Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschreibung einer Notarstelle. Bewerber ohne Anspruch auf Bezeichnung des bisherigen Amtsinhabers
Leitsatz (amtlich)
Einem Bewerber steht nicht die Befugnis zu, Antrag auf Verpflichtung der Justizverwaltung zu stellen, eine frei gewordene Notarstelle unter Bezeichnung des bisherigen Amtsinhabers auszuschreiben.
Normenkette
BNotO §§ 6b, 10
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des OLG Hamburg, Senat für Notarsachen, v. 23.4.2003 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die der Antragsgegnerin im Beschwerderechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 24.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der 64 Jahre alte Antragsteller war bis 1999 Notar mit dem Amtssitz in H. Er hat vor dem OLG eine Reihe von Anträgen gestellt, die die Ausschreibung von Notarstellen und deren Unterlassung, den Inhalt der Ausschreibung und die Zulässigkeit von Notarsozietäten zum Gegenstand haben. Das OLG hat die Anträge als unzulässig verworfen. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt er sie, zum Teil mit abgewandeltem Inhalt, weiter.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag, acht Notarstellen, die durch Ausscheiden des Amtsinhabers aus dem Amt oder auf sonstige Weise frei geworden sind sowie eine erhebliche zusätzliche Anzahl von Notarstellen ("Nullstellen") sofort auszuschreiben, ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Antragsteller nicht geltend macht, durch die Ablehnung der Ausschreibung oder ihre Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats handelt die Landesjustizverwaltung bei der Feststellung der Zahl der zu besetzenden Notarstellen ausschließlich in Ausübung ihrer Organisationsgewalt; ein Antrag auf Ausschreibung einer Notarstelle ist deshalb, von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen, unzulässig (zuletzt BGH, Beschl. v. 31.3.2003 - NotZ 24/02, MDR 2003, 839 = BGHReport 2003, 773 = ZNotP 2003, 230 = NJW 2003, 2458). Dasselbe gilt für die Anträge, die Ausschreibung von Notarstellen "für (näher bezeichnete) Stadtteile oder Amtsgerichtsbezirke zu unterlassen". Ausschließlich im Bereich der Organisationsgewalt der Antragsgegnerin verbleiben auch die Anträge, die begehrten "Nullstellen" auf einen Stadtteil oder Amtsgerichtsbezirk "zu beschränken", diese "Beschränkung" auch bei der nächsten (näher bezeichneten) Ausschreibung vorzunehmen und im laufenden Bewerbungsverfahren einzuhalten. Die nach § 10 Abs. 1 S. 2 BNotO in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern eröffnete Möglichkeit, dem Notar, abweichend von S. 1 der Vorschrift, der als Amtssitz die gesamte politische Gemeinde vorsieht, einen bestimmten Stadtteil oder einen Amtsgerichtsbezirk als Amtssitz zuzuweisen, dient ausschließlich dem Interesse einer geordneten Rechtspflege (§ 4 BNotO). Der Umstand, dass der Antragsgegner von der Ermächtigung keinen Gebrauch macht, eröffnet dem Antragsteller nicht die Möglichkeit, eine gerichtliche Überprüfung nach § 111 BNotO herbeizuführen. Entsprechendes gilt für das weitere Begehren, den amtierenden Notaren einen Stadtteil oder einen Amtsgerichtsbezirk als Amtssitz zuzuweisen.
2. Die Anträge, bei der begehrten Ausschreibung der acht frei gewordenen Notarstellen sowie bei der (näher bezeichneten) nächsten Stellenausschreibung die Amtsstellen "konkret zu bezeichnen" (z. B. Notarstelle J. , B.) und im Amtlichen Anzeiger statt im Justizministerialblatt bekannt zu machen, betreffen die Art und Weise des Ausschreibungsverfahrens. Sie sind nicht in gleicher Weise vom Individualinteresse künftiger Bewerber entfernt, wie die zu 1) dargestellten Organisationsmaßnahmen. Denn die Ausschreibung hat den Zweck, den gleichmäßigen Zugang zum Beruf für alle Interessenten, die die Befähigung zum Amt besitzen, zu ebnen. Mit der "konkreten Bezeichnung" der Amtsstelle will der Antragsteller dem indirekten Einfluss der Notarsozietäten auf die Besetzung frei werdender Stellen (vgl. BGH v. 18.7.1994 - NotZ 14/93, BGHZ 127, 83 = MDR 1995, 206; BVerfG v. 1.7.2002 - 1 BvR 152/02, Abs.-Nr. 17, http.//www.bverfg.de/) entgegenwirken. Gleichwohl fehlt es an der Klagebefugnis, denn die Bezeichnung der ausgeschriebenen Stelle nach dem frei gewordenen Notariat ist ungeeignet, die Rechtsstellung des Antragstellers zu verbessern. Sie würde die Sozien nicht zwingen, sich mit einem Stellenbewerber zur gemeinsamen Berufsausübung zu verbinden. Zudem liefe der Antrag auf eine gesetzwidrige Organisationsmaßnahme hinaus. Der Notar ist Träger eines persönlichen Amtes (§ 1 BNotO), eine Verselbständigung des Notaramtes im Sinne einer Abtrennung von der Person des Notars ist dem Recht fremd (zuletzt BGH, Beschl. v. 8.7.2002 - NotZ 28/01, ZNotP 2002, 403). Dass der Antragsteller durch die Ausschreibung im Justizministerialblatt in seinen Rechten verletzt sein könnte, ist nicht ersichtlich.
3. Der Antrag, das Bestehen von Großnotariaten (mit mehr als drei Sozien) zu untersagen, hat, wovon das OLG zu Recht ausgeht, die Verpflichtung zum Erlass einer Rechtsverordnung auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 S. 2 BNotO zum Gegenstand. Das Verfahren nach § 111 BNotO i. V. m. den Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit stellt eine solche Rechtsschutzmöglichkeit nicht zur Verfügung. Auch dem allgemeinen Verwaltungsrechtsstreit (§§ 40 ff. VwGO) ist sie fremd. Dies kann der Antragsteller nicht mit dem hilfsweisen Antrag auf Feststellung, dass die bestehenden Großnotariate unzulässig sind, umgehen. Feststellungsanträge sind im Verfahren nach § 111 BNotO grundsätzlich nicht vorgesehen. Einer der Ausnahmefälle, die der Senat entwickelt hat (vgl. zuletzt BGH, Beschl. v. 20.7.1998 - NotZ 36/97, BGHR BNotO § 111 Abs. 1 - Feststellungsantrag 7), ist nicht gegeben.
4. Der Antrag, die Hamburgische Notarkammer wegen Befangenheit vom Verfahren auszuschließen, liegt neben der Sache.
Fundstellen
Haufe-Index 1070887 |
BGHR 2004, 136 |
NJW-RR 2004, 274 |
ZNotP 2004, 71 |