Verfahrensgang
LG Dortmund (Urteil vom 13.11.2013) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 13. November 2013
- aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall II.4 der Urteilsgründe verurteilt wurde,
- im gesamten Strafausspruch und hinsichtlich der Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in sieben Fällen und wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf die Sachrüge gestützte Revision, die in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg hat.
Rz. 2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls im Fall II.4 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
Rz. 3
a) Nach den hierzu vom Landgericht getroffenen Feststellungen hebelte der Angeklagte „eine Tür zu einem an das Wohnhaus … angebauten Schuppen auf. Durch eine weitere Holztür, die von dem Schuppen direkt in das Wohnhaus führt, gelangte der Angeklagte sodann in das Wohnhaus” (UA S. 12), wo er zahlreiche Gegenstände entwendete.
Rz. 4
b) Diese Feststellungen belegen die Voraussetzungen des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht hinreichend.
Rz. 5
Die Vorschrift setzt in ihrer 1. Alternative den Einbruch in eine Wohnung voraus. Ob hierzu auch der Schuppen als ein dem Begriff des Wohnens typischerweise zuzuordnender Raum gehört, weil er etwa einem Keller oder dem Dachboden eines Einfamilienhauses gleichsteht, lässt sich den Ausführungen des Landgerichts nicht entnehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2008 – 4 StR 126/08, NStZ 2008, 514, 515; Urteil vom 22. Februar 2012 – 1 StR 378/11, NStZ 2013, 120, 121; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 244 Rn. 47a, 48). Ebenso wenig teilt das Landgericht mit, ob der Angeklagte auch die von dem Schuppen in das Wohnhaus führende Tür aufgebrochen hat.
Rz. 6
Ein „Einsteigen” im Sinne der 2. Alternative des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB, auf die das Landgericht in der rechtlichen Würdigung ebenfalls verweist (UA S. 30), liegt dagegen ersichtlich nicht vor. Denn Einsteigen in einen Raum ist über den engeren Sprachsinn hinaus jedes nur unter Schwierigkeiten mögliche Eindringen durch eine zum ordnungsgemäßen Eintritt nicht bestimmte Öffnung (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 – 1 StR 319/10, NStZ-RR 2010, 374, 375; Fischer, aaO, § 243 Rn. 6 mwN).
Rz. 7
c) Die Aufhebung der Verurteilung wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in diesem Fall zwingt nicht zur Aufhebung der jedenfalls einen Diebstahl belegenden, rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen. Ergänzende Feststellungen sind zulässig.
Rz. 8
2. Auch die Strafaussprüche und die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt haben keinen Bestand.
Rz. 9
Zu Letzterer hat der Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 7. Mai 2014 unter anderem ausgeführt:
„Die Feststellungen legen nahe, dass die gegenständlichen Taten auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. … Der Angeklagte [hat] bereits zu Schulzeiten Marihuana und seit dem 20. Lebensjahr auch Amphetamin konsumiert … Im Tatzeitraum … hat der Angeklagte täglich zwei bis vier Gramm Amphetamin nasal und … eineinhalb bis zwei Gramm Marihuana konsumiert. Auch wenn die sachverständig beratene Kammer rechtsfehlerfrei eine körperliche Betäubungsmittelabhängigkeit verneint, legen die Konsummengen und die Dauer des Konsums nahe, dass eine zumindest psychische Abhängigkeit entstanden ist.”
Rz. 10
Dem tritt der Senat bei. Es lässt sich auch nicht von vorneherein ausschließen, dass die Taten auf den Hang zurückgehen, da der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts über keine legalen Einkünfte verfügte, um seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Dies kann auch für die von § 64 StGB geforderte negative Gefahrenprognose Bedeutung haben. Feststellungen zu den Erfolgsaussichten einer Therapie hat die Strafkammer, die § 64 StGB in den Urteilsgründen nicht erwähnt und nicht geprüft hat, nicht getroffen.
Rz. 11
Soweit der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift darauf verweist, dass die Aufhebung der Nichtanordnung der Maßregel auch die Aufhebung sämtlicher Strafaussprüche zu Folge habe, weil nicht auszuschließen sei, dass die Kammer sich im Fall der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt zu einer Herabsetzung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe veranlasst sehen könnte, kann der Senat sich dem nicht verschließen.
Rz. 12
Jedoch hebt der Senat – entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts – auch die allein die Ahndung betreffenden Feststellungen auf. Dies ist schon im Hinblick auf die Feststellungen der Strafkammer zum Drogenkonsum des Angeklagten geboten, die auf seinen – indes widersprüchlichen – Angaben beruhen.
Rz. 13
3. Im Übrigen weist das Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 349 Abs. 2 StPO).
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Cierniak, Mutzbauer, Bender
Fundstellen
Haufe-Index 6992886 |
StV 2015, 113 |
StraFo 2014, 339 |