Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung eines früheren LPG-Mitglieds
Leitsatz (amtlich)
a) Wird die Rechtsbeschwerde auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht gestützt, muß sie angeben, welche Ermittlungen das Gericht unterlassen hat und zu welchem tatsächlichen Ergebnis sie möglicherweise geführt hätten.
b) § 51 a Abs. 3 Satz 2 LwAnpG ist nur anwendbar, wenn ein vor dem 7. Juli 1991 ausgeschiedenes Mitglied oder sein Erbe den ihm zustehenden Abfindungsanspruch vor dem Umwandlungsbeschluß geltend gemacht hat. Anderenfalls ist die Umwandlungsbilanz maßgebend.
Normenkette
LwVG § 26 Abs. 2; FGG § 12; LwAnpG § 51a Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
AG Döbeln (Beschluss vom 20.10.1993) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 1993 ergangenen Beschluß des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Döbeln wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Der Tenor der angefochtenen Entscheidung wird in Ziff. 1 – klarstellend – wie folgt neu gefaßt:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller 170.083,46 DM abzüglich am 2. Oktober 1991 gezahlter 3.218 DM nebst 4 % Zinsen aus 166.865,46 DM seit 10. Mai 1992 zu zahlen abzüglich am 9. Juli 1992 gezahlter 8.591 DM und am 19. Mai 1993 gezahlter 3.197 DM.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 155.077,46 DM.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller war Mitglied der LPG S., der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin. Mit Schreiben vom 10. November 1990 erklärte er seinen Austritt aus der LPG zum 31. Dezember 1990 und verlangte die Herausgabe seines Betriebs. Dieser wird seit dem 1. April 1991 nunmehr von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bewirtschaftet, der neben dem Antragsteller dessen Schwägerin sowie deren Sohn angehören.
Der Antragsteller hat beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn den Inventarbeitrag in Höhe von 23.670 DM nebst Zinsen abzüglich am 9. Juli 1992 gezahlter 8.591 DM, am 19. Mai 1993 gezahlter 3.197 DM und am 2. Oktober 1991 gezahlter 3.218 DM sowie eine Abfindung in vom Gericht zu bestimmender Höhe nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 und 3 LwAnpG zuzüglich Zinsen zu zahlen.
Das Landwirtschaftsgericht hat dem Antrag in Höhe von 155.077,46 DM nebst Zinsen entsprochen. Hiergegen richtet sich die – zugelassene – Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Ohne Erfolg wendet sie sich insbesondere gegen die Annahme, der Antragsteller habe mit dem Schreiben vom 10. November 1990 die Kündigung der Mitgliedschaft erklärt. Die von ihr in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge, das Landwirtschaftsgericht habe nicht berücksichtigt, daß der Antragsteller in der nachfolgenden Zeit noch seine Mitgliedschaftsrechte wahrgenommen, insbesondere an der Aktionärsversammlung am 24. August 1992 teilgenommen, habe, und daß die Antragsgegnerin ihm insgesamt 1.110 Aktien à 50 DM zugerechnet habe, ist unerheblich. Denn der objektive Erklärungswert des mit dem Schreiben vom 10. November 1990 erklärten Austritts aus der LPG ist eindeutig und wird durch die späteren Umstände nicht in Frage gestellt, weil eine Willenserklärung nicht nachträglich einen anderen als den bei ihrem Zugang erkennbaren Sinn erlangen kann (BGH, Urt. v. 24. Juni 1988, V ZR 49/87, NJW 1988, 2878, 2879). Daß die Parteien der Austrittserklärung von Anfang an übereinstimmend einen anderen Sinn beigelegt hatten (vgl. BGH, Urt. v. 20. November 1992, V ZR 122/91, NJW-RR 1993, 373), ist weder behauptet worden noch sonst ersichtlich.
Unbegründet sind auch die Angriffe gegen die Höhe des zuerkannten Abfindungsanspruchs. Die Feststellung beruht auf der von der Antragsgegnerin auf entsprechende gerichtliche Anforderung zu den Gerichtsakten eingereichten Aufstellung. Diese Aufstellung entspricht entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Ansicht den vom Senat gestellten Anforderungen an ihre Prüfbarkeit (Senatsbeschl. v. 4. Dezember 1992, BLw 20/92, NJW 1993, 1207, 1208). Weitere Ermittlungen von Amts wegen waren daher nicht veranlaßt. Im übrigen hat die Rechtsbeschwerde nicht vorgetragen, welche erheblichen Tatsachen eine weitere Ermittlung von Amts wegen zutage gefördert hätte. Daraus, daß nach § 27 Abs. 1 LwVG die Rechtsbeschwerde nur auf eine für die Entscheidung ursächlich gewordene Verletzung des Gesetzes gestützt werden kann und nach § 26 Abs. 2 LwVG zu begründen ist, folgt, daß der Beschwerdeführer bei einer Rüge, das Gericht habe seine Amtsermittlungspflicht verletzt, im einzelnen darlegen muß, welche Ermittlungen es unterlassen hat und zu welchem tatsächlichen Ergebnis sie möglicherweise geführt hätten. Insoweit ist die Rechtslage ähnlich wie bei der im Revisionsverfahren erhobenen Rüge der Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (vgl. MünchKomm/Walchshöfer, § 554 Rdn. 22), nur daß der Beschwerdeführer bei der behaupteten Verletzung der Amtsermittlungspflicht anzugeben hat, welche tatsächlichen Feststellungen eine weitere Ermittlung des Sachverhalts ermöglicht hätte. Da die Rechtsbeschwerde hierzu keine Angaben enthält, genügt sie insoweit schon nicht den Anforderungen an eine ausreichende Begründung.
Nicht zu beanstanden ist ferner, daß das Landwirtschaftsgericht für die Ermittlung des erst im Jahr 1992 geltend gemachten Anspruchs die Abschlußbilanz zum 31. Dezember 1990, die zugleich Umwandlungsbilanz war, für maßgeblich erachtet hat. Allerdings sieht § 51 a Abs. 1 LwAnpG vor, daß die einem Mitglied, das nach dem 15. März 1990 und vor Inkrafttreten der Neufassung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes am 7. Juli 1991 ausgeschieden ist, zustehenden Ansprüche nach den Regeln des § 44 LwAnpG n.F. zu berechnen sind, wobei anstelle des Zeitpunkts der Beendigung der Mitgliedschaft der Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs maßgeblich sein soll (§ 51 a Abs. 3 Satz 2 LwAnpG). Macht ein solches Mitglied seine Ansprüche also nicht bei seinem Ausscheiden aus der LPG, sondern – wie hier – erst nach der Umwandlung geltend, so wäre dem Wortlaut nach für die Berechnung des Anspruchs das Eigenkapital in der Bilanz maßgebend, die für den ersten Stichtag nach der Geltendmachung des Anspruchs als ordentliche Bilanz aufgestellt wird (Arlt/Schramm, Vermögen in der ehemaligen DDR, LwAnpG Rdn. 299; Feldhaus, Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz, S. 59). Dies hätte, wie das Landwirtschaftsgericht zutreffend ausführt, im vorliegenden Fall zur Folge, daß der 1990 aus der LPG ausgeschiedene Antragsteller für zwei Jahre an Gewinnen und Verlusten des Nachfolgeunternehmens beteiligt wäre, weil er seinen Anspruch erst im Jahr 1992 geltend gemacht hat. Eine solche, allein am Wortlaut der Bestimmung haftende Auslegung widerspricht aber der Zielsetzung des Gesetzes, den verbliebenen Mitgliedern der LPG für ihre Entscheidung, ob das Unternehmen aufgelöst oder in anderer Rechtsform fortgeführt werden soll, einen umfassenden Überblick über das vorhandene Aktivvermögen und die bis dahin begründeten Verbindlichkeiten zu ermöglichen und die ausgeschiedenen oder aus Anlaß der Umwandlung ausscheidenden Mitglieder nicht weiter am Gewinn oder Verlust des Nachfolgeunternehmens zu beteiligen. Die Umwandlung setzt also eine abgeschlossene Vermögenszuordnung voraus, die sich nicht dadurch nachträglich noch verändern kann, daß ein ausgeschiedenes Mitglied erst später seinen Anspruch geltend macht. Die nach der Umwandlung erstellten Bilanzen sind insoweit solche des Nachfolgeunternehmens, in denen das Vermögen bereits zugeordnet ist und die noch nicht abgefundenen Ansprüche als Verbindlichkeiten auszuweisen sind (Seil, AgrarR, Sonderheft Landwirtschaftsanpassungsgesetz, S. 16, 20). Sie scheiden daher als Berechnungsgrundlage für die vor der Umwandlung entstandenen Ansprüche aus. § 51 a Abs. 3 Satz 2 LwAnpG kann deswegen hinsichtlich der Frage nach der maßgeblichen Bilanz im Wege der teleologischen Reduktion nur in den Fällen Anwendung finden, in denen ein vor dem 7. Juli 1991 ausgeschiedenes Mitglied oder sein Erbe den ihm zustehenden Anspruch in der Zeit zwischen dem 7. Juli 1991 und dem Umwandlungsbeschluß geltend gemacht hat (Seil, a.a.O.). Anderenfalls ist die Umwandlungsbilanz maßgebend. Soweit sich aus dem Beschluß des Senats vom 21. April 1993 (BLw 46/92, WM 1993, 1386 = AgrarR 1993, 189) etwas anderes ergibt, wird daran nicht festgehalten.
Zutreffend ist schließlich auch die Annahme des Landwirtschaftsgerichts, daß der Abfindungsanspruch mit der Feststellung der Bilanz zum 31. Dezember 1990 fällig geworden ist (§§ 51 a Abs. 1, 49 Abs. 2 LwAnpG). Darauf, ob der Antragsteller Wiedereinrichter ist, kommt es nicht an, weil § 49 Abs. 1 LwAnpG auf Ansprüche nach §§ 51 a Abs. 1, 44 Abs. 1 LwAnpG keine Anwendung findet. Dies ergibt sich aus § 51 a Abs. 1 Satz 2 LwAnpG, wonach auf Ansprüche nach §§ 51 a Abs. 1, 44 Abs. 1 LwAnpG lediglich § 49 Abs. 2 und Abs. 3 LwAnpG entsprechend anzuwenden ist. Insoweit besteht kein Unterschied zu dem Anspruch nach § 51 a Abs. 2 i.V. mit § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 24. November 1993, BLw 52/92, WM 1994, 309).
Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge aus § 44 LwVG als unbegründet zurückzuweisen.
Unterschriften
Hagen, Vogt, Wenzel
Fundstellen
Haufe-Index 1759009 |
BGHR |
Nachschlagewerk BGH |