Entscheidungsstichwort (Thema)
unerlaubte Abgabe von Betäubungsmittel an Minderjährige
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 26. Mai 1998 wird als unzulässig verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten von dem Vorwurf, mehrere Betäubungsmittelstraftaten begangen zu haben, freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet; die Vollstreckung der Maßregel hat es zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen hat der Angeklagte Revision eingelegt.
Die Revision ist unzulässig, weil der Angeklagte nach der Urteilsverkündung wirksam auf Rechtsmittel verzichtet hat (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Wie sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt, haben sowohl der Angeklagte als auch seine Verteidigerin erklärt, auf eine Rechtsmittelbelehrung und auf die Einlegung von Rechtsmitteln zu verzichten. Diese Erklärungen wurden gemäß § 273 Abs. 3 StPO vorgelesen und genehmigt.
Der Verzicht auf Rechtsmittel setzt allerdings die Verhandlungsfähigkeit des Erklärenden voraus. Ob er verhandlungsfähig war, ist vom Revisionsgericht im Freibeweisverfahren zu klären (BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 16). Die Verhandlungsfähigkeit ist hier zu bejahen:
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß dem Angeklagten im Hinblick auf seinen geistigen Zustand die genügende Einsichtsfähigkeit für seine Prozeßhandlung und deren Tragweite gefehlt hätte. Zwar hat das Tatgericht bei dem Angeklagten eine Psychose, also eine krankhafte seelische Störung, festgestellt, die verbunden mit einer Drogenabhängigkeit das Steuerungsvermögen des Angeklagten zur Tatzeit auf jeden Fall gemindert, möglicherweise sogar gemäß § 20 StGB ganz ausgeschlossen hat. Dadurch wird jedoch die nach anderen Grundsätzen zu beurteilende prozessuale Fähigkeit, sich sachgerecht zu verteidigen und Verfahrenshandlungen in ihrer Wirkung und Bedeutung zu erfassen, nicht in Frage gestellt. Aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergibt sich kein Hinweis darauf, daß Bedenken an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bestanden haben. Er hat aktiv an der Verhandlung mitgewirkt, indem er ausführliche Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen und zur Sache gemacht hat. Wenn während der Verhandlung, die zudem in Anwesenheit eines psychiatrischen Sachverständigen stattgefunden hat, das Landgericht keine Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten hatte und solche auch von der Verteidigerin nicht geäußert wurden, so kann die Verhandlungsfähigkeit grundsätzlich auch vom Revisionsgericht bejaht werden (BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 16).
Der nach alledem wirksame Verzicht auf Rechtsmittel kann nicht widerrufen, wegen Irrtums angefochten oder sonst zurückgenommen werden (BGH NStZ 1984, 181; Beschluß vom 4. Juni 1996 - 4 StR 250/96). Er hat somit die Unzulässigkeit der Revision zur Folge.
Im übrigen ist die von dem Angeklagten eingelegte Revision auch deshalb unzulässig, weil sie entgegen § 345 Abs. 2 StPO weder in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift noch zu Protokoll der Geschäftsstelle begründet worden ist.
Unterschriften
Meyer-Goßner, Maatz, Kuckein, Athing, Solin-Stojanovi[cacute]
Fundstellen
Haufe-Index 539699 |
NStZ-RR 1999, 109 |