Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 13.03.2019) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 13. März 2019 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Anbau von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
Rz. 2
1. Der Strafausspruch weist keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf (§ 349 Abs. 2 StPO).
Rz. 3
2. Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Rz. 4
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts konsumierte der an den Folgen eines Verkehrsunfalls und einer beginnenden Gichterkrankung leidende Angeklagte über mehrere Jahre hinweg regelmäßig und in teilweise großem Umfang Cannabis. Aus seinem anfänglich nur zur Schmerzlinderung betriebenen Konsum entstand eine Gewöhnung, die dazu führte, dass er Marihuana zahlenmäßig wie Zigaretten rauchte. Die abgeurteilte Straftat (Anbau von 196 Cannabispflanzen) beging der Angeklagte zu Handelszwecken und zur Deckung seines Eigenbedarfs. Bereits zuvor hatte er mit der gleichen Zwecksetzung Cannabispflanzen angebaut.
Rz. 5
b) Dies drängte zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegeben sind.
Rz. 6
Der festgestellte Konsum deutet darauf hin, dass bei dem Angeklagten die Voraussetzungen für die Annahme eines Hangs im Sinne des § 64 Satz 1 StGB gegeben sind (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 – 3 StR 166/18, NStZ-RR 2018, 238 Rn. 12 mwN). In diesem Fall läge es auch nahe, dass der abgeurteilten Tat hierfür ein Symptomwert zukommt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 – 3 StR 166/18, NStZ-RR 2018, 238 Rn. 15 mwN). Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte nicht gefährlich im Sinne dieser Vorschrift ist oder keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, ihn durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt von seinem Hang innerhalb der Frist des § 67d Abs. 1 Satz 1 oder 3 StGB zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf seinen Hang zurückgehen (§ 64 Satz 2 StGB), sind nicht ersichtlich.
Rz. 7
c) Der neue Tatrichter wird daher – unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) – über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt neu zu verhandeln und zu entscheiden haben. Der Umstand, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht dem nicht entgegen. Auch hat der Angeklagte die Nichtanordnung der Maßregel nach § 64 StGB nicht von seinem Revisionsangriff ausgenommen, sondern ausdrücklich die Aufhebung des Urteils im (gesamten) Rechtsfolgenausspruch beantragt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 – 3 StR 166/18, NStZ-RR 2018, 238 Rn. 17 mwN). Der vom Generalbundesanwalt darüber hinaus beantragten Änderung des Schuldspruchs steht dessen durch die wirksame Beschränkung der Revision eingetretene Teilrechtskraft entgegen (§ 343 Abs. 1 StPO).
Unterschriften
Sost-Scheible, Cierniak, Bender, Quentin, Bartel
Fundstellen
Dokument-Index HI13299164 |