Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 29.01.2019) |
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Halle vom 29. Januar 2019 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Ergänzend bemerkt der Senat:
Das Landgericht hat im Hinblick auf den schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes beim Angeklagten R. rechtsfehlerhaft die Tatvarianten des § 176a Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB als erfüllt angesehen. Täter nach § 176a Abs. 2 Nr. 1, § 176 Abs. 1 StGB kann indes nur sein, wer das Kind selbst körperlich berührt, da es sich beim Grundtatbestand des § 176 Abs. 1 StGB um ein eigenhändiges Delikt handelt (BGH, Urteil vom 7. September 1995 – 1 StR 236/95, BGHSt 41, 242, 243). Dies ist nicht festgestellt. Da die Qualifikation des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB auch für die Fälle des § 176 Abs. 2 StGB Anwendung findet, kann hinsichtlich dieser Tatvariante auch derjenige Täter sein, wer das Kind zum Beischlaf oder einer ähnlichen sexuellen Handlung, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist, mit einer dritten Person bestimmt (BGH, Urteil vom 30. September 2004 – 4 StR 134/04, NStZ 2005, 152). Auch dies ergeben die Feststellungen nicht.
Auch eine gemeinschaftliche Tatbegehung nach § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB kann dem Urteil nicht entnommen werden. § 176a Abs. 2 Nr. 2 StGB setzt voraus, dass bei der Verwirklichung der Grundtatbestände des § 176 Abs. 1 und 2 StGB mindestens zwei Personen vor Ort mit gleicher Zielrichtung derart bewusst zusammenwirken, dass sie in der Tatsituation zusammen auf das Tatopfer einwirken oder sich auf andere Weise psychisch oder physisch aktiv unterstützen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13, BGHSt 59, 28, 31 f. mwN; Beschluss vom 22. November 2017 – 4 StR 401/17, NStZ 2018, 460 mwN; Beschluss vom 25. September 2018 – 2 StR 275/18 Nr. 18, 21 mwN). Dabei reicht es aus, dass sich von den zusammenwirkenden Tätern der eine nach § 176 Abs. 1 StGB und der andere nach § 176 Abs. 2 StGB strafbar macht. Jedoch liegt keine der Tatvarianten des § 176 Abs. 1 oder 2 StGB beim Angeklagten R. vor. Weder ist eine sexuelle Handlung des Angeklagten R. an dem Kind noch ein Einwirken auf dieses zwecks Duldung der sexuellen Handlungen durch die Angeklagte Ri. festgestellt.
Da das Landgericht den Schuldspruch wegen schweren sexuellen Missbrauchs aber auch – und insoweit rechtsfehlerfrei – auf § 176a Abs. 3 StGB gestützt hat, wird der Schuldspruch im Ergebnis durch die rechtsfehlerhafte Anwendung von § 176 a Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB nicht berührt. § 176a Abs. 3 StGB qualifiziert den sexuellen Missbrauch nach § 176 Abs. 1 StGB auch für den Teilnehmer an dieser Tat, wenn er in der Absicht handelt, die Tat zum Gegenstand einer kinderpornografischen Schrift zu machen, die verbreitet werden soll. Eine Beihilfe des Angeklagten R. zu den Tathandlungen der Angeklagten Ri. mit der erforderlichen Absicht wird durch die Urteilsgründe zwanglos belegt.
Auch der Strafausspruch kann bestehen bleiben. Die Erwägungen, die die Strafkammer bei der Erörterung des – bei § 176a Abs. 3 StGB nicht gegebenen – minder schweren Falls angestellt hat und die zum Teil auf die Erfüllung der Tatvarianten des § 176a Abs. 2 Nr. 1 und 2 abstellen, hat sie bei der konkreten Strafzumessung nicht aufgegriffen.
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, RiBGH Bender ist im Urlaub und daher gehindert zu unterschreiben. Sost-Scheible, Quentin, Bartel
Fundstellen
Haufe-Index 13393225 |
NStZ-RR 2019, 341 |
StV 2020, 472 |