Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 19.09.2001) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 19. September 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die hiergegen eingelegte, auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Das Urteil enthält keine Ausführungen, die ein vorsätzliches Handeln des Angeklagten belegen.
Nach den Feststellungen steckte der Angeklagte aufgrund einer Verstimmung in Kenntnis der Tatsache, daß außer ihm noch weitere Asylbewerber in dem Haus wohnten, in seinem Zimmer hochbrennbare Sachen in Brand, was dazu führte, daß sich das Feuer in kürzester Zeit auf das Treppenhaus und von dort aus in das Dachgeschoß ausbreitete.
Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, das Feuer müsse entstanden sein, als er geschlafen habe. Vorher habe er eine Zigarette geraucht und im Aschenbecher, neben dem eine Zeitung auf einem Sessel gelegen habe, ausgedrückt.
Den Vorsatz einer schweren Brandstiftung gemäß § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB begründet das Landgericht damit, daß die Schilderung des Angeklagten zur Brandentstehung, weil sie durch die Ausführungen des Brandsachverständigen widerlegt werde, „vorsätzlich falsch” (UA S. 7) sei. Dabei berücksichtigt es nicht, daß auch ein Unschuldiger vor Gericht Zuflucht zur Lüge nehmen kann und ein solches Verhalten nicht ohne weiteres tragfähige Rückschlüsse darauf gestattet, was sich in Wirklichkeit ereignet hat (st. Rspr.; BGHR StPO § 261 Beweiskraft 3 m. w. N.). Daß der Angeklagte eingestandenermaßen wenige Wochen zuvor infolge einer Verstimmung und aus Enttäuschung die Fenster seines Zimmers zerstört hatte, belegt für sich genommen nicht, daß er vorsätzlich in seinem Zimmer ein Feuer gelegt und dabei erkannt und zumindest billigend in Kauf genommen hat, daß auch das Gebäude in Brand gerät oder zumindest teilweise zerstört wird.
Mit der Annahme vorsätzlichen Handelns gemäß § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB sind zudem die Ausführungen der Kammer im Rahmen der Prüfung einer besonders schweren Brandstiftung nach § 306 b Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht ohne weiteres zu vereinbaren. Danach ist das Landgericht davon überzeugt, daß der Angeklagte, „um seine Frustration abzubauen, ohne über die konkreten Folgen nachzudenken, in seinem Zimmer Feuer entfacht hat, dessen Entwicklung und Dimension ihn dann im gewissen Sinn überrascht hat” (UA S. 9). Diese Formulierung spricht eher dagegen, daß der Angeklagte ein zur Wohnung von Menschen dienendes Gebäude in Brand setzen oder teilweise zerstören wollte. Die notwendige Abgrenzung zwischen fahrlässigem und vorsätzlichem Handeln enthält das Urteil nicht.
2. Entgegen dem Urteilstenor – Verurteilung nur wegen schwerer Brandstiftung – ist in der Liste der angewendeten Vorschriften auch § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB aufgeführt und in der rechtlichen Würdigung Tateinheit zwischen § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB angenommen worden. Der Senat weist darauf hin, daß beim Inbrandsetzen ein und desselben fremden Gebäudes der Tatbestand der Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB durch denjenigen der schweren Brandstiftung gemäß § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB verdrängt wird (BGH NStZ 2001, 196).
Unterschriften
Tolksdorf, Rissing-van Saan, Miebach, Pfister, von Lienen
Fundstellen