Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Versicherungsverhältnis im Sinne von § 1 Abs. 1 VersStG ist nur das Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer.
Bei der sogenannten echten Gruppenversicherung liegt nur ein Versicherungsverhältnis vor.
VersStG 1937 in der Fassung der Verordnung zur änderung des Versicherungsteuergesetzes vom 31.
Normenkette
VersStG §§ 1, 4 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob bei Gruppenversicherungen, bei denen die Gruppenspitze Versicherungsnehmer und die Gruppenmitglieder Versicherte mit Anspruch auf eine 500 DM nicht übersteigende Versicherungssumme sind, eine Gesamtversicherung mit einer 500 DM übersteigenden Versicherungssumme oder eine Vielzahl von Einzelversicherungen vorliegt, von denen jede unter die Ausnahmevorschrift des § 4 Nr. 2 des Versicherungsteuergesetzes - VersStG - 1937 (Fassung nach der Verordnung zur änderung des Versicherungsteuergesetzes vom 31. August 1944) fallen würde.
Die Bgin., ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, hat in ihr Lebensversicherungsgeschäft auch sogenannte "Vereins-Gruppenversicherungen" (Sterbegeldversicherungen) aufgenommen. Verträge dieser Art schloß sie nicht nur mit rechtsfähigen Vereinen, sondern zum Beispiel auch mit Kreishandwerkerschaften ab.
Der Mustervertrag sieht im einzelnen folgendes vor: Nach § 1 des Vertrages werden mindestens 50/90 v. H. der Mitglieder des Vereins, mindestens aber 100 Personen versichert. Der "Versicherungsnehmer", also der Verein, kann die nach Vertragsabschluß eintretenden Vereinsmitglieder jederzeit mit Wirkung zum Beginn des nächsten Versicherungsjahres zum Gruppenversicherungsvertrag anmelden, sofern die Nachgemeldeten mindestens 50 v. H. der neu eintretenden Vereinsmitglieder ausmachen. Die Aufnahme hängt von dem Ergebnis einer Gesundheitsprüfung ab, es sei denn, daß mindestens 90 v. H. der neu eintretenden Vereinsmitglieder nachgemeldet werden. Die versicherten Personen sind nach § 2 des Vertrages unwiderruflich bezugsberechtigt. Sie erhalten von dem Versicherer durch ihren Verein einen "Versicherungsausweis". Gemäß § 4 des Vertrages beginnt der Versicherungsschutz für neue Mitglieder mit Beginn des nächsten Versicherungsjahres, jedoch nicht vor Zahlung des auf sie entfallenden Beitrages. Die Beiträge hat der Verein in bestimmten Zeitabständen, die von monatlicher bis jährlicher Zahlungsmöglichkeit reichen, zu entrichten. Wird nur ein Teilbetrag gezahlt und gibt der Verein an, für welche versicherten Personen nicht gezahlt worden ist, so beschränken sich laut § 5 des Vertrages die Rechtsfolgen nach § 4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen auf diese Personen. Nach § 6 des Vertrages erlischt beim Ausscheiden aus dem Verein die Beitragspflicht. Die Versicherung wandelt sich in eine beitragsfreie um, wobei den Versicherten innerhalb von drei Monaten die Möglichkeit offensteht, die Versicherung ohne erneute Gesundheitsprüfung als Einzelversicherung zu deren Tarif fortzusetzen.
Jedes einzelne Mitglied des Vereins hat einen Aufnahmeantrag auszufüllen und darin Angaben über die Höhe der im Gruppenvertrag vorgesehenen Versicherungssumme sowie über seinen bisherigen und jetzigen Gesundheitszustand zu machen. Zum Zweck der Nachprüfung seiner Angaben entbindet die zu versichernde Person alle in Betracht kommenden Behörden, Einrichtungen und Personen von ihrer Schweigepflicht über ihren Gesundheitszustand, ferner den die Todesursache feststellenden Arzt und die ärzte, die die zu versichernde Person im letzten Jahr vor dem Tode behandelt haben, von der Schweigepflicht über die Todesursache. Aus dem der versicherten Person von ihrem Verein ausgehändigten "Versicherungsausweis", den die Bgin. ausstellt, geht hervor, daß der versicherten Person oder deren Erben auf Grund des Vertrages zwischen der Bgin. und dem Verein ein bestimmter unwiderruflicher Anspruch zusteht. Weiter werden darin die vom "Versicherungsnehmer" (Verein) geschuldeten Leistungen genannt und es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Schuldner gegenüber dem Versicherer nur der Versicherungsnehmer ist.
Die Beitragseinnahmen der Bgin. in der Zeit vom 21. Juni 1948 bis 31. Dezember 1952 aus diesen Versicherungen betrugen insgesamt ..... DM. Das Finanzamt, das diese Vertragsgestaltung als Gesamtversicherungsvertrag ansah, forderte durch Steuerbescheid vom 22. Juli 1953 für dieses Prämienaufkommen Versicherungsteuer im Betrage von ..... DM (= 2 v. H. von ...... DM).
Die Bgin. erhob Einspruch und begehrte auf Grund von § 4 Nr. 2 VersStG 1937 Freistellung von der Steuer.
Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht gab der von der Bgin. gegen die Einspruchsentscheidung eingelegten Berufung statt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts hat Erfolg.
Die Versicherungsteuer ist eine Verkehrsteuer. Die Verkehrsteuern treffen den einzelnen Verkehrsakt, den Abschluß eines bestimmten Rechtsgeschäftes oder einen rechtlich erheblichen Vorgang als solchen. Wie der Reichsfinanzhof in seinem Urteil II A 51/27 vom 15. März 1927 (RStBl 1927 S. 114, Mrozek-Kartei, VersStG § 1 Rechtsspruch 3) zu Recht erklärt hat, ist die Versicherungsteuer eine Steuer auf den Geldumsatz im Versicherungswesen. Der Steuer unterliegt demgemäß nicht etwa das Versicherungsverhältnis als solches, sondern nach § 1 VersStG die Zahlung eines Versicherungsentgelts auf Grund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses, wenn der Versicherungsnehmer, das heißt der zur Zahlung Verpflichtete, bei der jeweiligen Zahlung des Versicherungsentgelts seinen Wohnsitz (Sitz) oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Der Begriff "Versicherungsverhältnis" ist im Versicherungsteuerrecht der Oberbegriff, der sowohl den Hauptfall der Begründung eines Versicherungsverhältnisses, den Versicherungsvertrag, als auch alle sonstigen Fälle der Entstehung, etwa den kraft Gesetzes, mitumfaßt. Im übrigen ist der Begriff nicht eindeutig. Wie die Ausführungen der Bgin. zeigen, versteht sie darunter teilweise alle Rechtsbeziehungen auf Grund eines Versicherungsvertrages, auch die zwischen Versicherer und Versicherten. Im Versicherungsteuerrecht kann der Begriff "Versicherungsverhältnis" jedoch nur das Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer bedeuten, denn aus ihm ergibt sich allein der steuerbegründende Tatbestand, die Zahlung des Versicherungsentgelts beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen. Daß es nur auf diese Rechtsbeziehung im Versicherungsteuerrecht ankommt, hat der Reichsfinanzhof schon in seinem Urteil II A 609/28 vom 18. Januar 1929 (RStBl 1929 S. 145, Mrozek-Kartei, VersStG § 8 Nr. 1 Rechtsspruch 1) festgestellt. Die Ansicht der Bgin. in ihrem Schriftsatz vom 20. Februar 1959, daß der Begriff im Steuerrecht ungeklärt sei, ist in dieser Allgemeinheit unrichtig.
Die Bgin. könnte mit ihrem Vorbringen nur Erfolg haben, wenn jedes Gruppenmitglied ein Versicherungsverhältnis in diesem Sinne mit der Bgin. eingegangen wäre. Derartige Versicherungsverhältnisse könnten durch den Mustervertrag oder in sonstiger Weise entstanden sein. Die Prüfung des Mustervertrages und des Textes des Versicherungsausweises ergibt, daß, wie die Bgin. richtig vorträgt, kein Vertrag zwischen der Bgin. und den Gruppenmitgliedern zustandegekommen ist. Vielmehr ist die Gruppenspitze selbst als Vertragspartnerin der Bgin., nicht als Vertreterin der Gruppenmitglieder, aufgetreten. Die Bgin. wollte, wie aus der Verpflichtung der Gruppenspitze zur Zahlung der Prämie hervorgeht, nur mit der Gruppenspitze, nicht mit dem einzelnen Gruppenmitglied, kontrahieren. Die Gruppenspitze allein ist aus dem Vertrag verpflichtet, sie ist Versicherungsnehmerin, wie sich auch aus dem Versicherungsausweis eindeutig ergibt. Auch an einem unmittelbaren Vertrag zwischen den Gruppenmitgliedern und der Bgin. fehlt es. Selbst wenn man im Aufnahmeantrag, den die Gruppenmitglieder zu stellen haben, ein Angebot zum Abschluß eines Versicherungsvertrages sehen wollte, fehlt es an der Annahmeerklärung der Bgin. gegenüber dem einzelnen Gruppenmitglied. Die Annahmeerklärung gegenüber der Gruppenspitze genügt nicht, da diese hier nicht Vertreterin des Gruppenmitglieds ist. Ein Versicherungsverhältnis mit den Gruppenmitgliedern auf Grund eines Vertrages scheidet somit aus.
Es fehlt aber auch an einem sonstigen Verkehrsakt, also dem Abschluß eines anderen, nichtvertraglichen Rechtsgeschäfts oder an einem rechtlich erheblichen Vorgang, der ein Versicherungsverhältnis zwischen den Gruppenmitgliedern und der Bgin. hätte entstehen lassen können. Die Bgin. und das Finanzgericht verkennen, wenn sie sich auf die Rechtsstellung der Versicherten berufen, daß diese der Ausfluß eines bereits entstandenen Versicherungsverhältnisses ist, also ihrerseits kein Versicherungsverhältnis begründen kann. Auf die Rechtsstellung der Versicherten kommt es im Streitfall deshalb entgegen der Auffassung des Finanzgerichts nicht an.
Weitere Tatsachen, die rechtlich die Entstehung eines Versicherungsverhältnisses zwischen den Gruppenmitgliedern und der Bgin. nachweisen könnten, ergeben sich weder aus den Schriftsätzen der Bgin. noch aus dem übrigen Akteninhalt. Daß die wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Versicherungsteuer nicht angewandt werden kann, hat das Finanzgericht mit zutreffenden Gründen dargelegt. Die Bgin. hätte das von den Beteiligten erstrebte wirtschaftliche Ziel, den Gruppenmitgliedern steuerfrei eine besonders günstige Sterbegeldversicherung zu gewähren, durch eine andere Rechtsgestaltung erreichen können, etwas dadurch, daß die Gruppenspitze nur als Vertreterin der Gruppenmitglieder, nicht im eigenen Namen, auftrat. Entgegen der Ansicht der Bgin. wäre eine solche Gestaltung der Rechtsbeziehungen kein Verstoß gegen § 6 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG), denn die Wahl der möglichen Rechtsformen steht den Beteiligten frei, wenn sie nur tatsächlich das durchführen, was sie rechtlich vereinbart haben. Ist aber einmal eine Rechtsform gewählt, so geht es nicht an, sie zur Vermeidung der Steuerpflicht in eine andere Rechtsform umzudeuten. Die Ausdrücke "Gruppenversicherung", "Versicherungsnehmer" und "Versicherter" sind Rechtsbegriffe, deren Bedeutung der Bgin., die den Mustervertrag und den Text des Versicherungsausweises entworfen hat, aber auch der Gruppenspitze, bekannt sind. Wenn die Bgin. als sachkundige Versicherungsgesellschaft und die Gruppenspitze diese Ausdrücke gebrauchen, so haben sie es getan, um in die mannigfaltigen Rechtsbeziehungen zwischen Bgin., Gruppenspitze und Gruppenmitgliedern die erforderliche Klarheit zu bringen. Gleiches hat der Reichsfinanzhof schon in seinem Urteil II A 154/33 vom 9. März 1934 (RStBl 1934 S. 572, Mrozek-Kartei, VersStG § 8 Nr. 1 Rechtsspruch 7) zum Ausdruck gebracht. Dies mußte der Bgin. bekannt sein und sie mußte damit rechnen, daß die Steuerbehörde bei der Besteuerung vom Wortlaut ihrer Verträge und sonstigen Erklärungen ausgehen würde.
Die Prüfung des Mustervertrages nach seinen Vorbemerkungen und seinem § 1 hat, wie oben gesagt, ergeben, daß die Gruppenspitze eine Versicherung abschließt. Dementsprechend bittet das Gruppenmitglied in seinem Antrag nur darum, auf Grund des zwischen der Bgin. und der Gruppenspitze abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrages in die Sterbegeldeinrichtung aufgenommen zu werden. Im Versicherungsausweis ist nochmals klargestellt, daß das Gruppenmitglied Versicherter und die Gruppenspitze Versicherungsnehmer mit der Verpflichtung zur Zahlung der Prämie ist. Daß das Gruppenmitglied der Gruppenspitze die Prämien erstatten muß, ändert nichts daran, daß rechtlich das Gruppenmitglied nicht Schuldner der Prämie gegenüber dem Versicherer (der Bgin.) ist. Auf Grund dieser Vertragsgestaltung ist unzweifelhaft zwischen der Bgin. und der Gruppenspitze nicht nur ein Versicherungsvertrag, sondern auch ein Versicherungsverhältnis zustandegekommen. Ob es schon mit Abschluß dieses Vertrages begründet worden ist, wie Buchner, Cuntz, Fischer und Millauer (in Finke: Handwörterbuch des Versicherungswesens, Darmstadt, 1958, Stichwort "Gruppenversicherung" Abs. Aa) meinen, oder ob es erst mit dem Zugang von Gruppenmitgliedern entstanden ist (so Millauer: Rechtsgrundsätze des Gruppenversicherungsvertrages, Verlag Versicherungswirtschaft, Karlsruhe, 1954, S. 43), ist versicherungsteuerlich unerheblich, da Gegenstand der Besteuerung nicht der Abschluß des Vertrages oder der Beginn eines Versicherungsverhältnisses ist, sondern gemäß § 1 VersStG die Zahlung des Versicherungsentgelts auf Grund eines entstandenen Versicherungsverhältnisses. Daß jedenfalls im Augenblick der Zahlung der Prämie ein Versicherungsverhältnis bestand, kann nicht zweifelhaft sein. Die Einwendung der Bgin., daß es sich bei dem Mustervertrag nur um einen Rahmenvertrag handele, der noch kein Versicherungsverhältnis begründe, sondern den Mitgliedern der Gruppe nur den Abschluß einer Versicherung zu besonders günstigen Bedingungen ermögliche, geht somit fehl.
Entgegen der Ansicht der Bgin. läßt sich dieses zwischen ihr und der Gruppenspitze bestehende (Gesamt-) Versicherungsverhältnis nicht in so viele Einzelversicherungsverhältnisse zwischen ihr und der Gruppenspitze auflösen, als Gruppenmitglieder versichert sind. Ob ein Gesamtversicherungsverhältnis oder eine Mehrzahl von Einzelversicherungsverhältnissen bei der Gruppenspitze vorliegt, hat erst dadurch Bedeutung gewonnen, daß durch Art. 1 der Verordnung zur änderung des Versicherungsteuergesetzes vom 31. August 1944 (RGBl I S. 208) die Bestimmung über die Zusammenrechnung in § 4 Nr. 2 Satz 2 VersStG 1937 entfallen ist. In der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hat vordem die Frage, ob hier ein oder mehrere Versicherungsverhältnisse vorliegen, deshalb eine untergeordnete Rolle gespielt. Gleichwohl bestehen keine Bedenken, den Grundsätzen des Urteils des Reichsfinanzhofs II A 609/28 vom 18. Januar 1929 (a. a. O.) zu folgen. Daß der Gesetzgeber in der Neufassung des VersStG vom 9. Juli 1937 (RGBl I S. 793, RStBl 1937 S. 837) trotz der Ermächtigung durch das Gesetz zur Anpassung einiger Steuergesetze an die Steuergesetze vom 16. Oktober 1934 vom 28. Juni 1935 (RGBl I S. 810) den Wortlaut des § 8 Nr. 1 VersStG 1922 unverändert als § 4 Nr. 2 in das VersStG 1937 übernommen hat, deutet darauf hin, daß er der Auslegung dieser Vorschrift durch den Reichsfinanzhof folgen wollte. Der Reichsfinanzhof hat in dem oben angeführten Urteil ausgesprochen, daß der Begriff "Versicherungssumme" in der Befreiungsvorschrift auch eine Mehrheit von Versicherungsbeträgen als Mehrheit von Leistungen aus demselben Vertrage umschließe; nur beim Vorliegen mehrerer Verträge könne von mehreren Versicherungsleistungen gesprochen werden. Die Bgin. hat mit der Gruppenspitze unstreitig nur einen Versicherungsvertrag geschlossen. Aus ihm ist sie zu einer Mehrheit von Leistungen verpflichtet, nämlich bei jedem Sterbefall eines versicherten Gruppenmitglieds 500 DM zu zahlen. Die Versicherungssumme in dem oben dargelegten Sinne übersteigt somit 500 DM.
Daß steuerlich im Falle der Gruppensterbegeldversicherung keine Vielzahl von Versicherungsverhältnissen angenommen werden kann, ergibt sich im übrigen auch aus der Rechtsnatur des Vertrages. Durch einen Versicherungsvertrag, als eine der Möglichkeiten, ein Versicherungsverhältnis zu begründen, kann stets auch nur ein (Gesamt-) Versicherungsverhältnis im steuerlichen Sinne entstehen, hier das zwischen der Bgin. und der Gruppenspitze als Versicherer und Versicherungsnehmerin. Die Ansicht, daß durch einen Vertrag eine Vielzahl von Versicherungsverhältnissen entstehen könne, hat die Bgin. nicht begründet. Ihrer Ansicht kann nicht gefolgt werden. Soweit die Bgin. den Fall im Auge hat, daß die Gruppenspitze als Vertreterin der Gruppenmitglieder auftritt, übersieht sie, daß dabei im Rechtssinne so viele Verträge geschlossen werden, als Gruppenmitglieder vorhanden sind. Soweit sie als "Versicherungsverhältnis" jede Rechtsbeziehung bezeichnet, die auf Grund eines Gruppenversicherungsvertrages zwischen Versicherer, Versicherungsnehmer und Versicherten entsteht (so auch Millauer in seinen "Rechtsgrundsätzen", a. a. O. S. 42) kann dieser Begriffsauslegung nicht beigetreten werden. Die Rechtsbeziehungen zwischen Versicherer und Versicherten sind jedenfalls steuerlich dann kein Versicherungsverhältnis, wenn die versicherte Person nicht Versicherungsnehmer ist. Auf diese Rechtsbeziehungen kommt es steuerlich nicht an. Entscheidend ist, wie eingangs dargelegt und wie sich aus § 1 Abs. 1 VersStG ergibt, das Versicherungsverhältnis, auf Grund dessen das Versicherungsentgelt zu entrichten ist. Das aber ist das Versicherungsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Da die Prämie nach Sinn und Zweck des Gruppenversicherungsvertrages von der Gruppenspitze als eine einheitliche Summe zu entrichten ist, deren Höhe sich nach der Art und Zahl der Einzelgefahren richtet, kann Gegenstand des Versicherungsverhältnisses auch nur die Gesamtheit der Einzelgefahren aus dem Gruppenversicherungsvertrag sein, das aber ist das Risiko, das die Bgin. zu tragen hat (so auch Ehrenzweig, Rechtsgrundsätze des Gruppenversicherungsvertrages, Versicherungsrecht 1955 S. 196). Die einzelne Gefahr ist nur Teilrisiko, Das (Gesamt-) Risiko ist aber unstreitig eine Versicherungssumme, die 500 DM übersteigt. Ob die Hinweise der Bgin. auf die erforderliche Einwilligung des Versicherten nach § 159 Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes zivilrechtlich durchgreift (vgl. Prölss: Versicherungsvertragsgesetz, 12. Aufl. 1960, Anm. 2 II 1 B zu § 159, S. 604, und Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf 6 U 198a/36 vom 7. Dezember 1936 in Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift 1937 Spalte 114) und ob in dem schriftlichen Aufnahmeantrag die schriftliche Einwilligung zu sehen ist oder nicht, kann dahingestellt bleiben, denn die zivilrechtliche Einwilligung oder Nichteinwilligung des Versicherten ist jedenfalls für die steuerliche Beurteilung ohne Bedeutung, wenn die Beteiligten, wie hier, den Vertrag durchführen.
Daß sozialpolitische Erwägungen dem gewonnenen Ergebnis nicht widersprechen, hat der Reichsfinanzhof in seiner Entscheidung II A 609/28 vom 18. Januar 1929 (a. a. O.) mit überzeugenden Gründen dargelegt. Er hat dort ausgeführt: "Der Regel nach richtet sich die für das Gesetz maßgebende Leistungsfähigkeit nach der Person des Versicherungsnehmers, und es ist auch in Fällen der vorliegenden Art nicht einzusehen, wie durch die Steuer minderbemittelte Volkskreise wesentlich belastet werden. Der Verfasser der Vorschrift der Tarifnr. 12 RStempG Cuno sieht übrigens (Wirtschaft und Recht der Versicherung 1914 S. 152) den Zweck der Vorschrift gar nicht in der Schonung der Minderbemittelten, sondern führt aus: "Nach dem gesetzgeberischen Grundgedanken will die Vorschrift nicht nur die Zerlegung einer an sich einheitlichen Versicherung in mehrere Versicherungen verhindern, sondern auch gewährleisten, daß die in einer Person zusammengehaltenen Vermögenswerte von einer bestimmten Grenze ab der Steuerpflicht nicht entzogen werden können. In letzterer Hinsicht hat einen Einfluß auf die Gestaltung der Versicherung nicht so sehr derjenige, dem die Versicherung zugute kommt, als vielmehr der, der die Versicherung genommen hat." Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzuweichen.
Nach alledem war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Berufung der Bgin. gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 410210 |
BStBl III 1961, 494 |
BFHE 1962, 628 |
BFHE 73, 628 |