Normenkette
BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4; StGB § 25 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Trier (Entscheidung vom 03.11.2021; Aktenzeichen 8032 Js 25875/20 - 1 KLs) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 3. November 2021 aufgehoben
a) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und die Einziehung.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt, die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet und eine Anrechnungsentscheidung getroffen. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Der Angeklagte wendet sich mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision gegen das Urteil. Das Rechtsmittel führt zu dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Der Verfahrensrüge bleibt aus den in der Zuleitungsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen der Erfolg versagt.
Rz. 3
2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat hinsichtlich der Schuld- und Einzelstrafaussprüche in den Fällen II. 4 und 5 der Urteilsgründe und der Anrechnungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt.
Rz. 4
3. Hingegen hält die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand, weil die Feststellungen eine (mit-)täterschaftliche Begehung der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht belegen.
Rz. 5
a) In den genannten Fällen kam der in Frankreich ansässige Angeklagte als Verkäufer von Betäubungsmitteln mit deren Abnehmer überein, dass die Betäubungsmittel auf Kommission von Frankreich nach Deutschland zum dortigen gewinnbringenden Weiterverkauf durch diesen verbracht werden sollten. Den Transport übernahmen seitens des Abnehmers gewonnene Kuriere. Nähere Feststellungen etwa dazu, ob und gegebenenfalls wie der Angeklagte die jeweiligen Kuriere anwies und überwachte, hat das Landgericht nicht getroffen.
Rz. 6
b) Das Landgericht hat es unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 5. Februar 1997 - 2 StR 551/96, BGHR StGB § 9 Abs. 1 Tatort 3; vgl. hierzu auch: Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 952; Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., Rn. 706 mwN) als zur Annahme täterschaftlicher Einfuhr ausreichend angesehen, dass der Angeklagte durch die Zubilligung von Kommission das Risiko der Bezahlung der Betäubungsmittel auf sich genommen habe.
Rz. 7
c) Das ist rechtsfehlerhaft. Die mittäterschaftliche Einfuhr im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG erfordert, dass die Voraussetzungen für täterschaftliches Handeln nach dem allgemeinen Strafrecht vorliegen. Mittäter der Einfuhr kann zwar auch sein, wer das Rauschgift nicht selbst ins Inland verbringt; der Tatbeitrag des Mittäters muss dann aber einen Teil der Tätigkeit aller und dementsprechend das Handeln der anderen eine Ergänzung seines Tatbeitrages darstellen. Von besonderer Bedeutung sind dabei neben dem Grad des eigenen Interesses am Taterfolg der Einfluss bei der Vorbereitung der Tat und der Tatplanung, der Umfang der Tatbeteiligung und die Teilhabe an der Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch von dem Willen des Betreffenden abhängen. Entscheidender Bezugspunkt für die anzustellende wertende Gesamtbetrachtung ist hierbei der Einfuhrvorgang selbst (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Mai 2014 - 3 StR 137/14, StV 2015, 633 Rn. 3; vom 20. September 2018 - 1 StR 316/18, NStZ 2019, 416 Rn. 4; vom 27. September 2018 - 4 StR 191/18, NStZ 2019, 96 Rn. 3 ff.; jeweils mwN). Mit diesen Anforderungen stehen auch die Ausführungen der seitens des Landgerichts in Bezug genommenen Entscheidung in Einklang (BGH, Urteil vom 5. Februar 1997 - 2 StR 551/96, aaO), wonach das - dort nur kurz umrissene - Vorgehen des dortigen Angeklagten den Tatbestand der "Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge oder zumindest der Anstiftung oder der Beihilfe zu diesem Verbrechen" erfülle.
Rz. 8
d) Die zugehörigen Feststellungen unterliegen gemäß § 353 Abs. 2 StPO der Aufhebung.
Rz. 9
4. Die Aufhebung der Verurteilung wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den genannten Fällen bringt angesichts der tateinheitlichen Verwirklichung auch den jeweiligen - für sich genommen rechtsfehlerfreien - Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Fall. Dies zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs und des die Fälle II. 1 und 2 der Urteilsgründe betreffenden Einziehungsausspruchs nach sich.
Rz. 10
Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird im Übrigen nähere Feststellungen zum Vollstreckungsstand der Verurteilung durch das Tribunal Correctionnel de Saint-Etienne vom 9. Mai 2019 zu treffen haben, weil auf Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht nachprüfbar ist, ob es wegen der in zeitlicher Hinsicht gegebenen Gesamtstrafensituation der Berücksichtigung eines - unbezifferten (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Januar 2022 - 3 StR 461/21, NJW 2022, 1327 Rn. 3 ff.) - Härteausgleichs bedarf.
Schäfer |
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Paul |
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Berg |
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Erbguth |
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Kreicker |
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Fundstellen
Haufe-Index 15319562 |
NStZ 2022, 8 |
NStZ 2023, 51 |
NStZ-RR 2022, 282 |
NStZ-RR 2022, 6 |