Verfahrensgang
LG Lübeck (Urteil vom 30.04.2007) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 30. April 2007 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Zur Strafzumessung bemerkt der Senat ergänzend:
Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts ist eine Entscheidung gemäß § 354 Abs. 1 a StPO nicht veranlasst.
Die Strafkammer hat eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von einem Jahr und drei Monaten festgestellt und dies bei der Bemessung der Einzelstrafen in der Form berücksichtigt, dass es jeweils die an sich verwirkte Strafe benannt und diese auf eine angemessene, ebenfalls konkret aufgeführte Strafe reduziert hat. Sodann hat das Landgericht aus den ermäßigten Einzelstrafen gemäß § 54 StGB eine Gesamtstrafe gebildet. Die Gesamtstrafe, auf die es ohne die Verletzung des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK erkannt hätte, hat es dabei nicht ausdrücklich beziffert.
Dies begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Der Angeklagte ist zunächst nicht dadurch beschwert, dass das Landgericht die gebotene Kompensation für die rechtsstaatswidrige Verzögerung des Verfahrens entsprechend der bisher einhelligen Rechtsprechung durch eine Reduzierung der an sich schuldangemessenen Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe und nicht – wie es der Senat nunmehr für zutreffend hält (s. den Vorlagebeschluss an den Großen Senat für Strafsachen vom 23. August 2007 – 3 StR 50/07) – in der Weise vorgenommen hat, dass es einen bestimmten Teil der schuldangemessenen Gesamtstrafe für bereits vollstreckt erklärt hat. Auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung erweist es sich auch nicht als rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht die Gesamtstrafe, auf die es ohne die Kompensation erkannt hätte, nicht beziffert hat. Zwar empfiehlt es sich, in den Urteilsgründen für die Gesamtstrafe die an sich verwirkte und die nach Durchführung der Kompensation schließlich verhängte Höhe der Strafe konkret anzugeben. Anders als bei den Einzelstrafen muss indes die fiktive Gesamtstrafe nicht zwingend gesondert ausgewiesen werden. Je nach den Umständen können die Urteilsgründe im Einzelfall auch im Übrigen ausreichend belegen, dass der Tatrichter dem Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot durch eine angemessene Reduzierung der Gesamtstrafe Rechnung getragen hat (BGH NStZ 2003, 601; vgl. auch Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 46 Rdn. 62).
Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe gerecht. Das Landgericht hat ausdrücklich ausgeführt, dass bei der Erhöhung der – gemilderten – Einsatzstrafe gemäß § 54 StGB „das Erfordernis einer Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung berücksichtigt worden” ist. Somit kommt in den Strafzumessungsgründen in ausreichender Weise zum Ausdruck, dass der Tatrichter nicht nur bei der Bemessung der Einzelstrafen, sondern auch bei der Bildung der Gesamtstrafe den Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK bedacht hat.
Unterschriften
Becker, Pfister, von Lienen, Hubert, Schäfer
Fundstellen
Haufe-Index 2553527 |
NStZ-RR 2008, 7 |