Tenor
1. Über die gerichtliche Zuständigkeit in den Verfahren 2 ARs 84 und 85/02 wird gemeinsam entschieden.
2. Für die Untersuchung und Entscheidung der beiden Sachen ist das Amtsgericht – Jugendschöffengericht – Cottbus zuständig.
Gründe
Die Staatsanwaltschaft Hannover legt dem Angeklagten in Anklageschriften zum Jugendschöffengericht Hameln vom 23. Juli und 7. September 2001 in Hannover begangenen Raub und räuberischen Diebstahl sowie Hehlerei zur Last. Zur Zeit der Anklageerhebung verbüßte der Angeklagte seit dem 26. März 2001 eine Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten in der Jugendanstalt Hameln. Im übrigen ist er ohne festen Wohnsitz. Das Jugendschöffengericht hat die Anklagen zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet.
Am 5. Dezember 2001 wurde der Angeklagte zur weiteren Vollstreckung der Jugendstrafe in die Justizvollzugsanstalt Spremberg im Bezirk des Amtsgerichts Cottbus verlegt. Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft Hannover hat das Jugendschöffengericht Hameln die Verfahren gemäß § 42 Abs. 3 JGG an das Jugendschöffengericht Cottbus abgegeben. Dieses hat die Übernahme der Verfahren abgelehnt. Das Jugendschöffengericht Hameln beantragt, das zuständige Gericht zu bestimmen.
Zuständig für die Untersuchung und Entscheidung ist für beide Anklagen das Jugendschöffengericht Cottbus. Der in § 42 Abs. 3 JGG in Verbindung mit § 108 Abs. 1 JGG zum Ausdruck kommende Grundsatz, daß Heranwachsende sich vor dem für ihren Aufenthaltsort zuständigen Gericht verantworten sollen, darf nur durchbrochen werden, wenn die Erschwernisse für die Durchführung des Verfahrens erheblich sind (vgl. BGH bei Böhm NStZ 1987, 443). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Angeklagte befindet sich zur Verbüßung einer längeren Jugendstrafe und nicht nur kurzfristig in der Justizvollzugsanstalt Spremberg. Die Hauptverhandlung vor dem Jugendschöffengericht Cottbus ist schon deshalb einfacher und mit weniger Aufwand verbunden, weil der heranwachsende Angeklagte nicht längerfristig zur Hauptverhandlung nach Hameln verschubt oder im Einzeltransport vorgeführt werden muß. Für die Anklage vom 7. September 2001 ist mit einem Geständnis des Angeklagten zu rechnen, so daß die auswärtigen Zeugen aus Hannover, Salzgitter und Braunschweig nicht benötigt werden. Zu dem Anklagevorwurf vom 23. Juli 2001 ist zwar mit einem Geständnis des Angeklagten nach Auskunft seines Verteidigers gegenüber dem Senat – vorerst – nicht zu rechnen. Sowohl das Tatopfer, das die Täter nicht näher beschreiben kann, als auch der als Zeuge benannte Polizeibeamte können aber unter den gegebenen Umständen kommissarisch vernommen werden, so daß deren Anreise nach Cottbus voraussichtlich entbehrlich sein dürfte. Daß sich der Angeklagte nicht freiwillig im Bezirk des Amtsgerichts Cottbus aufhält, sondern sich dort in Strafhaft befindet, steht der Abgabe wegen Aufenthaltswechsels nach §§ 42 Abs. 3, 108 Abs. 1 JGG nicht entgegen (vgl. BGHSt 13, 209, 214 ff.; Brunner/Dölling, JGG 10. Aufl. § 42 Rdn. 10 jew. m.w.N.).
Unterschriften
Jähnke, Detter, Bode, Otten, Elf
Fundstellen