Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 02.11.2006) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 2. November 2006 aufgehoben, soweit gegen den Angeklagten ein Berufsverbot verhängt worden ist.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt und ihm auf Lebenszeit die Ausübung eines Heilberufes und der damit verbundenen Hilfstätigkeiten verboten. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur hinsichtlich des Berufsverbots Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
Die Anordnung des Berufsverbots hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat den Maßregelausspruch darauf gestützt, dass der Angeklagte, ein gelernter Krankenpfleger und Rettungsassistent, im Krankenhaus Medikamente entwendet habe. Seine im Rahmen seines Berufes erworbenen Kenntnisse habe er dazu genutzt, seine Freundinnen zu bewegen, wegen bei ihnen angeblich bestehenden Krankheiten Überdosierungen dieser Medikamente einzunehmen, so dass sie sich in dem dadurch hervorgerufenen Zustand gegen seine sexuellen Übergriffe nicht zur Wehr setzen konnten.
Rz. 3
Diese Begründung ist nicht geeignet, das verhängte Berufsverbot zu tragen. Ein Missbrauch von Beruf oder Gewerbe im Sinne des § 70 StGB liegt nur dann vor, wenn der Täter unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf oder sein Gewerbe gestellten Aufgaben seine Tätigkeit ausnutzt, um einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden Zweck zu verfolgen. Dazu genügt ein bloß äußerer Zusammenhang in dem Sinne, dass der Beruf des Täters lediglich die Möglichkeit gibt, Straftaten zu begehen, nicht. Die strafbare Handlung muss vielmehr Ausfluss der jeweiligen Berufs- oder Gewerbetätigkeit sein und einen berufstypischen Zusammenhang erkennen lassen (std. Rspr., z. B. BGHSt 22, 144; Beschluss vom 6. Juni 2003 – 3 StR 188/03 m. w. N.). Daran fehlt es hier. Aus den der Verurteilung zugrunde liegenden Taten kann nicht auf den erforderlichen „berufstypischen” Zusammenhang geschlossen werden. Wenn auch der Angeklagte die Medikamente im Krankenhaus entwendet hat, haben die Diebstähle, deretwegen er am 21. Oktober 2004 aus seiner Anstellung dort entlassen wurde, nur einen äußeren Bezug zu seiner Tätigkeit gerade als Krankenpfleger. Der Angeklagte hat weder seinen Beruf als solchen missbraucht noch spezielle Berufspflichten verletzt, sondern Gelegenheiten, die ihm seine Tätigkeit bot, zur Begehung von Diebstählen ausgenutzt. Die Unzuverlässigkeit des Angeklagten gerade in seinem Beruf oder ein Anlass, die Allgemeinheit vor den mit der weiteren Berufsausübung des Angeklagten drohenden Gefahren zu schützen, werden durch die Taten nicht erkennbar. Durch ein Berufsverbot lässt sich die Ausnutzung der medizinischen Kenntnisse des Angeklagten, die er zu Straftaten gegenüber einer Frau aus seinem privaten Umfeld eingesetzt hat, auch nicht verhindern. Die Maßregel ist demgemäß aufzuheben, sie entfällt. Der Senat entscheidet insoweit selbst in der Sache, da unter den gegebenen Umständen ausgeschlossen ist, dass in neuer Verhandlung weitere Feststellungen, die das Berufsverbot rechtfertigen würden, getroffen werden könnten.
Rz. 4
Der geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den Kosten seines Rechtsmittels zu entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Unterschriften
Rissing-van Saan, Otten, Rothfuß, Roggenbuck, Appl
Fundstellen
Haufe-Index 2552068 |
StV 2008, 80 |
StraFo 2007, 426 |