Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperverletzung
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 4. März 2002 wird
- das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte wegen übler Nachrede und wegen Bedrohung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Nötigung, verurteilt worden ist; insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten;
das genannte Urteil gemäß § 349 Abs. 4 StPO
aa) dahin abgeändert, daß der Angeklagte wegen Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten ver urteilt wird,
bb) aufgehoben, soweit eine Aussetzung der Strafe und der Maßregel unterblieben ist.
2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, sowie wegen übler Nachrede und wegen Bedrohung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO), soweit sie sich gegen die beiden u.a. wegen Körperverletzung erfolgten Schuldsprüche, die zugehörigen Einzelstrafaussprüche und gegen den Maßregelausspruch wendet. Im übrigen hat die Revision den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
1. Die u.a. wegen Bedrohung erfolgten Schuldsprüche, die sachlichrechtlicher Prüfung nicht vollständig standhalten könnten, und der Schuldspruch wegen übler Nachrede bleiben neben den beiden verbleibenden Schuldsprüchen für den Gesamtstraf- und Maßregelausspruch von nachrangiger Bedeutung. Demgemäß folgt der Senat insoweit dem Antrag des Generalbundesanwalts, gemäß § 154 Abs. 2 StPO zu verfahren. Der Senat führt die verbleibenden Einzelstrafen von sechs und vier Monaten Freiheitsstrafe – deren Bemessung ist frei von durchgreifenden Rechtsfehlern und von den drei eingestellten Schuldsprüchen ersichtlich nicht beeinflußt – auf Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten zurück.
2. Die Überzeugung des Landgerichts, daß der Angeklagte bei Begehung der beiden Körperverletzungstaten aufgrund seiner psychischen Erkrankung zwar nicht schuldunfähig, jedoch mit Sicherheit in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war (§ 21 StGB), ist namentlich vor dem Hintergrund der früheren Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgrund eines Kapitalverbrechens letztlich insgesamt tragfähig begründet worden. Danach hat die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB Bestand, ungeachtet des nicht besonders gravierenden Gewichts der beiden abgeurteilten Beziehungstaten vor dem genannten Hintergrund auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (§ 62 StGB).
3. Aus Verhältnismäßigkeitsgründen ist es indes geboten, die Frage einer Aussetzung des Maßregelausspruchs zur Bewährung (§ 67b StGB) einschließlich der Frage einer entsprechenden Aussetzung der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe (§ 56 Abs. 1 StGB) erneut zu prüfen. Eine gesonderte Prüfung der Strafaussetzung hat das Landgericht gänzlich unterlassen. Im Zusammenhang mit der Aussetzung der Maßregel, deren Ablehnung es maßgeblich auf die mangelnde Behandlungseinsicht des Angeklagten gestützt hat, hat es dem Umstand zu wenig Beachtung geschenkt, daß es nach achtjährigem Vollzug der früher gegen den Angeklagten erkannten Unterbringung und nach fünfjähriger Führungsaufsicht ungeachtet gleicher Probleme mit der Behandlungseinsicht letztlich zur Erledigung von Unterbringung und Führungsaufsicht gekommen ist. Zudem hat das Landgericht dem besonderen Umstand keine Beachtung geschenkt, daß zwischen der letzten abgeurteilten Tat und dem Beginn des Vollzugs der einstweiligen Unterbringung des Angeklagten ein Zeitraum von weit mehr als einem Jahr vergangen ist, für den negative Erkenntnisse über den Angeklagten nicht mitgeteilt sind. Schließlich hätte der Umstand der im November 2001 vom Amtsgericht Wedding angeordneten Betreuung des Angeklagten (UA S. 9) bei der Prüfung einer Aussetzung der Maßregel bedacht und erörtert werden müssen (vgl. BGH NStZ 2002, 367).
4. Die Aufhebung der negativen Aussetzungsentscheidungen bedingt keine Aufhebung von Urteilsfeststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter wird die Entscheidungen auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen und ergänzender Feststellungen, namentlich zu den angesprochenen Punkten, zu treffen haben. Eine sinnvolle Vorbereitung der neuen Hauptverhandlung mit Hilfe der Anstalt, in der die einstweilige Unterbringung gegen den Angeklagten vollzogen wird, und des psychiatrischen Sachverständigen wird geboten sein, damit die sich schon aus Verhältnismäßigkeitsgründen aufdrängenden Aussetzungsentscheidungen, denen allenfalls neue negative Erkenntnisse im Zusammenhang mit der psychischen Beeinträchtigung des Angeklagten entgegenstehen könnten, mit sinnvollen Weisungen verbunden werden können.
Unterschriften
Basdorf, Häger, Gerhardt, Brause, Schaal
Fundstellen