Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Versicherungsnehmer muß bei der im Rahmen seines Gewerbebetriebs abgeschlossenen Unfallversicherung mit Rückgewähr der Bruttoprämie den in der Bruttoprämie enthaltenen Sparanteil aktivieren, der dem von dem Versicherungsunternehmen auf den Bilanzstichtag berechneten Deckungskapital entspricht. Der Ansatz des niedrigeren Rückkaufswerts kommt nur dann in Frage, wenn mit der Auflösung des Vertrages ernsthaft gerechnet werden muß.
Normenkette
EStG § § 5, 6/1/2/1, § 6/1/2/2
Tatbestand
Streitig ist, mit welchem Betrag die Offene Handelsgesellschaft die von ihr für ihre Arbeitnehmer im Dezember 1954 abgeschlossene Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr in der Bilanz vom 31. Dezember 1954 zu aktivieren hat.
Die OHG versicherte am 15. Dezember 1954 ihre Arbeitnehmer zunächst auf die Dauer von fünf Jahren gegen Tod und Invalidität auf Grund von Betriebsunfällen. Die Prämie für die Zeit vom 15. Dezember 1952 bis 15. Dezember 1955 betrug einschließlich der Versicherungsteuer 92 087 DM. Diese Prämie und die weiteren Jahresprämien bis zur Kündigung des Vertrages erhält die OHG vereinbarungsgemäß nach Ablauf von 14 Jahren, also erstmals am 15. Dezember 1966, in voller Höhe zurück.
Die OHG aktivierte in der Bilanz vom 31. Dezember 1954 den Rückkaufswert der Versicherung, den sie auf 45 052 DM berechnete, und behandelte damit den Unterschiedsbetrag zu 92 087 DM, nämlich 47 035 DM, als Aufwand des Jahres 1954.
Demgegenüber vertrat das Finanzamt die Auffassung, daß die OHG das höhere Deckungskapital des Versicherers am 31. Dezember 1954 zu aktivieren habe. Das seien 60 070 DM. Daraus ergebe sich für 1954 nur eine Gewinnminderung von 32 017 DM.
Die Sprungberufung der OHG hatte Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts hat die OHG ihren Vertragsanspruch nur mit dem Versicherer vereinbarten Ablösungswert in der Bilanz anzusetzen. Denn die OHG habe nicht mehr erworben, als der Versicherer jederzeit zu zahlen bereit sei. Wenn die OHG aus finanziellen Gründen gezwungen wäre, vor dem 15. Dezember 1966 die Rückgewähr der eingezahlten Prämie zu fordern, so würde sie nicht das Deckungskapital, sondern nur den Rückkaufswert erhalten. Nur diesen Betrag würde vermutlich der Erwerber des ganzen Betriebes für die Versicherung zu zahlen bereit sein.
In seiner Rb. schloß sich der Vorsteher des Finanzamts der Auffassung des am Verfahren beteiligten Bundesministers der Finanzen an und verlangte die Aktivierung des sich am 31. Dezember 1954 ergebenden ungezillmerten Deckungskapitals und die zeitanteilige Verteilung der Risiko- und Kostenprämie.
Der Bundesminister der Finanzen führt im wesentlichen folgendes aus:
"Bei einer Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr ist der Versicherungsnehmer wie bei einer normalen Unfallversicherung gegen Unfallschäden versichert. Er erhält jedoch nach einer beim Vertragsabschluß festgelegten Zeit, die mit der Laufzeit der Versicherung (Unfallschutz) übereinstimmen oder von ihr abweichen kann, oder beim Tod der versicherten Person die eingezahlten Prämien in voller Höhe unabhängig davon zurück, ob und in welcher Höhe Versicherungsleistungen wegen eines Unfalls gewährt worden sind. Die Versicherungsgesellschaft muß ihre Versicherungsleistungen und Unkosten aus dem Zinsertrag decken, den sie aus der Anlage der Prämieneinnahmen erzielt. Sie muß also die Höhe der Prämien so kalkulieren, daß aus deren Zinserträgen die voraussichtlichen Versicherungsleistungen sowie die Verwaltungskosten gedeckt werden können. Die Höhe der Prämien richtet sich nach dem Alter der Person, auf deren Leben die Rückgewähr der Prämien abgestellt ist, und nach dem Zeitraum, nach dessen Ablauf die Prämien spätestens zurückzuzahlen sind. Die Prämien mit Rückgewähr werden aus den normalen Unfallversicherungsprämien (ohne Prämienrückgewähr) durch Vervielfachung mit einem bestimmten Faktor abgeleitet. Sie betragen im Durchschnitt das Dreifache der normalen Unfallversicherungsprämien. Die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr gleicht äußerlich betrachtet einer Darlehnsgewährung, verbunden mit einer Risikoversicherung. Diese Aufspaltung der Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr in einen Darlehnsvorgang und einen Versicherungsvorgang wird jedoch den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr ist nach ihrem Aufbau und ihrer Kalkulation als ein einheitliches Rechtsgeschäft, und zwar als ein Versicherungsgeschäft, anzusehen. Das Sparelement des Vertrags, das in der Verpflichtung zur Prämienrückgewähr liegt, kann nicht von dem Risikoelement (Unfallversicherung) getrennt betrachtet werden. Die Versicherungsgesellschaft erhebt auch bei der Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr ebenso wie bei der Lebensversicherung, die sich auch aus einem Sparelement und einem Risikoelement zusammensetzt, eine feste einheitliche Prämie. Die von dem Versicherungsnehmer zu zahlende Bruttoprämie setzt sich kalkulatorisch zusammen aus der Sparprämie, deren verzinsliche Ansammlung das Deckungskapital ergibt, aus der Risikoprämie, die zur Deckung der im laufenden Versicherungsjahr eintretenden Versicherungsfälle benötigt wird, aus der Kostenprämie, aus der die einmaligen und die laufenden Kosten zu bestreiten sind (Abschlußkosten, Inkassokosten, Verwaltungskosten), und aus den Sicherheitszuschlägen zum Ausgleich unvorhergesehener Abweichungen zwischen den kalkulierten und dem tatsächlichen Kapitalbedarf zur Erfüllung des Versicherungsvertrags. Die Risikoprämie, die Kostenprämie und die Sicherheitszuschläge gelten mit Ablauf des Versicherungsjahrs, für das sie bezahlt werden, als verbraucht. Soweit die Versicherungsgesellschaft Ersparnisse macht, kann sie diese dem Versicherungsnehmer in Form der Beitragsrückerstattung oder der Gewinnbeteiligung zuwenden. Diese Prämienteile stellen danach für den Versicherungsnehmer echten Aufwand des Versicherungsjahrs dar. Anders verhält es sich mit der Sparprämie. Die Sparprämie bleibt dem Versicherungsnehmer grundsätzlich erhalten. Sie wird von der Versicherungsgesellschaft nach Maßgabe des Geschäftsplans verzinslich angesammelt. Diese Ansammlung ergibt das geschäftsplanmäßige Deckungskapital (Prämienreserve), das die Versicherungsgesellschaft in ihrer Bilanz passivieren muß. Der bei der Bildung des Deckungskapitals maßgebende Rechnungszinsfuß muß nach § 11 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) im Geschäftsplan festgelegt werden. Die Versicherungsgesellschaften belasten in ihrer Buchführung den Versicherungsnehmer mit den Kosten, die beim Abschluß des Versicherungsvertrags entstanden sind. Geschieht das sofort bei Beginn der Versicherung in voller Höhe, so wird das Deckungskapital um diese Kosten gemindert (gezillmertes Deckungskapital).
Der Versicherungsabschluß ist im vorliegenden Fall ein betrieblicher Vorgang. Die Versicherungsprämien sind Betriebsausgaben. Sie sind jedoch insoweit nicht sofort abzugsfähig, als durch die Prämienzahlung ein Wirtschaftsgut geschaffen wird oder die Prämien nicht Aufwand des Jahres der Zahlung sind. Es ist zu prüfen, inwieweit die Prämien im Sinn der periodengerechten Gewinnermittlung Aufwand des Jahrs der Zahlung darstellen und inwieweit sie abgegrenzt (aktiviert) werden müssen. Wie schon dargelegt, sind die Risikoteile und die Kostenteile der Prämie regelmäßig verlorener Aufwand des Versicherungsjahrs, für das die Prämie gezahlt wird, da der Versicherungsnehmer dafür als Gegenwert nur den Versicherungsschutz für das jeweilige Versicherungsjahr erwirbt und dieser Gegenwert mit Ablauf des Jahrs verbraucht ist. Dagegen wird durch den Sparanteil der Prämie (Sparprämie) ein Vermögenswert geschaffen, der sich laufend erhöht. Dieser Vermögenswert findet seinen zutreffenden wertmäßigen Ausdruck in dem von der Versicherungsgesellschaft zu passivierenden Deckungskapital (Prämienreserve). Das Deckungskapital weist in der Bilanz der Versicherungsgesellschaft die Verpflichtung gegenüber dem Versicherungsnehmer auf Rückzahlung der einbezahlten Prämien aus. Nach § 176 Abs. 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) hat der Versicherungsnehmer bei einer Kapitalversicherung, bei der die Zahlung eines vereinbarten Kapitals gewiß ist, im Fall der Kündigung einen Anspruch auf Erstattung der auf die Versicherung entfallenden Prämienreserve (auch Deckungskapital genannt - § 11 Abs. 1 Satz 1 VAG). Die Versicherungsgesellschaft kann dabei von dem Deckungskapital einen angemessenen Abzug vornehmen (ß 176 Abs. 4 Satz 1 VVG), der zu dem sogenannten Rückkaufswert führt.
Der Auffassung des Finanzgerichts, daß auf Grund des Urteils des Reichsfinanzhofs VI A 293/28 vom 25. April 1928, RStBl 1928 S. 280, nur der Rückkaufswert zu aktivieren sei, kann nicht zugestimmt werden. Der Reichsfinanzhof hat die Bewertung mit dem Rückkaufswert nur aus der Erwägung zugelassen, daß " es immerhin im Einzelfall zweifelhaft sein könne, ob die Fortsetzung des Vertrags vorteilhaft erscheine". Anschließend hat aber der Reichsfinanzhof darauf hingewiesen, gegen die Bewertung mit dem Rückkaufswert könne geltend gemacht werden, daß der Versicherungsnehmer diesen Betrag nur bei vorzeitiger Lösung des Vertragsverhältnisses erhalte und daß, wer von einem Vertrag zurücktrete, regelmäßig einen Schaden erleide. Daher könne auch gegen eine höhere Bewertung des Werts der Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis nichts eingewendet werden. Nach den Grundsätzen, die für die Berechnung des Teilwerts gelten, muß davon ausgegangen werden, daß ein am Bilanzstichtag bestehendes Vertragsverhältnis keine wirtschaftliche Fehldisposition darstellt und daher auch von einem Erwerber des Unternehmens fortgesetzt wird. Wird ein Vertrag gekündigt und ergibt sich dabei durch einen niedrigeren Ablösungsbetrag ein Verlust, so ist dieser Verlust dem Wirtschaftsjahr zuzurechnen, in dem der Vertrag gekündigt wird. Die Vertragskündigung und ihre Folgen stellen einen Geschäftsvorfall des Wirtschaftsjahrs der Kündigung dar. Deshalb ist der Anspruch des Versicherungsnehmers aus dem nicht gekündigten Vertrag regelmäßig ungemindert in Höhe des versicherungsmäßigen Deckungskapitals, das sich für den jeweiligen Bilanzstichtag ergibt, auszuweisen. Die Aktivierung des jeweiligen Deckungskapitals bedeutet stets die richtige Erfolgsabgrenzung. Das gilt nicht nur für die Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr, sondern auch für alle anderen Versicherungen, bei denen die Prämien nicht sofort als Aufwand verbraucht werden (z. B. Teilhaberversicherung, Rückdeckungsversicherung). Mit der Aktivierung des Deckungskapitals erledigt sich auch die Frage nach dem "richtigen" Rechnungszinsfuß. Der Rechnungszinsfuß gehört zu den allgemeinen Versicherungsbedingungen, die im Geschäftsplan der Versicherungsgesellschaft für die jeweilige Versicherungsart festgelegt sind (ß 11 Abs. 1 Satz 1 VAG). Es kann für die Berechnung der Prämien und für die Berechnung des Deckungskapitals nur der gleiche Zinsfuß angesetzt werden. Auch wenn man für die Erfolgsabgrenzung von einer Abzinsung der Prämien ausgehen würde, könnte dabei nur der jeweilige geschäftsplanmäßige Rechnungszinsfuß, den das Versicherungsunternehmen bei der Errechnung des Deckungskapitals (Prämienreserve) verwendet, zugrunde gelegt werden. Dies verlangt der durch den einheitlichen Vertrag gegebene wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem unterstellten Darlehnsverhältnis und dem Versicherungsschutz. Bei der Aktivierung des Deckungskapitals ist von dem ungezillmerten Deckungskapital auszugehen. Der Ansatz des gezillmerten Deckungskapitals würde dazu führen, daß der Versicherungsnehmer mit dem Aufwand für die Abschlußkosten allein nur das erste oder die ersten Wirtschaftsjahre belastet, obwohl er die Kosten für den Erwerb des Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag aufwandsmäßig auf die gesamte Laufzeit des Vertrags zu verteilen hat. Der Versicherungsnehmer darf deshalb nicht nur das gezillmerte, sondern muß das ungezillmerte Deckungskapital als Gegenposten zu der als Aufwand verbuchten Bruttoprämie aktivieren.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist begründet.
Läßt man zunächst den hier vorliegenden Sondertatbestand, nämlich die Rückdatierung des Versicherungsvertrags und den Beginn des Versicherungsjahrs einen halben Monat vor Ablauf des Wirtschaftsjahrs der OHG, außer Betracht, so besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber, daß der Versicherungsnehmer die in der Bruttoprämie enthaltene Sparprämie, das heißt den Betrag, der unter Berücksichtigung von Zinsen und Zinseszinsen bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung die Bruttoprämie ergibt, nicht als betrieblichen Aufwand verbuchen darf, weil er insoweit ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut im Sinn des § 6 Abs. 1 Ziff. 1 EStG erwirbt. Meinungsverschiedenheiten bestehen bei den Beteiligten darüber, ob das gezillmerte oder das ungezillmerte und das im Fall der Kündigung durch einen angemessenen Abschlag nach § 176 Abs. 4 Satz 4 VVG gekürzte Deckungskapital (Rückkaufswert) zu aktivieren ist.
Was die Zillmerung, das heißt die sofortige Kürzung des angesparten Kapitals (Deckungskapital) um bestimmte vom Versicherungsnehmer zu tragende Abschlußkosten, anlangt, braucht sich der Senat im vorliegenden Fall mit den Einzelheiten des damit aufgeworfenen Problems nicht zu befassen und besonders nicht zu der Frage Stellung zu nehmen, welche Gesichtspunkte bei den verschiedenen Arten von Versicherungsverträgen für die Entscheidung Bedeutung gewinnen können. Denn es ist unstreitig, daß das Versicherungsunternehmen die Ansammlung eines nicht gezillmerten Deckungskapitals mit der OHG vereinbarte, daß die OHG also auch die Abschlußkosten durch die in den Bruttojahresprämien enthaltenen Kostenprämien gleichmäßig und anteilig zu erstatten hatte. Der Senat kann sich hier auf den Hinweis beschränken, daß bei einem auf mehrere Jahre laufenden gegenseitigen Vertrag von einem Vertragsteil vorausgezahlte Kosten nach allgemeinen steuerlichen Bilanzierungsgrundsätzen auf die Laufzeit des Vertrags zu verteilen sind und daß im einzelnen Fall besondere Gründe, z. B. sehr lange Laufzeit des Vertrags und dadurch bedingte Ungewißheit der künftigen Entwicklung oder ungewöhnliche Komplizierung der Berechnung bei einem nicht ins Gewicht fallenden Abgrenzungsvorgang, vorliegen müssen, wenn von dieser Aufwandsverteilung abgesehen werden soll.
Der Senat schließt sich der Auffassung des Bundesministers der Finanzen an, daß die aus der Ausgliederung des Sparvorgangs sich ergebende Pflicht des Versicherungsnehmers zur Aktivierung eines dem Deckungskapital entsprechenden Betrags sich auf das volle Deckungskapital und nicht auf den sogenannten Rückkaufswert bezieht. Der Anspruch eines Versicherungsnehmers auf Zahlung eines bestimmten Kapitals (Bruttoprämie) muß mit den vom Versicherungsnehmer aufgewendeten Anschaffungskosten, also mit den dem vollen Deckungskapital entsprechenden Prämien, aktiviert werden. Denn auch der sich auf den Sparvorgang richtende Teil des gegenseitigen Vertrages ist solange ausgeglichen, als nicht mit einer vorzeitigen Kündigung gerechnet werden muß. Ein niedrigerer Ansatz (niedrigerer Teilwert) ist nur dann möglich, wenn ein Erwerber des ganzen Betriebs des Versicherungsnehmers im Rahmen des Gesamtkaufpreises für dieses Wirtschaftsgut einen niedrigeren Betrag als die Anschaffungskosten ansetzen würde (ß 6 Abs. 1 Ziff. 1 EStG). Dabei muß ein Erwerber unterstellt werden, der das gesamte Unternehmen, also einschließlich des laufenden Versicherungsvertrags, zu kaufen bereit ist. Wenn das Finanzgericht und die OHG den Ansatz des Rückkaufswerts damit rechtfertigen wollen, daß der Betriebserwerber möglicherweise über die betriebliche Zweckmäßigkeit des Versicherungsvertrags eine andere Vorstellung habe als der Veräußerer und daß er dann nur den Betrag zahlen würde, den er bei Auflösung des Vertrags erhalte, so gehen sie von der rechtlich unzutreffenden Unterstellung aus, daß der Betriebserwerber das Unternehmen ohne den Versicherungsvertrag erwirbt, und sie ermitteln damit nicht den Teilwert, sondern den Einzelveräußerungspreis des durch den Vertrag entstandenen Wirtschaftsguts. Wenn der von dem unterstellten Betriebsveräußerer abgeschlossene Vertrag allen betrieblichen Erwartungen gerecht wird und von einer Fehlmaßnahme keine Rede ist, so kann eine Teilwertabschreibung nicht deshalb zulässig sein, weil ein anderer Kaufmann, nämlich der unterstellte Erwerber, möglicherweise den Vertrag nicht geschlossen hätte und ihn auch nicht fortsetzen würde. Denn eine Teilwertabschreibung rechtfertigende Fehlmaßnahme setzt in der Regel den Nachweis voraus, daß die zum Vertragsabschluß führenden betrieblichen Erwägungen auf anderen als den tatsächlich vorliegenden oder später eintretenden Voraussetzungen beruhten und daß der Kaufmann, hätte er seinen Irrtum erkannt, den Vertrag nicht abgeschlossen hätte. Der Ansatz des Rückkaufswerts kann nur in den Ausnahmefällen gerechtfertigt sein, in denen bereits der am Bilanzstichtag gegebene Sachverhalt die Voraussetzungen für die spätere Kündigung des Vertrages umfaßt.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß die OHG den durch die Prämienzahlung von 87 702 DM (92 097 DM minus Versicherungsteuer) geschaffenen Anspruch insoweit aktivieren muß, als er dem auf den 31. Dezember 1954 berechneten Deckungskapital entspricht. Von dem vom Versicherungsunternehmen auf den 14. Dezember 1954 berechneten Deckungskapital darf deshalb nicht ausgegangen werden, weil es nicht alle bis zum Bilanzstichtag (31. Dezember 1954) gezahlten Prämien berücksichtigt. Legt die OHG das nach dem Bilanzstichtag erstmals berechnete, alle am Bilanzstichtag gezahlten Prämien berücksichtigende Deckungskapital vom 14. Dezember 1955 zugrunde, so ist unter Berücksichtigung der auf die Zeit vom 1. Januar bis 14. Dezember 1955 entfallenden Zinsen eine Abzinsung auf den 31. Dezember 1954 erforderlich.
Der Risiko- und Kostenanteil, der in der auf die Zeit vom 15. Dezember 1954 bis 14. Dezember 1955 entfallenden Jahresprämie von 29 234 DM enthalten ist, ist zeitanteilig auf die Wirtschaftsjahre 1954 und 1955 zu verteilen und entfällt damit nur mit 1/24 auf das am 31. Dezember 1954 endende Wirtschaftsjahr der OHG. Die Risiko- und Kostenanteile der Jahresprämien, die sich infolge der Rückdatierung auf die Versicherungsjahre 1952/1953 und 1953/1954 beziehen, müssen auf die voraussichtliche Laufzeit der Versicherung verteilt werden. Denn da während dieser Zeit kein Versicherungsschutz bestand, diente die Rückdatierung nur der Erzielung günstigerer Prämien für den gesamten Versicherungszeitraum und es kann deshalb unter dem Gesichtspunkt einer zutreffenden Erfolgsabgrenzung nicht gerechtfertigt werden, diesen Aufwand nur dem ersten Versicherungsjahr, in dem ein Versicherungsschutz bestand, zu belasten. Aus den gleichen Erwägungen muß die Versicherungsteuer, die auf die einzelnen Jahresprämien und auf die in ihnen enthaltenen Spar-, Risiko- und Kostenanteile entfällt, in der gleichen Weise verteilt werden wie die Jahresprämien.
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird an das Finanzamt zurückverwiesen, das im Einspruchsverfahren die Erfolgsabgrenzung nach den Ausführungen des Senats berechnen wird. Es bestehen keine Bedenken dagegen, daß das Finanzamt hierbei von einer Dauer des Versicherungsvertrages von fünf Jahren ausgeht.
Fundstellen
BStBl III 1962, 101 |
BFHE 1962, 266 |
BFHE 74, 266 |
BB 1962, 285,326,592 |
DB 1962, 321 |
StRK, EStG:5 R 290 |
NJW 1962, 1079 |
BFH-N, (K) Nr. 898 |
NWB/BBK, F. 17 S.565 |