Leitsatz (amtlich)
Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers daran, eine bestimmte Art der Finanzierung einer baulichen Maßnahme zu verhindern, bemisst sich nach seinem Anteil an den aufzubringenden Kosten.
Normenkette
ZPO § 544 Abs. 2 Nr. 1; WEG § 16 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 11.12.2019; Aktenzeichen 1 S 10246/19 WEG) |
AG München (Entscheidung vom 03.07.2019; Aktenzeichen 485 C 21746/18 WEG) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LG München I - 1. Zivilkammer - vom 11.12.2019 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 66.336,07 EUR.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die von einer Bauträgerin errichtete Anlage weist Schallschutzmängel sowie Feuchtigkeitsmängel an den Balkonen auf. Die Bauträgerin wurde zur Zahlung von Kostenvorschüssen für die Beseitigung "allgemeiner Baumängel" (32.700 EUR) und der Schallschutzmängel (162.500 EUR und 251.322,56 EUR) verurteilt, und es wurde festgestellt, dass sie hinsichtlich der sachverständig festgestellten Mängel zum Schadensersatz verpflichtet ist. Von der Bauträgerin überwiesene Kostenvorschüsse von 33.200 EUR und 413.822,56 EUR wurden auf zwei Geldmarktkonten der Wohnungseigentümergemeinschaft angelegt.
Rz. 2
Am 18.10.2018 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Balkonsanierung mit einem voraussichtlichen Volumen von 132.672,04 EUR in Auftrag zu geben. Ferner wurde ein gesonderter Beschluss gefasst, wonach die Finanzierung über die beiden Geldmarktkonten erfolgen sollte. Nur gegen den zuletzt genannten Beschluss wendet sich der Kläger mit der Anfechtungsklage, weil er der Ansicht ist, dass der von der Bauträgerin geleistete Vorschuss zweckgebunden verwendet werden muss. Das AG hat die Klage abgewiesen. Das LG hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
Rz. 3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer - wie die Erwiderung zutreffend ausführt - den Betrag von 20.000 EUR nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in der ab dem 1.1.2020 geltenden Fassung).
Rz. 4
1. Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist auch in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Das Änderungsinteresse des Rechtsmittelführers erhöht oder ermäßigt sich nicht dadurch, dass bei der Bemessung des Streitwerts auch eine Reihe von anderen Kriterien Berücksichtigung findet; infolgedessen entspricht der gem. § 49a GKG bestimmte Streitwert in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer (BGH, Beschl. v. 17.11.2016 - V ZR 86/16, NZM 2017, 371 Rz. 2; Beschl. v. 6.4.2017 - V ZR 254/16 NJW-RR 2017, 912 Rz. 3). Der Verweis der Nichtzulassungsbeschwerde auf den festgesetzten Streitwert von 66.336,07 EUR ist auch hier nicht dazu geeignet, die gem. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die Zulässigkeit erforderliche Beschwer darzulegen. Der Streitwert ist nämlich gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem hälftigen Gesamtinteresse der Parteien bemessen worden (voraussichtliches Finanzierungsvolumen: 132.672,14 EUR ./. 2 = 66.336,07 EUR), da das fünffache Interesse des Klägers den ermittelten Betrag nicht unterschreitet (vgl. § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG). Die Rechtsmittelbeschwer richtet sich nicht nach dem hälftigen Gesamtinteresse der Parteien, sondern nach dem (einfachen) Interesse des Klägers.
Rz. 5
2. Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers daran, eine bestimmte Art der Finanzierung einer baulichen Maßnahme zu verhindern, bemisst sich nach seinem Anteil an den aufzubringenden Kosten. Es gilt nichts anderes als bei einer Anfechtung eines Beschlusses über die Durchführung einer baulichen Maßnahme (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 18.2.2016 - V ZB 103/15, juris Rz. 1; Beschl. v. 9.2.2017 - V ZR 88/16, NZM 2017, 529 Rz. 5). Danach entspricht die Beschwer des Klägers seinem Anteil an der Balkonsanierung. Da sich sein Miteigentumsanteil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf 105/1000 beläuft, errechnet sich eine Beschwer von knapp 14.000 EUR. Ohne Erfolg verweist die Nichtzulassungsbeschwerde darauf, dass auf den Geldmarktkonten ein Guthaben von mehr als 400.000 EUR vorhanden ist. Darauf kommt es nicht an, weil das Volumen der beschlossenen Finanzierung maßgeblich ist.
III.
Rz. 6
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert hat der Senat gem. § 49a Abs. 1 GKG festgesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 13974003 |
NJW 2020, 8 |
NJW-RR 2020, 1399 |
NZG 2020, 5 |
NZM 2020, 762 |
ZfIR 2020, 590 |
JZ 2020, 571 |
JZ 2020, 69 |
MDR 2020, 1111 |
WuM 2020, 671 |
ZWE 2020, 397 |
MietRB 2020, 273 |
immobilienwirtschaft 2020, 45 |