Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Urteil vom 26.07.2016) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 26. Juli 2016 aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 2. Dezember 2016 ausgeführt:
„Soweit das Landgericht die – sich nach den getroffenen Feststellungen aufdrängende – Prüfung und Entscheidung der Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB unterlassen hat, kann das Urteil jedoch keinen Bestand haben. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 564/15 –; Urteil vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 9). Diese ist nicht wirksam vom Rechtsmittelangriff ausgenommen worden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2015 – 2 StR 139/15) und unterliegt daher der revisionsrechtlichen Überprüfung.
1. Die Urteilsgründe lassen insbesondere einen Hang des Angeklagten und eine Anlasstat im Sinne des § 64 StGB als nahe liegend erscheinen.
Hinsichtlich eines Hangs des Angeklagten, Alkohol im Übermaß zu konsumieren, ergibt sich dies bereits aus den vom Landgericht getroffenen Feststellungen zu dessen Vorverurteilungen (UA S. 3-6, 7). Danach wurde dieser seit dem Jahr 2011 – und damit seit dem Zeitpunkt seiner Einreise nach Deutschland im selben Jahr (UA S. 3) – wiederholt wegen Vollrauschs und Trunkenheit im Verkehr zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt. Die bei den jeweiligen Taten festgestellten Blutalkoholkonzentrationen lagen zwischen 2,13 und 3,22 Promille und damit deutlich in einem Bereich, in dem eine erhebliche Gewöhnung des Angeklagten an Alkohol zumindest nahe liegt. … Das Landgericht geht hier selbst aufgrund der unter Alkoholeinfluss begangenen Vorstrafen, der Feststellungen zum Konsum von einer Flasche Wodka à 0,7 Liter sowie zwei Flaschen Bier à 0,5 Liter durch den Angeklagten im Verlauf des Tattags (UA S. 6), dessen errechneter maximaler Blutalkoholkonzentration von 2,55 Promille im Tatzeitpunkt (UA S. 11) sowie der Tatsache, dass keiner der zur Tat oder zum Nachtatverhalten des Angeklagten vernommenen Zeugen Ausfallerscheinungen bei diesem beobachten konnte (UA S. 10-11), von einer Alkoholgewöhnung aus.
Der erforderliche symptombedingte Zusammenhang zwischen der Tat und dem Hang des Angeklagten drängt sich dabei schon aufgrund der eigenen Angaben des Angeklagten zu seinen Beweggründen für die Tatbegehung auf. Vom Landgericht hierzu befragt, erklärte der Angeklagte, er führe seine spontane Idee, die Tankstelle zu überfallen, auf den vorangegangenen Alkoholkonsum zurück (UA S. 8).
2. Da die Begehung weiterer hangbedingter erheblicher Straftaten durch den Angeklagten im Hinblick auf die obigen Ausführungen zumindest wahrscheinlich erscheint, war die Prüfung unerlässlich, ob die gegenständliche Tat auf einen Hang des Angeklagten zurückgeht, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen und ob auch die weiteren Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Den bisher getroffenen Feststellungen ist insoweit nicht zu entnehmen, dass die Maßregelanordnung jedenfalls deswegen ausscheiden müsste, weil es an der hinreichend konkreten Aussicht eines Behandlungserfolges (§ 64 Satz 2 StGB) fehlt. Das Urteil ist daher insoweit zur Nachholung einer Prüfung der Anordnung der Maßregel aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.
Der Rechtsfehler nötigt nicht zur Aufhebung des rechtsfehlerfreien Strafausspruchs. Wegen der grundsätzlich nicht bestehenden Wechselwirkung zwischen Strafe und Maßregel nach § 64 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 564/15 –; Urteil vom 20. September 2011 – 1 StR 120/11 –, NStZ-RR 2012, 72 m.w.N.) ist auszuschließen, dass die Strafe niedriger ausgefallen wäre, wenn das Landgericht zugleich die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet hätte.”
Rz. 3
Dem kann sich der Senat nicht verschließen. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können bestehen bleiben. Neue Feststellungen können getroffen werden, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Cierniak, Bender, Feilcke
Fundstellen
Dokument-Index HI10404662 |