Leitsatz (amtlich)
Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wegen Übermittlung des Schriftsatzes an das falsche Gericht mit Telefax erfordert die Darlegung, welche Anweisungen zur Prüfung der in einem Schriftsatz angegebenen Faxnummer des Empfängers bestanden, wenn diese Nummer zur Übermittlung verwendet wurde, aber fehlerhaft war.
Normenkette
ZPO § 233
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 01.09.2004; Aktenzeichen 24 S 51/04) |
AG Groß-Gerau |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 24. Zivilkammer des LG Darmstadt v. 1.9.2004 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 2.454,01 EUR
Gründe
I.
Das AG hat die auf Schadensersatz i.H.v. 2.454,01 EUR nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger zu Händen seiner damaligen Prozessbevollmächtigten am 17.6.2004 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 12.7.2004 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz v. 17.8.2004, beim Berufungsgericht eingegangen am 18.8.2004, begründet. Eine Telekopie der Berufungsbegründung ist am 17.8.2004 beim AG eingegangen, das diese an das Berufungsgericht weitergeleitet hat, wo sie am 20.8.2004 einging. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat von der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung durch einen Anruf des AG am 18.8.2004 Kenntnis erlangt und mit Schriftsatz v. 19.8.2004 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung beantragt. Er hat im Wesentlichen vorgetragen, die Fachangestellte H. habe zwar die Frist eigenständig und korrekt eingetragen. Sie habe die Begründungsschrift nach Diktat gefertigt, aber nicht auf die Richtigkeit der Faxnummer geachtet und den Schriftsatz versehentlich an das AG versandt. Nach einer allgemeinen Anweisung im Büro seines Prozessbevollmächtigten habe sie jedoch bei fristwahrenden Schriftsätzen auf die richtige Empfängernummer sowie auf die Zahl der übermittelten Seiten zu achten, Übermittlungsstörungen zu überprüfen und zu beseitigen und den Sendebericht auszudrucken gehabt. Die Eintragungen auf dem Sendebericht wie Faxnummer, Anzahl der gesendeten Seiten und Sendeergebnis seien von ihr vor Löschung der Frist im Kalender auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen gewesen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers habe bei Unterzeichnung des Begründungsschriftsatzes auffallen können und müssen, dass der Schriftsatz unter der Anschrift des LG Darmstadt die Faxnummer des AG Groß-Gerau ausweise, zumal in der Akte bereits mehrere Schriftstücke mit der Faxnummer des AG enthalten gewesen seien und die Berufungsschrift im Adressfeld die richtige Faxnummer des LG Darmstadt getragen habe.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1, 522 Abs. 1 S. 4, 238 Abs. 2 ZPO). Sie ist aber unzulässig, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Eine Entscheidung des BGH ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und auch nicht zur Wahrung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) erforderlich. Der Zulassungsgrund des § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO ist nicht gegeben, wenn ausreichender Vortrag zur Ausgangskontrolle im Anwaltsbüro im konkreten Fall fehlt und das Berufungsgericht daher auf die eigene Tätigkeit des Anwalts abstellt, diese als fehlerhaft bewertet und den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückweist (BGH, Beschl. v. 18.5.2004 - VI ZB 12/03, FamRZ 2004, 1275).
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat seine Verpflichtung, für eine wirksame Ausgangskontrolle zu sorgen, durch die allgemeine Anweisung an seine zuständige Mitarbeiterin H., auf die richtige Empfängernummer zu achten und nach der Übermittlung eines Schriftsatzes auf der Grundlage des Sendeberichts die Vollständigkeit der Übermittlung zu überprüfen (BGH, Beschl. v. 22.6.2004 - VI ZB 14/04, BGHReport 2004, 1582 = MDR 2004, 1374), nicht ausreichend erfüllt.
Die Rechtsbeschwerde zeigt nämlich keinen Vortrag des Klägers vor dem Tatrichter dazu auf, welche Anweisungen zur Prüfung der in einem Schriftsatz angegebenen Empfängernummer bestanden oder dass nach allgemeiner Anweisung des Prozessbevollmächtigten die Richtigkeit der Empfängernummer anhand eines Verzeichnisses abschließend und selbständig zu prüfen (BGH, Beschl. v. 10.1.2000 - II ZB 14/99, MDR 2000, 416 = NJW 2000, 1043 [1044]; BAG v. 30.3.1995 - 2 AZR 1020/94, BAGE 79, 379 [381 ff.] = BRAK 1995, 264 = MDR 1995, 1171 = CR 1996, 32) und sie nicht nur mit der in dem selbst gefertigten Schriftsatz angegebenen (hier: unrichtigen) Empfängernummer zu vergleichen war. Anders als in dem Beschluss des erkennenden Senats v. 22.6.2004 (BGH, Beschl. v. 22.6.2004 - VI ZB 14/04, BGHReport 2004, 1582 = MDR 2004, 1374) bestand für eine solche abschließende Kontrolle im konkreten Fall Veranlassung, weil in der Akte des Prozessbevollmächtigten die Begründungsschrift eine andere Empfängernummer als die Berufungsschrift auswies. In diesem Punkt weicht der hier zu entscheidende Sachverhalt wesentlich von den Fällen ab, welche die Rechtsbeschwerde in Bezug nimmt (BGH, Beschl. v. 30.3.1994 - XII ZB 134/93, BRAK 1995, 87 = CR 1994, 530 = VersR 1994, 1448 ff.; v. 10.6.1998 - XII ZB 47/98, VersR 1999, 643 f.).
Ohne eine solche Anweisung zur abschließenden Kontrolle der Richtigkeit der Empfängernummer war die Kontrolle Sache des Prozessbevollmächtigten, die er unschwer hätte vornehmen können. Darauf hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler hingewiesen.
Soweit die Rechtsbeschwerde meint, der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe die einfache Aufgabe, die Empfängernummer in der Berufungsbegründung einzusetzen und diese Nummer dann in das Faxgerät einzugeben, einer zuverlässigen und sorgfältigen Fachangestellten übertragen dürfen, ohne die Ausführung des Auftrags überprüfen zu müssen, ist das im Ausgangspunkt richtig. Sie vermag jedoch nicht darzutun, dass der Kläger in dem Wiedereinsetzungsantrag oder den zur Glaubhaftmachung vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen vorgetragen hat, er habe eine ausreichende Anweisung erteilt, auf welche Weise die Empfängernummer auszuwählen, in den Schriftsatz mit der Berufungsbegründung einzufügen und ihre Richtigkeit zu überprüfen sei. Sie zeigt auch nicht auf, aus welchem Grund allein die Anweisung, "auf die richtige Empfängernummer zu achten" eine ausreichende Ausgangskontrolle gewährleisten würde.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 1337905 |
BB 2005, 1303 |
BGHR 2005, 933 |
EBE/BGH 2005, 4 |
FamRZ 2005, 1243 |
NJW-RR 2005, 862 |
JurBüro 2005, 390 |
ZAP 2005, 648 |
DAR 2005, 337 |
MDR 2005, 947 |
VersR 2005, 1264 |
PA 2005, 166 |
RENOpraxis 2005, 110 |
r+s 2005, 443 |
BRAK-Mitt. 2005, 182 |
Mitt. 2005, 326 |
ProzRB 2005, 269 |