Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Sind beide Ehegatten Arbeitnehmer und fährt der Ehemann seine Ehefrau von der Wohnung zur Arbeitsstätte, um dann selbst diese Strecke wieder zurück zu seiner Arbeitsstätte zu fahren, so kann jeder Ehegatte den Pauschbetrag des § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV nur für diejenigen km in Anspruch nehmen, die zwischen der Wohnung und seiner eigenen Arbeitsstätte liegen.
Normenkette
LStDV § 20 Abs. 2 Nr. 2; EStG § 9/1/4
Nachgehend
Tatbestand
Die Stpfl. sind Ehegatten. Jeder steht in einem Arbeitsverhältnis. Die Arbeitsstätten liegen vom Wohnort 6 bzw. 12 km entfernt, und zwar in entgegengesetzter Richtung. Um zu den Arbeitsstätten zu gelangen, benutzen die Stpfl. einen eigenen Pkw. Nach der Darstellung der Stpfl. bringt der Ehemann zunächst die Ehefrau an ihre Arbeitsstätte und fährt dann den Weg zurück, um über den Wohnort hinaus zur eigenen Arbeitsstätte zu gelangen; abends wird derselbe Weg in umgekehrter Richtung gefahren.
Bei dem gemeinsamen Lohnsteuerjahresausgleich 1965 machten die Stpfl. den Pauschsatz des § 20 LStDV für 24 km (Ehefrau 6 km, Ehemann 6 + 12 km) täglich geltend. Das FA berücksichtigte aber nur 18 km (die Summe der Entfernungen von 6 und 12 km zu den jeweiligen Arbeitsstätten).
Die Sprungklage hatte in vollem Umfang Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ausdrücklich zugelassene Revision des FA ist begründet.
Mit dem FG ist zwar davon auszugehen, daß es für die Beurteilung des Streitfalles nicht darauf ankommt, ob der von dem Stpfl. benutzte Kraftwagen nur dem Ehemann oder der Ehefrau oder aber beiden gehört. Wenn § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV (§ 26 EStDV 1965) auch die Benutzung eines "eigenen" Kraftwagens voraussetzt, so ist diese Vorschrift bei Ehegatten wegen der zwischen ihnen bestehenden Wirtschaftsgemeinschaft auch dann anwendbar, wenn der für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzte Wagen dem jeweils anderen Ehegatten gehört. Dem FG kann aber nicht auch darin gefolgt werden, daß im Streitfall mehr als 18 km berücksichtigt werden könnten.
Die Regelung des § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV ist, wie der erkennende Senat wiederholt ausgeführt hat, eine typisierende Regelung, die der gerade für das Lohnsteuerverfahren als Massenverfahren erforderlichen Vereinfachung dient und auch aus diesem Zweck heraus zu verstehen und auszulegen ist (vgl. u. a. das Urteil VI 153/64 U vom 9. Juli 1965, BFH 83, 21, BStBl III 1965, 509). Nach dieser Regelung können die Kosten für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei Benutzung eines eigenen Kraftwagens als Werbungskosten nur für diejenigen km geltend gemacht werden, die zwischen Wohnung und Arbeitsstätte liegen. Etwaige Umwege oder sonstige Fahrten bleiben außer Betracht, auch wenn sie mit der Benutzung des Wagens für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zusammenhängen und die für sie geleisteten Aufwendungen danach unter den Werbungskostenbegriff fallen können. Es kann also z. B. nicht berücksichtigt werden, daß der Stpfl. in diesem oder jenem Falle nicht von der Wohnung direkt zur Arbeitsstätte gefahren, sondern zunächst eine nicht auf diesem Weg gelegene Werkstatt oder Tankstelle aufgesucht hat. Im Interesse des Steuerpflichtigen und des FA von Einzelheiten jener Art abzusehen, ist gerade der Sinn der typisierenden Regelung des § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV.
Geht man hiervon aus, so kann auch im Streitfall der Tatsache, daß der Ehemann zunächst seine Ehefrau zu deren Arbeitsstätte gefahren hat und dann wieder zurück zur eigenen Arbeitsstätte gefahren ist, nicht Rechnung getragen werden. Bei ihm können nur die zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstätte liegenden km berücksichtigt werden. Nichts anderes gilt für die Ehefrau. Auch bei ihr können nur die zwischen ihrer Wohnung und ihrer Arbeitsstätte liegenden km angesetzt werden. Daß für sie jeweils zweimal gefahren werden muß, ist ebensowenig von Bedeutung wie etwa in dem Fall, daß ein Arbeitnehmer, weil sein Wagen auch zu Hause gebraucht wird, sich jeweils von einem Angehörigen zur Arbeitsstätte bringen und von dort wieder abholen läßt.
Das angefochtene Urteil ist danach wegen Rechtsirrtums aufzuheben. Die Sache ist nach dem Dargelegten spruchreif. Die Sprungklage gegen den Ablehnungsbescheid des FA ist als unbegründet abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 412605 |
BStBl III 1967, 571 |
BFHE 1967, 189 |
BFHE 89, 189 |