigen, auf eingehende Ermittlungen und Gutachten von Sachverständigen beruhenden Richtzahlen in der Tat erhebliche tatsächliche Bedeutung zukommt. Darauf, ob in anderen Fällen von der Verwendung der erwähnten Richtzahlen Abstand genommen und der Schadensgrad auf andere Weise errechnet worden ist, kommt es nicht an.
Nach den Feststellungen der Vorinstanz ist bei der Festsetzung der Vervielfältiger anläßlich der letzten Hauptfeststellung der Einheitswerte zum 1. Januar 1935 bereits ein laufender Reparaturaufwand von 20 v. H. der Jahresrohmiete berücksichtigt worden. Die Vorinstanz ist der Auffassung, daß dieser Umstand bei der Entscheidung der Frage, ob der sich aus dem Vielfachen der Jahresrohmiete ergebende Wert eines Grundstücks zu ermäßigen oder zu erhöhen sei, berücksichtigt werden müsse (ß 37 BewDV). Dieser Auffassung, die keinen Rechtsirrtum erkennen läßt, tritt der Senat bei. Auch eine irrtümliche Auslegung des § 37 Abs. 3 BewDV über das Ausmaß der Ermäßigung oder Erhöhung der Bewertung durch die Vorinstanz liegt nicht vor. Gemäß § 37 Abs. 3 a. a. O. richtet sich das Ausmaß der Ermäßigung des Wertes eines Grundstücks, z. B. wegen seines baulichen Zustands, nach der Bedeutung, die dem besonderen Umstand bei einem Verkauf des Grundstücks nach Lage des Grundstücksmarktes beigemessen werden würde. Nach Auffassung der Beschwerdeführer hat das angefochtene Urteil die Auswirkung der baulichen Schäden auf einen im Jahre 1935 erzielbaren Kaufpreis zu Unrecht außer acht gelassen und ohne zureichenden Grund die von der Sondervermögens- und Bauverwaltung nach dem angenommenen Schadensgrad berechnete Minderung des Gebäudewertanteils der nach § 37 Abs. 3 a. a. O. zu gewährenden Ermäßigung gleichgesetzt. Der Senat vermag nicht zuzugeben, daß die von dem angefochtenen Urteil vorgenommene Schadensermittlung und die darauf beruhende Ermäßigung der vervielfältigten Jahresrohmiete einen Verstoß gegen § 37 Abs. 3 a. a. O. darstellt. Die Vorbehörden haben eingehende Ermittlungen über den baulichen Zustand des durch Vermietung genutzten Gebäudes bzw. Gebäudeanteils vorgenommen. Wenn sie daraufhin nach mehrfacher Prüfung durch Sachverständige bestimmte Abschläge vom Vielfachen der Jahresrohmiete vorgenommen haben, so kann die Rechtmäßigkeit dieser Abschläge nicht mit der Behauptung erschüttert werden, daß der Geldaufwand für Beseitigung der fraglichen Schäden nach Bauindexzahlen für 1935 höher sei als die gewährten Abschläge. Daß die Höhe der Wiederherstellungskosten nicht unbedingt entscheidend für die Bemessung der Ermäßigung nach § 37 Abs. 3 a. a. O. ist, ergibt sich schon aus der Begrenzung der Ermäßigung auf höchstens 30 v. H. des Vielfachen der Jahresrohmiete. Im übrigen handelt es sich bei der Ermittlung des Ausmaßes der Ermäßigung nach § 37 Abs. 3 a. a. O. weitgehend um Schätzung. Schätzungen sind tatsächliche Feststellungen, die in der Rb. nur aus den im § 288 AO angeführten Gründen angegriffen werden können. Solche Gründe liegen im Streitfall nicht vor. Damit sind die von der Vorinstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen selbst dann bindend, wenn etwa auch eine anderweitige Schätzung der Abschläge denkbar gewesen wäre.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 307 AO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist bei der Feststellung eines Einheitswerts für ein Grundstück (Grundvermögen) der Wert des Streitgegenstandes auf 40 v. T. des streitigen Wertunterschieds zu bemessen. Das haben die Vorinstanzen nicht beachtet.
Fundstellen
Haufe-Index 424098 |
BStBl III 1957, 1 |
BFHE 1957, 1 |
BFHE 64, 1 |