Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Änderung der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns - Betriebsvermögenseigenschaft einer Schuld - Bilanzierung von Grundschulden - Zeitpunkt der Gewinnrealisierung bei Betriebsveräußerung - Übernahme bilanzierter Verbindlichkeiten durch den Erwerber - Ermittlung des Veräußerungsgewinns - Änderung von Steuerbescheiden bei Ereignissen mit steuerrechtlicher Rückwirkung - Zweck der Steuerbegünstigung des Veräußerungsgewinns
Leitsatz (amtlich)
Dem Großen Senat wird gemäß § 11 Abs.3 und 4 FGO folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Liegt ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung vor, wenn der Erwerber eines Betriebs seine Zusage, den Veräußerer von der Haftung für alle vom Erwerber übernommenen Betriebsschulden freizustellen, nicht einhalten kann, und der Veräußerer deshalb in einem späteren Veranlagungszeitraum aus einem als Sicherheit für eine Betriebsschuld bestellten Grundpfandrecht in Anspruch genommen wird?
Orientierungssatz
1. Eine Schuld, deren Aufnahme betrieblich veranlaßt ist, gehört zum notwendigen Betriebsvermögen und behält diese Eigenschaft in der Regel bis zu ihrem Erlöschen. Die Verbindung kann nicht durch einen Willensakt des Steuerpflichtigen gelöst werden (vgl. BFH-Rechtsprechung). Werden zur Sicherung einer betrieblichen Verbindlichkeit Hypotheken oder Grundschulden an einem Grundstück bestellt, das zum Privatvermögen des Schuldners gehört, so führt dieser Vorgang nicht zu einer Umwandlung der betrieblichen Verbindlichkeit in eine Privatschuld. Vielmehr teilt die dingliche Last den betrieblichen Charakter der zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verbindlichkeit (BFH-Urteil vom 11.12.1980 I R 61/79).
2. Hypotheken und Grundschulden sind im Regelfall nicht in der Bilanz auszuweisen; zu passivieren sind grundsätzlich nur die ihnen zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verbindlichkeiten. Die dingliche Last tritt jedoch in Erscheinung, wenn durch eine Grundschuld der Anspruch des Gläubigers gegen einen Dritten gesichert werden soll. Steht zu erwarten, daß der Dritte seine Schuld nicht erfüllen kann, so ist beim (bilanzierenden) Grundschuldverpflichteten in Höhe der zu erwartenden Inanspruchnahme eine Rückstellung für eine ungewisse (dingliche) Verpflichtung in der Bilanz auszuweisen.
3. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebs ist regelmäßig in dem Zeitpunkt realisiert, in dem das wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens auf den Erwerber übergeht; das ist in der Regel der Zeitpunkt der Übergabe des Betriebs. Der Veräußerungsgewinn ist in dem Veranlagungszeitraum zu versteuern, in den dieser Zeitpunkt fällt. Für den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung ist es unerheblich, ob der Veräußerungspreis sofort fällig oder ganz oder teilweise langfristig gestundet ist und wann der Veräußerungspreis dem Veräußerer tatsächlich zufließt (vgl. BFH-Rechtsprechung).
4. "Betrieb" i.S. des § 16 Abs. 1 EStG ist ebenso wie das Betriebsvermögen i.S. von § 4 Abs. 1 EStG die Differenz zwischen den aktiven Wirtschaftsgütern und den Betriebsschulden. Die Freistellung des Veräußerers von den betrieblichen (bilanzierten) Verbindlichkeiten ist nicht Teil des Veräußerungspreises, weil sich die Betriebsschulden in einem entsprechend niedrigeren (oder in einem negativen) Buchwert des Betriebsvermögens niedergeschlagen haben (vgl. BFH-Rechtsprechung). Anders ist es, wenn sich der Erwerber verpflichtet, den Veräußerer (durch befreiende Schuldübernahme oder nur im Innenverhältnis) von einer außerbetrieblichen Verbindlichkeit freizustellen; eine derartige Verpflichtung erhöht den Veräußerungspreis (vgl. Literatur). Passivierte Verbindlichkeiten, die vom Veräußerer zurückbehalten werden, sind bei der Ermittlung des Betriebsvermögens im Veräußerungszeitpunkt auszuscheiden (vgl. BFH-Rechtsprechung).
5. Der Zeitpunkt der Veräußerung ist maßgeblich für
Normenkette
AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 2, § 41 Abs. 1, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG § 16 Abs. 1-2, § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 34 Abs. 1-2; StAnpG § 5; FGO § 11 Abs. 3; StAnpG § 4 Abs. 3 Nr. 2; FGO § 11 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
A. Sachverhalt
Der während des Revisionsverfahrens verstorbene Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb bis zum 30.Juni 1970 ein Einzelunternehmen zur Herstellung von … Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 7.Juli 1970 veräußerte er das Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven zum Preis von 150 000 DM. Der Kaufpreis war in Höhe von 15 000 DM bis spätestens 20.Juli 1970 zu entrichten. Der Restbetrag war in monatlichen Raten von 5 000 DM ab April 1971 zu tilgen. Die jeweils geschuldete Restsumme war mit 7,5 v.H. zu verzinsen.
Der Betrieb war im Zeitpunkt der Veräußerung überschuldet. Die vom Käufer übernommenen Verbindlichkeiten überstiegen die Buchwerte des aktiven Betriebsvermögens um den Betrag von 92 926 DM. Auf dem Privatgrundstück des Klägers waren zugunsten der Kreissparkasse A (Kreissparkasse) Grundschulden im Gesamtbetrag von 62 000 DM eingetragen. Die Grundschulden dienten der Sicherung eines betrieblichen Kredits, den die Kreissparkasse dem Kläger eingeräumt hatte. Diese Darlehensverpflichtung war anläßlich der Betriebsveräußerung vom Käufer übernommen worden. Die Kreissparkasse hatte den Kläger aus der persönlichen Schuldverpflichtung entlassen. Die auf dem Grundstück des Klägers eingetragenen Grundschulden sollten jedoch weiterhin der Kreissparkasse zur Sicherung des Kredits abgetreten bleiben. Der Käufer verpflichtete sich, den Kläger bis spätestens 31.Dezember 1973 auch von der dinglichen Haftung freizustellen.
In den Erläuterungen zur Veräußerungsbilanz auf den 30.Juni 1970 und in der Einkommensteuererklärung 1970 gab der Kläger den Gewinn aus der Betriebsveräußerung mit 241 298 DM an. Die Kaufpreisforderung berücksichtigte er dabei mit ihrem Nennwert. Der Kläger bat darum, die Veranlagung vorläufig durchzuführen, da sich der Veräußerungsgewinn wegen der vereinbarten Ratenzahlung und der fortbestehenden dinglichen Haftung für die Verbindlichkeiten des Käufers noch mindern könne.
Bei der Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer 1970 folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) den Angaben in der Einkommensteuererklärung. Auf den Einspruch des Klägers erklärte er den Bescheid durch Verwaltungsakt vom 4.Juni 1973 nachträglich für vorläufig nach § 100 der Reichsabgabenordnung (AO).
Nachdem über einen anderen Betrieb des Käufers im März 1973 das Vergleichsverfahren eröffnet worden war, zahlte dieser die noch ausstehenden Kaufpreisraten von 10 000 DM nicht mehr; auch die auf den Kaufpreis entfallende Mehrwertsteuer von 34 295,23 DM entrichtete der Käufer nicht.
Am 21.Mai 1974 teilte die Kreissparkasse dem Kläger mit, daß sie ihn aus den Grundschulden mit 62 000 DM zuzüglich Zinsen in Anspruch nehme.
Der Kläger beantragte daraufhin beim FA, die Einkommensteuerveranlagung 1970 zu ändern und den Veräußerungsgewinn um 137 590 DM niedriger festzusetzen.
Das FA erließ am 2.Januar 1976 einen geänderten (endgültigen) Einkommensteuerbescheid 1970, in dem es den Veräußerungsgewinn um 50 790 DM niedriger festsetzte. Die Inanspruchnahme des Klägers aus den Grundschulden berücksichtigte es nicht. Dieser Vorgang könne sich ―wenn überhaupt― erst im Jahr der Inanspruchnahme auswirken.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Der Kläger rügt mit seiner Revision eine Verletzung des § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der im Einkommensteuerbescheid vom 2.Januar 1976 festgesetzte Veräußerungsgewinn sei im Hinblick auf seine Inanspruchnahme durch die Kreissparkasse um die Grundschuldverbindlichkeit von 62 000 DM und die darauf entfallenden rückständigen Zinsen für die Jahre 1971 bis 1974 zu vermindern.
Entscheidungsgründe
B. Stellungnahme des Senats zu der vorgelegten Rechtsfrage
I. Bisherige Rechtsprechung zu den einkommensteuerrechtlichen Folgen der nachträglichen Inanspruchnahme des Veräußerers eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils aus (bilanzierten) Verbindlichkeiten, die der Erwerber des Betriebs oder Mitunternehmeranteils übernommen hatte.
Während nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei einer Betriebsveräußerung die Kaufpreisforderung ebenso wie der gezahlte Kaufpreis selbst mit der Übergabe des Betriebs unmittelbar in das Privatvermögen des Veräußerers übergehen soll (vgl. die Nachweise im Vorlagebeschluß des Senats in der Sache VIII R 55/86), hält der BFH die Fortführung von Betriebsvermögen auch nach Betriebsveräußerung oder -aufgabe für möglich, wenn und soweit der Veräußerer nach Übergabe oder Aufgabe des Betriebs für zurückbehaltene oder vom Erwerber übernommene bilanzierte betriebliche Verbindlichkeiten haftet.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehört eine Schuld, deren Aufnahme betrieblich begründet war, grundsätzlich zum notwendigen Betriebsvermögen und bleibt dies unabhängig von einem etwaigen entgegenstehenden Willen des Steuerpflichtigen und einer erklärten "Entnahme" grundsätzlich auch nach Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs (Urteile vom 11.Dezember 1980 I R 119/78, I R 61/79, I R 198/78, I R 174/78, BFHE 133, 22, 25, 27, 29, BStBl II 1981, 460, 461, 462, 463; vom 19.Januar 1982 VIII R 150/79, BFHE 135, 193, BStBl II 1982, 321; vom 27.November 1984 VIII R 2/81, BFHE 143, 120, BStBl II 1985, 323; vom 26.Januar 1989 IV R 86/87, BFHE 156, 141, BStBl II 1989, 456; vom 28.Februar 1990 I R 205/85, BFHE 159, 523, BStBl II 1990, 537; Beschluß vom 4.Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, 304, BStBl II 1990, 817, 824).
Dies soll nach den genannten Entscheidungen allerdings dann nicht gelten, wenn und soweit der Steuerpflichtige es unterlassen hat, die Betriebsschuld nach der Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus dem Veräußerungspreis oder dem Verwertungserlös zurückbehaltener Aktivwerte zu tilgen. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß bei der Beendigung einer gewerblichen Tätigkeit die Schuldentilgung Vorrang vor einer privaten Bedürfnisbefriedigung habe (Urteil in BFHE 143, 120, BStBl II 1985, 323). Die Verbindlichkeiten behalten jedoch ihren betrieblichen Charakter, wenn und solange der Schuldentilgung Auszahlungshindernisse hinsichtlich des Veräußerungserlöses, Verwertungshindernisse hinsichtlich der zurückbehaltenen Aktivwerte und Rückzahlungshindernisse hinsichtlich der früheren Betriebsschulden entgegenstehen (BFHE 143, 120, BStBl II 1985, 323) oder wenn der Steuerpflichtige aus anderen Gründen keine Veranlassung hat, betriebliche Aktivwerte zur Schuldentilgung einzusetzen (vgl. Urteil in BFHE 156, 141, BStBl II 1989, 456: Zusage eines Erlasses der Betriebsschuld). Weitergehend hat der I.Senat des BFH entschieden, daß eine nach Grund und/oder Höhe ungewisse Verbindlichkeit auch nach Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs grundsätzlich mindestens bis zu dem Zeitpunkt notwendiges Betriebsvermögen bleibt, in dem sie zu einer nach Grund und Höhe gewissen Verbindlichkeit wird (BFHE 159, 523, BStBl II 1990, 537).
2. In Anwendung dieser Grundsätze hat der BFH entschieden, daß Schuldzinsen für betrieblich begründete und bei der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs zurückbehaltene Verbindlichkeiten nachträgliche Betriebsausgaben i.S. von § 24 Nr.2 EStG sein können (BFHE 133, 22, 25, 27, 29, BStBl II 1981, 460, 461, 462, 463; BFHE 135, 193, BStBl II 1982, 321; BFHE 143, 120, BStBl II 1985, 323). Auch der Erlaß einer nach Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs vom früheren Betriebsinhaber fortgeführten Verbindlichkeit kann zu nachträglichen Einkünften aus Gewerbebetrieb führen (BFH-Urteil vom 24.Oktober 1979 VIII R 49/77, BFHE 129, 334, BStBl II 1980, 186); steht der Erlaß jedoch in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Aufgabe des Betriebs, so erhöht er den Betriebsaufgabegewinn (BFHE 156, 141, BStBl II 1989, 456).
Nach dem Urteil des BFH in BFHE 159, 523, BStBl II 1990, 537 erzielt ein Steuerpflichtiger nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn eine ungewisse betriebliche Verbindlichkeit, die im Jahr der Betriebsaufgabe bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns den Wert des Betriebsvermögens gemindert hat, in einem späteren Veranlagungszeitraum vom Gläubiger herabgesetzt wird.
3. In zahlreichen Entscheidungen hat sich der BFH mit der Frage befaßt, welche einkommensteuerrechtlichen Folgen eintreten, wenn ein Gesellschafter mit negativem Kapitalkonto aus einer OHG oder KG ausscheidet und die verbleibenden Gesellschafter auf den Ausgleich des Minuskapitals verzichten (vgl. Urteile vom 6.Dezember 1962 IV 321/60 U, BFHE 76, 360, BStBl III 1963, 133; vom 24.November 1965 VI 325/63 U, BFHE 84, 388, BStBl III 1966, 141; vom 30.November 1977 I R 27/75, BFHE 124, 56, BStBl II 1978, 149; vom 26.Mai 1981 IV R 47/78, BFHE 134, 15, BStBl II 1981, 795). Scheidet ein persönlich haftender Gesellschafter mit negativem Kapitalkonto aus einer Personengesellschaft aus und wird er von den übrigen Gesellschaftern von der Verpflichtung zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos und von der Haftung für die bestehenden Gesellschaftsschulden freigestellt, so verwirklicht der Ausscheidende grundsätzlich einen Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs.1 EStG (BFHE 76, 360, BStBl III 1963, 133). Das soll jedoch nicht gelten, wenn wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft und der verbleibenden Gesellschafter absehbar ist, daß die Zusage nicht eingehalten werden kann und der Ausgeschiedene für Schulden der Gesellschaft in Anspruch genommen werden wird (BFHE 84, 388, BStBl III 1966, 141; BFHE 124, 56, BStBl II 1978, 149). In diesen Fällen trete mit der (wirtschaftlich wertlosen) Zusage der Freistellung von den Gesellschaftsverbindlichkeiten noch keine Gewinnrealisierung ein. Nach der Entscheidung des BFH in BFHE 84, 388, BStBl III 1966, 141 verwirklicht der Ausscheidende erst dann einen Gewinn, wenn er später von den Betriebsschulden tatsächlich freigestellt wird.
Diese Grundsätze hat der BFH auch auf einen ausscheidenden Kommanditisten mit negativem Kapitalkonto angewendet, der sich für Verbindlichkeiten der KG verbürgt hatte und dem seitens der verbliebenen Gesellschafter die Freistellung von der Verpflichtung zugesagt war: Der Ausscheidende verwirkliche keinen Veräußerungsgewinn, soweit diese Zusage nicht werthaltig sei und er befürchten müsse, von den Gesellschaftsgläubigern aus der Bürgschaft in Anspruch genommen zu werden (BFHE 134, 15, BStBl II 1981, 795). Entsprechendes gilt nach der Entscheidung des BFH vom 12.Juli 1990 IV R 37/89 (BFHE 162, 30, BStBl II 1991, 64), wenn das negative Kapitalkonto des Kommanditisten nicht anläßlich seines Ausscheidens aus der KG, sondern bei der Aufgabe des Betriebs fortfällt, der Kommanditist aber weiterhin mit seiner Inanspruchnahme aus einer für die KG eingegangenen Bürgschaft rechnen muß. War eine Inanspruchnahme des Gesellschafters aus der Bürgschaft im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe oder im Zeitpunkt seines Ausscheidens nicht zu erwarten und wird er später gleichwohl von den Gläubigern der Gesellschaft in Anspruch genommen, so soll dieser Vorgang nach den Urteilen in BFHE 124, 56, BStBl II 1978, 149 und BFHE 162, 30, BStBl II 1991, 64 nicht zu einer rückwirkenden Minderung des Veräußerungsgewinns führen, sondern zu einem nachträglichen Verlust aus Gewerbebetrieb. Umgekehrt müsse der ausgeschiedene Gesellschafter einen nachträglichen (nicht nach § 34 EStG begünstigten) Gewinn versteuern, wenn er wegen der im Zeitpunkt seines Ausscheidens drohenden Inanspruchnahme aus der Bürgschaft keinen Veräußerungsgewinn erzielt habe, später aber wider Erwarten nicht zur Haftung herangezogen worden sei (BFHE 162, 30, BStBl II 1991, 64).
II. Äußerungen in der Literatur
In der Literatur wird die Auffassung des BFH, daß betrieblich begründete, vom Erwerber nicht übernommene Verbindlichkeiten grundsätzlich auch nach Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs Betriebsvermögen des Veräußerers bleiben, überwiegend gebilligt (vgl. z.B. Dötsch, Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe, S.89; Erdweg in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 16 EStG Anm.236; Gänger in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 16 Rz.119; Hörger in Littmann/ Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., § 16 EStG Rz.40; L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10.Aufl., § 16 Anm.13 d; Stuhrmann in Blümich, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz und Nebengesetzen, 13.Aufl., § 16 EStG Rz.279). Trzaskalik (Der Betrieb ―DB― 1983, 194) und Bödefeld (Betriebsvermögen nach Betriebseinstellung, 1987, S.137) vertreten demgegenüber die Auffassung, nach Einstellung des Gewerbebetriebs könne es kein Betriebsvermögen mehr geben (ebenso Söffing, Finanz-Rundschau ―FR― 1984, 185). Soweit in der Literatur fortbestehendes passives Betriebsvermögen nach Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs für möglich gehalten wird, bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob der Veräußerer eines Betriebs, der später wider Erwarten für eine vom Betriebserwerber übernommene Betriebsschuld einzustehen hat, seine Aufwendungen als nachträgliche Betriebsausgaben im Jahr der Inanspruchnahme abziehen kann, oder ob diese Aufwendungen durch rückwirkende Änderung des bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung zugrunde gelegten Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen sind.
Ein Teil der Autoren vertritt in Übereinstimmung mit dem BFH die Ansicht, der Veräußerer könne in diesem Fall seine Aufwendungen im Jahr der Inanspruchnahme als negative Einkünfte aus der früheren gewerblichen Tätigkeit (§ 24 Nr.2 i.V.m. § 15 EStG) geltend machen (z.B. Dötsch, a.a.O., S.104; Stuhrmann in Blümich, a.a.O., Rz.279; Erdweg in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., Anm.240).
Nach anderer Ansicht ist in diesem Fall ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf das Jahr der Veräußerung anzunehmen und der Veräußerungsgewinn entsprechend zu mindern (L. Schmidt, a.a.O., § 16 Anm.55, 57, 84 b; ders., Anm. in Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1990, 348; Theisen, Steuer und Wirtschaft ―StuW― 1986, 354; ders., Kommentierte Finanzrechtsprechung ―KFR― Fach 3, EStG § 24, 2/90, S.325). Ein für das Jahr der Betriebsveräußerung ergangener bestandskräftiger Steuerbescheid ist nach dieser Ansicht gemäß § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 der Abgabenordnung (AO 1977) zu ändern.
III. Auffassung des vorlegenden Senats
Der Senat bejaht die Vorlagefrage. Er ist der Auffassung, daß die spätere Inanspruchnahme des Betriebsveräußerers aus einer Grundschuld, die dieser zur Sicherung einer vom Betriebserwerber übernommenen betrieblichen Verbindlichkeit bestellt hatte, zu einer (rückwirkenden) Minderung des Veräußerungsgewinns führen muß. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr der Veräußerung ist in einem solchen Fall auch dann zu berichtigen, wenn die Tatsachen, die zu der späteren Inanspruchnahme aus der Grundschuld geführt haben, erst nach der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums am Betrieb eingetreten sind. Ein bereits bestandskräftiger Steuerbescheid ist nach § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO 1977 zu ändern.
Für die vom Senat vertretene Auffassung sind folgende Erwägungen maßgebend:
1. Zuordnung der Grundschuldverbindlichkeit zum Betriebsvermögen des Veräußerers
Der Senat ist mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH der Ansicht, daß eine Schuld, deren Aufnahme betrieblich veranlaßt ist, zum notwendigen Betriebsvermögen gehört und diese Eigenschaft in der Regel bis zu ihrem Erlöschen behält. Die Verbindung kann nicht durch einen Willensakt des Steuerpflichtigen gelöst werden (vgl. die Nachweise oben unter B. I. 1.).
Werden zur Sicherung einer betrieblichen Verbindlichkeit Hypotheken oder Grundschulden an einem Grundstück bestellt, das zum Privatvermögen des Schuldners gehört, so führt dieser Vorgang nicht zu einer Umwandlung der betrieblichen Verbindlichkeit in eine Privatschuld. Vielmehr teilt die dingliche Last den betrieblichen Charakter der zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verbindlichkeit (BFH-Urteil vom 11.Dezember 1980 I R 61/79, BFHE 133, 25, BStBl II 1981, 461). Hypotheken und Grundschulden sind allerdings im Regelfall nicht in der Bilanz auszuweisen; zu passivieren sind grundsätzlich nur die ihnen zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verbindlichkeiten. Die dingliche Last tritt jedoch in Erscheinung, wenn durch eine Grundschuld ―wie im vorliegenden Fall― der Anspruch des Gläubigers gegen einen Dritten gesichert werden soll (Mathiak in Festschrift für Döllerer, 1988, 397, 403 f.). Steht zu erwarten, daß der Dritte seine Schuld nicht erfüllen kann, so ist beim (bilanzierenden) Grundschuldverpflichteten in Höhe der zu erwartenden Inanspruchnahme eine Rückstellung für eine ungewisse (dingliche) Verpflichtung in der Bilanz auszuweisen (BFH-Urteil in BFHE 156, 141, BStBl II 1989, 456).
Ist der Veräußerer eines Betriebs nach der Veräußerung nicht mehr gewerblich tätig, so behält die Grundschuld, die eine fortbestehende, vom Erwerber übernommene Betriebsschuld sichert, ihren betrieblichen Charakter (BFHE 133, 25, BStBl II 1981, 461). Allerdings kann die drohende Inanspruchnahme aus der dinglichen Verpflichtung in diesem Fall nicht mehr durch eine Rückstellung in der Bilanz berücksichtigt werden, da der Steuerpflichtige nach Betriebseinstellung anfallende gewerbliche Einkünfte in sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs.3 EStG zu ermitteln hat; Teilwertabschreibungen und Rückstellungen sind dann nicht mehr möglich (BFH-Urteil vom 22.Februar 1978 I R 137/74, BFHE 125, 42, BStBl II 1978, 430; L. Schmidt, a.a.O., § 16 Anm.55). Sofern nicht die spätere Inanspruchnahme des Veräußerers aus der Grundschuld als Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung anzusehen ist (vgl. unten B. III. 5.), kann der Vorgang erst im Zeitpunkt der Zahlung als nachträgliche Betriebsausgabe (§ 15 i.V.m. § 24 Nr.2 EStG) berücksichtigt werden.
2. Zeitpunkt der Gewinnrealisierung bei Betriebsveräußerung
Der Senat geht in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH davon aus, daß der Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebs regelmäßig in dem Zeitpunkt realisiert ist, in dem das wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens auf den Erwerber übergeht; das ist in der Regel der Zeitpunkt der Übergabe des Betriebs. Der Veräußerungsgewinn ist in dem Veranlagungszeitraum zu versteuern, in den dieser Zeitpunkt fällt. Für den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung ist es unerheblich, ob der Veräußerungspreis sofort fällig oder ganz oder teilweise langfristig gestundet ist und wann der Veräußerungspreis dem Veräußerer tatsächlich zufließt (BFH-Urteile vom 26.Juli 1984 IV R 137/82, BFHE 141, 525, BStBl II 1984, 829; vom 3.Oktober 1984 I R 119/81, BFHE 142, 433, BStBl II 1985, 245; vom 16.März 1989 IV R 153/86, BFHE 156, 195, BStBl II 1989, 557).
3. Übernahme bilanzierter Verbindlichkeiten durch den Veräußerer
Nach § 16 Abs.1 EStG ist Gegenstand der Veräußerung der ganze Gewerbebetrieb; dieser besteht aus Wirtschaftsgütern des aktiven und des passiven Betriebsvermögens. "Betrieb" i.S. des § 16 Abs.1 EStG ist ebenso wie das Betriebsvermögen i.S. von § 4 Abs.1 EStG die Differenz zwischen den aktiven Wirtschaftsgütern und den Betriebsschulden. Der Große Senat des BFH hat deshalb zu Recht die Übernahme betrieblicher Schulden im Fall der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs (§ 7 der Einkommensteuer- Durchführungsverordnung ―EStDV―) nicht als Entgelt beurteilt (Beschluß vom 5.Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, 331, BStBl II 1990, 847, 853). Für den Übergang bilanzierter Verbindlichkeiten im Rahmen einer Betriebsveräußerung kann nichts anderes gelten. Die Freistellung des Veräußerers von den betrieblichen (bilanzierten) Verbindlichkeiten ist nicht Teil des Veräußerungspreises, weil sich die Betriebsschulden in einem entsprechend niedrigeren (oder ―wie im Streitfall― in einem negativen) Buchwert des Betriebsvermögens (§ 16 Abs.2 EStG) niedergeschlagen haben (BFH-Urteil vom 12.Juli 1973 IV R 183/70, BFHE 110, 257, 260, BStBl II 1974, 3; L. Schmidt, a.a.O., 9.Aufl., § 16 Anm.49 a; a.A. ders., a.a.O., 10.Aufl., § 16 Anm.49 a; offen gelassen im BFH-Urteil vom 17.Januar 1989 VIII R 370/83, BFHE 156, 103, 106, BStBl II 1989, 563). Anders ist es, wenn sich der Erwerber verpflichtet, den Veräußerer (durch befreiende Schuldübernahme oder nur im Innenverhältnis) von einer außerbetrieblichen Verbindlichkeit freizustellen; eine derartige Verpflichtung erhöht den Veräußerungspreis (Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 16 EStG Rz.185). Passivierte Verbindlichkeiten, die vom Veräußerer zurückbehalten werden, sind bei der Ermittlung des Betriebsvermögens im Veräußerungszeitpunkt auszuscheiden (BFH-Urteil vom 24.Juli 1962 I 280/61 U, BFHE 75, 414, BStBl III 1962, 418; L. Schmidt, a.a.O., 10.Aufl., § 16 Anm.49 c, 53 a).
4. Ermittlung des Veräußerungsgewinns
a) Nach § 16 Abs.2 EStG ist Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den nach § 4 Abs.1 oder § 5 EStG zu ermittelnden Wert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Veräußerung übersteigt.
Der Zeitpunkt der Veräußerung ist danach nicht nur maßgeblich für den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung, sondern auch für den Ansatz und die Bewertung des Veräußerungspreises und für die Ermittlung des Buchwerts des Betriebsvermögens (L. Schmidt, a.a.O., § 16 Anm.42).
b) Der Veräußerer hat zur Ermittlung des laufenden Gewinns für das (Rumpf-)Wirtschaftsjahr eine Schlußbilanz auf den Zeitpunkt der Veräußerung zu erstellen (§ 4 Abs.1 EStG i.V.m. § 6 Abs.2 EStDV). Diese Bilanz enthält zugleich die verbindlichen Ausgangswerte zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns ("Wert des Betriebsvermögens"; § 16 Abs.2 Satz 2 EStG). Die Bezugnahme auf § 4 Abs.1 und § 5 EStG in § 16 Abs.2 Satz 2 EStG soll darüber hinaus bedeuten, daß die allgemeinen steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften auch bei der Ermittlung des Werts des Betriebsvermögens zu beachten sind (BFH-Urteil in BFHE 133, 22, BStBl II 1981, 460 m.w.N.). Bei der Aufstellung der Schlußbilanz sind nach allgemeinen bilanzrechtlichen Grundsätzen sog. wertaufhellende Umstände zu berücksichtigen (vgl. dazu BFH- Urteile vom 4.April 1973 I R 130/71, BFHE 109, 55, BStBl II 1973, 485; vom 17.November 1987 VIII R 348/82, BFHE 152, 226, BStBl II 1988, 430).
c) Von der Schlußbilanz ist die Veräußerungsbilanz zu unterscheiden. Während die Aufstellung einer Schlußbilanz zur Ermittlung des laufenden Gewinns zwingend geboten ist, gibt es weder handels- noch steuerrechtlich eine Verpflichtung, neben der Schlußbilanz eine Veräußerungsbilanz aufzustellen. § 243 Abs.3 des Handelsgesetzbuches (HGB), § 5 Abs.1 EStG und § 141 Abs.1 Satz 2 AO 1977 beziehen sich ausschließlich auf die Bilanzen der laufenden Gewinnermittlung. Dem Steuerpflichtigen (und dem FA) steht es deshalb frei, den Veräußerungsgewinn in einer Veräußerungsbilanz oder auf andere Weise zu ermitteln. Aus § 16 Abs.2 EStG ergibt sich nur, daß bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns das Betriebsvermögen zwingend mit den Werten anzusetzen ist, die sich aus der (auf den Zeitpunkt der Veräußerung aufzustellenden) Schlußbilanz ergeben.
Ist anläßlich der Betriebsveräußerung ―wie im vorliegenden Fall― auch die Übernahme bilanzierter Verbindlichkeiten durch den Erwerber vereinbart, so ist beim Ansatz und der Bewertung dieser Verbindlichkeiten in der Schlußbilanz zu prüfen, ob der Erwerber voraussichtlich seine Zusage, den Veräußerer von der Haftung für diese Verbindlichkeiten freizustellen, wird einhalten können. Liegen schon im Zeitpunkt der Veräußerung Tatsachen vor, die die Erfüllung dieser Zusage als ernstlich zweifelhaft erscheinen lassen, dann sind diese Verbindlichkeiten beim Ansatz des Betriebsvermögens in der Schlußbilanz auszuscheiden, weil der Veräußerer im Ergebnis nicht anders steht, als wenn er die Betriebsschulden zurückbehalten hätte (s. oben B. III. 3.). Der Wert des Betriebsvermögens ist dann entsprechend höher, der Veräußerungsgewinn in gleicher Höhe vermindert.
Werden erst nach der Übergabe des Betriebs Tatsachen bekannt, die erkennen lassen, daß die Freistellungszusage des Erwerbers wertlos ist, so können sie nach Ansicht des Senats bei einem nicht bestandskräftigen Bescheid grundsätzlich ohne zeitliche Beschränkung bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns berücksichtigt werden. Denn für die Bewertung des Betriebsvermögens im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 16 Abs.2 EStG gilt die nach allgemeinen Grundsätzen ordnungsgemäßer Bilanzierung bestehende zeitliche Grenze für die Ermittlung werterhellender Tatsachen nicht, weil der Veräußerungsgewinn nicht durch eine Bilanz ermittelt werden muß. Erforderlich ist jedoch auch für die Gewinnermittlung nach § 16 Abs.2 EStG, daß die werterhellenden Tatsachen bereits im Zeitpunkt der Betriebsübergabe vorhanden waren, da § 16 Abs.2 EStG ausdrücklich die Verhältnisse im Veräußerungszeitpunkt für maßgeblich erklärt. Später eingetretene Ereignisse, die den Wert des Betriebsvermögens beeinflussen, können nur berücksichtigt werden, wenn sie steuerliche Rückwirkung i.S. von § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO 1977 entfalten.
5. Ereignisse mit steuerrechtlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Betriebsveräußerung
a) Nach der vor Inkrafttreten der AO 1977 geltenden Vorschrift des § 4 Abs.3 Nr.2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) war ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, wenn ein Merkmal, dessen Vorliegen das Gesetz für die Steuerschuld, für die Steuerbefreiung, für eine Steuerermäßigung oder für eine sonstige Steuervergünstigung forderte, nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit wegfiel.
b) Die AO 1977 enthält keine dem § 4 Abs.3 Nr.2 StAnpG entsprechende Regelung. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 41 Abs.1 und in § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO 1977 eine den Grundgedanken des § 4 Abs.2 und 3 StAnpG verallgemeinernde Regelung getroffen, die auch die Fälle der Änderung von Steuerbescheiden nach § 5 StAnpG erfassen soll (vgl. die amtliche Begründung zu § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO 1977 ―im Entwurf § 156― in BTDrucks VI/1982, 155 und zu § 41 AO 1977 ―im Entwurf § 44― in BTDrucks VI/1982, 114; zur Entstehungsgeschichte vgl. ferner Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 41 AO 1977 Rz.2, 6, 42; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 175 AO 1977 Tz.7). Der Gesetzgeber wollte mit der Neufassung dieser Vorschriften ausdrücklich eine Fortentwicklung der Rechtsprechung zur steuerrechtlichen Beurteilung fehlerhafter Rechtsgeschäfte und zu den Steuerklauseln ermöglichen (vgl. BTDrucks VI/1982, 94 f.). Er hat dabei erkennbar den §§ 41 Abs.1 Satz 1, 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO 1977 die Funktion von Generalnormen für die Änderung von Steuerbescheiden bei rückwirkender Änderung des für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalts zugedacht (vgl. BTDrucks VI/1982, 155; Fischer, a.a.O., § 41 AO 1977 Rz.6). Sinn und Zweck dieser Vorschriften bestehen darin, unabhängig vom verfahrensrechtlichen Stadium der Besteuerung, die Änderung eines Steuerbescheids zu gewährleisten, wenn das Rechtsgeschäft, an das die Besteuerung anknüpft, später wirtschaftlich nicht durchgeführt wird. Ein solches Rechtsgeschäft verliert regelmäßig seine Funktion, Indikator steuerlicher Leistungsfähigkeit zu sein (Fischer, a.a.O., § 41 AO 1977 Rz.91). Dabei ist die Anwendung der §§ 41 Abs.1, 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO 1977 nicht auf Fälle beschränkt, in denen Rechtsgeschäfte bürgerlich-rechtlich von Anfang an unwirksam (nichtig) sind oder rückwirkend (ex tunc) unwirksam werden (ebenso: Fischer, a.a.O., § 41 AO 1977 Rz.99 ff.; Lauer, Die Korrekturvorschrift des § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 Abgabenordnung, 1984, 67 f., 70; a.A. BFH-Urteil vom 3.Februar 1988 I R 399/83, BFHE 153, 58, BStBl II 1988, 416; Klein/Orlopp, Abgabenordnung, 4.Aufl., § 41 Anm.1; Tipke/Kruse, a.a.O., § 41 AO 1977 Tz.1). Ebensowenig kommt es darauf an, ob das Rechtsgeschäft aus rechtlichen oder aus tatsächlichen Gründen wirtschaftlich nicht durchgeführt wird. Dementsprechend hat der BFH in seinem Urteil vom 12.Juli 1989 X R 8/84 (BFHE 157, 484, BStBl II 1989, 957) unter Berufung auf den Zweck des § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO 1977 unter rückwirkenden Ereignissen im Sinne dieser Vorschrift Ereignisse verstanden, die den Sachverhalt verändern und "steuerrechtlich derart in die Vergangenheit zurückwirken, daß ein Bedürfnis besteht, eine schon endgültig (bestandskräftig) getroffene Regelung … an die Sachverhaltsänderung anzupassen". Der erkennende Senat hält diese Auslegung des § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO 1977 für zutreffend. Er folgt nicht der einschränkenden Auslegung dieser Vorschrift in anderen Entscheidungen des BFH, nach denen ein Ereignis nur dann steuerliche Rückwirkung entfalten soll, wenn der Grund für sein späteres Eintreten bereits in dem Rechtsgeschäft selbst angelegt ist. Diese Auslegung wird dem Zweck des § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO 1977 nicht gerecht.
c) In welchen Fällen eine Änderung des Sachverhalts "steuerliche Wirkung für die Vergangenheit" entfaltet, ergibt sich nicht aus § 175 Abs.1 Satz 1 Nr.2 AO 1977, sondern aus dem im Einzelfall anzuwendenden materiellen Steuergesetz oder aus der Generalnorm des § 41 Abs.1 Satz 1 AO 1977 (BTDrucks VI/1982, 155; BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786; Fischer, a.a.O., § 41 AO 1977 Rz.42; Klein/Orlopp, a.a.O., § 175 Anm.1; Tipke/Kruse, a.a.O., § 175 AO 1977 Tz.7, 10). Bei den laufend veranlagten Steuern, wie z.B. der Einkommensteuer, wird die erforderliche Anpassung an einen veränderten Sachverhalt in vielen Fällen nicht durch Änderung des Steuerbescheids für einen zurückliegenden Veranlagungszeitraum, sondern erst in dem Veranlagungszeitraum vorgenommen, in dem die Änderung eintritt. So kann der Tatbestand der Einkünfteerzielung durch rückwirkende bürgerlich- rechtliche Vereinbarungen nicht ungeschehen gemacht werden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17.August 1967 IV R 80/67, BFHE 90, 341, BStBl II 1968, 93; vom 1.August 1968 IV R 177/66, BFHE 93, 239, BStBl II 1968, 740; vom 21.Dezember 1972 IV R 194/69, BFHE 108, 495, BStBl II 1973, 389; vom 15.März 1973 VIII R 150/70, BFHE 109, 257, BStBl II 1973, 593, und vom 7.Juli 1983 IV R 209/80, BFHE 139, 60, BStBl II 1984, 53). Kommt es aufgrund solcher Vereinbarungen zu einer Rückzahlung zugeflossener Einnahmen, so kann dieser Rückfluß erst mit Wirkung für den Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden, in dem er durchgeführt ist (BFHE 93, 239, BStBl II 1968, 740); das gilt insbesondere für die vom Zuflußprinzip (§ 11 EStG) beherrschten Einkunftsarten (vgl. BFH-Urteile vom 1.März 1977 VIII R 106/74, BFHE 122, 60, BStBl II 1977, 545; vom 13.Oktober 1989 III R 30-31/85, BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287). Als tatsächliche Vorgänge können auch Entnahmen und Einlagen nicht mit steuerlicher Wirkung rückgängig gemacht werden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22.Juni 1967 I 192/64, BFHE 90, 114, BStBl II 1968, 4; vom 18.April 1973 I R 57/71, BFHE 109, 505, BStBl II 1973, 700; vom 2.August 1983 VIII R 15/80, BFHE 139, 79, BStBl II 1983, 736). Gleiches gilt für die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums (BFH-Urteil vom 18.September 1984 VIII R 119/81, BFHE 142, 30, BStBl II 1985, 55).
d) Auch die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung schließen nach der Sonderregelung des § 41 Abs.1 Satz 2 AO 1977 die steuerliche Rückwirkung laufender Geschäftsvorfälle weitgehend aus (BFH-Urteil in BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786; Fischer, a.a.O., § 41 AO 1977 Rz.129; Ruppe in Herrmann/ Heuer/Raupach, a.a.O., Einf. EStG, Anm.688 a.E.; Lauer, a.a.O., 37 ff.). Ob eine Bilanz richtig oder unrichtig ist, bestimmt sich nach dem Erkenntnisstand des sorgfältigen Kaufmanns bei Aufstellung der Bilanz (vgl. BFH-Urteil vom 23.Mai 1984 I R 266/81, BFHE 141, 261, BStBl II 1984, 723). Als stichtagsbezogene Vermögensaufstellung bleibt die Bilanz auch dann richtig, wenn sich nach ihrer Aufstellung herausstellt, daß ein bisher als wirksam angesehenes Rechtsgeschäft unwirksam geworden ist. Die Anfechtung oder Aufhebung eines Vertrages ist keine wertaufhellende Tatsache, die bei der Aufstellung der Bilanz zu berücksichtigen wäre (BFH-Urteil in BFHE 152, 226, BStBl II 1988, 430). Die Folgerungen aus der Rückgängigmachung des Geschäfts werden erst in der auf den Zeitpunkt der Aufhebung oder Anfechtung des Vertrags folgenden Bilanz gezogen. Wird die Forderung des Kaufmanns aus einem laufenden Geschäftsvorfall später ganz oder teilweise uneinbringlich, so kann eine Teilwertabschreibung auf diese Forderung erst in der Bilanz des Jahres vorgenommen werden, in dem die wertmindernden Umstände erkennbar geworden sind.
e) Anders verhält es sich bei der Besteuerung sog. "Einmaltatbestände", bei denen nachträgliche Änderungen nicht in einer Folgebilanz oder nach den Grundsätzen des Zuflußprinzips in einem späteren Veranlagungszeitraum berücksichtigt werden können (vgl. Fischer, a.a.O., § 41 AO 1977 Rz.111 ff.).
Der BFH hat deshalb zu Recht ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung angenommen, wenn der Gewinn aus der Veräußerung eines Gewerbebetriebs (§ 16 EStG) oder einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (§ 17 EStG) durch nachträgliche Vorgänge verändert wird (vgl. Urteil vom 2.Oktober 1984 VIII R 20/84, BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428; BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786).
f) Nach Ansicht des Senats gebieten die Vorschriften über die Betriebsveräußerung (§§ 16, 34 EStG) eine rückwirkende Änderung der Steuerfestsetzung auch dann, wenn ―wie im Streitfall― der Erwerber eines Betriebs bilanzierte Betriebsschulden übernommen hat und aufgrund nachträglich eingetretener Umstände nicht in der Lage ist, seine Zusage, den Veräußerer von jeder Haftung für die übernommenen Verbindlichkeiten freizustellen, einzuhalten. Der bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns anzusetzende Wert des Betriebsvermögens wird dadurch rückwirkend erhöht, der Veräußerungsgewinn entsprechend gemindert.
aa) Der Gewinn aus einer Betriebsveräußerung wird ―soweit er nicht nach § 16 Abs.4 EStG steuerbefreit ist― nach § 34 Abs.1 und 2 EStG mit einem ermäßigten Steuersatz zur Einkommensteuer herangezogen. Diese Steuervergünstigung hat den Zweck, Härten zu vermeiden, die entstünden, wenn die während eines längeren Zeitabschnitts angesammelten stillen Reserven in einem Zuge aufgedeckt und der daraus resultierende Gewinn mit dem normalen Einkommensteuertarif besteuert werden müßte (BFH-Urteil vom 7.April 1989 III R 9/87, BFHE 157, 355, 359, BStBl II 1989, 874; L. Schmidt, a.a.O., § 16 Anm.2 m.w.N.). Für die Ermittlung des tarifbegünstigten Veräußerungsgewinns und seine Abgrenzung vom nicht begünstigten laufenden Gewinn hat der Gesetzgeber in § 16 Abs.2 EStG eine besondere Regelung getroffen.
bb) Der Veräußerungsgewinn i.S. des § 16 EStG beruht auf einem einmaligen, punktuellen Ereignis. Er ist von den laufenden Einkünften aus Gewerbebetrieb durch die besondere Form der Gewinnermittlung und die Besteuerung mit einem ermäßigten Steuersatz deutlich abgegrenzt. Diese Besonderheiten rücken die Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn in die Nähe einer Einzelsteuer (Dötsch, a.a.O., S.124). Dabei entspricht es dem Zweck der §§ 16, 34 EStG, Vorgänge, die im Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung stehen, möglichst vollständig bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu erfassen. Die steuerrechtliche Auswirkung solcher Vorgänge ist nach Möglichkeit nicht in die Zukunft zu verlagern, weil Gewinne, die durch die Betriebsveräußerung veranlaßt sind, ungeschmälert an den Freibetrags- und Tarifvergünstigungen des § 16 Abs.4, § 34 Abs.2 Nr.1 EStG teilhaben sollen. Auf der anderen Seite ist eine Änderung der Steuerfestsetzung für das Jahr der Veräußerung geboten, wenn der Veräußerungsgewinn durch spätere Vorgänge gemindert wird oder ganz entfällt. Denn ein Gewinn, den der Steuerpflichtige tatsächlich nicht erzielt hat, kann nicht (mehr) Anknüpfungspunkt einer (tarifbegünstigten) Besteuerung sein.
Der in § 16 EStG bestimmte Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung steht dieser Auffassung nicht entgegen. Wenn der Gesetzgeber in § 16 EStG die Gewinnrealisierung im Zeitpunkt der Veräußerung eintreten läßt, obwohl der Erfolg des Veräußerungsgeschäfts zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig feststeht, so liegt dieser Regelung die unausgesprochene Annahme zugrunde, daß der Vertrag in wirtschaftlicher Hinsicht ohne Störungen abgewickelt werden wird (Fischer, a.a.O., § 41 AO 1977 Rz.121; Theisen, StuW 1976, 354, 365, 372; ders., DStR 1988, 403, 405). Erweist sich diese Annahme später als unzutreffend, so ist eine rückwirkende Korrektur des Veräußerungsgewinns geboten.
cc) Dies muß nach Auffassung des vorlegenden Senats auch dann gelten, wenn die Ereignisse, die zu einer Änderung des Veräußerungsgewinns geführt haben, erst nach dem Zeitpunkt der Veräußerung (der Gewinnrealisierung) eingetreten sind. Es ist auch nicht erforderlich, daß die Ursache für die spätere Veränderung des Veräußerungsgewinns bereits in dem ursprünglichen, der Besteuerung zugrunde gelegten Veräußerungsgeschäfts angelegt war. Voraussetzung für die steuerliche Rückwirkung eines nachträglichen Ereignisses auf den Zeitpunkt der Veräußerung ist nur, daß es unmittelbar auf eine der in § 16 Abs.2 EStG genannten Bestandteile des Veräußerungsgewinns (Wert des Betriebsvermögens, Veräußerungspreis, Veräußerungskosten) einwirkt und deshalb noch dem Vorgang der Betriebsveräußerung zuzurechnen ist.
dd) Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Erwerber eines Betriebs seine Zusage, den Veräußerer von den Betriebsschulden im Verhältnis zu den Gläubigern freizustellen, aufgrund nachträglich eingetretener Umstände nicht einhalten kann. Wird der Veräußerer in einem späteren Veranlagungszeitraum wider Erwarten von den Gläubigern für Verbindlichkeiten des Betriebs in Anspruch genommen, so steht fest, daß der Wert des Betriebsvermögens in der Schlußbilanz um den Betrag der im Ergebnis vom Erwerber nicht übernommenen Betriebsschulden zu niedrig angesetzt worden und der Veräußerungsgewinn in der ursprünglich angenommenen Höhe wirtschaftlich nicht realisiert worden ist. Da für die Besteuerung die wirtschaftliche Durchführung des Geschäfts maßgeblich sein soll (§ 41 Abs.1 Satz 1 AO 1977), ist der Veräußerungsgewinn rückwirkend zu ändern.
Die bisherige Rechtsprechung des BFH, die die nachträgliche Inanspruchnahme des Veräußerers aus den Betriebsschulden erst im Jahr der Inanspruchnahme als nachträglichen Verlust aus Gewerbebetrieb i.S. von § 24 Nr.2 EStG berücksichtigen will, führt regelmäßig dazu, daß der Veräußerer im Ergebnis eine zu niedrige Einkommensteuer auf den tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinn entrichtet. Denn die Tilgung der Verbindlichkeiten wird im Jahr der Inanspruchnahme des Veräußerers zum vollen Steuertarif steuermindernd berücksichtigt, während sich diese Verbindlichkeiten bei der Besteuerung des Veräußerungsgewinns nur mit dem ermäßigten Steuersatz des § 34 EStG steuererhöhend ausgewirkt haben.
C. Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage
Der VIII.Senat bejaht die Vorlagefrage. Schließt man sich dieser Auffassung an, so ist die Revision des Klägers im wesentlichen begründet. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) müßte aufgehoben und der Klage teilweise stattgegeben werden.
Verneint man die Vorlagefrage, so müßte der Senat das FG-Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen, da die im angefochtenen Urteil festgestellten Tatsachen nicht ausreichen, um dem Senat eine abschließende Prüfung der Frage zu ermöglichen, ob bereits im Zeitpunkt der Veräußerung mit der Inanspruchnahme des Klägers aus der Grundschuld ernstlich zu rechnen war.
D. Rechtsgrundlage der Vorlage
Der Senat weicht mit der von ihm vertretenen Auffassung von Entscheidungen des I.Senats (BFHE 124, 56, BStBl II 1978, 149 und BFHE 159, 523, BStBl II 1990, 537) und des IV.Senats (BFHE 134, 15, BStBl II 1981, 795 und BFHE 162, 30, BStBl II 1991, 64) ab. Der I.Senat hat auf die Anfrage des erkennenden Senats nach § 11 Abs.3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) mitgeteilt, daß die Mitglieder des I.Senats mehrheitlich einer Abweichung von den genannten Urteilen nicht zustimmen; das gelte ungeachtet dessen, daß für die Entscheidung der mit diesen Urteilen entschiedenen Fällen inzwischen andere Ertragsteuersenate zuständig wären. Eine Minderheit des I.Senats sei hingegen der Überzeugung, daß die spätere Inanspruchnahme des Veräußerers für betriebliche Schulden zu einer rückwirkenden Minderung des tarifbegünstigten Veräußerungsgewinns führen müsse. Der IV.Senat hat mitgeteilt, er stimme einer Abweichung von den Entscheidungen in BFHE 134, 15, BStBl II 1981, 795 und BFHE 162, 30, BStBl II 1991, 64 nicht zu. Bei Zahlungen, wie sie im vorliegenden Fall zu beurteilen seien, handele es sich um nachträgliche Betriebsausgaben i.S. von § 24 Nr.2 EStG, die im Jahr der Zahlung zu negativen Einkünften aus Gewerbebetrieb führten.
Die Vorlage ist deshalb nach § 11 Abs.3 FGO geboten. Der VIII.Senat stützt die Vorlage ferner auf § 11 Abs.4 FGO. Er ist der Meinung, daß eine Entscheidung des Großen Senats über die vorgelegte Rechtsfrage dem allgemeinen Interesse an der Fortbildung des Rechts dient. Die unterschiedlichen Auffassungen einzelner Senate zu der Vorlagefrage und die beachtlichen Einwendungen, die in der Literatur gegen die bisherige Rechtsprechung des BFH vorgetragen worden sind, machen eine Entscheidung des Großen Senats erforderlich.
Fundstellen
Haufe-Index 417717 |
BFHE 166, 7 |
BB 1992, 836-839 (LT) |
DB 1992, 816-820 (LT) |
DStR 1992, 425 (KT) |
HFR 1992, 289 (LT) |
StE 1992, 182 (K) |