Leitsatz (amtlich)
Die in § 7b Absätzen 3 und 4 EStG 1961 dem Ersterwerber eines im Rahmen der Kleinsiedlung errichteten Gebäudes, eines Kaufeigenheims oder einer Kaufeigentumswohnung eingeräumte Vergünstigung der Geltendmachung erhöhter Absetzungen kann von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften als Ersterwerbern nicht in Anspruch genommen werden.
Normenkette
EStG 1961 § 7b Abs. 3-4; KStDV § 15; II. WoBauG § 12 Abs. 2
Tatbestand
Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine GmbH, hat im Streitjahr 1963 für ihren geschäftsführenden Gesellschafter eine Eigentumswohnung erworben und in ihrer Körperschaftsteuererklärung 1963 - gemäß dem Prüfungsbericht vom 8. Juni 1964 (S. 7) "trotz der Bestimmungen des § 7b Abs. 4 (EStG) und § 12 II. WoBauG" - unter Bezug auf § 15 KStDV, § 7b EStG die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG geltend gemacht. Der Revisionsbeklagte (das FA) hat die Anwendbarkeit der Vorschrift auf die Steuerpflichtige sowohl im urspünglichen Bescheid vom 22. Oktober 1964 (berichtigt gemäß § 92 Abs. 3 AO a. F. mit Bescheid vom 4. November 1964) als auch in dem zwischenzeitlich gemäß § 222 Abs. 1 AO an seine Stelle getretenen Bescheid vom 4. Dezember 1967 verneint. Auch die Sprungberufung der Steuerpflichtigen blieb ohne Erfolg. Das FG begründet seine Entscheidung wie folgt:
Die Steuerpflichtige sei zwar Ersterwerberin einer Eigentumswohnung, erfülle jedoch als juristische, nichtnatürliche Person nicht die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vom 27. Juni 1956 - II. WoBauG - (BGBl I 1956, 523) und des § 7b Abs. 3 und 4 EStG 1961. Danach sei die Vornahme erhöhter Absetzungen nur dem Ersterwerber einer Kaufeigentumswohnung möglich, eine Kaufeigentumswohnung wiederum aber nur eine Wohnung, die vom Bauherrn zwecks Übertragung an eine natürliche Person geschaffen worden sei. Die Verweisung in § 15 KStDV stehe dem nicht entgegen, da die summarische Verweisung auf die auch bei der Körperschaftsteuerveranlagung anzuwendenden Vorschriften des EStG nicht jeden seiner Natur nach auf Körperschaften nicht anwendbaren Satz auszunehmen brauche. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege in dieser Regelung nicht, da aus der Ungleichheit von natürlichen und juristischen Personen zahlreiche Unterschiede in der Besteuerung folgten, so in Ansehung der streitigen Vorschriften die Beschränkung der Förderung persönliche Eigentumsbildung auf natürliche Personen.
Mit ihrer als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde rügt die Steuerpflichtige Verletzung des Gleichheitssatzes, da die Vorschriften des § 7b Abs. 3 und 4 EStG 1961 mit § 15 KStDV nicht vereinbar seien. Sie hat ferner beantragt, den Berichtigungsbescheid vom 4. Dezember 1967 als den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens anzusehen (§§ 68, 121, 123 FGO).
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
Nach § 7b Abs. 3 EStG 1958 konnten die erhöhten Absetzungen - wenn auch mit Einschränkung - auch vom Ersterwerber eines Gebäudes geltend gemacht werden, das im Rahmen der Kleinsiedlung oder als Kaufeigenheim vom Bauherrn mit der Verpflichtung errichtet worden war, es an natürliche Personen zu Eigentum zu übertragen. Dasselbe galt nach § 7b Abs. 4 EStG 1958 für den Ersterwerber einer Eigentumswohnung im Sinne des Ersten Teiles des Wohnungseigentumsgesetzes, nach § 7b Abs. 4 EStG 1960/1961 - der im Streitfall Anwendung findet - für den Ersterwerber einer Kaufeigentumswohnung im Sinne des § 12 Abs. 2 des II. WoBauG (d. h. einer Wohnung, die von einem Bauherrn mit der Bestimmung geschaffen worden ist, sie einem Bewerber als eigengenutzte Eigentumswohnung zu übertragen). In jeder ihrer Fassungen wurde die Vorschrift dahin verstanden, daß nur natürliche Personen, nicht aber auch Personengesellschaften oder Kapitalgesellschaften als Ersterwerber durch sie begünstigt sein sollten (Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 7 Abs. 5, Anm. 8a Abs. 3, Anm. 16 zu § 7b a. F.; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 8. Aufl., Anm. 89 zu § 7 b).
Wenn § 15 KStDV unter den bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer anzuwendenden Vorschriften auch die Vorschrift des § 7b EStG aufführt, so trifft dies insoweit zu, als auch Kapitalgesellschaften als Bauherrn (auch als Bauherrn von Gebäuden, die im Rahmen der Kleinsiedlung oder als Kaufeigenheime oder Kaufeigentumswohnungen errichtet wurden) die erhöhten Absetzungen nach § 7b EStG in Anspruch nehmen können. Wenn Kapitalgesellschaften - ohne daß dies ausdrücklich gesagt wird - als Ersterwerber unter anderem von Eigentumswohnungen von der Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen ausgeschlossen sind, so folgt dies aus dem Wortlaut und dem Sinngehalt der insgesamt für anwendbar erklärten Vorschrift, die neben der Förderung des Wohnungsbaus insoweit auch der Entwicklung eines modernen Wohnungsrechts Rechnung trägt, und damit zugleich der Förderung der Eigentumsbildung dient.
Die Regelung ist deshalb auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie - nunmehr in der Übernahme der Begriffe des II. WoBauG - die Begünstigung des Ersterwerbers angesichts der mit dem Begriff der Eigentumswohnung verbundenen Eigennutzung durch den Eigentümeroder dessen Angehörige und damit die Förderung der Eigentumsbildung auf natürliche Personen beschränkt. Da Personengesellschaften ebenso wie Kapitalgesellschaften als Ersterwerber einer Kaufeigentumswohnung von der Vergünstigung ausgeschlossen sind, läßt sich aus den von der Steuerpflichtigen angezogenen, im Urteil des BVerfG 1 BvR 845/58 vom 24. Januar 1962 (BStBl I 1962, 500) entwickelten Grundsätzen über die steuerliche Gleichbehandlung personenbezogener und anonymer Kapitalgesellschaften für den Streitfall nichts herleiten. Im übrigen vermag der Senat der Steuerpflichtigen nicht darin zu folgen, daß die in § 7b Abs. 3 und 4 EStG 1955 erstmals ausgesprochene Erweiterung der Anwendbarkeit der Steuervergünstigung in ihrer gleichzeitigen Einschränkung auf natürliche Personen dem ursprünglichen Sinn und Zweck der Vorschrift widerspreche. Da diese Erweiterung der Anwendbarkeit der Steuervergünstigung auf den Ersterwerber ebenso der Anpassung der Vorschrift an das moderne Wohnungsrecht wie der Förderung der privaten Eigentumsbildung dient, ist diese Einschränkung nicht ohne sachlich einleuchtenden Grund (Urteil des BVerfG 2 BvG 1/51 vom 23. Oktober 1951, BVerfGE Bd. 1 S. 14).
Fundstellen
Haufe-Index 68092 |
BStBl II 1968, 584 |
BFHE 1968, 226 |