Entscheidungsstichwort (Thema)
unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 15. Oktober 1998
- im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
- im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge” zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen wurde der Angeklagte in die internationalen Rauschgiftgeschäfte seines mit ihm befreundeten Partners Cengiz G., mit dem er zusammen ein Café betrieb, „verstrickt” (UA 36, 37). Im Fall 1 der Urteilsgründe nahm er an „Vorbesprechungen” zur Einfuhr von 5 kg Heroin aus der Türkei nach Deutschland teil, gewann seine Freundin Zöhre A. dafür, „die Reise durchzuführen” (UA 12), und holte sie „mitsamt dem Heroin” (UA 35) am Flughafen in Düsseldorf ab. Im Fall 2 begleitete er zwei Kurierinnen, die insgesamt 10 kg Heroin nach Deutschland verbringen sollten, in die Türkei, und flog mit einer der Frauen, die ca. 5 kg Heroingemisch in ihrem Koffer transportierte, nach Düsseldorf zurück, wo beide bei der Ankunft festgenommen wurden. Der Angeklagte hat durch die Taten keinerlei Gewinn erzielt (UA 37). Im Fall 1 sollten er und Cengiz G. zusammen 16.000 DM erhalten. Im Fall 2 war lediglich dem Cengiz G. als „Lohn für seine Mitarbeit” (UA 15) zugesagt worden, daß dessen Schulden bei dem türkischen Rauschgiftlieferanten bezahlt werden sollten; dem Angeklagten selbst wurde keine Entlohnung in Aussicht gestellt.
2. Diese Feststellungen tragen zwar den Schuldspruch wegen täterschaftlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall 2 der Urteilsgründe, nicht aber den wegen mittäterschaftlich begangenen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in beiden Fällen.
a) Handeltreiben erfordert das eigennützige Bemühen, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Eigennützig ist eine solche Tätigkeit nur, wenn das Handeln des Täters vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil verspricht, durch den er materiell oder immateriell besser gestellt wird. Ein immaterieller Vorteil kommt nur in Betracht, wenn er einen objektiv meßbaren Inhalt hat und den Empfänger in irgendeiner Weise tatsächlich besser stellt (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 41). Bereits hieran fehlt es nach den Feststellungen im Fall 2 der Urteilsgründe, so daß der Angeklagte insoweit nur der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist (vgl. BGHSt 34, 124, 125 f.). Der Schuldspruch wegen (tateinheitlich begangener) täterschaftlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln steht dem nicht entgegen (vgl. BGHSt 38, 315, 319; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 12; BGH, Urteil vom 3. Februar 1999 - 2 StR 506/98).
b) Auch im Fall 1 der Urteilsgründe belegen die Feststellungen nur einen Schuldspruch wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
Allerdings ist der Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln weit auszulegen und erfaßt grundsätzlich alle (auch nur fördernden) Tätigkeiten, soweit sie auf den späteren Umsatz des Rauschgifts gerichtet sind. Für die Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ist – wie auch sonst (BGH NStZ 1984, 413) – maßgebend, welcher Art der Tatbeitrag ist und mit welcher Willensrichtung er geleistet wird (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 36, 39). Mittäterschaft kommt vor allem in Betracht, wenn der Beteiligte in der Rolle eines gleichberechtigten Partners mitgewirkt hat und er Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich (mit-)bestimmen will (vgl. BGHSt 34, 124, 125; BGH NStZ 1984, 413; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 39).
Das war hier nicht der Fall: Der Tatbeitrag des Angeklagten erschöpfte sich in untergeordneten Tätigkeiten (UA 36, 37); zur Durchführung der Tat war seine Mitwirkung nicht unbedingt erforderlich, was sich etwa daraus ergibt, daß Cengiz G. im Fall 2 auch ohne Hilfe des Angeklagten Kurierinnen „rekrutieren” konnte (UA 15/16). Der Angeklagte hatte auch keinen Einfluß auf die Bestimmung von Art und Menge des einzuführenden Rauschgifts oder die grundsätzliche Gestaltung des Transports. Mit dem An- und Verkauf des Heroins hatte er nichts zu tun. Angesichts dessen kommt dem Umstand, daß der Angeklagte sich für seine Tätigkeiten einen finanziellen Vorteil versprach, keine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. BGH NStZ 1984, 413, 414; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 24, 36).
c) Da weitergehende Feststellungen in einer neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten sind, ändert der Senat die Schuldsprüche dahin ab, daß der Angeklagte jeweils nur der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist. § 265 StPO steht dem nicht entgegen; denn der Angeklagte hätte sich gegen die geänderten Schuldsprüche nicht wirksamer als bisher verteidigen können. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung auch des Strafausspruchs im Fall 2 der Urteilsgründe, weil nicht auszuschließen ist, daß der Schuldspruch wegen täterschaftlichen Handeltreibens die Höhe der Strafe mit beeinflußt hat (vgl. UA 37). Die Strafen müssen daher insgesamt neu festgesetzt werden.
Unterschriften
Maatz, Kuckein, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 540719 |
StV 1999, 428 |