Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 25.02.2003) |
Tenor
1. Der Antrag des Verurteilten auf Nachholung rechtlichen Gehörs (§ 33a StPO) vom 10. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag des Verurteilten vom 5. Januar 2004, ihm eine weitere Beschlußbegründung zu erteilen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Senat hat die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 25. Februar 2003 mit Beschluß vom 11. November 2003 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen und in Ergänzung zum Antrag des Generalbundesanwalts die rechtlichen Ausführungen zur Unbegründetheit der vom Angeklagten erhobenen Besetzungsrüge vertieft. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Verurteilte mit seiner als Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs zu wertenden „Gegenvorstellung” vom 10. Januar 2004. Mit seinem Antrag vom 5. Januar 2004 begehrt er eine weitere schriftliche Darlegung der den Verwerfungsbeschluß bestimmenden Gründe.
Beide Anträge haben keinen Erfolg.
1. Ein Fall, in dem nach einer Entscheidung gemäß § 349 Abs. 2 StPO die Nachholung rechtlichen Gehörs möglich und geboten wäre, liegt nicht vor. Der Senat hat bei seiner Entscheidung über die Revision des Angeklagten keine Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Angeklagte nicht hätte Stellung nehmen können. Die tatsächlichen Grundlagen und rechtlichen Erwägungen der Besetzungsrüge waren Gegenstand ausführlicher Darlegungen der Revisionsbegründung des Angeklagten vom 22. April 2003, des Verwerfungsantrages des Generalbundesanwalts vom 22. August 2003 sowie der Gegenerklärung des Angeklagten vom 8. September 2003. Dem Verurteilten bisher unbekannte, neue Tatsachen oder Beweisergebnisse konnte der Senat bei seiner Prüfung der Besetzungsrüge schon im Hinblick auf die Darlegungserfordernisse der Verfahrensrüge (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) und die sich insoweit eröffnende revisionsrechtliche Überprüfung nicht heranziehen. Gänzlich neue rechtliche Gesichtspunkte, zu denen der Revisionsführer zu hören gewesen wäre, haben sich für den Senat ebenfalls nicht ergeben. Die Revisionsbegründung, der Antrag des Generalbundesanwalts und die darauf eingegangene Gegenerklärung des Angeklagten steckten den rechtlichen Rahmen der Überprüfung der Besetzungsrüge für alle Verfahrensbeteiligten erkennbar ab.
Der Senat war entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers auch nicht gehindert, die Revision nach § 349 Abs. 2 StPO als „offensichtlich unbegründet” zu verwerfen. Ohne Festlegung auf eine jeden Einzelfall erfassende Definition entspricht es ständiger Spruchpraxis, daß eine Revision auch dann durch Beschluß verworfen werden kann, wenn der jeweilige Spruchkörper einhellig die Auffassung vertritt, daß die von der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen zweifelsfrei zu beantworten sind und daß auch die Durchführung der Hauptverhandlung keine neuen Erkenntnisse erwarten läßt, die Zweifel an dem gefundenen Ergebnis aufkommen lassen könnten (BGHR StPO § 349 Abs. 2 Verwerfung 6). Diese Praxis richtet sich eng an Sinn und Zweck der Regelung des § 349 Abs. 2 StPO aus, die dem Revisionsgericht den Aufwand einer Hauptverhandlung dann ersparen will, wenn rechtsstaatliche Garantien des Beschwerdeführers nicht in Gefahr geraten (BGH aaO m.w.N.). Sie steht damit auch im Einklang mit dem Gesetzestext, da der Inhalt des Begriffs „offensichtlich” von dem finalen Zusammenhang abhängig ist, in dem er gebraucht wird (BGH aaO).
Im übrigen darf das Revisionsgericht selbst dann eine Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO verwerfen, wenn es die Ausführungen des Generalbundesanwalts nur im Ergebnis für zutreffend hält, sich aber nicht in allen Teilen der Begründung anschließt (BGH NJW 2002, 3266; Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 349 Rdn. 14 m.w.N.). Diese Verfahrensweise ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG NJW 1982, 925; NStZ 2002, 487; NJW 2002, 814). Das Bundesverfassungsgericht erachtet es allerdings in einem solchen Fall für sinnvoll, daß das Revisionsgericht die eigene Rechtsauffassung in einem Zusatz begründet. Eine weitergehende Beteiligung des Revisionsführers verlange Art. 103 Abs. 1 GG nicht.
Ein solcher Hinweis ist im Senatsbeschluß vom 11. November 2003 erfolgt; dabei enthält die erste – tragende – Begründung keine rechtlich abweichenden, sondern nur ergänzende Ausführungen zu der bereits vom Generalbundesanwalt als zutreffend erkannten Rechtsauffassung. Eine Abweichung von für verbindlich erachteter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt nicht vor.
2. Der Übersendung einer weitergehenden schriftlichen Begründung des Beschlusses vom 11. November 2003 steht schon die Tatsache entgegen, daß es weitergehende, schriftlich abgefaßte Gründe nicht gibt. Der Beschluß ist nach Beratung im Senat gemäß § 349 Abs. 2 StPO so ergangen, wie es der Gesetzeslage entspricht. Eine nachträgliche schriftliche Begründung kann hier auch auf dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 2003, 1924 ff. – Plenarentscheidung) nicht verlangt werden.
3. Im übrigen sieht der Senat auch angesichts des Vorbringens in den vorliegenden Anträgen keinen Anlaß, von seiner Entscheidung abzuweichen.
Unterschriften
Harms, Häger, Basdorf, Gerhardt, Raum
Fundstellen
Haufe-Index 2558353 |
StV 2005, 3 |
StraFo 2004, 212 |