Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.03.2003) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. März 2003 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
- soweit dem Angeklagten Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist,
- soweit eine Entscheidung über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln (Haschisch und Opium) in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt sowie das Rauschgift nebst Verpackungsmaterial und zwei LH-Flugtickets eingezogen.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Auslegung der Revision ergibt, daß das Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch insgesamt beschränkt ist. Zwar heißt es im Aufhebungsantrag einschränkend „soweit dem Angeklagten keine Strafaussetzung zur Bewährung bewilligt worden ist”. Die Revision rügt jedoch im weiteren ausdrücklich auch die Strafzumessung und beanstandet Fehler, die „auf dem Rechtsfolgenausspruch und Bewährungsentscheidung beruhen” (Revisionsbegründung S. 7 und 8), so daß eine weitergehende Beschränkung wegen der Widersprüchlichkeit der Revisionsschrift nicht in Betracht kommt. Auch die Nichtanwendung des § 64 StGB ist danach nicht vom Revisionsangriff ausgenommen.
2. Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte seit seinem 11. Lebensjahr Haschisch. Mit ca. 14 Jahren fing er an, Heroin zu spritzen. Seit ca. drei Jahren wird er mit dem Rauschgiftersatzstoff „Subutex” substituiert. Trotz zwischenzeitlicher Drogenabstinenz, in denen der Angeklagte ohne Heroin ausgekommen war, blieben ambulante Versuche der Entwöhnung unter Mithilfe von Therapie- bzw. Beratungsstellen ohne Erfolg. Das eingeführte Haschisch und Opium waren ausschließlich für den Eigenbedarf bestimmt. Eine günstige Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB hat das Landgericht mit der Erwägung verneint, der bisherige Lebensweg lasse „eine klassische und langjährige Drogenkarriere erkennen, die den Angeklagten in hohem Maße auch strafrechtlich rückfallgefährdet erscheinen läßt”. Angesichts dieser Feststellungen hätte der Tatrichter prüfen und entscheiden müssen, ob der Angeklagte in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Die Unterbringung nach § 64 StGB ist zwingend anzuordnen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der Maßregel gegeben sind (st. Rspr. vgl. BGH bei Detter NStZ 2003, 133, 135; 2002, 415, 419). Es ist nicht erforderlich, daß zumindest eine verminderte Schuldfähigkeit des Täters gemäß § 21 StGB feststeht. Eine suchtbedingte Abhängigkeit kann auch dann die Annahme eines Hanges im Sinne des § 64 StGB begründen, wenn sie nicht den Schweregrad einer seelischen Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB erreicht (Senatsbeschluß vom 23. April 2003 – 2 StR 65/03 – m. w. N.).
Daß bei dem Angeklagten keine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs besteht, ist nicht ersichtlich. Der Angeklagte hat in der Untersuchungshaft über seine Situation reflektiert und will sich wegen seiner „Nadelabhängigkeit” in psychologische Behandlung begeben. Eine Therapie im eigentlichen Sinn hat er bislang nicht versucht.
Der Senat hat die an sich rechtsfehlerfreie Ablehnung der Strafaussetzung zur Bewährung mit aufgehoben, um Widersprüche zwischen der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung und derjenigen über die Unterbringung zu vermeiden. Die erforderliche Täterprognose beruht, wie die Ausführungen des Landgerichts zeigen, auf denselben Gesichtspunkten. Auch bei der Verneinung der besonderen Umstände in der Tat oder der Persönlichkeit des Verurteilten nach § 56 Abs. 2 StGB hat das Landgericht darauf abgestellt, daß eine Änderung zum Positiven bzw. eine Stabilisierung der Lebensverhältnisse des Angeklagten trotz der Untersuchungshaft noch nicht zu erwarten sei.
Der Senat kann ausschließen, daß das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung eine geringere Strafe verhängt hätte.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Otten, Rothfuß, Fischer, Roggenbuck
Fundstellen