Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 19.06.2020; Aktenzeichen 562 Js 207204/18 10s KLs 16/19 105 Ss 170/20) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 19. Juni 2020 mit den zugehörigen Feststellungen im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln und mit Besitz eines verbotenen Gegenstands (Schlagring) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf eine Verfahrensrüge und die Beanstandung der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist das Rechtsmittel entsprechend den Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
Rz. 3
1. Die Verfahrensrüge ist jedenfalls unbegründet. Der hierzu geständige Angeklagte hätte sich gegen den Vorwurf des Besitzes von Betäubungsmitteln bei einem diesbezüglichen rechtlichen Hinweis nach § 265 Abs. 1 StPO nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
Rz. 4
2. Der Schuldspruch wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln wird auch in Bezug auf den Handel mit Marihuana von den Feststellungen getragen. Im Blick darauf, dass der Angeklagte einen gewinnbringenden Weiterverkauf dieses Betäubungsmittels eingeräumt hat, gefährden die missverständlichen Darlegungen des Landgerichts betreffend die Ein- und Verkaufspreise den Bestand des Urteils insoweit nicht.
Rz. 5
3. Demgegenüber kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben.
Rz. 6
a) Das Landgericht hat den vertypten Strafmilderungsgrund nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG mit der Begründung verneint, dass die vom Angeklagten geleistete Aufklärungshilfe nicht „wesentlich” im Sinne der Vorschrift gewesen sei. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Rz. 7
Der Generalbundesanwalt hat diesbezüglich zu Recht bemerkt:
„Das Landgericht … hat hierzu ausgeführt, dass der Angeklagte gegenüber der Polizei seinen (angeblichen) Lieferanten aus Weida, P., beschrieben, diesen im Rahmen einer Wahllichtbildvorlage identifiziert und dessen Telefonnummer mitgeteilt habe. Im Zuge dessen habe das Amtsgericht Gera P. wegen unerlaubten Erwerbs, Handeltreibens und Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt, weil er von Januar bis August 2018 an den Angeklagten die festgestellten Drogenmengen veräußert habe. Außerdem habe mithilfe der Angaben des Angeklagten ein Aufklärungserfolg in Bezug auf seinen Abnehmer S. erzielt werden können, gegen den die Staatsanwaltschaft noch ermittle (vgl. UA S. 9, 14). Damit drängt sich jedoch nachgerade auf, dass der Angeklagte eine wesentliche und nicht nur – wie von der Strafkammer als solche bezeichnet – ‚oberflächliche’ Aufklärungshilfe geleistet hat (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 18. Februar 2014 – 2 StR 3/14, NStZ 2014, 465). Das Landgericht hat die Aufklärungshilfe bei der Strafzumessung zwar ausdrücklich strafmildernd berücksichtigt. Der Senat wird gleichwohl nicht ausschließen können, dass es bei zutreffender Anwendung des § 31 BtMG zu einem anderen Strafrahmen und damit zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre.”
Rz. 8
b) Zutreffend weist die Revision überdies darauf hin, dass das Landgericht von einem zu hohen Schuldgehalt des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ausgegangen ist, weil es den – wenngleich nach den Urteilsgründen geringen – Anteil zum Eigenkonsum nicht aus der Handelsmenge herausgerechnet hat.
Rz. 9
Das neue Tatgericht wird die Wirkstoffgehalte der in der Garage gefundenen Betäubungsmittel (die nach den Feststellungen einen Eigenkonsumanteil enthalten) und der in der Wohnung sichergestellten, allein zum Handel bestimmten Drogen präziser festzustellen haben, als dies im angefochtenen Urteil geschehen ist (vgl. UA S. 5). Zum Maß der Überschreitung der Grenze der nicht geringen Menge nimmt der Senat auf die Stellungnahme des Generalbundesanwalts Bezug.
Rz. 10
4. Der Schriftsatz der Verteidigung vom 29. Oktober 2020 hat vorgelegen.
Unterschriften
Sander, König, Feilcke, Tiemann, von Schmettau
Fundstellen
Haufe-Index 14255110 |
NStZ-RR 2021, 19 |