Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Urteil vom 09.11.2005) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 9. November 2005 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Dem Angeklagten war bei der Polizei ein Foto vorgelegt worden, das einen Mann, nach seinem Äußeren wahrscheinlich einen Vietnamesen, zeigte, der eine auffällige Goldkette trug. Das Foto war im Rahmen verdeckter polizeilicher Ermittlungen zur Aufklärung von Schleusungskriminalität auf einem Parkplatz gemacht worden, wo dieser Mann „als erste Kontaktperson” aufgetaucht war. Später verschwand er und tauchte nicht wieder auf. Die Angaben des Angeklagten ergaben, dass dieser als „Goldkettchen” bezeichnete Mann im Rahmen der hier abgeurteilten Schleuseraktionen wesentliche Funktionen wahrgenommen hatte und deshalb als „Hintermann” bezeichnet werden konnte. Dies hat die Strafkammer auf Grund eines auf Vernehmung des Polizeibeamten S. gerichteten Hilfsbeweisantrages als wahr unterstellt und auch im Rahmen der Strafzumessung („nicht als gering einzuschätzende Aufklärungshilfe”) strafmildernd berücksichtigt.
2. Die als wahr unterstellten Tatsachen entsprechen Vermutungen des als Zeugen gehörten Polizeibeamten Z.. Die Auffassung der Revision, daraus, dass die Strafkammer diese Aussage Z.s in den Urteilsgründen – in indirekter Rede – referiert, ergebe sich, dass sie entgegen ihrer ausdrücklichen Feststellung die entsprechende Behauptung des Hilfsbeweisantrags doch nicht uneingeschränkt als wahr unterstellt habe, ist nicht nachvollziehbar.
3. Im Übrigen trägt die Revision vor, die Strafkammer habe dadurch, dass sie S. nicht vernommen habe, auch ihre Aufklärungspflicht verletzt. Es hätte sich aufgedrängt, dass S. bekunden würde, es sei ermittelt, wie „Goldkettchen” heiße. Hieran hätten sich vielfältige erhebliche neue Erkenntnisse, z. B. über eine „neue Bande”, angeschlossen. Ebenso dränge sich auf, dass er bekundet hätte, die Festnahme „Goldkettchens” sei jederzeit möglich, bisher jedoch aus allein polizeitaktischen Gründen unterblieben.
Hieraus hätte sich – so will die Revision offenbar zum Ausdruck bringen – ergeben, dass die Angaben des Angeklagten über den bisher nicht bekannten Umfang der kriminellen Aktivitäten „Goldkettchens” auch einem konkreten Strafverfahren zu Grunde gelegt werden könnten, dessen Durchführung jedenfalls nicht daran scheitere, dass die Personalien „Goldkettchens” oder sein Aufenthalt unbekannt seien. Deshalb seien die Angaben des Angeklagten noch wertvoller als von der Strafkammer angenommen und hätten dementsprechend mit größerem Gewicht als geschehen bei der Strafzumessung berücksichtigt werden müssen.
a) Für die Polizei war jedoch offensichtlich auch schon vor den Angaben des Angeklagten die Identität und der Aufenthaltsort von „Goldkettchen” als der genannten „ersten Kontaktperson” von Interesse. Es ist nicht erkennbar, dass die Angaben des Angeklagten zu den – behaupteten – Ermittlungserfolgen beigetragen hätten. Er konnte weder Hinweise auf den wahren Namen „Goldkettchens” geben, noch auf dessen gegenwärtigen Aufenthaltsort. Dass einem Angeklagten aber bei der Gewichtung seines andere Tatbeteiligte belastenden Geständnisses auch solche Erfolge polizeilicher Ermittlungen zu Gute gehalten werden müssten, die er durch seine Angaben weder angestoßen noch gefördert hat, erscheint jedenfalls nicht nahe liegend.
b) Letztlich braucht der Senat dem aber nicht näher nachzugehen, weil sich der Strafkammer die Notwendigkeit der unterbliebenen Beweiserhebung jedenfalls nicht aufdrängen musste.
(1) Wird, wie hier, in einem (Hilfs-)Beweisantrag im Einzelnen dargelegt, welche für den Antragsteller günstigen Tatsachen ein Zeuge bekunden werde, so braucht sich das Gericht regelmäßig nicht zu der Annahme gedrängt sehen, von diesem Zeugen seien nicht nur die vom Antragsteller genannten Angaben zu erwarten, sondern davon unabhängig auch solche, die der Antragsteller in seinem Antrag nicht einmal andeutet. Gleichwohl mag bei einer ungewöhnlichen Fallgestaltung im Einzelfall anderes gelten. Dies bedarf dann aber regelmäßig eingehender und nachvollziehbarer Darlegung der tatsächlichen Umstände, an die eine solche Bewertung anknüpfen soll (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Unabhängig davon sind die Anforderungen an den Vortrag zum Aufdrängen aber umso höher, je ferner liegend das behauptete Beweisergebnis erscheint.
(2) Diesen Anforderungen wird der Revisionsvortrag nicht gerecht.
Die Behauptung, inzwischen sei als Folge der behaupteten polizeilichen Erkenntnisse über „Goldkettchen” eine neue Bande ermittelt, hat keinen erkennbaren realen Anknüpfungspunkt, jedenfalls führt die Revision hierzu überhaupt nichts aus.
Im Übrigen hat der Polizeibeamte Z. eingehend geschildert, dass Name und Aufenthalt von „Goldkettchen” bisher nicht ermittelt werden konnten. Mit dieser Aussage setzt sich die Revision nicht auseinander. Was zur Annahme drängt, dass der Polizeibeamte S. das Gegenteil dessen aussagen würde, was der Polizeibeamte Z. ausgesagt hat, und was zur Annahme drängt, dieser habe etwas Unzutreffendes ausgesagt, erschließt sich nicht.
Die Revision beschränkt sich letztlich auf die Behauptung, das genannte Ergebnis der vermissten Beweiserhebung hätte sich schon wegen der Existenz des genannten Fotos aufgedrängt. Die Annahme, ein Foto einer Person führe ohne weiteres dazu, dass diese Person namentlich identifiziert werden kann, und die namentliche Identifizierung einer Person ermögliche ohne weiteres die Feststellung ihres Aufenthaltsorts, ist offensichtlich falsch.
Das Revisionsvorbringen geht daher insgesamt ins Leere.
Unterschriften
Nack, Wahl, Kolz, Elf, Graf
Fundstellen
Haufe-Index 2554556 |
NStZ 2007, 165 |