Verfahrensgang
LG Würzburg (Urteil vom 18.03.2004) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 18. März 2004 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Der Angeklagte wurde wegen vielfachen, teilweise gewaltsam begangenen sexuellen Mißbrauchs seiner 1988 geborenen Stieftochter zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat aus den vom Generalbundesanwalt zutreffend dargelegten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Senat sieht jedoch Anlaß zu folgendem Hinweis:
Nach den Feststellungen der Jugendkammer treten bei der Geschädigten „noch heute posttraumatische Symptome” wie z.B. autoaggressive „Verzweiflungsreaktionen” auf. Sie wird psychotherapeutisch behandelt, ein Ende der Behandlungsbedürftigkeit ist nicht absehbar.
Im Rahmen der Prüfung der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen führt die Jugendkammer aus, daß die Geschädigte das Kerngeschehen ebenso wie in der Hauptverhandlung „bereits in einer Vielzahl von vorherigen Vernehmungen” immer wieder „bestätigt und erläutert” hat. Wie die Urteilsgründe im einzelnen ergeben, wurde sie zwischen September 2002 und Juli 2003 im Rahmen des Ermittlungsverfahrens fünfmal von der Polizei und zweimal vom Ermittlungsrichter vernommen und außerdem von einer Sachverständigen begutachtet und dabei ebenfalls zum Tatgeschehen befragt.
Es wäre nach Auffassung des Senats angezeigt gewesen, von der Möglichkeit einer Videoaufzeichnung Gebrauch zu machen. Wird, wie hier, wegen des Verdachts ermittelt, eine noch nicht 16 Jahre alte Jugendliche sei Opfer schwerwiegender Sexualstraftaten geworden, so begründet § 58a Abs. 1 Satz 2 StPO eine grundsätzliche Verpflichtung der Ermittlungsbehörden, die Aussagen der Jugendlichen aufzuzeichnen (vgl. BGH, Beschluß vom 8. Juli 2004 – 1 StR 273/04; Rieß in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. Nachtrag, §58a Rdn. 17 jew. m.w.N.). Das Festhalten der Aussage in Bild und Ton ermöglicht
es häufig, Mehrfachvernehmungen zu demselben psychisch belastenden Thema zu vermeiden oder zumindest die Anzahl derartiger Vernehmungen zu verringern. Damit soll den Belangen besonders schutzbedürftiger Zeugen bereits im Ermittlungsverfahren Rechnung getragen werden (BGH aaO m.w.N.; vgl. auch Nrn. 19, 19a RiStBV).
Unterschriften
Wahl, Boetticher, Schluckebier, Elf, Hubert
Fundstellen
Haufe-Index 2557533 |
NStZ-RR 2004, 336 |