Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 29.04.2019) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 29. April 2019 aufgehoben im Ausspruch über
- die für die Tat zu Ziffer II. 2. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe,
- die Gesamtstrafe;
jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und besonders schwerer Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Rz. 2
1. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten im Fall II. 2. der Urteilsgründe – rechtsfehlerfrei – als besonders schwere Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB gewertet. Die Zumessung der für diese Tat verhängten Einzelfreiheitsstrafe von sieben Jahren hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung nicht stand.
Rz. 3
Es begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass die Strafkammer die Erwägung, der Angeklagte habe „sich mit dem Küchenmesser versehen und dieses mitgebracht”, strafschärfend gewichtet hat. Damit hat sie einen Umstand berücksichtigt, der schon Merkmal des gesetzlichen Tatbestands ist (§ 46 Abs. 3 StGB). Denn der Angeklagte verwirklichte den Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB dadurch, dass er zur Durchsetzung seines Vorhabens, sexuelle Handlungen an der Geschädigten auch gegen deren Willen zu vollziehen, aus einer mitgeführten Tasche ein Messer mit einer Klingenlänge von 17 cm nahm und dieses drohend auf die Geschädigte richtete. Diese duldete daraufhin aus Angst, der Angeklagte werde das Messer gegen sie einsetzen, den vaginalen Geschlechtsverkehr. Hat das Verwenden des mitgeführten Messers zur Folge, dass die für diese Tat festzusetzende Strafe dem erhöhten Strafrahmen des § 177 Abs. 8 StGB zu entnehmen ist, so erweist es sich als eine unzulässige Doppelverwertung, wenn bei der konkreten Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten gewichtet wird, dass er eben dieses Messer mit zum Tatort brachte. Dies gilt hier auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Angeklagte gegen eine gerichtliche Gewaltschutzanordnung verstieß, indem er die Geschädigte in ihrer Wohnung aufsuchte.
Rz. 4
2. Die Aufhebung der für die Tat zu Ziffer II. 2. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafe entzieht dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 5
Die jeweils zugrunde liegenden Feststellungen sind von dem aufgezeigten Wertungsfehler nicht betroffen und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Unterschriften
Schäfer, Spaniol, Hoch, Anstötz, Erbguth
Fundstellen
Haufe-Index 13539198 |
NStZ-RR 2021, 6 |