Leitsatz (amtlich)
Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn ein Konto von dem Gläubiger gepfändet wird, ein Pfändungspfandrecht jedoch erst dadurch entsteht, dass der Schuldner einen ihm eröffneten Kontokorrentkredit abruft (Anschluss an BGH, Urt. v. 14.6.2012 - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rz. 21 f.).
Normenkette
InsO § 129 Abs. 1
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 11.05.2015; Aktenzeichen 17 U 127/14) |
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 04.06.2014; Aktenzeichen 2-4 O 508/13) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 17. Zivilsenats des OLG Frankfurt vom 11.5.2015 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 27.610,44 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf.
Rz. 2
1. Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben, soweit das beklagte Land eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) in Abrede stellt. Die Überweisung des Schuldners aus dem ihm eingeräumten Kontokorrentkredit hat eine Gläubigerbenachteiligung ausgelöst, weil die von dem beklagten Land erwirkte Kontopfändung kein insolvenzfestes Absonderungsrecht begründete.
Rz. 3
Der Anspruch auf Auszahlung eines zugesagten Darlehens ist mit dessen Abruf pfändbar (BGH, Urt. v. 25.10.2007 - IX ZR 157/06, WM 2008, 168 Rz. 14). Vor dem Abruf des Kontoinhabers ist kein Anspruch auf Auszahlung gegen die Bank vorhanden, der einem Abtretungs- oder Pfändungsgläubiger das Recht geben könnte, sich ohne Mitwirkung des Kontoinhabers Kreditmittel auszahlen zu lassen (BGH, Urt. v. 22.1.2004 - IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 356). Das Pfandrecht des beklagten Landes ist folglich erst mit dem Abruf der Kreditmittel durch die Überweisungsaufträge und damit durch eine gem. § 133 Abs. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners entstanden. War die Überweisung nicht durch ein insolvenzfestes Pfändungspfandrecht des beklagten Landes gedeckt, so liegt eine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, weil auch die Zahlung mit Mitteln eines vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits gläubigerbenachteiligende Wirkung hat (BGH, Urt. v. 9.6.2011 - IX ZR 179/08, WM 2011, 1343 Rz. 20; v. 14.6.2012 - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rz. 22).
Rz. 4
2. Ein Zulassungsgrund greift nicht durch, soweit das Berufungsgericht in Anwendung von § 133 Abs. 1 InsO davon ausgegangen ist, dass bei der Schuldnerin eine Zahlungseinstellung vorlag, welche die Schlussfolgerung auf eine Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) gestattete.
Rz. 5
Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn der Schuldner durch den Verkauf von Vermögensgegenständen die erforderliche Liquidität schaffen könnte, hierzu aber nicht bereit ist (Uhlenbruck/Mock, InsO, 14. Aufl., § 17 Rz. 170; Schmidt, InsO, 18. Aufl., § 17 Rz. 14; Pape, WM 2008, 1949, 1957). Setzt der Schuldner vorhandene Geldmittel nicht zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten, sondern für andere Zwecke ein, liegt ebenfalls eine Zahlungsunfähigkeit vor, weil sich der Schuldner durch diese Ausgaben der Mittel entäußert hat, die er für die Begleichung seiner Verbindlichkeiten benötigt hätte (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2012 - IX ZR 117/11, WM 2012, 2251 Rz. 19). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Schuldner seine Mittel verschwendet oder etwa - wie es sich im Streitfall verhalten mag - zur Unterstützung von Angehörigen verwendet.
Rz. 6
Von einer weiteren Begründung wird gem. § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 8975964 |
DB 2016, 229 |
DB 2016, 6 |
DStR 2016, 757 |
NJW 2016, 8 |
NJW-RR 2016, 304 |
WM 2016, 135 |
WuB 2016, 229 |
ZAP 2016, 287 |
ZIP 2016, 124 |
DZWir 2016, 147 |
JZ 2016, 109 |
MDR 2016, 180 |
NZI 2016, 225 |
NZI 2016, 5 |
ZInsO 2016, 220 |
FoVo 2016, 56 |
GWR 2016, 61 |
InsbürO 2016, 167 |
RENOpraxis 2016, 83 |
VE 2016, 45 |
ZBB 2016, 55 |
ZVI 2016, 194 |
FMP 2016, 45 |