Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 07.11.2018) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 7. November 2018 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Ergänzend bemerkt der Senat:
Zu Recht hat das Landgericht die Strafbarkeit des Angeklagten nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 9 Abs. 3 VereinsG bejaht.
Nachdem der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Zweiten Änderung des Vereinsgesetzes vom 10. März 2017 (BGBl. I, S. 419) die Regelung des Verbots der öffentlichen Verwendung von Kennzeichen eines verbotenen Vereins in im Wesentlichen gleicher Form (§ 9 Abs. 3 VereinsG) dahin geändert hat, dass das subjektive Merkmal des Teilens der Zielrichtung des verbotenen Vereins weggefallen ist, und gleichzeitig die „Erläuterung” – und damit der Sache nach gleichsam eine Legaldefinition – eingefügt hat, nach der ein Kennzeichen eines verbotenen Vereins insbesondere dann in im Wesentlichen gleicher Form verwendet wird, wenn es ganz oder teilweise bei ähnlichem äußerem Gesamterscheinungsbild mit einer anderen Orts- oder Regionalbezeichnung versehen wird (§ 9 Abs. 3 Satz 2 VereinsG), erfüllte der Angeklagte den Verbotstatbestand des § 9 Abs. 3 VereinsG:
Er trug auf dem Rückenteil seiner Lederweste als Mittelabzeichen den „Fat Mexican”, das Emblem der weltweiten Bandidos-Bewegung, sowie darüber als sog. Top-Rocker den grafisch gestalteten Schriftzug der Bandidos und verwendete damit Kennzeichen auch der verbotenen Bandidos-Vereine aus Aachen und Neumünster (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 – 3 StR 33/15, BGHSt 61, 1 Rn. 16 ff.) öffentlich in im Wesentlichen gleicher Form, weil er lediglich die Ortsbezeichnung „MC Bandidos B.” als sog. Bottom-Rocker hinzugefügt hatte. Auf die – vom Landgericht grundsätzlich bejahte – Frage, ob das Merkmal des „Verwendens” bei der Anwendung von § 9 Abs. 3 VereinsG nF – wie im Rahmen des § 9 Abs. 1 VereinsG – restriktiv dahin auszulegen ist, dass eine Tatbestandsverwirklichung ausscheidet, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang der Benutzung des Kennzeichens eindeutig ergibt, dass diese dem Schutzzweck der Norm nicht zuwider läuft (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 – 3 StR 33/15, BGHSt 61, 1 Rn. 22), kommt es nicht an, weil – wovon im Ergebnis auch die Strafkammer ausgegangen ist – aufgrund des eindeutigen Wortlauts und des unmissverständlich zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens (vgl. BT-Drucks. 18/9758, S. 7 f.) Fälle wie der vorliegende von der Verbotsnorm erfasst sein sollten. Insbesondere ist diese – anders als die Revision meint – nicht nur einschlägig, wenn etwa der Verwender persönliche Beziehungen zu den verbotenen Vereinen unterhalten oder sich selbst im Rahmen seiner Vereinsmitgliedschaft bereits strafbar gemacht hätte. Eine solche Einschränkung knüpft offenbar an das Merkmal des „Teilens der Zielrichtung des verbotenen Vereins” an, das der Gesetzgeber indes gerade gestrichen hat.
Nachdem nunmehr auch die Strafnorm des § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG ausdrücklich auf § 9 Abs. 3 VereinsG verweist (vgl. zur früheren Rechtslage BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 – 3 StR 33/15, BGHSt 61, 1 Rn. 29 ff.), ist der Verstoß gegen das Kennzeichenverbot auch im Fall des § 9 Abs. 3 VereinsG strafbewehrt.
Der Senat hält die Strafvorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG auch in Verbindung mit dem Verbot des Verwendens der Kennzeichen verbotener Vereine in im Wesentlichen gleicher Form nach § 9 Abs. 3 VereinsG nicht für verfassungswidrig; eine Aussetzung des Strafverfahrens zur Durchführung eines konkreten Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 GG kommt deshalb nicht in Betracht (vgl. zu den Voraussetzungen auch BGH, Beschluss vom 6. April 2017 – 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102 Rn. 28 mwN).
Dies gilt auch mit Blick auf den umfangreichen Schriftsatz der Verteidigung, der – nachdem die Revision zuvor nur mit der allgemeinen Sachrüge begründet worden war – erst als Gegenerklärung nach § 349 Abs. 3 StPO zu der Antragsschrift des Generalbundesanwalts beim Senat eingegangen ist. Insbesondere ist die Auffassung nicht zu teilen, die Neufassung des § 9 Abs. 3 VereinsG würde zur Aufhebung der Akzessorietät zwischen Vereins- und Kennzeichenverbot führen; denn dabei wird nicht beachtet, dass es die Kennzeichen des verbotenen Vereins sind, deren effektive Verbannung aus der Öffentlichkeit das Gesetz bereits seit der Gesetzesänderung im Jahr 2002 (vgl. BT-Drucks. 14/7386, S. 49) und nach wie vor (BT-Drucks. 18/9758, S. 8) verfolgt, hier also der „Fat Mexican” und der grafisch gestaltete Schriftzug „Bandidos”, die – wie dargelegt – gerade die Kennzeichen jedenfalls auch der verbotenen Vereine waren.
Unterschriften
Schäfer, RiBGH Gericke befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer, Wimmer, Berg, Hoch
Fundstellen
Haufe-Index 13299195 |
NStZ 2019, 739 |