Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 11.01.2005) |
Tenor
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts wird das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt worden ist. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Januar 2005 im Schuld- und Strafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt ist.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
4. Der Angeklagte hat die übrigen Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten (Einzelstrafen: sechs Jahre und ein Jahr sechs Monate) verurteilt; außerdem hat es eine Maßregelanordnung nach §§ 69, 69 a StGB sowie Einziehungs- und Verfallsanordnungen getroffen. Die hiergegen eingelegte Revision des Angeklagten, mit der dieser die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 28. Juni 2005 weitgehend unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Sie hat jedoch mit der Sachrüge einen Teilerfolg.
Auf Antrag des Generalbundesanwalts vom 31. August 2005 wird das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt worden ist. Die bisher getroffenen Feststellungen belegen eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 315 b Abs. 1 StGB nicht, denn danach fuhr der Angeklagte lediglich mit Gefährdungsvorsatz auf den Polizeibeamten zu (UA 7). Dies reicht nach neuerer Rechtsprechung für die Annahme eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nicht aus, denn bei Vorgängen im fließenden Verkehr muss zu dem bewusst zweckwidrigen Einsatz eines Fahrzeugs in verkehrswidriger Absicht hinzukommen, dass es mit mindestens bedingtem Schädigungsvorsatz – etwa als Waffe oder Schadenswerkzeug – missbraucht wird (vgl. BGHSt 48, 233 f.; vgl. auch Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 315 b Rdn. 9).
Der Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafe führt zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe. Dagegen bleibt die Maßregelanordnung trotz der Einstellung bestehen, da die Voraussetzungen für eine Entziehung der Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Ungeeignetheit nach wie vor vorliegen (§ 69 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 StGB). Der Angeklagte hat versucht, sich seiner Festnahme wegen des Betäubungsmitteldelikts und dem Auffinden der im Fahrzeug befindlichen Betäubungsmittel durch die ihn verfolgenden Polizeibeamten zu entziehen, indem er mit einer Geschwindigkeit von teilweise mehr als 100 km/h unter Missachtung der Verkehrsregelung durch Lichtzeichensignalanlagen, Gefährdung eines Polizeibeamten und Beschädigung eines Fahrzeugs durch das Stadtgebiet fuhr. Er hat damit gezeigt, dass er bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2005 – GSSt 2/04 = NJW 2005, 1957 f.).
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Athing, Solin-Stojanović, Sost-Scheible
Fundstellen
Haufe-Index 2556932 |
ZAP 2006, 13 |
VRA 2005, 216 |
VRR 2005, 362 |