Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 19.12.2006) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 19. Dezember 2006 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen, dass zur Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer drei Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen zweier am 18. Februar 2004 begangener gefährlicher Körperverletzungen (Einzelfreiheitsstrafen zwei Jahre und ein Jahr) unter Einbeziehung anderweitig verhängter Geldstrafen in Höhe von 70 und 60 Tagessätzen zu je 15 Euro zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die dagegen eingelegte Revision hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil aufgedeckt. Indes ist zur Kompensation einer während des Revisionsverfahrens eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung ein geringer Teil der verhängten Strafe als vollstreckt anzuordnen (vgl. BGH [GS] NJW 2008, 860; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 8, 10; BGH wistra 2002, 464).
Rz. 2
Das landgerichtliche Urteil ist nach achttägiger Hauptverhandlung am 19. Dezember 2006 – nach Anklageerhebung am 18. Oktober 2004 – ergangen. Auf die am 27. März 2007 eingegangene Revisionsbegründung hat die Staatsanwaltschaft am 3. August 2007 eine siebenseitige Revisionsgegenerklärung verfasst, die am 17. September 2007 dem Verteidiger zugestellt worden ist. Die Akten sind indes erst am 31. Januar 2008 dem Generalbundesanwalt übersandt worden, wo sie am 11. Februar 2008 eingingen.
Rz. 3
Der Senat erkennt allein auf die Sachbehandlung im Bereich der Justiz zurückzuführende nicht mehr hinnehmbare Verzögerungen von jedenfalls sieben Monaten bis zum Eingang der Akten beim Generalbundesanwalt im Februar 2008. Der damit vorliegende Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK ist entsprechend den Grundsätzen des Großen Senats des Bundesgerichtshofs für Strafsachen in dessen Beschluss vom 17. Januar 2008 (NJW 2008, 860) – auch vom Revisionsgericht (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 10) – zu kompensieren. Vor dem Hintergrund, dass das Verfahren bis zum erstinstanzlichen Urteil zwar nicht verzögerlich, aber auch nicht zügig bearbeitet wurde, hält es der Senat für angemessen, dass drei Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt zu gelten haben.
Rz. 4
Dieser Teilerfolg der Revision rechtfertigt noch nicht die Anwendung von § 473 Abs. 4 StPO.
Unterschriften
Basdorf, Gerhardt, Raum, Brause, Schaal
Fundstellen