Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheitsanforderungen an gespaltene Beitragspflicht im Gesellschaftsvertrag
Leitsatz (amtlich)
Den Anforderungen an die Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit weiterer neben die Einlagepflicht tretender Beitragslasten (sog. "gespaltene Beitragspflicht") trägt eine Vertragsgestaltung Rechnung, nach der sich aus dem Gesellschaftsvertrag i.V.m. der zugehörigen Beitrittserklärung die maximale Höhe (hier: durch Angabe eines "Netto-Gesamtaufwands") der den Gesellschafter treffenden Beitragspflicht ergibt (Bestätigung Senat, Urt. v. 5.11.2007 - II ZR 230/06, ZIP 2007, 2413 ff.).
Normenkette
BGB § 707
Verfahrensgang
Tenor
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des KG vom 8.12.2006 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
Streitwert: 14.234,67 EUR
Gründe
[1] Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
[2] 1. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung liegt nicht - mehr - vor, nachdem der Senat mit Urteil vom 5.11.2007 (II ZR 230/06, z.V.b.) die sich bei dem - auch - dieser Sache zugrunde liegenden Gesellschaftsvertrag stellenden Rechtsfragen geklärt hat.
[3] 2. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg.
[4] a) Unzutreffend ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, wie die Revision zu Recht rügt, dass sich bereits aus dem Gesellschaftsvertrag die wirksame Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der von der Klägerin geforderten Beiträge ergibt.
[5] aa) Nach § 707 BGB besteht vor Auflösung der Gesellschaft eine Nachschusspflicht über die vereinbarte Einlage hinaus grundsätzlich nicht. § 707 BGB ist jedoch u.a. dann nicht berührt, wenn sich die Gesellschafter zum einen eine betragsmäßig festgelegte Einlage, zum anderen laufende Beiträge versprochen haben (sog. gespaltene Beitragspflicht; Senat, Urt. v. 5.11.2007, Umdr. S. 7 f. m.w.N.). Allerdings ist auch in diesem Fall das mitgliedschaftliche Grundrecht jedes Gesellschafters zu wahren, nicht ohne seine Zustimmung mit zusätzlichen Beitragspflichten belastet zu werden. Sollen über die eigentliche Beitragsschuld hinausgehende Beitragspflichten begründet werden, muss dies deswegen aus dem Gesellschaftsvertrag eindeutig hervorgehen (Senat, Urt. v. 5.11.2007, Umdr. S. 8 m.w.N.). Zudem muss auch im Falle einer derartigen Aufspaltung der Beitragspflicht die Höhe der laufenden Beiträge im Gesellschaftsvertrag zumindest in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet sein (Senat, Urt. v. 5.11.2007, a.a.O., m.w.N.; Ulmer in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 707 Rz. 2 f.).
[6] bb) Diesen Anforderungen genügt der Gesellschaftsvertrag, wie der Senat bereits im Urteil vom 5.11.2007 (Umdr. S. 8 f.) entschieden hat, nicht. Die Gesamthöhe der Einlagen der Gesellschafter ist im Gesellschaftsvertrag zwar betragsmäßig festgelegt. Ebenso steht durch die Anlage 2 zum Gesellschaftsvertrag der Gesamtbetrag der aufzunehmenden Fremdmittel fest, hinsichtlich derer § 9 Abs. 3 GV bestimmt, dass diese anteilig von den Gesellschaftern zu tragen sind. Der Annahme, schon der Gesellschaftsvertrag begründe eine über den bezifferten Einlageanteil hinausgehende Beitragspflicht, steht aber entgegen, dass weder in § 4 Abs. 1 und Abs. 6 GV noch in § 9 Abs. 3 GV die Höhe der anteilig aufzubringenden Zins- und Tilgungsleistungen in objektiv bestimmbarer Weise ausgestaltet ist. Dort wird die Verpflichtung der Gesellschafter, weitere Einzahlungen zu leisten, auf den Fall beschränkt, dass der erwirtschaftete Überschuss nicht für die Bedienung des Zins- und Tilgungsdienstes der Grundschulddarlehen ausreicht. Das danach für die Entstehung der Beitragspflicht maßgebliche Kriterium des ausreichenden erwirtschafteten Überschusses wird jedoch im Gesellschaftsvertrag in keiner Weise der Höhe nach ausreichend konkretisiert. Keine der einzelnen in die Überschussrechnung einfließenden Positionen ist der Höhe nach ziffernmäßig bestimmt oder auch nur objektiv bestimmbar.
[7] b) Das Urteil des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen als im Ergebnis zutreffend dar (§ 561 ZPO). Die Revision verkennt, dass sich im Zusammenhang mit den Angaben in der privatschriftlichen Beitrittserklärung der Beklagten aus dem Gesellschaftsvertrag mit ausreichender Klarheit ergibt, dass und in welcher maximalen Höhe die Beklagten über die betragsmäßig festgelegte Einlageschuld hinausgehende laufende Beitragspflichten treffen. Dem steht nicht entgegen, dass Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften objektiv auszulegen sind (s. hierzu Senat, Urt. v. 19.3.2007 - II ZR 73/06, ZIP 2007, 812, 813 m.w.N.). Dem - später - beitretenden Gesellschafter erschließt sich der objektive Sinn des Gesellschaftsvertrages aus dem Inhalt der von ihm unterzeichneten Beitrittserklärung (Senat, Urt. v. 5.11.2007, Umdr. S. 9).
[8] aa) Aus der Beitrittserklärung vom 3.11.1993 ergibt sich, dass die Beklagten sich an dem Nettogesamtaufwand der Gesellschaft in einer Höhe von 775.000 DM beteiligt haben, wovon sie einen Teil als feststehende Einlage in Raten unmittelbar einzuzahlen hatten, und im Übrigen - neben einer Vorsteuererstattung - an den nach § 4 Abs. 6 Satz 1 GV von der Gesellschaft durch sämtliche Mitgesellschafter aufzunehmenden Darlehen I und II in einer jeweils ebenfalls betragsmäßig genau bezifferten Höhe beteiligt waren, wobei nach § 9 Abs. 3 Satz 1 GV der Zins- und Tilgungsdienst der Darlehen "über die Gesellschaft abgewickelt" wird. Darlehensnehmerin im Außenverhältnis sollte danach die Klägerin sein, wirtschaftliche Darlehensnehmer, d.h. im Innenverhältnis zur Tragung der Zins- und Tilgungsleistungen der beiden betragsmäßig in der Beitrittserklärung abschließend festgelegten anteiligen Darlehensbeträge verpflichtet, waren nach dem Inhalt der Beitrittserklärung jedoch die beklagten Gesellschafter.
[9] bb) Bei der gebotenen Gesamtschau von Beitrittserklärung und Gesellschaftsvertrag folgt hieraus nicht nur die Vereinbarung einer gespaltenen Beitragspflicht, sondern auch die nach der Senatsrechtsprechung erforderliche (s. Senat, Urt. v. 19.3.2007, a.a.O., m.w.N.) objektive Bestimmbarkeit der Höhe der laufenden Beiträge, d.h. der Gesamtbelastung.
[10] Wirtschaftlich haben sich die Beklagten zu Zins- und Tilgungsleistungen eines Darlehens i.H.v. 539.691 DM verpflichtet. Ihre daraus resultierende, grundsätzlich bestehende Belastung stand damit im Sinn einer Obergrenze fest. Sie konnte sich nach dem Gesellschaftsvertrag nicht erhöhen, sondern durch die von der Gesellschaft erwirtschafteten Überschüsse lediglich reduzieren. Damit war ihre Verpflichtung zur laufenden Beitragsleistung zwar nicht ziffernmäßig festgelegt. Diese ergab sich vielmehr Jahr für Jahr erst aus dem Wirtschaftsplan, nämlich aus dem Verhältnis von Überschuss und Jahresannuität der Fremdmittel. Die damit verbundene finanzielle Unsicherheit für die Beklagten bestand aber nicht in einer möglichen, im Beitrittszeitpunkt unüberschaubaren Erhöhung der von ihnen geschuldeten Beiträge, sondern in der Reduzierung ihrer an sich in voller Höhe bestehenden Zahlungspflicht durch die erwirtschafteten Überschüsse.
[11] cc) Die durch den Gesellschaftsvertrag in bestimmbarer Weise festgelegte Höhe der laufenden Beiträge der Gesellschafter konnte ohne deren Zustimmung auch nicht nachträglich - durch die Aufnahme neuer Kreditmittel, weil durch Baukostenüberschreitungen Finanzierungslücken entstanden waren - erhöht werden. Die zur Deckung der Baukosten aufgenommenen Fremdmittel waren nach dem Gesellschaftsvertrag auf einen "ca." Prozentanteil der Gesamtkosten und außerdem im Investitions- und Finanzierungsplan ausdrücklich der Höhe nach festgeschrieben. Hätte eine Überschreitung der Herstellungskosten zu einem höheren Finanzierungsbedarf geführt, hätte deshalb das Eigenkapital der Gesellschaft entsprechend erhöht werden müssen, was nach § 4 Abs. 1 GV jedoch nur mit Zustimmung aller Gesellschafter zulässig gewesen wäre. Die Aufnahme weiterer Fremdmittel durch die Gesellschaft und damit das Risiko der Erhöhung der auf den Anteil der Beklagten entfallenden Zins- und Tilgungsleistungen waren danach ausgeschlossen.
[12] c) Die weiteren Verfahrensrügen der Beklagten hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Entsprechendes gilt für die geltend gemachten materiellen Rügen. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO).
Fundstellen
Haufe-Index 1966269 |
DStR 2008, 1248 |
WPg 2008, 472 |
NWB 2008, 1405 |
BGHR 2008, 599 |
EBE/BGH 2008 |
NJW-RR 2008, 903 |
NZG 2008, 335 |
StuB 2008, 731 |
WM 2008, 736 |
ZIP 2008, 695 |
MDR 2008, 695 |